• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Unknown · Date: 25.09.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 25.09.1811
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 231‒234.
  • Incipit: „[1] Wien den 25ten Septemb. 1811.
    Geliebter Bruder, es ist wie ich aus Deinem letzteren ersehe, ein langer Brief von mir an [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,II,24
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,1 x 11,6 cm
[1] Wien den 25ten Septemb. 1811.
Geliebter Bruder, es ist wie ich aus Deinem letzteren ersehe, ein langer Brief von mir an Dich, vom 7ten August nach Zürich, poste restante addressirt, verlohren gegangen. Lange habe ich eine Antwort darauf erwartet; meine Nachfrage in dem Hause Lubomirsky auf der Mölker B[astey] war vergeblich, weil man da nichts von einer solchen Gelegenheit wußte, die ich sonst gern benutzt hätte. – Neues habe ich Dir indessen eben nichts zu melden, und das ist unter vielen Ursachen auch eine des Zögerns. Was Deiner Abreise zu G.[enf] vorherging, ist dann freylich wie sich erwarten ließ, auch hieher berichtet worden. Humbold und G[ent]z haben davon gewußt. Sonst aber ist so viel ich weiß, kein Gespräch darüber entstanden, noch hat es irgend eine Art von ungünstigen Eindruck machen können. Ich hoffte beständig von einem Posttage zum andern einen Brief von Dir mit der sehnlich erwünschten Entscheidung zu erhalten. Ist sie nun endlich gefaßt, so rathe ich aber noch[2]mals von ganzer Seele und aus allen Kräften für Pr.[ag]. Möchte doch meine Ungewißheit bald ein glückliches Ende nehmen!
Es ist nun entschieden, daß das vaterländische Museum zu Stande kommt. Es beginnt mit Januar 1812. Für dieses Unternehmen nehme ich Deine ganze Freundschaft in Anspruch. Je mehr Du dafür thun und liefern kannst, einen je stärkeren Beweis derselben giebst Du mir. Vor allen Dingen bitte ich um einige Abschnitte der Schrift über die Niebelungen. Das nachherige Erscheinen des Ganzen, wenn es auch bald erfolgte, steht dem gar nicht im Wege. Aber auch alles andre, was Du irgend geben willst und kannst, ist höchst willkommen. Ich möchte vorzüglich gern, daß Du mir das 1te Stück glänzend anfangen hülfest. Daher nicht bloß, je mehr je besser, sondern auch je eher je lieber. Was zum 1ten Stück soll, hätte ich gern bis Ende October. – In dem langen Briefe hatte ich Dir auch manches Niebelungische mitgetheilt. Auch seither ist mir manches wieder vorgekommen. Ich habe nun aber gar keine [3] Ruhe mehr zu dergleichen Mittheilungen, bis die erwünschte Entscheidung eintrifft. – Mit meiner Gesundheit habe ich mich seit Deiner Abreise wieder ziemlich gequält. Nach vielen falschen Versuchen, die ich selbst anstellte, ließ es sich endlich an, als würde ich den allgemeinen Ausschlag wieder bekommen, den ich in Aubergenville hatte. Noch indessen ist er nicht ganz heraus, endlich hat mir Malfatti ein entschiedenes innres Mittel gegeben, welches sehr wohlthätig wirkt, so daß ich wenigstens etwas klarer und leichter im Kopfe bin als seither, und den Spleen, woran ich schon wieder im höchsten Grade litt, zu verliehren anfange.
Fortgehend sind eine Menge Fremder hier gewesen; besonders auch aus Berlin und Preußen. Unter andern war auch Reimer da, den wir viel gesehn; die letzten 14 Tage wohnte die Herz bey uns. Alles dieß hat viel Störung verursacht, so daß wieder mehr innerlich als äußerlich gearbeitet worden.
Daß Du die Familienpapiere hier gelassen hättest, wäre sehr zu wünschen. Indessen werde ich auch ohne das alles so gut vorbereiten und betreiben als ich kann. Verlaß Dich darauf.
