• Augusta von Buttlar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Bonn · Date: 07.07.1823 bis 08.07.1823
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Augusta von Buttlar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 07.07.1823 bis 08.07.1823
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.128
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,6 x 11,6 cm
  • Incipit: „[1] Paris den 7ten Juli, 1823.
    Geliebter Onkel!
    Du wirst recht böse auf mich sein, daß ich Dich so lange ohne Nachricht [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] Paris den 7ten Juli, 1823.
Geliebter Onkel!
Du wirst recht böse auf mich sein, daß ich Dich so lange ohne Nachricht laßen konnte, wenn ich Dir aber die Ursache davon sage, dann wirst Du mir gewiß verzeihen. Vor allen Dingen sage mir wie Dirʼs geht liebster Onkel? denn auch ich bin bekümmert, so lange ohne Nachricht von Dir zu sein, ich hoffe aber daß Du immer recht wohl gewesen bist. Ich kann leider nicht daßelbe von mir sagen, da ich Länger als drei Wochen krank, und genöthigt gewesen bin, das Zimmer und Bett zu hüten, und erst seit einiger Zeit wieder ausgehen kann. Mein Uebel fing sich mit einem sehr heftigen Schnupfen an, begleitet mit einer solch großen Schwäche des Magens, daß ich nicht das Geringste vertragen konnte, und ganz von Kräften kam. Durch die strengste Diät und gebrauchte Mittel stellte ich mich jedoch ziemlich wieder her, als ich die Halsbräune bekam, diese machte mich ganz bettlägerig, und ich war wirklich sehr krank, und nur sehr langsam kann ich mich wieder davon erholen. Bey dem ersten Uebel habe ich den Artzt nicht gebraucht, was er auch nachher nicht für nöthig gefunden hat, aber bey der Halskrankheit konnte ich seiner Hülfe nicht entbehren. Doktor Friedländer, den Du uns empfolen, ist sehr freundlich und gefällig gegen uns. Bis zu meiner Krankheit bin ich sehr fleißig gewesen, ich habe außer mehreren Studien mein eignes Portrait, das meines Mannes und jenes der Gräfin St. Aulaire vollendet. – Ich schrieb dir doch daß die Herzogin von Broglie mir erlaubt ihre Kinder zu malen, wie es aber dazu kommen sollte, so verschob sie es immer von Woche zu Woche, daß ich deutlich sehen konnte, daß sie es nicht wünschte. Dieses hat mir sehr Leid gethan, konnte aber doch weiter [2] nichts dabey thun, um nicht zudringlich zu sein; ich hatte ihr alles angebothen um den Kleinen die Sache zu erleichtern, indem ich das Bild in ihrem Hôtel malen wollte, und die Kinder mir blos zu den Köpf[en] sitzen sollten, indem ich zu Aermen und Händen Mode[ll] nehmen wollte. Die dazu gemachte Skizze hat Herrn Gérard sehr gefallen. Theilweise arbeite ich noch bey Gérard, da er aber und auch Melle Godefroy oft aufs Land gehen, und auch das Attelier worin ich arbeite oft gebraucht wird, so erleidet es viele Unter brechungen. Man ist deshalb aber nicht minder freundlich gegen mich, und Gérard theilt mir alle seine Kunstgriffe (wie er es nennt) mit, und ich sehe daß er es eifrig wünscht daß sein Unterricht mir nützlich werden soll. Auch scheint er nicht unzufrieden mit mir, und es freut ihn, daß ich auffaße was er mir sagt, denn noch neulich sagte er mir: daß er nie hätte Schüler haben mögen, weil die meisten Menschen ihn nicht verstünden Meine Zeichnung findet er richtig, worin er sonst streng ist. Letzthin sagte er mir: Vous avez deux qualités éminentes, du goût, et de la précision: ich wiederhole dies nicht aus Eitelkeit, sondern nur um Dir zu zeigen, was Gérard von mir denkt. So artig u liebenswürdig auch Gérard ist, so critisirt er doch meine Arbeiten streng und ernst, und giebt sich nicht mit unützen Schmeicheleien ab, was mir doppelt lieb ist, denn lobt er mich, so glaube ich auch, daß es wahr ist. Ob ich künftigen