• Auguste Luise Adolfine von Flotow to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 20.07.1841
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Auguste Luise Adolfine von Flotow
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 20.07.1841
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33563
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.8,Nr.59
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 22,5 x 17,5 cm
  • Incipit: „[1] Bonn den 20ten July 41.
    Ihr Brief vom 24ten v. M. hat mich sehr erfreut. Ich würde Ihnen das schon [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] Bonn den 20ten July 41.
Ihr Brief vom 24ten v. M. hat mich sehr erfreut. Ich würde Ihnen das schon früher gesagt haben, und meinen Dank noch ganz besonders für die schönen Vasen ausgesprochen, hätte ich nicht gewußt, daß Flotow Sie in Berlin aufsuchen, und Ihnen meine Grüße und meinen Dank überbringen. So ließ ich also die Zeit bis zur Ankunft meines Sohnes mit seiner jungen Frau verstreichen, und dachte Ihnen ein Bild der neuen Tochter und unsres Zusammenseyns zu entwerfen. Dieß ist indeß durch das fortwährende Unwohlseyn meiner kleinen Schwiegertochter sehr gestört, auch nimmt ihre Pflege Zeit und Kräfte in Anspruch, und es blieb bis heute fast unmöglich, meine Gedanken so viel zu sammeln um an Sie zu schreiben. Doch muß es nun trotz allen Widerwärtigkeiten geschehen, und wenigstens bin ich so nicht ohne wahre Entschuldigung wenn mein Brief flüchtiger und unzusammenhängender ausfällt als ich Ihretwegen besonders wünsche.
Zuerst laßen Sie mich Ihnen sagen, daß ich mich Ihres Wohlseyns herzlich freue. Daß Ihre Gedanken und Pläne auf Ihre Rückkehr gerichtet sind hörte ich von Mina, die mir das Broncemedaillon von David vor wenigen Tagen zeigte. Es ist gut, und gleicht Ihnen, doch erscheint es zu alt, und der Kopf durch die zurück gekämmten Haare zu stark; vielleicht auch fremd weil der Bart fehlt. Es [2] ist schade, daß Thorwaldsen sich dieser Arbeit nicht unterzogen hat: ich denke es müßte ihm noch beßer gelungen seyn.
Nachrichten aus Ihrem Hause darf ich Ihnen nicht geben. Wie ich höre schreibt Ihnen Marie oft. Ihr Kathrinchen begegnet mir zuweilen. Sie scheint seit Ihrer Abwesenheit weniger auf Reinlichkeit und Zierlichkeit zu halten, denn wahrlich man hätte Werther seyn müßen um ihr einen herzhaften Kuß zu geben. Der Dichter Üchtritz aus Düßeldorf war kürzlich mit seiner hübschen Gattin zum Besuch bey Löbell, u kam auch zu mir um zu erfahren wann Sie etwa wieder hier seyn würden, u ob Sie denn den Besuch Ihrer Nichte, der Frau von Buttlar, erwarteten? So wenig über das Eine wie über das Andere konnte ich Auskunft geben, und besonders überraschte es mich zu hören, daß Frau von Buttlar Wittwe ist, und Ihnen und den Freunden in Düßeldorf Besuche zudenkt. Sie ist in Teschen in Böhmen, wo ihr Mann gestorben ist, und wohin Sie ihr wahrscheinlich Nachricht von Ihrem Berliner Aufenthalt gegeben haben. Ich würde mich sehr freuen später die Bekanntschaft dieser Frau zu machen, von der man mir aufs Neue so viel Liebenswürdiges erzählt hat.
Meinem Manne geht es bis auf die Stürme u das abscheuliche [3] Regenwetter gut in Warnemunde. Er lebt dort im Kreise seiner Angehörigen, die er seit Jahren nicht mehr sah. Zum 10ten d. M. etwa wird er wieder hier eintreffen, u bisdahin verlaßen mich mein Sohn und seine Frau wieder, die ich in Flotows Zimmer einquartiert habe. Ich wollte ich könnte Ihnen die jungen Eheleute präsentiren. und Die höchst anmuthige, reizende Erscheinung der jungen Frau würde ihren Eindruck auf Sie nicht verfehlen. Ich fühle mich sehr glücklich, in dem Anblicke der Liebe meiner Kinder, u in dem Zusammenseyn mit ihnen. Meine Töchter sind bezaubert von der lieblichen Schwägerin. Sie sind wohl, u empfehlen sich Ihnen bestens.