[4] Baader ist noch immer hier. Er ist endlich mit seinem Geschäft glücklich durchgedrungen. Jetzt schimpft er denn auch weniger. Wir sehen uns übrigens sehr selten. Seine grundschlechte politische Ansicht macht mir alles andre ungenießbar. Daß Du die Einlage von B.[aader] übernommen hattest, wundert mich sehr; ich hätte es gewiß nicht gethan, denn man muß jetzt mit der Wohlthat des Briefwechsels vorsichtig umgehen. Auch solltest Du Dich vor einer nähern Verbindung mit dem [unleserliche Abkürzung] Volke doch sehr hüten; in der jetzigen Zeit ist mir die politische Schlechtigkeit das erste und entscheidende Kennzeichen, daß es überhaupt nicht das rechte ist. Ich gestehe gerne daß ich in diesem Punkte intolerant zu werden anfange. – Du scheinst zu erwarten, daß ich Dir noch etwas positiv Entscheidendes melden und gleichsam das letzte Gewicht in die Wagschale legen soll. Aber das kann ich eigentlich nicht. Alles ist durchaus günstig (nicht bloß beruhigend) für unsre Wünsche, so wie Du es ja selbst auch gefunden. Dürfte man ausdauernde Vorsicht bey Dir voraussetzen, so bliebe auch nicht der Schatten eines Zweifels [5] und es könnte alles nicht anders als ganz nach Wunsche gehe, ja diesem entgegen, weit zuvorkommen. Sollte aber auch hier gefehlt werden, sollte auch ein solches Fehlen als wahrscheinlich angenommen werden müssen, so scheint mir doch unter allem was sich thun läßt, selbst die Folge der eignen möglichen Fehler mit in Anschlag gebracht, dieß das leidlichste, erträglichste, relativ das beste. – Du hast meine Freundschaft auf eine solche Weise in Anspruch genommen, daß ich nun vielleicht zu aufrichtig war. Indessen ist das nicht meine Ansicht allein, sondern die aller Eurer wahren Freunde überhaupt. Du hast hier warme, sehr warme Freunde! – Collinʼs Tod stand unter andren auch in dem verlohrnen Brief. Doch den wirst Du so erfahren haben! Der Bruder hat mir 1 Exemplar seiner Gedichte für Dich gegeben. –
Zu Michaelis ziehen wir in die Stadt, auf die Neuthor Bastey Nr. 1244. Die Wohnung ist sehr klein und sehr theuer. Ueberhaupt steigt die Theurung mit jedem Tage. Mir ist wahrhaft bange für den Winter, und die Sorgen haben denn das ihrige beygetragen, um den Spleen auszubilden, der ohnehin schon mächtig genug war. Dadurch wird das Uebel freylich keineswegs verbessert. Ich sehe gar nicht wie ich den Winter [6] durchkommen will. Wenn die Vorlesung zu Stande kömmt, so kann das schon helfen. Aber das trifft erst in die Fastenzeit, und bis dahin ist es noch lange. Wärest Du hier, so würde ich Dich schon für ein 10 L[ouis]d.[or] in Anspruch nehmen, um nur die schreckliche Zeit des Umziehens, Holzeinkaufens und Miethe zu bestehen. Aber so ist es besser, Du behältst in der Ungewißheit alle Deine Mittel beysammen. Mißmuthig wird man freylich sehr bey dieser ewigen Quälerey. –
Nun noch etwas Litterarisches. Wenn ein Theil meiner Vorlesungen (wo auch nicht das Ganze) ins Französische übersetzt werden könnte; es würde mich über alle Maaßen freuen. Trage dazu bey so viel Du kannst. Grüße auch August bestens von mir. Desgleichen den verlohrnen Sohn Albert für den ich doch immer noch eine Schwäche habe.
