• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Ervita (Järva/Koeru) · Place of Destination: Unknown · Date: 07.01.1823
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Ervita (Järva/Koeru)
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 07.01.1823
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 406‒408.
  • Incipit: „[1] Erwit[h]a den 7ten Januar 1823
    Mein theuerster Freund,
    Wie herzlich danke ich Ihnen für Ihren Brief womit Sie mir so unendlich viele [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33958
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.13,Nr.34
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20 x 12,8 cm
[1] Erwit[h]a den 7ten Januar 1823
Mein theuerster Freund,
Wie herzlich danke ich Ihnen für Ihren Brief womit Sie mir so unendlich viele Freude gemacht haben. Ein Mann kann es gar nicht empfinden wie glücklich eine Frau ist, wenn ihre Kinder Beifall finden, und vollends nun daß gerade Ihnen Felix so sehr gefallen hat, dadurch sind in dieser Rücksicht alle meine Wünsche befriedigt. Auf jeden Fall werden wir unsere Reise so einrichten, daß wir vor Ihrer Abreise in Bonn sind, nicht ich allein habe ein herzliches Verlangen Sie wieder zu sehen, sondern auch Knorring empfindet eine wahre Sehnsucht Sie theuerster Freund nach so langer Zeit einmal wieder zu umarmen, dann wollen wir gemeinschaftlich alles berathen was zu Felix Heil dienen kann, und wollen uns gemeinschaftlich alles Guten erfreuen, daß wir ihm zufügen können.
Ich hoffe auch sehr daß mein Aufenthalt in Bonn, mir in Rücksicht meiner Augen heilsam sein soll, denn es ist wohl sehr nöhtig daß etwas geschieht, und es wäre höchst wünschenswerth daß es auch helfen möchte. Ich will damit kein Mistrauen gegen Ihren Freund ausdrüken, sondern nur meine Furcht, denn leider nimt mein Übel fühlbar zu, und der [2] blendende Schnee womit hier alles so weit mann sehen kann, bedeckt ist, dient nicht dazu dergleichen Leiden zu mindern.
Was Sie mir über die Herausgabe von Flore und Blanscheflur schreiben, hat mich ganz abscheulich verdrossen, und ich kann nicht ohne die empfindlichste Kränkung daran denken. Ehe Sie theuerster Freund so gütig waren mir zu versprechen, eine Vorrede zu Flore und Blanscheflur zu schreiben, hatte ich eine kurze so genannte Vorrede dazu geschrieben, weil es mir nöthig schien einige Worte über dies Gedicht zu sagen, und sie ging mit den ersten Gesängen des Gedichtes an den Buchhändler ab, um ihn einigermassen in Kentniß zu setzen, im Fall er sich entschliessen wollte den Druck zu übernehmen. Nicht im Traume aber ist es mir eingefallen, daß er, nachdem ich ihm meldete, Sie würden es übernehmen die nöthige Vorrede zu schreiben, auf den höchst abgeschmackten Gedanken kommen könnte auch noch dies dumme Ding abdruken zu lassen, womit er mich nun ohne meine Schuld vor dem Publikum lächerlich macht. Denn wie anmassend erscheine ich nun dadurch. Ich begreife gar nicht wie ein vernünftiger Mensch etwas so höchst unver[3]nünftiges thun kann. Giebt es den[n] gar kein Mittel diese Dumheit wieder gut zu machen?
Herr Reimer hat mir freilich einmal wegen der Druckfehler geschrieben, aber theuerster Freund, ich habe hier in einer so unangenehmen Stimmung gelebt, überladen mit wiederwärtigen Geschäften, daß ich ohnmöglich Zeit und Ruhe finden konnte ihm darauf zu erwiedern. Sie glauben es nicht theuerster Freund zu welchen verächtlichen Schritten die Menschen durch Habgier verleitet werden können, jezt nähert sich jede Streitigkeit ihrem Ende, und wir werden ruhig abreisen können, so bald Schnee und Eiß verschwunden, und die Wege wieder troken sind, daß wir aber hieher reisten war wohl unumgänglich nöhtig, ob es mir gleich sehr schwer geworden ist.
