• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Unknown · Date: 21.08.1819
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 21.08.1819
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 30. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Epoche der Zeitschrift Concordia (6. November 1818 ‒ Mai 1823). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Eugène Susini. Paderborn 1980, S. 189‒193.
  • Incipit: „[1] Wien, den 21ten August, 1819.
    Geliebter Bruder! Ich muß vor allen Dingen um Entschuldigung bitten und sehr auf Deine Güte und [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34288
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.d,Nr.228
  • Number of Pages: 8S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,1 x 12 cm
[1] Wien, den 21ten August, 1819.
Geliebter Bruder! Ich muß vor allen Dingen um Entschuldigung bitten und sehr auf Deine Güte und freundschaftliche Nachsicht rechnen, daß ich Dir so lange Zeit und während der ganzen Reise nicht geschrieben habe. Du kannst Dir aber wohl leicht denken, wie es mir auf diesem eiligen Durchfluge durch Italien ergangen <ist>; jede Viertelstunde war kostbar, um so viel zusammenzudrängen als nur irgend möglich, und nichts Wesentliches zu versäumen, was mir denn auch selbst in Rom so sehr gelungen ist, daß ich es selbst jetzt kaum begreife, daß ich mit meiner schwerfälligen Person noch so vieles habe leisten können. Dazu kam denn noch außer dem Sehen so vieles andre; das Wiedersehen meiner Frau und Philipps, dann die andern jungen Künstler, so manche Bekannte und Bekanntschaften, viele Gegenstände, die meine ganze und innigste Theilnahme und Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Dazu mußte ich doch so viel als möglich, um den Fürsten zu seyn, und ihn auf seinen Kunst- und Alterthums-Excursen zu begleiten suchen; einige Feste, Diners und andren Zeitverlust nicht zu erwähnen. Dann nahmen mir auch die Sorgen und die Gedanken über meine Lage manchen Augenblick hinweg; nahmentlich in Florenz trat mir dieß so nahe ans Herz, daß ich da <ich> sonst daselbst (nämlich bey unserm zweiten Aufenthalte) wohl Zeit gehabt hätte, zu schreiben und auch die Absicht hatte, es wenigstens an Dich zu thun, doch ganz außer Stande dazu war, besonders da mir auch die mörderliche Hitze dort sehr zusetzte, so [2] daß ich <oft> mehrere Tage hindurch nicht im Stande <war>, die Feder in der Hand zu behalten. Gereist sind <wir> mehrentheils wüthend schnell, wie Engländer qui auroient pris le mors aux dents.– Du hast da im Allgemeinen ein ziemlich treues Bild meiner Reise, wovon nachher ein mehreres.
Eines würde ich jedoch gewiß nicht versäumt haben, wenn ich nämlich auch nur die mindeste Hoffnung gehabt hätte, aus dieser weiten Ferne, zur Wiederherstellung Deines häuslichen Verhältnißes irgend <etwas> beyzutragen. Nun habe ich zwar in Italien Briefe von Sophieen und von der Mutter gehabt, die etwas gemäßigter abgefaßt waren, aber doch zugleich den Willen einer gänzlichen Trennung so entschieden und beharrlich aussprachen und wiederhohlten, daß ich eigentlich gar keine Antwort darauf zu geben habe, da ich nun einmal keinen andern vernünftigen Rath zu ersinnen weiß, als den ihnen zuletzt gegebenen, ,daß Sophie sich entschließen sollte, auf ein halbes Jahr zu Dir zu gehen, Du ihr dagegen versprechen, wenn sie nach Ablauf dieser Zeit noch auf der Trennung beharren <würde>, zu dieser <dann> in der friedlichsten Form die Hände zu bietenʻ.