Eine Stelle in Deinem Briefe an Baader hat mir große Freude gemacht, nehmlich die über Oesterreich. Er mag sich nun das zu Herzen nehmen. Es würde mich unsäglich geschmerzt haben, wenn es dieser Bande gelungen wäre, Dich in jenes Verrätherland, in jene [.?.] von Deutschland hin zu locken, die Deiner [7] so ganz unwürdig ist. Hast Du denn gar nichts weiter davon gehört, weil Du dessen gar nicht mehr erwähnst? –
Es ist auch eben mit Deinem letzten zugleich ein Brief unter Deiner Addresse angekommen poste restante. Ich glaubte schon in diesem Umstande die Erfüllung meiner Wünsche zu sehen und nahm daher keinen Anstand ihn zu eröffnen. Es war nur ein alter Brief vom Julius der Dich nicht mehr hier getroffen hat, und den ich wieder mitzuschicken unnöthig finde.
Unsre neue Wohnung ist zwar sehr klein, auf den Sommer aber könnten wir wahrscheinlich auch den oberen viel schöner eingerichteten und sehr angenehm gelegenen Stock haben. Das wäre nun recht erwünscht für uns, wenn nehmlich alles geht wie wir hoffen.
Du wirst es diesem Briefe selbst anmerken, daß ich ihn mir mit einer Art von Gewalt entrissen habe. Der Spleen ist ein lästiger und unleidlicher Gefährte.
Dein Friedrich

Die herzlichsten Grüße von Dorothea.

[8] Auch wegen Caffée ist hier jetzt die größte Noth. Selbst die reichen Ausländer können ihn sich nicht verschaffen. Mitbringen indessen darf jede Person 5 Pfund. Es thut daher jeder wohl, sich zu versehen. Wie mir es ergehn wird, wenn ich ihn ganz entbehren muß, weiß ich nicht. Könnte ich nur einmal durch solche Gelegenheit 5–10 Pfund erhalten, so geschähe mir eine große Wohlthat.
Sorge für Deine Bibliothek. Da wo sie jetzt sich befindet, steht sie gewiß nicht zum besten. Ich würde sie je eher je lieber von da entfernen, und hier sollte sie gewiß sehr gut verwahrt seyn. – Hättest Du mir doch die œuvres posthumes von St. Martin das vorigemal mitgebracht, ich möchte für das vaterländische Museum etwas daraus bearbeiten.
[1] Wien den 25ten Septemb. 1811.
Geliebter Bruder, es ist wie ich aus Deinem letzteren ersehe, ein langer Brief von mir an Dich, vom 7ten August nach Zürich, poste restante addressirt, verlohren gegangen. Lange habe ich eine Antwort darauf erwartet; meine Nachfrage in dem Hause Lubomirsky auf der Mölker B[astey] war vergeblich, weil man da nichts von einer solchen Gelegenheit wußte, die ich sonst gern benutzt hätte. – Neues habe ich Dir indessen eben nichts zu melden, und das ist unter vielen Ursachen auch eine des Zögerns. Was Deiner Abreise zu G.[enf] vorherging, ist dann freylich wie sich erwarten ließ, auch hieher berichtet worden. Humbold und G[ent]z haben davon gewußt. Sonst aber ist so viel ich weiß, kein Gespräch darüber entstanden, noch hat es irgend eine Art von ungünstigen Eindruck machen können. Ich hoffte beständig von einem Posttage zum andern einen Brief von Dir mit der sehnlich erwünschten Entscheidung zu erhalten. Ist sie nun endlich gefaßt, so rathe ich aber noch[2]mals von ganzer Seele und aus allen Kräften für Pr.[ag]. Möchte doch meine Ungewißheit bald ein glückliches Ende nehmen!