Wir hoffen es so einzurichten daß wir bei ziemlich guter Zeit in Bonn eintreffen, damit unser Aufenthalt dorten nicht alzu kurz zu sein braucht, und wir doch ein wenig wieder Ihres Umgangs und Ihrer Freundschaft geniessen können, und dann wenn Sie abreisen denken wir in ein Bad zu gehen, um meine Gesundheit auf alle Weise wiederherzustellen, auch dazu würde es mir sehr wünschenswerth sein, den Rath Ihres Freundes zu benutzen. Wir würden uns Felix nach Bonn bestellen [4] und dann wenn wir alle beisammen in Bon[n] sind, so wollen wir es auf eine kurze Zeit zu vergessen suchen daß es Noth und Sorgen in der Welt giebt.
Erhalten Sie uns nur das Gefühl Ihrer Freundschaft, erhalten Sie Felix Ihre Zuneigung, und ich hoffe wir wollen noch schöne Tage mit einander verleben.
Knorring trägt mir die herzlichsten Grüsse an Sie auf, er bittet daß Sie nie aufhören möchten sich mit freundschaftlicher Theilnahme seiner zu erinnern.
Leben Sie wohl theuerster Freund, ich wage es gar nicht zu hoffen daß Sie mir hieher noch schreiben werden, und doch würden Sie mich unendlich dadurch erfreuen. Leben Sie wohl und vergessen Sie nicht daß ich mit herzlicher Freundschaft immer bin die Ihrige
S[ophie] Knorring

Die scherzhafte Behauptung ist nicht ohne Grund daß die Frauen das Wichtigste ihrer Briefe allemal in der Nachschrift anbringen. Ich wollte Ihnen herzlich danken für Ihre Vorrede zu Flore und Blanscheflur, und habe es aus Verdruß über meine Vorrede vergessen, wodurch ich gezwungen bin meinen herzlichen Dank in der Nachschrift auszusprechen. Noch einmal Lebewohl.
[1] Erwit[h]a den 7ten Januar 1823
Mein theuerster Freund,
Wie herzlich danke ich Ihnen für Ihren Brief womit Sie mir so unendlich viele Freude gemacht haben. Ein Mann kann es gar nicht empfinden wie glücklich eine Frau ist, wenn ihre Kinder Beifall finden, und vollends nun daß gerade Ihnen Felix so sehr gefallen hat, dadurch sind in dieser Rücksicht alle meine Wünsche befriedigt. Auf jeden Fall werden wir unsere Reise so einrichten, daß wir vor Ihrer Abreise in Bonn sind, nicht ich allein habe ein herzliches Verlangen Sie wieder zu sehen, sondern auch Knorring empfindet eine wahre Sehnsucht Sie theuerster Freund nach so langer Zeit einmal wieder zu umarmen, dann wollen wir gemeinschaftlich alles berathen was zu Felix Heil dienen kann, und wollen uns gemeinschaftlich alles Guten erfreuen, daß wir ihm zufügen können.
Ich hoffe auch sehr daß mein Aufenthalt in Bonn, mir in Rücksicht meiner Augen heilsam sein soll, denn es ist wohl sehr nöhtig daß etwas geschieht, und es wäre höchst wünschenswerth daß es auch helfen möchte. Ich will damit kein Mistrauen gegen Ihren Freund ausdrüken, sondern nur meine Furcht, denn leider nimt mein Übel fühlbar zu, und der [2] blendende Schnee womit hier alles so weit mann sehen kann, bedeckt ist, dient nicht dazu dergleichen Leiden zu mindern.