Von den Herrn Profeßoren u ihren Gattinnen weiß ich so viel wie nichts, ich habe niemand gesehen. Frau von Hollweg ist mit ihrer Anna nach Scheveningen, und Mendelssohns verlaßen Bonn in dieser Woche. Solms sind noch abwesend, und er recht krank gewesen. Viele Offizire sind auf Urlaub. Frau von LaRoche läßt sich nicht sehen, obgleich ich sie zuletzt besucht habe; damals sah sie unwohl aus u klagte auch. Sie können hieraus urtheilen wie still es jetzt hier ist. Frau von Haxthausen ist auch fort, und kehrt nicht nach Bonn zurück. Sie wird ihr Haus verkaufen, u künftig bey ihrem jüngsten Sohne auf dem Lande in Westphalen leben, wo sie nur wenige Meilen von der Tochter u dem ältesten Sohne, dem Priester, entfernt ist. [4] Daß der Mann todt ist haben Sie doch gehört? Mein Vis-à-Vis N. scheint seine Kaffevisiten aufgegeben zu haben; so sehe ich auch keine Studenten mit Mappen zu ihm eingehen, u ihn oft unbeschäftigt am Fenster. Oidtmanns bauten u tapezierten lange – nun stehen alle Fenster auf zum Trocknen, und dann werden sie wohl ihr Haus eröffnen. Frau Naumann, erzählen eben meine Töchter, soll mit allen Kindern nach Kreuznach seyn. Für Ihre Nachrichten über Beusts u Wedells meinen Dank. Empfehlen Sie mich Erstern bestens.
Doch nun habe ich Ihnen so viel vorgeschwatzt daß Sie ganz ermüdet davon seyn werden. Leben Sie denn wohl und vergeßen Sie unser nicht im Glanz u Treiben der Residenz.
Auguste v. Flotow.
[1] Bonn den 20ten July 41.
Ihr Brief vom 24ten v. M. hat mich sehr erfreut. Ich würde Ihnen das schon früher gesagt haben, und meinen Dank noch ganz besonders für die schönen Vasen ausgesprochen, hätte ich nicht gewußt, daß Flotow Sie in Berlin aufsuchen, und Ihnen meine Grüße und meinen Dank überbringen. So ließ ich also die Zeit bis zur Ankunft meines Sohnes mit seiner jungen Frau verstreichen, und dachte Ihnen ein Bild der neuen Tochter und unsres Zusammenseyns zu entwerfen. Dieß ist indeß durch das fortwährende Unwohlseyn meiner kleinen Schwiegertochter sehr gestört, auch nimmt ihre Pflege Zeit und Kräfte in Anspruch, und es blieb bis heute fast unmöglich, meine Gedanken so viel zu sammeln um an Sie zu schreiben. Doch muß es nun trotz allen Widerwärtigkeiten geschehen, und wenigstens bin ich so nicht ohne wahre Entschuldigung wenn mein Brief flüchtiger und unzusammenhängender ausfällt als ich Ihretwegen besonders wünsche.
Zuerst laßen Sie mich Ihnen sagen, daß ich mich Ihres Wohlseyns herzlich freue. Daß Ihre Gedanken und Pläne auf Ihre Rückkehr gerichtet sind hörte ich von Mina, die mir das Broncemedaillon von David vor wenigen Tagen zeigte. Es ist gut, und gleicht Ihnen, doch erscheint es zu alt, und der Kopf durch die zurück gekämmten Haare zu stark; vielleicht auch fremd weil der Bart fehlt. Es [2] ist schade, daß Thorwaldsen sich dieser Arbeit nicht unterzogen hat: ich denke es müßte ihm noch beßer gelungen seyn.