Winter auch bey ihm arbeiten könnte bezweifle ich, wenigstens würde es nur theilweise geschehen können; ich kann auch nicht verlangen daß man ein besonderes Attelier für mich heitzt, wie es vorigen Winter geschehen. Es ist immer viel, daß ich so lange ganz gegen Erwartung habe bey ihm arbeiten können. Wir sind vor einigen Tagen zum Dîner auf seinem schönen Landsitz [3] gewesen, wo ich Herrn Sulpitz Boisséré traf, er war sehr artig und machte noch sehr viel Entschuldigungen daß er mir seine Sammlung nicht hätte zeigen können. Er ist wegen der Herausgabe seines Werkes hier –
Der gute Gérard erkundigt sich fleißig nach Dir, und hat mir sehr viel Grüße an Dich aufgetragen. Wenn Du nichts dagegen hast, geliebter Onkel, so bin ich entschloßen künftigen Herbst nach England zu gehen, und mir wo möglich ein kleines Capital zur Reise nach Italien zu verdienen. Ich schrieb Dir in meinem letzten Briefe, daß ich Paris nicht eher verlaßen wolle, bevor ich nicht so weit wäre, um allein auftreten zu können; um dieses Versprechen treu zu erfüllen, habe ich gearbeitet, so viel in meinen Kräften steht, und mich befleißigt das zu lernen was zum Portrait malen gehört, Colorit, Haare, Gewänder, und Zarte Stoffe, Effect in der Haltung, und Grazie in den Stellungen. Von allen diesen Dingen, glaube ich jetzt den rechten Begrif zu haben, so, daß ich durch fortgesetztes Studium der Natur, meinen Zweck, ein ziemlich gutes Portrait zu malen, gewiß zu erreichen hoffe; denn durch Gérards Schule habe ich in einem Jahre das erlangt, was ich außerdem in zweien kaum würde gelernt haben. Etwas Scharlatanerie liegt in der ganzen Art der Behandlung zum Grunde, doch ich fühle, daß es nothwendig ist, und daß man mit der gewißenhaftesten Tenue nicht immer durchkömmt. Gérard sagte mir selbst, daß man sich solcher Mittel bedienen müße, da die Malerey doch im Ganzen noch zu beschränkt sey, die Natur treu nachzu darzustellen. Wenn ich nun auch wirklich länger in Paris bliebe so würde ich thun, was Gérard mir räth, und unaufhörlich nach der Natur malen, was aber durch Modell sitzen für mich sehr kostspielig ist. Lieber will ich also doch trachten, in London daßelbe zu [4] thun, nur mit dem Unterschiede daß man mich bezale, anstatt, daß ich hier die Modelle bezalen muß. Übrigens werde ich in England manches lernen können, da die englischen Maler, große Coloristen sein sollen, und mir Gérard selbst gesagt, daß sie vorzuglich stark im Effekt sind. Es wird nun künftigen Herbst zwey Jahre, daß ich von Dresden weg bin, und ich kann nicht läugnen, daß ich zuweilen eine große Sehnsucht habe die Meinigen wieder zu sehen, und wenn ich länger in Paris bleibe, so würde ich am Ende den Plan nach England zu gehen, ganz aufgeben müßen, und ich gestehe dir aufrichtig dieses thäte ich ungern, weil ich die Welt gern sehen mögte, und dann auch weil ich mir fest vorgenommen, nicht eher in meine Heimath zurück zu kehren bis ich mir Geld verdient habe, welches zu meiner künftigen Reise nach Italien bestimmt ist. Daß es in England theuer ist, weiß ich wohl wenn man sich aber in Pension giebt, und sich ganz in die dortige Art zu leben fügt so soll es nicht so hoch kommen, an Economie sind wir gewöhnt, da wir uns hier schon auf das aller genauste eingerichtet haben. Wir kochen zu Hause welches recht gut geht, da wir eine Aufwärterin haben die uns dieses besorgt; auch die Frau bey der wir wohnen ist sehr gefällig, und besorgt uns alles was wir in unsere kleine Wirtschaft brauchen; und so kommt uns dies viel wohlfeiler als beim Restaurateur, wir haben zwar nur eine Schüßel diese ist aber gut und kräftig. Bey den vielen Ausgaben die meine Malerey erfordert könnten wir sonst auch nicht durchkommen. Meine Krankheit hat uns überdieß einen Strich durch die