• August Wilhelm von Schlegel to Heinrich Joseph von Collin

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Unknown · Date: 01.03.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Heinrich Joseph von Collin
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 01.03.1808
    Printed Text
  • Bibliography: Körner, Josef: Briefe von August Wilhelm und Friedrich Schlegel. In: Zeitschrift für Bücherfreunde N.F. 6/1 (1914), S. 94.
  • Verlag: Seemann Henschel Leipzig
  • Incipit: „[1] Wenn Sie mir den Phöbus noch verschaffen könnten, so würde ich Ihnen sehr verbunden seyn. Besonders wegen des Aufsatzes über [...]“
    Manuscript
  • Provider: Österreichische Nationalbibliothek
  • Classification Number: Autogr. 9/61-5 Han.
  • Provenance: 2 S., hs. m. U.
[1] Wenn Sie mir den Phöbus noch verschaffen könnten, so würde ich Ihnen sehr verbunden seyn. Besonders wegen des Aufsatzes über Frau von Stael bin ich begierig ihn zu sehen. Außer den beyden Romanen, die Sie kennen, sind ihre Schriften: Lettres sur J. J. Rousseau; Sur l’influence des passions; Sur la littérature zwey Bände; (dieß ist die bedeutendste, und Sie müssen Sie ja lesen) und eine Lebensbeschreibung ihres Vaters vor seinen nachgelassenen Schriften.
Unmöglich kann ich zugeben, werthester Freund, daß Sie Ihre kostbare Zeit, die zu eignen Kritiken und dichterischen Arbeiten weit besser benutzt werden kann, auf Übersetzung meiner Französischen Abhandlung verwenden wollen, so angenehm es mir seyn würde, einen Übersetzer wie Sie zu finden. Überdieß müßten wir fürchten, daß uns irgend ein rüstiger Mann zuvorkäme, da die Schrift schon überall im Deutschen Buchhandel verbreitet ist, besonders wenn die Übersetzung in drey Monate des Prometheus vertheilt erscheinen sollte. Dazu kommt, daß ich eine Menge noch ungedruckte kritische Arbeiten in meinen Heften habe, die ursprünglich deutsch und also vermuthlich kräftiger und unter kühneren Voraussetzungen geschrieben sind, und von [2] denen ich jetzt eben wohl gesonnen wäre manches zu geben. Mir scheint, jene Schrift ist hauptsächlich nur dadurch anziehend, daß sie von einem Deutschen in dieser Gesinnung Französischgeschrieben worden, und also den Krieg wirklich ins Gebiet des Feindes hinüberspielt.
Dauert aber Ihre Lust zu dieser Arbeit noch nach der ersten Aufwallung fort, so würde ich doch zu abgesonderter Herausgabe rathen, weil die Bemerkungen durch den ununterbrochnen Zusammenhang sich gegenseitig mehr Stärke leihen, und dann müßte man Ihr Vorhaben sogleich in den gelehrten Zeitungen anzeigen, um Concurrenz zu verhüten.
In einem der neuesten Blätter des Journal de l’empire steht eine weitläuftige Diatribe über und gegen mich, (nur als erster Artikel angekündigt) jedoch mit einer unfreywilligen Anerkennung untermischt, welche darauf schließen läßt, daß die Schrift einigen Eindruck macht.
Wenn Sie etwa Ihr Urtheil im Anzeiger des Prometheus darüber sagen wollten, so würde es mir sehr angenehm seyn.
Den Vers aus Ihrer Bianca betreffend, muß ich erinnern, daß ich bloß gegen Ihre Angabe der Sylben-
ˇ – ˇ –
zeit: grad’ auf mich ein, Einwendungen gemacht habe, da es meines Be[3]dünkens vielmehr ist: – ˇ ˇ –; allein ich finde diese Abweichung vom jambischen Gange gar nicht zu tadeln, sondern den Vers in seiner ersten Gestalt lebendiger und leichter als jetzt. Eine wichtigere metrische Bemerkung ist, daß Sie Bianca dreysilbig gebraucht haben, im Italiänischen ist es durchaus nur zweisylbig, u diese Zusammenziehung ist auch unserer Sprache nicht fremd. Meinem Ohr will jenes nicht zusagen.
Mit vielem Danke erfolgt hiebey der mitgetheilte Brief von Joh. Müller zurück, nachdem ich mir die Notizen abgeschrieben.