— Ich kann das nämliche eigentlich nur wiederhohlen, wenn ich Sophieen wieder schreibe, da ich einmal keiner andern Meynung darüber seyn kann, als dieser. Jetzt will ich indessen nun noch warten, bis ich erst wieder Nachricht von Dir erhalten, und erfahren habe, ob indessen vielleicht ein Schritt zur Annäherung oder zur Trennung [3] geschehen ist, oder sich sonst irgend etwas Neues in dieser Sache ergeben hat. Das Betragen der Eltern übersteigt in jeder Hinsicht meine Begriffe; denn ob Du mir gleich den Calumnienbrief des Vaters nie vollständig mitgetheilt hast, so daß mir dieses wesentliche Actenstück abgeht, so ist <doch> auch des Uebrigen schon vollauf und genug.– – In Italien habe ich oft an Dich gedacht und an das, was Du mir von Deinen früheren Reisen erzählt und mitgetheilt, besonders auch Deine hetrurischen Gedanken; und hätte <ich> mir wohl oft gewünscht, mit Dir gemeinsam unter den alten Götzenstümmeln und heidnischen Gemäuer herumzugehen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie ich Italien liebe; besonders das zauberische Neapel, Florenz etwas weniger, doch ist es so reich, daß man immer neu da zu lernen findet; und auch Venedig war mir zu guterletzt sehr anziehend. Rom, das versteht sich von selbst, da möchte man bleiben und da muß man leben. Wie ich von Neapel dahin zurück kam, hatte ich völlig das Gefühl, als wenn ich <nun wieder> zu Hause wäre; und nie ist mir noch der Abschied von irgend einem Orte in der Welt, so ganz unsäglich schmerzlich gewesen, als da ich am 12ten Juni in aller Frühe aus der Porta del Popolo vor dem Monte Trinità vorbeyfuhr, wo meine gute Frau wohnt, die ich da zurücklassen mußte! – Versäumt habe ich eigentlich in Italien nur [4] zweyerley; erstlich Pisa, wohin mich der Fürst anfangs mitnehmen wollte, woraus aber nachher nichts wurde, und dann Pästum; da mir der Aufenthalt in Neapel sehr kostbar war, wo ich alle Parthieen mit meiner Frau zusammen gemacht habe, die mit Philipp zu gleicher Zeit mit mir hingereist war, so mußte ich diesem, so erwünscht es auch gewesen wäre, entsagen. Sonst habe ich aber alles in <und um> Neapel gesehen, und war zweymal recht gründlich und ausführlich in Pompeji, welches mir über alle Maßen gefällt und von dem wunderwollsten Eindruck ist.
Ich bin schon einige Wochen wieder zurück; die erste Zeit aber ist mir ganz mit kleinen Geschäften, mit der Pflege für meine Gesundheit, da ich diesen Sommer fast noch mehr als den vorigen an der Calora zu leiden gehabt, und zum Theil auch mit Traurigkeit und schwermüthigen Gedanken vergangen, die mich wenn sie überhand nehmen, leicht von aller freundschaftlichen Mittheilung abziehen.– Nun aber habe ich <mich> schon mehr wieder gefunden; ich habe unermeßlich viel zu arbeiten vor mir und das wird auch in meiner Einsamkeit der beste Trost seyn. Jetzt werde ich Dir auch recht oft wieder schreiben, und zwar ununterbrochen fleißig, indem ich auf das lebhafteste wünsche, in regelmäßigem Briefwechsel [5] mit Dir zu bleiben und hoffe, daß Du nicht so genau rechnen und mir mein Nichtschreiben auf der Reise zu Gute halten wirst.– Was meine Lage anbetrifft, so hat mir der F.[ürst] zwar auf der Reise viele Beweise von Wohlwollen, und auch zuletzt noch in Florenz, wo ich ihn wegen der Rückkehr meiner Frau anging, die tröstlichen Verheissungen gegeben. Wenn alles gut geht, so wird meine Frau wohl im <ersten> Anfang des kommenden Frühjahrs zurückkehren; denn daß es noch im Oktober geschehen könnte (später will sie nicht reisen) wage ich selbst kaum zu hoffen.