Es ist nun entschieden, daß das vaterländische Museum zu Stande kommt. Es beginnt mit Januar 1812. Für dieses Unternehmen nehme ich Deine ganze Freundschaft in Anspruch. Je mehr Du dafür thun und liefern kannst, einen je stärkeren Beweis derselben giebst Du mir. Vor allen Dingen bitte ich um einige Abschnitte der Schrift über die Niebelungen. Das nachherige Erscheinen des Ganzen, wenn es auch bald erfolgte, steht dem gar nicht im Wege. Aber auch alles andre, was Du irgend geben willst und kannst, ist höchst willkommen. Ich möchte vorzüglich gern, daß Du mir das 1te Stück glänzend anfangen hülfest. Daher nicht bloß, je mehr je besser, sondern auch je eher je lieber. Was zum 1ten Stück soll, hätte ich gern bis Ende October. – In dem langen Briefe hatte ich Dir auch manches Niebelungische mitgetheilt. Auch seither ist mir manches wieder vorgekommen. Ich habe nun aber gar keine [3] Ruhe mehr zu dergleichen Mittheilungen, bis die erwünschte Entscheidung eintrifft. – Mit meiner Gesundheit habe ich mich seit Deiner Abreise wieder ziemlich gequält. Nach vielen falschen Versuchen, die ich selbst anstellte, ließ es sich endlich an, als würde ich den allgemeinen Ausschlag wieder bekommen, den ich in Aubergenville hatte. Noch indessen ist er nicht ganz heraus, endlich hat mir Malfatti ein entschiedenes innres Mittel gegeben, welches sehr wohlthätig wirkt, so daß ich wenigstens etwas klarer und leichter im Kopfe bin als seither, und den Spleen, woran ich schon wieder im höchsten Grade litt, zu verliehren anfange.
Fortgehend sind eine Menge Fremder hier gewesen; besonders auch aus Berlin und Preußen. Unter andern war auch Reimer da, den wir viel gesehn; die letzten 14 Tage wohnte die Herz bey uns. Alles dieß hat viel Störung verursacht, so daß wieder mehr innerlich als äußerlich gearbeitet worden.
Daß Du die Familienpapiere hier gelassen hättest, wäre sehr zu wünschen. Indessen werde ich auch ohne das alles so gut vorbereiten und betreiben als ich kann. Verlaß Dich darauf.
[4] Baader ist noch immer hier. Er ist endlich mit seinem Geschäft glücklich durchgedrungen. Jetzt schimpft er denn auch weniger. Wir sehen uns übrigens sehr selten. Seine grundschlechte politische Ansicht macht mir alles andre ungenießbar. Daß Du die Einlage von B.[aader] übernommen hattest, wundert mich sehr; ich hätte es gewiß nicht gethan, denn man muß jetzt mit der Wohlthat des Briefwechsels vorsichtig umgehen. Auch solltest Du Dich vor einer nähern Verbindung mit dem [unleserliche Abkürzung] Volke doch sehr hüten; in der jetzigen Zeit ist mir die politische Schlechtigkeit das erste und entscheidende Kennzeichen, daß es überhaupt nicht das rechte ist. Ich gestehe gerne daß ich in diesem Punkte intolerant zu werden anfange. – Du scheinst zu erwarten, daß ich Dir noch etwas positiv Entscheidendes melden und gleichsam das letzte Gewicht in die Wagschale legen soll. Aber das kann ich eigentlich nicht. Alles ist durchaus günstig (nicht bloß beruhigend) für unsre Wünsche, so wie Du es ja selbst auch gefunden. Dürfte man ausdauernde Vorsicht bey Dir voraussetzen, so bliebe auch nicht der Schatten eines Zweifels [5] und es könnte alles nicht anders als ganz nach Wunsche gehe, ja diesem entgegen, weit zuvorkommen. Sollte aber auch hier gefehlt werden, sollte auch ein solches Fehlen als wahrscheinlich angenommen werden müssen, so scheint mir doch unter allem was sich thun läßt, selbst die Folge der eignen möglichen Fehler mit in Anschlag gebracht, dieß das leidlichste, erträglichste, relativ das beste. – Du hast meine Freundschaft auf eine solche Weise in Anspruch genommen, daß ich nun vielleicht zu aufrichtig war. Indessen ist das nicht meine Ansicht allein, sondern die aller Eurer wahren Freunde überhaupt. Du hast hier warme, sehr warme Freunde! – Collinʼs Tod stand unter andren auch in dem verlohrnen Brief. Doch den wirst Du so erfahren haben! Der Bruder hat mir 1 Exemplar seiner Gedichte für Dich gegeben. –