Was Sie mir über die Herausgabe von Flore und Blanscheflur schreiben, hat mich ganz abscheulich verdrossen, und ich kann nicht ohne die empfindlichste Kränkung daran denken. Ehe Sie theuerster Freund so gütig waren mir zu versprechen, eine Vorrede zu Flore und Blanscheflur zu schreiben, hatte ich eine kurze so genannte Vorrede dazu geschrieben, weil es mir nöthig schien einige Worte über dies Gedicht zu sagen, und sie ging mit den ersten Gesängen des Gedichtes an den Buchhändler ab, um ihn einigermassen in Kentniß zu setzen, im Fall er sich entschliessen wollte den Druck zu übernehmen. Nicht im Traume aber ist es mir eingefallen, daß er, nachdem ich ihm meldete, Sie würden es übernehmen die nöthige Vorrede zu schreiben, auf den höchst abgeschmackten Gedanken kommen könnte auch noch dies dumme Ding abdruken zu lassen, womit er mich nun ohne meine Schuld vor dem Publikum lächerlich macht. Denn wie anmassend erscheine ich nun dadurch. Ich begreife gar nicht wie ein vernünftiger Mensch etwas so höchst unver[3]nünftiges thun kann. Giebt es den[n] gar kein Mittel diese Dumheit wieder gut zu machen?
Herr Reimer hat mir freilich einmal wegen der Druckfehler geschrieben, aber theuerster Freund, ich habe hier in einer so unangenehmen Stimmung gelebt, überladen mit wiederwärtigen Geschäften, daß ich ohnmöglich Zeit und Ruhe finden konnte ihm darauf zu erwiedern. Sie glauben es nicht theuerster Freund zu welchen verächtlichen Schritten die Menschen durch Habgier verleitet werden können, jezt nähert sich jede Streitigkeit ihrem Ende, und wir werden ruhig abreisen können, so bald Schnee und Eiß verschwunden, und die Wege wieder troken sind, daß wir aber hieher reisten war wohl unumgänglich nöhtig, ob es mir gleich sehr schwer geworden ist.
Wir hoffen es so einzurichten daß wir bei ziemlich guter Zeit in Bonn eintreffen, damit unser Aufenthalt dorten nicht alzu kurz zu sein braucht, und wir doch ein wenig wieder Ihres Umgangs und Ihrer Freundschaft geniessen können, und dann wenn Sie abreisen denken wir in ein Bad zu gehen, um meine Gesundheit auf alle Weise wiederherzustellen, auch dazu würde es mir sehr wünschenswerth sein, den Rath Ihres Freundes zu benutzen. Wir würden uns Felix nach Bonn bestellen [4] und dann wenn wir alle beisammen in Bon[n] sind, so wollen wir es auf eine kurze Zeit zu vergessen suchen daß es Noth und Sorgen in der Welt giebt.
Erhalten Sie uns nur das Gefühl Ihrer Freundschaft, erhalten Sie Felix Ihre Zuneigung, und ich hoffe wir wollen noch schöne Tage mit einander verleben.
Knorring trägt mir die herzlichsten Grüsse an Sie auf, er bittet daß Sie nie aufhören möchten sich mit freundschaftlicher Theilnahme seiner zu erinnern.
Leben Sie wohl theuerster Freund, ich wage es gar nicht zu hoffen daß Sie mir hieher noch schreiben werden, und doch würden Sie mich unendlich dadurch erfreuen. Leben Sie wohl und vergessen Sie nicht daß ich mit herzlicher Freundschaft immer bin die Ihrige
S[ophie] Knorring

Die scherzhafte Behauptung ist nicht ohne Grund daß die Frauen das Wichtigste ihrer Briefe allemal in der Nachschrift anbringen. Ich wollte Ihnen herzlich danken für Ihre Vorrede zu Flore und Blanscheflur, und habe es aus Verdruß über meine Vorrede vergessen, wodurch ich gezwungen bin meinen herzlichen Dank in der Nachschrift auszusprechen. Noch einmal Lebewohl.
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