– Am besten wäre <freylich> gewesen, ich hätte bey ihr in Rom bleiben können; dazu wäre auch wohl Gelegenheit und eine recht schickliche Stelle gewesen, woran der F.[ürst] selbst früher für mich gedacht zu haben scheint; da man in Rom eine Oesterr[eichische] Kunstakademie errichten <will>, die der gemeinschaftliche Centralpunkt für die Akad[emien] in Wien, Mayland und Venedig seyn soll. Aber meine liebsten Wünsche sollen nun einmal nicht in Erfüllung gehen; es fand sich ein Italiäner, der sehr protegirt <ist> – und mich vordrängen oder irgend etwas mit Hast suchen, will ich nun einmal durchaus nicht.– So ist denn nun, nachdem ich die herrliche Reise gemacht, wofür ich dem F.[ürsten] freylich sehr dankbar bin, im Wesentlichen meine Lage immer noch ganz unentschieden; was [6] freylich auf die Länge sehr niederschlagend und ertödtend ist.– Meine nächsten Arbeiten haben die Kunst zum Gegenstande, und meine Reise, ehe der frische Eindruck davon wieder verdunstet ist. Die Erinnerungen davon muß ich freylich als zunächst dem Fürsten gewidmet ansehen, und kann also noch nicht ganz bestimmen, in welcher Form und Art sie mittheilbar gemacht werden können. Von einem officiellen Auftrage (was mich auch sehr geniren würde) wie Du in irgend einer Zeitung vielleicht gelesen haben wirst, ist nie die Rede gewesen.
Ich bin nun sehr begierig auf Nachrichten von Dir und Deinen Arbeiten, so wie auch von Deiner ganzen Lage. Ist es wahr, daß Du nun entschieden ganz in Bonn bleibst? Ich bitte Dich recht inständig, mir von allem zu schreiben. Was in der neuesten Zeit auch bey Euch vorgegangen <ist>, hat meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich möchte wohl Deine Meynung und Ansicht darüber wißen. Mir ist es noch nicht möglich, ins Klare zu kommen, was eigentlich an der ganzen Sache ist.– Vielleicht aber, was Euch dort betrifft, und was mich auch am meisten interessirt, so wird wenn die jetzige Burraske vorüber ist, die Re[7]gierung vielleicht um so eher geneigt <seyn>, wahrhaft vernünftigen Rathschlägen Gehör zu geben, um die neue Universität dem Bedürfniß und dem Geist des Rheinlandes so entsprechend und gründlich befriedigend als möglich zu gestalten. Ich bitte Dich in dieser Hinsicht auch alles, was ich Dir früher mitgetheilt, ja nicht zu vergessen, und sorgsam im Auge zu behalten. Diese Bitte ist, wie sich versteht, auch an den Freund W.[indischmann] mit gerichtet, den ich von ganzem Herzen grüße und mich seiner treuen Liebe empfohlen seyn lasse. Du wirst ihm aus diesem Briefe wohl mittheilen, bis ich ihm selbst schreibe, was mit nächstem geschehen soll.–
Die Deutsche Ausstellung in Rom ist persönlich genommen sehr erfreulich für mich gewesen; indem Philipps großes Oelbild, die Religion vorstellend, von allen Seiten das höchste Lob und fast den Preiß erhielt; sonst aber hat sich manche Anfeindung dagegen erhoben.–
Nina erwartet jetzt ihre erste Niederkunft; meine Frau war etwas besorgt für sie da sowohl sie als der gute Overb.[eck] das Fieber haben. Ueberhaupt ist ihre Lage beschränkt und nicht sorgenfrey. ,Die Kunst dieser jungen Deutschen – geht zwar nicht nach Brodteʻ – aber dafür ist sie auch oft nur sehr sparsam mit Brodt versehen.
Wenn Du mir einmal etwas schicken oder schreiben willst, was – zu groß für die Post ist; so schicke es an Handel [8] in Frankf.[urt] mit der Bitte um Beförderung; oder noch beßer durch den Freund W.[indischmann] an Li. Sprich nur mit W.[indischmann] darüber. Handels Addresse ist: Minister-Resident und k. k. Hofrath, auch Bundeskanzleydirecktor, Freyh. v. H.