Nachrichten aus Ihrem Hause darf ich Ihnen nicht geben. Wie ich höre schreibt Ihnen Marie oft. Ihr Kathrinchen begegnet mir zuweilen. Sie scheint seit Ihrer Abwesenheit weniger auf Reinlichkeit und Zierlichkeit zu halten, denn wahrlich man hätte Werther seyn müßen um ihr einen herzhaften Kuß zu geben. Der Dichter Üchtritz aus Düßeldorf war kürzlich mit seiner hübschen Gattin zum Besuch bey Löbell, u kam auch zu mir um zu erfahren wann Sie etwa wieder hier seyn würden, u ob Sie denn den Besuch Ihrer Nichte, der Frau von Buttlar, erwarteten? So wenig über das Eine wie über das Andere konnte ich Auskunft geben, und besonders überraschte es mich zu hören, daß Frau von Buttlar Wittwe ist, und Ihnen und den Freunden in Düßeldorf Besuche zudenkt. Sie ist in Teschen in Böhmen, wo ihr Mann gestorben ist, und wohin Sie ihr wahrscheinlich Nachricht von Ihrem Berliner Aufenthalt gegeben haben. Ich würde mich sehr freuen später die Bekanntschaft dieser Frau zu machen, von der man mir aufs Neue so viel Liebenswürdiges erzählt hat.
Meinem Manne geht es bis auf die Stürme u das abscheuliche [3] Regenwetter gut in Warnemunde. Er lebt dort im Kreise seiner Angehörigen, die er seit Jahren nicht mehr sah. Zum 10ten d. M. etwa wird er wieder hier eintreffen, u bisdahin verlaßen mich mein Sohn und seine Frau wieder, die ich in Flotows Zimmer einquartiert habe. Ich wollte ich könnte Ihnen die jungen Eheleute präsentiren. und Die höchst anmuthige, reizende Erscheinung der jungen Frau würde ihren Eindruck auf Sie nicht verfehlen. Ich fühle mich sehr glücklich, in dem Anblicke der Liebe meiner Kinder, u in dem Zusammenseyn mit ihnen. Meine Töchter sind bezaubert von der lieblichen Schwägerin. Sie sind wohl, u empfehlen sich Ihnen bestens.
Von den Herrn Profeßoren u ihren Gattinnen weiß ich so viel wie nichts, ich habe niemand gesehen. Frau von Hollweg ist mit ihrer Anna nach Scheveningen, und Mendelssohns verlaßen Bonn in dieser Woche. Solms sind noch abwesend, und er recht krank gewesen. Viele Offizire sind auf Urlaub. Frau von LaRoche läßt sich nicht sehen, obgleich ich sie zuletzt besucht habe; damals sah sie unwohl aus u klagte auch. Sie können hieraus urtheilen wie still es jetzt hier ist. Frau von Haxthausen ist auch fort, und kehrt nicht nach Bonn zurück. Sie wird ihr Haus verkaufen, u künftig bey ihrem jüngsten Sohne auf dem Lande in Westphalen leben, wo sie nur wenige Meilen von der Tochter u dem ältesten Sohne, dem Priester, entfernt ist. [4] Daß der Mann todt ist haben Sie doch gehört? Mein Vis-à-Vis N. scheint seine Kaffevisiten aufgegeben zu haben; so sehe ich auch keine Studenten mit Mappen zu ihm eingehen, u ihn oft unbeschäftigt am Fenster. Oidtmanns bauten u tapezierten lange – nun stehen alle Fenster auf zum Trocknen, und dann werden sie wohl ihr Haus eröffnen. Frau Naumann, erzählen eben meine Töchter, soll mit allen Kindern nach Kreuznach seyn. Für Ihre Nachrichten über Beusts u Wedells meinen Dank. Empfehlen Sie mich Erstern bestens.
Doch nun habe ich Ihnen so viel vorgeschwatzt daß Sie ganz ermüdet davon seyn werden. Leben Sie denn wohl und vergeßen Sie unser nicht im Glanz u Treiben der Residenz.
Auguste v. Flotow.
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