• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Lingen (Ems) · Place of Destination: Bonn · Date: 15.08.1836
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Lingen (Ems)
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 15.08.1836
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.48
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,9 x 13 cm
  • Incipit: „[1] Harburg d. 15ten Aug.
    1836.
    Theuerster Oheim!
    Gleich im Anfange meines hiesigen Aufenthalts war es meine Absicht, Ihnen von mir und den [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia · Zeil, Sophia
[1] Harburg d. 15ten Aug.
1836.
Theuerster Oheim!
Gleich im Anfange meines hiesigen Aufenthalts war es meine Absicht, Ihnen von mir und den Meinigen Nachricht zu ertheilen, da aber meine Mutter wünschte, einige Zeilen mit beizulegen, und Schwäche und übles Befinden sie so oft am Schreiben hindern, so ward es von einem Tage zum andern verschoben. Hoffentlich zürnen Sie wegen dieser Verspätung nicht.
Meine Reise habe ich im Ganzen glücklich und ohne Unfall zurück gelegt, obgleich es mich doch etwas angriff, drei Nächte durchzufahren, besonders da das Wetter rauh und ungestüm war. Ich bin ganz mit der Post gefahren, und denke auch meine Rückreise, die ich auf nächsten Donnerstag d. 18ten d. M. festgesetzt habe, auf dieselbe Weise zu machen. Zu meiner Beruhigung fand ich meine gute Mutter bei meiner Ankunft doch außer Bett und [2] sie hat überhaupt während meiner Anwesenheit einen einigermaßen leidlichen Zeitpunkt mit ihrer Gesundheit gehabt. Schwach und hinfällig ist sie jedoch sehr und fast niemals frei von körperlichen Schmerzen und einem krankhaften Gefühle. Ihr Befinden verschlimmert sich auch oft in wenigen Stunden unglaublich und bei ihrem hohen Alter kann ja eine Kleinigkeit bedenklich, selbst tödtlich werden. Der Abschied von mir wird sie, fürchte ich, sehr angreifen und auch mir unendlich schmerzlich sein. Dennoch, der Himmel mag schicken, was er will, gereicht es mir zur großen Beruhigung, daß ich noch einmal hier gewesen bin und selbst gesehen habe, wie es mit Mutter steht. Ihnen, bester Onkel, habe ich es ganz besonders zu danken, daß ich diese Reise habe unternehmen können, ohne mir nachher zu viele Sorge wegen meines Auskommens machen zu müssen, und ich werde dieses gewiß niemals vergessen.
Von der Tante aus Hannover kann ich Ihnen einige ganz sichere Nachrichten mittheilen, denn ein Bekannter von uns, ein zuverlässiger, junger Mann ist vor kurzer Zeit in Hannover gewesen und hat Tante besucht. Sie hat ihr ganzes Haus vermiethet und [3] nur eine Stube und Kammer für sich und Emilie zurück behalten. Überhaupt hat es geschienen, als schränkte sie sich sehr ein, doch glauben manche Menschen, daß dieses nicht Nothwendigkeit sei, sondern mehr in der Absicht geschehe, eine erhöhte Pension vom Consistorium zu erhalten. Ob dieses grundlose Vermuthungen sind, kann ich nicht beurtheilen. Emilie hat der junge Mann nicht wieder erkannt, bis Tante sie zuletzt bei’m Namen genannt hat, denn die Veränderung im Äußern und Wesen ist zu groß gewesen. Als er sie früher gesehen hat, ist sie ein junges, hübsches, lebendiges, doch etwas vorlautes und anmaßendes Mädchen gewesen; – jetzt schrecklich verwachsen, hat sie fortwährend ganz still und fleißig nähend da gesessen, ohne aufzusehen oder sich in die Unterhaltung zu mischen, weßhalb er auf die Vermuthung gekommen ist, sie sei eine kleine krumme Näherinn. Kaum hat er seine Überraschung verbergen können, als Tante sie „Emilie“ gerufen hat. Das arme Mädchen! wie dauert sie mich! denn Tante wird sie ihre Mißgestalt bitter, bitter empfinden lassen.
Den Gesundheitszustand meiner Schwester finde ich nicht schlimmer, als vor drei Jahren, was mir doch zu [4] einiger Beruhigung gereicht. Ihre Pauline ist recht gewachsen und sieht viel wohler aus, wie früher, worüber meine Schwester eine große Freude hat. Ein fleißiges und artiges Kind war sie immer, nur früher sehr zart und schwächlich. Adolph ist immer ein frischer, blühender Knabe gewesen und ist es auch noch. Meine Schwester und deren Kinder, so wie auch Hermann haben mir herzliche Grüße an Sie aufgetragen.
Ihnen, lieber Onkel, geht es hoffentlich recht gut; ich denke, Mamsell Marie giebt mir bald einmal Nachricht davon, denn Ihnen mag ich es nicht zumuthen bei Ihrer großen und vielseitigen Thätigkeit.