Nun lebe herzlich wohl und laß mich bald wieder von Dir hören – Dein Dich herzlich liebender
Bruder Friedrich.
[1] Wien, den 21ten August, 1819.
Geliebter Bruder! Ich muß vor allen Dingen um Entschuldigung bitten und sehr auf Deine Güte und freundschaftliche Nachsicht rechnen, daß ich Dir so lange Zeit und während der ganzen Reise nicht geschrieben habe. Du kannst Dir aber wohl leicht denken, wie es mir auf diesem eiligen Durchfluge durch Italien ergangen <ist>; jede Viertelstunde war kostbar, um so viel zusammenzudrängen als nur irgend möglich, und nichts Wesentliches zu versäumen, was mir denn auch selbst in Rom so sehr gelungen ist, daß ich es selbst jetzt kaum begreife, daß ich mit meiner schwerfälligen Person noch so vieles habe leisten können. Dazu kam denn noch außer dem Sehen so vieles andre; das Wiedersehen meiner Frau und Philipps, dann die andern jungen Künstler, so manche Bekannte und Bekanntschaften, viele Gegenstände, die meine ganze und innigste Theilnahme und Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Dazu mußte ich doch so viel als möglich, um den Fürsten zu seyn, und ihn auf seinen Kunst- und Alterthums-Excursen zu begleiten suchen; einige Feste, Diners und andren Zeitverlust nicht zu erwähnen. Dann nahmen mir auch die Sorgen und die Gedanken über meine Lage manchen Augenblick hinweg; nahmentlich in Florenz trat mir dieß so nahe ans Herz, daß ich da <ich> sonst daselbst (nämlich bey unserm zweiten Aufenthalte) wohl Zeit gehabt hätte, zu schreiben und auch die Absicht hatte, es wenigstens an Dich zu thun, doch ganz außer Stande dazu war, besonders da mir auch die mörderliche Hitze dort sehr zusetzte, so [2] daß ich <oft> mehrere Tage hindurch nicht im Stande <war>, die Feder in der Hand zu behalten. Gereist sind <wir> mehrentheils wüthend schnell, wie Engländer qui auroient pris le mors aux dents.– Du hast da im Allgemeinen ein ziemlich treues Bild meiner Reise, wovon nachher ein mehreres.
Eines würde ich jedoch gewiß nicht versäumt haben, wenn ich nämlich auch nur die mindeste Hoffnung gehabt hätte, aus dieser weiten Ferne, zur Wiederherstellung Deines häuslichen Verhältnißes irgend <etwas> beyzutragen. Nun habe ich zwar in Italien Briefe von Sophieen und von der Mutter gehabt, die etwas gemäßigter abgefaßt waren, aber doch zugleich den Willen einer gänzlichen Trennung so entschieden und beharrlich aussprachen und wiederhohlten, daß ich eigentlich gar keine Antwort darauf zu geben habe, da ich nun einmal keinen andern vernünftigen Rath zu ersinnen weiß, als den ihnen zuletzt gegebenen, ,daß Sophie sich entschließen sollte, auf ein halbes Jahr zu Dir zu gehen, Du ihr dagegen versprechen, wenn sie nach Ablauf dieser Zeit noch auf der Trennung beharren <würde>, zu dieser <dann> in der friedlichsten Form die Hände zu bietenʻ.— Ich kann das nämliche eigentlich nur wiederhohlen, wenn ich Sophieen wieder schreibe, da ich einmal keiner andern Meynung darüber seyn kann, als dieser. Jetzt will ich indessen nun noch warten, bis ich erst wieder Nachricht von Dir erhalten, und erfahren habe, ob indessen vielleicht ein Schritt zur Annäherung oder zur Trennung [3] geschehen ist, oder sich sonst irgend etwas Neues in dieser Sache ergeben hat. Das Betragen der Eltern übersteigt in jeder Hinsicht meine Begriffe; denn ob Du mir gleich den Calumnienbrief des Vaters nie vollständig mitgetheilt hast, so daß mir dieses wesentliche Actenstück abgeht, so ist <doch> auch des Uebrigen schon vollauf und genug.