Rechnung und beträchtliche Kosten gemacht, und jetzt bleibt noch der Arzt zu bezahlen. – Die Eltern habe ich von meinem Plan nach England zu reisen unterrichtet, und zu meinem Erstaunen sind sie in der Hauptsache gar nicht dagegen; sie wünschen nur daß es nicht die Sache mit Vorsicht, und mit deiner Genehmigung geschehe. Nach dem etwas ängstlichen Karakter der Mutter hätte ich mir weit mehr Schwierigkeiten erwartet. Nun soll es aber ganz auf Dich ankommen liebster Onkel, Dein Urtheil soll entscheiden Du wirst wünschen daß ich künftigen Winter noch hier in Paris bleibe, dagegen ich aber folgende Gründe habe: erstlich würde mein Arbeiten bey Gérard nur sehr zufällig sein, die zwischen Zeit würde ich nicht auszufüllen wißen, denn auf dem Louvre zu arbeiten dieß kann ich im Winter wegen meiner Gesundheit nicht, da es trotz des Heitzens [5] viel zu kalt ist, und dann wüßte ich nicht, was ich mit meinen Copien anfangen soll, da Copien hier gar nicht beliebt sind, und solche sehr schwer verkaufen kann; sie mit nach England zu nehmen geht wegen der großen Abgabe nicht. – Dann wünschte ich gern einige von mir in London gemachte Bilder zur dortigen Ausstellung zu geben, die allemal den ersten May anfängt, dazu muß aber der Künstler in England wohnen, keinen außer Landes wohnenden wird dieses nicht gestattet; diese Ausstellung wird sehr stark besucht, daß selbst von Paris viele hinreisen um sie zu sehen.
Einige Portraits nach der Natur, und eine eigne Composition wünschte ich hingeben zu können; die Portraits besonders sind sehr nöthig, denn, sind diese von Bekannten Personen, und ähnlich, so ist dieß gewiß der beste Weg bekannt zu werden. – Gräfin St. Aulaire hat mir Empfelung an eine Lady Mansfield versprochen, und durch sie erhalte ich dann auch eine von Herrn von Staël. Gérard werde ich auch um einige Empfelungen bitten, aber einige von Dir liebster Onkel werden immer die wirksamsten sein, wie sie es auch hier waren. Denn als Nichte von Dir werde ich am freundlichsten aufgenommen, auch bin ich nicht wenig stolz darauf. – Meine gute Mutter ist krank gewesen, doch Gott lob, wieder hergestellt. Die Tante aus Hanover ist jetzt in Dresden, was den guten Eltern viel Unruhe macht, da sie bey ihnen wohnt, später wird auch Onkel Carl mit der Büchting kommen. Carln zu sehen freut sich die Mutter sehr aber ich glaube daß es ihr lieber wäre wenn er allein käme, da die Eltern mit der Tante nicht sonderlich harmoniren, und die Büchting ihnen beynahe fremd ist – Wirst du noch künftigen Herbst nach England gehen? wie würde ich mich freuen Dich dort zu sehen! – Unser Freund James Russell in London wird sich unserer thätig annehmen, und uns Quartier &. &. besorgen, er hat mir mehreres über London, und über die Möglichkeit eines guten Erfolgs meiner Kunst daselbst geschrieben, da er sehr gewißenhaft ist, so räth er mir gewiß nichts wovon er nicht überzeugt ist, und ich kann um so mehr seinem Rath trauen. Nun geliebter Onkel lebe [6] wohl, und sey nicht böse auf mich, denn es ist doch niemand auf der Welt der Dich aufrichtiger Liebt, wie Deine Nichte
Auguste

Eben als ich meinen Brief auf die Post schicken wollte, erhalte ich den Deinigen vom 2ten Juli, und freue mich innig daß es Dir wohl geht, und daß Du ein so kluges Mittel als das des Reitens, ergriffen hast, um Deine Gesundheit zu stärken, auch Dein Haus kauf freut uns, denn eine beßere Wohnung hättest du nicht finden können, und nun kannst Du Dir in Ruhe alles recht nach Deiner Bequemlichkeit einrichten, ein Haus zu bauen hätte dir sehr viel Zeit gekostet und Unruhe gemacht. Ich werde Deinen Auftrag wegen der Form der Antiquen aufs beste zu besorgen suchen und werde deshalb diesen Brief noch nicht abschicken bis ich Dir genügende Antwort darauf geben