Zu Michaelis ziehen wir in die Stadt, auf die Neuthor Bastey Nr. 1244. Die Wohnung ist sehr klein und sehr theuer. Ueberhaupt steigt die Theurung mit jedem Tage. Mir ist wahrhaft bange für den Winter, und die Sorgen haben denn das ihrige beygetragen, um den Spleen auszubilden, der ohnehin schon mächtig genug war. Dadurch wird das Uebel freylich keineswegs verbessert. Ich sehe gar nicht wie ich den Winter [6] durchkommen will. Wenn die Vorlesung zu Stande kömmt, so kann das schon helfen. Aber das trifft erst in die Fastenzeit, und bis dahin ist es noch lange. Wärest Du hier, so würde ich Dich schon für ein 10 L[ouis]d.[or] in Anspruch nehmen, um nur die schreckliche Zeit des Umziehens, Holzeinkaufens und Miethe zu bestehen. Aber so ist es besser, Du behältst in der Ungewißheit alle Deine Mittel beysammen. Mißmuthig wird man freylich sehr bey dieser ewigen Quälerey. –
Nun noch etwas Litterarisches. Wenn ein Theil meiner Vorlesungen (wo auch nicht das Ganze) ins Französische übersetzt werden könnte; es würde mich über alle Maaßen freuen. Trage dazu bey so viel Du kannst. Grüße auch August bestens von mir. Desgleichen den verlohrnen Sohn Albert für den ich doch immer noch eine Schwäche habe.
Eine Stelle in Deinem Briefe an Baader hat mir große Freude gemacht, nehmlich die über Oesterreich. Er mag sich nun das zu Herzen nehmen. Es würde mich unsäglich geschmerzt haben, wenn es dieser Bande gelungen wäre, Dich in jenes Verrätherland, in jene [.?.] von Deutschland hin zu locken, die Deiner [7] so ganz unwürdig ist. Hast Du denn gar nichts weiter davon gehört, weil Du dessen gar nicht mehr erwähnst? –
Es ist auch eben mit Deinem letzten zugleich ein Brief unter Deiner Addresse angekommen poste restante. Ich glaubte schon in diesem Umstande die Erfüllung meiner Wünsche zu sehen und nahm daher keinen Anstand ihn zu eröffnen. Es war nur ein alter Brief vom Julius der Dich nicht mehr hier getroffen hat, und den ich wieder mitzuschicken unnöthig finde.
Unsre neue Wohnung ist zwar sehr klein, auf den Sommer aber könnten wir wahrscheinlich auch den oberen viel schöner eingerichteten und sehr angenehm gelegenen Stock haben. Das wäre nun recht erwünscht für uns, wenn nehmlich alles geht wie wir hoffen.
Du wirst es diesem Briefe selbst anmerken, daß ich ihn mir mit einer Art von Gewalt entrissen habe. Der Spleen ist ein lästiger und unleidlicher Gefährte.
Dein Friedrich

Die herzlichsten Grüße von Dorothea.

[8] Auch wegen Caffée ist hier jetzt die größte Noth. Selbst die reichen Ausländer können ihn sich nicht verschaffen. Mitbringen indessen darf jede Person 5 Pfund. Es thut daher jeder wohl, sich zu versehen. Wie mir es ergehn wird, wenn ich ihn ganz entbehren muß, weiß ich nicht. Könnte ich nur einmal durch solche Gelegenheit 5–10 Pfund erhalten, so geschähe mir eine große Wohlthat.
Sorge für Deine Bibliothek. Da wo sie jetzt sich befindet, steht sie gewiß nicht zum besten. Ich würde sie je eher je lieber von da entfernen, und hier sollte sie gewiß sehr gut verwahrt seyn. – Hättest Du mir doch die œuvres posthumes von St. Martin das vorigemal mitgebracht, ich möchte für das vaterländische Museum etwas daraus bearbeiten.
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