– – In Italien habe ich oft an Dich gedacht und an das, was Du mir von Deinen früheren Reisen erzählt und mitgetheilt, besonders auch Deine hetrurischen Gedanken; und hätte <ich> mir wohl oft gewünscht, mit Dir gemeinsam unter den alten Götzenstümmeln und heidnischen Gemäuer herumzugehen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie ich Italien liebe; besonders das zauberische Neapel, Florenz etwas weniger, doch ist es so reich, daß man immer neu da zu lernen findet; und auch Venedig war mir zu guterletzt sehr anziehend. Rom, das versteht sich von selbst, da möchte man bleiben und da muß man leben. Wie ich von Neapel dahin zurück kam, hatte ich völlig das Gefühl, als wenn ich <nun wieder> zu Hause wäre; und nie ist mir noch der Abschied von irgend einem Orte in der Welt, so ganz unsäglich schmerzlich gewesen, als da ich am 12ten Juni in aller Frühe aus der Porta del Popolo vor dem Monte Trinità vorbeyfuhr, wo meine gute Frau wohnt, die ich da zurücklassen mußte! – Versäumt habe ich eigentlich in Italien nur [4] zweyerley; erstlich Pisa, wohin mich der Fürst anfangs mitnehmen wollte, woraus aber nachher nichts wurde, und dann Pästum; da mir der Aufenthalt in Neapel sehr kostbar war, wo ich alle Parthieen mit meiner Frau zusammen gemacht habe, die mit Philipp zu gleicher Zeit mit mir hingereist war, so mußte ich diesem, so erwünscht es auch gewesen wäre, entsagen. Sonst habe ich aber alles in <und um> Neapel gesehen, und war zweymal recht gründlich und ausführlich in Pompeji, welches mir über alle Maßen gefällt und von dem wunderwollsten Eindruck ist.
Ich bin schon einige Wochen wieder zurück; die erste Zeit aber ist mir ganz mit kleinen Geschäften, mit der Pflege für meine Gesundheit, da ich diesen Sommer fast noch mehr als den vorigen an der Calora zu leiden gehabt, und zum Theil auch mit Traurigkeit und schwermüthigen Gedanken vergangen, die mich wenn sie überhand nehmen, leicht von aller freundschaftlichen Mittheilung abziehen.– Nun aber habe ich <mich> schon mehr wieder gefunden; ich habe unermeßlich viel zu arbeiten vor mir und das wird auch in meiner Einsamkeit der beste Trost seyn. Jetzt werde ich Dir auch recht oft wieder schreiben, und zwar ununterbrochen fleißig, indem ich auf das lebhafteste wünsche, in regelmäßigem Briefwechsel [5] mit Dir zu bleiben und hoffe, daß Du nicht so genau rechnen und mir mein Nichtschreiben auf der Reise zu Gute halten wirst.– Was meine Lage anbetrifft, so hat mir der F.[ürst] zwar auf der Reise viele Beweise von Wohlwollen, und auch zuletzt noch in Florenz, wo ich ihn wegen der Rückkehr meiner Frau anging, die tröstlichen Verheissungen gegeben. Wenn alles gut geht, so wird meine Frau wohl im <ersten> Anfang des kommenden Frühjahrs zurückkehren; denn daß es noch im Oktober geschehen könnte (später will sie nicht reisen) wage ich selbst kaum zu hoffen.– Am besten wäre <freylich> gewesen, ich hätte bey ihr in Rom bleiben können; dazu wäre auch wohl Gelegenheit und eine recht schickliche Stelle gewesen, woran der F.[ürst] selbst früher für mich gedacht zu haben scheint; da man in Rom eine Oesterr[eichische] Kunstakademie errichten <will>, die der gemeinschaftliche Centralpunkt für die Akad[emien] in Wien, Mayland und Venedig seyn soll. Aber meine liebsten Wünsche sollen nun einmal nicht in Erfüllung gehen; es fand sich ein Italiäner, der sehr protegirt <ist> – und mich vordrängen oder irgend etwas mit Hast suchen, will ich nun einmal durchaus nicht.– So ist denn nun, nachdem ich die herrliche Reise gemacht, wofür ich dem F.[ürsten] freylich sehr dankbar bin, im Wesentlichen meine Lage immer noch ganz unentschieden; was [6] freylich auf die Länge sehr niederschlagend und ertödtend ist.– Meine nächsten Arbeiten haben die Kunst zum Gegenstande, und meine Reise, ehe der frische Eindruck davon wieder verdunstet ist. Die Erinnerungen davon muß ich freylich als zunächst dem Fürsten gewidmet ansehen, und kann also noch nicht ganz bestimmen, in welcher Form und Art sie mittheilbar gemacht werden können. Von einem officiellen Auftrage (was mich auch sehr geniren würde) wie Du in irgend einer Zeitung vielleicht gelesen haben wirst, ist nie die Rede gewesen.