kann. Ich kenne zwar Herrn Jacquet nicht, aber dies wird mich nicht hindern zu ihm hin zu gehen. – Wie du weißt hatte ich gleich im Anfang die Absicht das Portrait der Herzogin von Broglie für Dich zu copieren, als ich aber darum bath, wurde es mir unter dem Vorwand, daß sich der Herzog nicht gern davon trennen wollte, verweigert. Ein Wort von Dir daß Du es wünschest wird gewiß mit Freuden erfüllt, und ich würde mich nicht wenig freuen es für Dich copieren zu können. Wenn Du darum anfrägst, so bitte, daß im Fall man es genehmiget, es mir gleich direckt durch ein paar Worte kund gethan werde, denn auf diese Art glaube ich wird am wenigsten Zeit verloren gehen. Mir ist es einerlei wo ich es copire, ob im Hôtel, bey mir, oder bey Gérard. Das letztere wäre mir das liebste, aber Gérard und die Godefroy gehen im August ins Bad wo ich als dann nicht dort arbeiten werde. Die gute Mendelsohn ist mit ihren Zöglingen ins Bad nach Vichy gereist, und wird erst gegen den 7ten August wieder kommen. Sie war die letzte Zeit recht wohl. – Im Louvre habe ich bis jetzt noch nicht gearbeitet weil es Gérard nicht gewünscht; während seiner Abwesenheit soll ich zwar dort copiren, aber bloß Studien nach Rubens, um mich im Colorit mehr zu vervollkommnen. – Einträgliche Arbeiten habe ich noch gar nicht gehabt, und wiewohl meine Bekannten meinen Wunsch Geld zu verdienen, kennen, so hat sich doch noch nichts vorfinden wollen. Ich danke dir herzlich wegen [7] des Anerbietens der 600 Franken; ich werde von Deiner Güte mit Freuden Gebrauch machen, denn leider werde ich vorzüglich in England, Geld nöthig haben, im Fall ich noch diesen Herbst reise. Zur Reise haben wir uns 500 Franken erübrigt und davon gedenken wir die Reise hin zu machen und auch noch etwas übrig zu behalten. Doch zur Einrichtung dort werden mir Deine 600 Franken sehr willkommen sein. Nur bin ich noch nicht mit mir einig, ob ich es hier oder in London erheben soll. Im Fall Du nun meine Reise genehmigst, und es Dir nicht Umstände macht, so würde ich Dich recht herzlich bitten mir jenes Geld in London anweisen zu laßen, denn hier müßte ich es doch wieder umsetzen, und ein Bedeutendes verlieren. Doch ich verstehe dies nicht, und überlaße es Dir also ganz, wie Du es am besten findest. Jetzt, da ich weiß, daß ich Dich in London treffen werde, würde es mich sehr schmerzen diesen Plan nicht auszuführen, denn wer weiß wann und wo ich Dich wieder sehen könnte! und durch Dich selbst dort bekannt zu werden, ist für mich ein unberechenbarer Gewinn. Wenn es Deinen Wünschen nicht entgegen ist mich dort zu sehen, so gedencke ich in der Mitte oder spätstens Ende September hinzureisen, denn Deine Geschäfte werden Dich wohl noch bis im Oktober dort festhalten. [8] Nicht wahr lieber Onkel du schreibst dann der Mutter daß es mit deiner Genehmigung geschieht? denn nur dann ist sie ganz ruhig –
Den 8ten Juli. Ich gieng heute gegen Mittag ins Louvre wo ich mit Herrn Jacquet mitten in seiner Beschäftigung antraf. Ich äußerte den Wunsch mir alles ansehen zu dürfen, was denn auch mit vieler Artigkeit geschah. Endlich kam ich mit meinen Anliegen hervor, worauf er mir folgendes erwiederte: „Die vorhandenen Moules gehören dem Gouvernement und als Privat Unternehmung darf ich keine Moule von irgend einer Statue machen die sich hier im Museo befindet“
Er gab mir noch eine Preiß Courant von den daselbst befindlichen Sachen, u somit war meine unfruchtbare Mißion beendigt, was mir wegen Dir vorzüglich leid thut.
Wenn Du ein vierthel Stündchen dir abmüßigen kannst so antworte mir nur mit wenigen Worten was Du von meiner Reise nach England hältst. Mein Mann empfielt sich dir herzlich, ich aber bin und bleibe
Deine treue Nichte
Auguste
[1] Paris den 7ten Juli, 1823.
Geliebter Onkel!