Leben Sie recht wohl und erhalten Sie ein freundliches Andenken
Ihrer
Sie hochschätzenden und liebenden Nichte
Amalie Wolper.
Ich bitte um viele Grüße an Mamsell Marie und auch an Heinrich.
[1] Harburg d. 15ten Aug.
1836.
Theuerster Oheim!
Gleich im Anfange meines hiesigen Aufenthalts war es meine Absicht, Ihnen von mir und den Meinigen Nachricht zu ertheilen, da aber meine Mutter wünschte, einige Zeilen mit beizulegen, und Schwäche und übles Befinden sie so oft am Schreiben hindern, so ward es von einem Tage zum andern verschoben. Hoffentlich zürnen Sie wegen dieser Verspätung nicht.
Meine Reise habe ich im Ganzen glücklich und ohne Unfall zurück gelegt, obgleich es mich doch etwas angriff, drei Nächte durchzufahren, besonders da das Wetter rauh und ungestüm war. Ich bin ganz mit der Post gefahren, und denke auch meine Rückreise, die ich auf nächsten Donnerstag d. 18ten d. M. festgesetzt habe, auf dieselbe Weise zu machen. Zu meiner Beruhigung fand ich meine gute Mutter bei meiner Ankunft doch außer Bett und [2] sie hat überhaupt während meiner Anwesenheit einen einigermaßen leidlichen Zeitpunkt mit ihrer Gesundheit gehabt. Schwach und hinfällig ist sie jedoch sehr und fast niemals frei von körperlichen Schmerzen und einem krankhaften Gefühle. Ihr Befinden verschlimmert sich auch oft in wenigen Stunden unglaublich und bei ihrem hohen Alter kann ja eine Kleinigkeit bedenklich, selbst tödtlich werden. Der Abschied von mir wird sie, fürchte ich, sehr angreifen und auch mir unendlich schmerzlich sein. Dennoch, der Himmel mag schicken, was er will, gereicht es mir zur großen Beruhigung, daß ich noch einmal hier gewesen bin und selbst gesehen habe, wie es mit Mutter steht. Ihnen, bester Onkel, habe ich es ganz besonders zu danken, daß ich diese Reise habe unternehmen können, ohne mir nachher zu viele Sorge wegen meines Auskommens machen zu müssen, und ich werde dieses gewiß niemals vergessen.
Von der Tante aus Hannover kann ich Ihnen einige ganz sichere Nachrichten mittheilen, denn ein Bekannter von uns, ein zuverlässiger, junger Mann ist vor kurzer Zeit in Hannover gewesen und hat Tante besucht. Sie hat ihr ganzes Haus vermiethet und [3] nur eine Stube und Kammer für sich und Emilie zurück behalten. Überhaupt hat es geschienen, als schränkte sie sich sehr ein, doch glauben manche Menschen, daß dieses nicht Nothwendigkeit sei, sondern mehr in der Absicht geschehe, eine erhöhte Pension vom Consistorium zu erhalten. Ob dieses grundlose Vermuthungen sind, kann ich nicht beurtheilen. Emilie hat der junge Mann nicht wieder erkannt, bis Tante sie zuletzt bei’m Namen genannt hat, denn die Veränderung im Äußern und Wesen ist zu groß gewesen. Als er sie früher gesehen hat, ist sie ein junges, hübsches, lebendiges, doch etwas vorlautes und anmaßendes Mädchen gewesen; – jetzt schrecklich verwachsen, hat sie fortwährend ganz still und fleißig nähend da gesessen, ohne aufzusehen oder sich in die Unterhaltung zu mischen, weßhalb er auf die Vermuthung gekommen ist, sie sei eine kleine krumme Näherinn. Kaum hat er seine Überraschung verbergen können, als Tante sie „Emilie“ gerufen hat. Das arme Mädchen! wie dauert sie mich! denn Tante wird sie ihre Mißgestalt bitter, bitter empfinden lassen.
Den Gesundheitszustand meiner Schwester finde ich nicht schlimmer, als vor drei Jahren, was mir doch zu [4] einiger Beruhigung gereicht. Ihre Pauline ist recht gewachsen und sieht viel wohler aus, wie früher, worüber meine Schwester eine große Freude hat. Ein fleißiges und artiges Kind war sie immer, nur früher sehr zart und schwächlich. Adolph ist immer ein frischer, blühender Knabe gewesen und ist es auch noch. Meine Schwester und deren Kinder, so wie auch Hermann haben mir herzliche Grüße an Sie aufgetragen.
Ihnen, lieber Onkel, geht es hoffentlich recht gut; ich denke, Mamsell Marie giebt mir bald einmal Nachricht davon, denn Ihnen mag ich es nicht zumuthen bei Ihrer großen und vielseitigen Thätigkeit.
Leben Sie recht wohl und erhalten Sie ein freundliches Andenken
Ihrer
Sie hochschätzenden und liebenden Nichte
Amalie Wolper.
Ich bitte um viele Grüße an Mamsell Marie und auch an Heinrich.
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , 15.08.1836
· Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
· Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.17
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