Ich bin nun sehr begierig auf Nachrichten von Dir und Deinen Arbeiten, so wie auch von Deiner ganzen Lage. Ist es wahr, daß Du nun entschieden ganz in Bonn bleibst? Ich bitte Dich recht inständig, mir von allem zu schreiben. Was in der neuesten Zeit auch bey Euch vorgegangen <ist>, hat meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich möchte wohl Deine Meynung und Ansicht darüber wißen. Mir ist es noch nicht möglich, ins Klare zu kommen, was eigentlich an der ganzen Sache ist.– Vielleicht aber, was Euch dort betrifft, und was mich auch am meisten interessirt, so wird wenn die jetzige Burraske vorüber ist, die Re[7]gierung vielleicht um so eher geneigt <seyn>, wahrhaft vernünftigen Rathschlägen Gehör zu geben, um die neue Universität dem Bedürfniß und dem Geist des Rheinlandes so entsprechend und gründlich befriedigend als möglich zu gestalten. Ich bitte Dich in dieser Hinsicht auch alles, was ich Dir früher mitgetheilt, ja nicht zu vergessen, und sorgsam im Auge zu behalten. Diese Bitte ist, wie sich versteht, auch an den Freund W.[indischmann] mit gerichtet, den ich von ganzem Herzen grüße und mich seiner treuen Liebe empfohlen seyn lasse. Du wirst ihm aus diesem Briefe wohl mittheilen, bis ich ihm selbst schreibe, was mit nächstem geschehen soll.–
Die Deutsche Ausstellung in Rom ist persönlich genommen sehr erfreulich für mich gewesen; indem Philipps großes Oelbild, die Religion vorstellend, von allen Seiten das höchste Lob und fast den Preiß erhielt; sonst aber hat sich manche Anfeindung dagegen erhoben.–
Nina erwartet jetzt ihre erste Niederkunft; meine Frau war etwas besorgt für sie da sowohl sie als der gute Overb.[eck] das Fieber haben. Ueberhaupt ist ihre Lage beschränkt und nicht sorgenfrey. ,Die Kunst dieser jungen Deutschen – geht zwar nicht nach Brodteʻ – aber dafür ist sie auch oft nur sehr sparsam mit Brodt versehen.
Wenn Du mir einmal etwas schicken oder schreiben willst, was – zu groß für die Post ist; so schicke es an Handel [8] in Frankf.[urt] mit der Bitte um Beförderung; oder noch beßer durch den Freund W.[indischmann] an Li. Sprich nur mit W.[indischmann] darüber. Handels Addresse ist: Minister-Resident und k. k. Hofrath, auch Bundeskanzleydirecktor, Freyh. v. H.
Nun lebe herzlich wohl und laß mich bald wieder von Dir hören – Dein Dich herzlich liebender
Bruder Friedrich.
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