Du wirst recht böse auf mich sein, daß ich Dich so lange ohne Nachricht laßen konnte, wenn ich Dir aber die Ursache davon sage, dann wirst Du mir gewiß verzeihen. Vor allen Dingen sage mir wie Dirʼs geht liebster Onkel? denn auch ich bin bekümmert, so lange ohne Nachricht von Dir zu sein, ich hoffe aber daß Du immer recht wohl gewesen bist. Ich kann leider nicht daßelbe von mir sagen, da ich Länger als drei Wochen krank, und genöthigt gewesen bin, das Zimmer und Bett zu hüten, und erst seit einiger Zeit wieder ausgehen kann. Mein Uebel fing sich mit einem sehr heftigen Schnupfen an, begleitet mit einer solch großen Schwäche des Magens, daß ich nicht das Geringste vertragen konnte, und ganz von Kräften kam. Durch die strengste Diät und gebrauchte Mittel stellte ich mich jedoch ziemlich wieder her, als ich die Halsbräune bekam, diese machte mich ganz bettlägerig, und ich war wirklich sehr krank, und nur sehr langsam kann ich mich wieder davon erholen. Bey dem ersten Uebel habe ich den Artzt nicht gebraucht, was er auch nachher nicht für nöthig gefunden hat, aber bey der Halskrankheit konnte ich seiner Hülfe nicht entbehren. Doktor Friedländer, den Du uns empfolen, ist sehr freundlich und gefällig gegen uns. Bis zu meiner Krankheit bin ich sehr fleißig gewesen, ich habe außer mehreren Studien mein eignes Portrait, das meines Mannes und jenes der Gräfin St. Aulaire vollendet. – Ich schrieb dir doch daß die Herzogin von Broglie mir erlaubt ihre Kinder zu malen, wie es aber dazu kommen sollte, so verschob sie es immer von Woche zu Woche, daß ich deutlich sehen konnte, daß sie es nicht wünschte. Dieses hat mir sehr Leid gethan, konnte aber doch weiter [2] nichts dabey thun, um nicht zudringlich zu sein; ich hatte ihr alles angebothen um den Kleinen die Sache zu erleichtern, indem ich das Bild in ihrem Hôtel malen wollte, und die Kinder mir blos zu den Köpf[en] sitzen sollten, indem ich zu Aermen und Händen Mode[ll] nehmen wollte. Die dazu gemachte Skizze hat Herrn Gérard sehr gefallen. Theilweise arbeite ich noch bey Gérard, da er aber und auch Melle Godefroy oft aufs Land gehen, und auch das Attelier worin ich arbeite oft gebraucht wird, so erleidet es viele Unter brechungen. Man ist deshalb aber nicht minder freundlich gegen mich, und Gérard theilt mir alle seine Kunstgriffe (wie er es nennt) mit, und ich sehe daß er es eifrig wünscht daß sein Unterricht mir nützlich werden soll. Auch scheint er nicht unzufrieden mit mir, und es freut ihn, daß ich auffaße was er mir sagt, denn noch neulich sagte er mir: daß er nie hätte Schüler haben mögen, weil die meisten Menschen ihn nicht verstünden Meine Zeichnung findet er richtig, worin er sonst streng ist. Letzthin sagte er mir: Vous avez deux qualités éminentes, du goût, et de la précision: ich wiederhole dies nicht aus Eitelkeit, sondern nur um Dir zu zeigen, was Gérard von mir denkt. So artig u liebenswürdig auch Gérard ist, so critisirt er doch meine Arbeiten streng und ernst, und giebt sich nicht mit unützen Schmeicheleien ab, was mir doppelt lieb ist, denn lobt er mich, so glaube ich auch, daß es wahr ist. Ob ich künftigen Winter auch bey ihm arbeiten könnte bezweifle ich, wenigstens würde es nur theilweise geschehen können; ich kann auch nicht verlangen daß man ein besonderes Attelier für mich heitzt, wie es vorigen Winter geschehen. Es ist immer viel, daß ich so lange ganz gegen Erwartung habe bey ihm arbeiten können. Wir sind vor einigen Tagen zum Dîner auf seinem schönen Landsitz [3] gewesen, wo ich Herrn Sulpitz Boisséré traf, er war sehr artig und machte noch sehr viel Entschuldigungen daß er mir seine Sammlung nicht hätte zeigen können. Er ist wegen der Herausgabe seines Werkes hier –