Ehe ich wußte, daß Sie meine Französiche Schrift länger brauchen würden, habe ich sie Hrn. Grafen von Sickingen zur Lesung mitzutheilen versprochen.
Leben Sie recht wohl auf baldiges Wiedersehen
Ihr ergebenster
A W Schlegel
Dienstags d. 1. März
1808
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[1] Wenn Sie mir den Phöbus noch verschaffen könnten, so würde ich Ihnen sehr verbunden seyn. Besonders wegen des Aufsatzes über Frau von Stael bin ich begierig ihn zu sehen. Außer den beyden Romanen, die Sie kennen, sind ihre Schriften: Lettres sur J. J. Rousseau; Sur l’influence des passions; Sur la littérature zwey Bände; (dieß ist die bedeutendste, und Sie müssen Sie ja lesen) und eine Lebensbeschreibung ihres Vaters vor seinen nachgelassenen Schriften.
Unmöglich kann ich zugeben, werthester Freund, daß Sie Ihre kostbare Zeit, die zu eignen Kritiken und dichterischen Arbeiten weit besser benutzt werden kann, auf Übersetzung meiner Französischen Abhandlung verwenden wollen, so angenehm es mir seyn würde, einen Übersetzer wie Sie zu finden. Überdieß müßten wir fürchten, daß uns irgend ein rüstiger Mann zuvorkäme, da die Schrift schon überall im Deutschen Buchhandel verbreitet ist, besonders wenn die Übersetzung in drey Monate des Prometheus vertheilt erscheinen sollte. Dazu kommt, daß ich eine Menge noch ungedruckte kritische Arbeiten in meinen Heften habe, die ursprünglich deutsch und also vermuthlich kräftiger und unter kühneren Voraussetzungen geschrieben sind, und von [2] denen ich jetzt eben wohl gesonnen wäre manches zu geben. Mir scheint, jene Schrift ist hauptsächlich nur dadurch anziehend, daß sie von einem Deutschen in dieser Gesinnung Französischgeschrieben worden, und also den Krieg wirklich ins Gebiet des Feindes hinüberspielt.
Dauert aber Ihre Lust zu dieser Arbeit noch nach der ersten Aufwallung fort, so würde ich doch zu abgesonderter Herausgabe rathen, weil die Bemerkungen durch den ununterbrochnen Zusammenhang sich gegenseitig mehr Stärke leihen, und dann müßte man Ihr Vorhaben sogleich in den gelehrten Zeitungen anzeigen, um Concurrenz zu verhüten.
In einem der neuesten Blätter des Journal de l’empire steht eine weitläuftige Diatribe über und gegen mich, (nur als erster Artikel angekündigt) jedoch mit einer unfreywilligen Anerkennung untermischt, welche darauf schließen läßt, daß die Schrift einigen Eindruck macht.
Wenn Sie etwa Ihr Urtheil im Anzeiger des Prometheus darüber sagen wollten, so würde es mir sehr angenehm seyn.
Den Vers aus Ihrer Bianca betreffend, muß ich erinnern, daß ich bloß gegen Ihre Angabe der Sylben-
ˇ – ˇ –
zeit: grad’ auf mich ein, Einwendungen gemacht habe, da es meines Be[3]dünkens vielmehr ist: – ˇ ˇ –; allein ich finde diese Abweichung vom jambischen Gange gar nicht zu tadeln, sondern den Vers in seiner ersten Gestalt lebendiger und leichter als jetzt. Eine wichtigere metrische Bemerkung ist, daß Sie Bianca dreysilbig gebraucht haben, im Italiänischen ist es durchaus nur zweisylbig, u diese Zusammenziehung ist auch unserer Sprache nicht fremd. Meinem Ohr will jenes nicht zusagen.
Mit vielem Danke erfolgt hiebey der mitgetheilte Brief von Joh. Müller zurück, nachdem ich mir die Notizen abgeschrieben.
Ehe ich wußte, daß Sie meine Französiche Schrift länger brauchen würden, habe ich sie Hrn. Grafen von Sickingen zur Lesung mitzutheilen versprochen.
Leben Sie recht wohl auf baldiges Wiedersehen
Ihr ergebenster
A W Schlegel
Dienstags d. 1. März
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