Der gute Gérard erkundigt sich fleißig nach Dir, und hat mir sehr viel Grüße an Dich aufgetragen. Wenn Du nichts dagegen hast, geliebter Onkel, so bin ich entschloßen künftigen Herbst nach England zu gehen, und mir wo möglich ein kleines Capital zur Reise nach Italien zu verdienen. Ich schrieb Dir in meinem letzten Briefe, daß ich Paris nicht eher verlaßen wolle, bevor ich nicht so weit wäre, um allein auftreten zu können; um dieses Versprechen treu zu erfüllen, habe ich gearbeitet, so viel in meinen Kräften steht, und mich befleißigt das zu lernen was zum Portrait malen gehört, Colorit, Haare, Gewänder, und Zarte Stoffe, Effect in der Haltung, und Grazie in den Stellungen. Von allen diesen Dingen, glaube ich jetzt den rechten Begrif zu haben, so, daß ich durch fortgesetztes Studium der Natur, meinen Zweck, ein ziemlich gutes Portrait zu malen, gewiß zu erreichen hoffe; denn durch Gérards Schule habe ich in einem Jahre das erlangt, was ich außerdem in zweien kaum würde gelernt haben. Etwas Scharlatanerie liegt in der ganzen Art der Behandlung zum Grunde, doch ich fühle, daß es nothwendig ist, und daß man mit der gewißenhaftesten Tenue nicht immer durchkömmt. Gérard sagte mir selbst, daß man sich solcher Mittel bedienen müße, da die Malerey doch im Ganzen noch zu beschränkt sey, die Natur treu nachzu darzustellen. Wenn ich nun auch wirklich länger in Paris bliebe so würde ich thun, was Gérard mir räth, und unaufhörlich nach der Natur malen, was aber durch Modell sitzen für mich sehr kostspielig ist. Lieber will ich also doch trachten, in London daßelbe zu [4] thun, nur mit dem Unterschiede daß man mich bezale, anstatt, daß ich hier die Modelle bezalen muß. Übrigens werde ich in England manches lernen können, da die englischen Maler, große Coloristen sein sollen, und mir Gérard selbst gesagt, daß sie vorzuglich stark im Effekt sind. Es wird nun künftigen Herbst zwey Jahre, daß ich von Dresden weg bin, und ich kann nicht läugnen, daß ich zuweilen eine große Sehnsucht habe die Meinigen wieder zu sehen, und wenn ich länger in Paris bleibe, so würde ich am Ende den Plan nach England zu gehen, ganz aufgeben müßen, und ich gestehe dir aufrichtig dieses thäte ich ungern, weil ich die Welt gern sehen mögte, und dann auch weil ich mir fest vorgenommen, nicht eher in meine Heimath zurück zu kehren bis ich mir Geld verdient habe, welches zu meiner künftigen Reise nach Italien bestimmt ist. Daß es in England theuer ist, weiß ich wohl wenn man sich aber in Pension giebt, und sich ganz in die dortige Art zu leben fügt so soll es nicht so hoch kommen, an Economie sind wir gewöhnt, da wir uns hier schon auf das aller genauste eingerichtet haben. Wir kochen zu Hause welches recht gut geht, da wir eine Aufwärterin haben die uns dieses besorgt; auch die Frau bey der wir wohnen ist sehr gefällig, und besorgt uns alles was wir in unsere kleine Wirtschaft brauchen; und so kommt uns dies viel wohlfeiler als beim Restaurateur, wir haben zwar nur eine Schüßel diese ist aber gut und kräftig. Bey den vielen Ausgaben die meine Malerey erfordert könnten wir sonst auch nicht durchkommen. Meine Krankheit hat uns überdieß einen Strich durch die Rechnung und beträchtliche Kosten gemacht, und jetzt bleibt noch der Arzt zu bezahlen. – Die Eltern habe ich von meinem Plan nach England zu reisen unterrichtet, und zu meinem Erstaunen sind sie in der Hauptsache gar nicht dagegen; sie wünschen nur daß es nicht die Sache mit Vorsicht, und mit deiner Genehmigung geschehe. Nach dem etwas ängstlichen Karakter der Mutter hätte ich mir weit mehr Schwierigkeiten erwartet. Nun soll es aber ganz auf Dich ankommen liebster Onkel, Dein Urtheil soll entscheiden Du wirst wünschen daß ich künftigen Winter noch hier in Paris bleibe, dagegen ich aber folgende Gründe habe: erstlich würde mein Arbeiten bey Gérard nur sehr zufällig sein, die zwischen Zeit würde ich nicht auszufüllen wißen, denn auf dem Louvre zu arbeiten dieß kann ich im Winter wegen meiner Gesundheit nicht, da es trotz des Heitzens [5] viel zu kalt ist, und dann wüßte ich nicht, was ich mit meinen Copien anfangen soll, da Copien hier gar nicht beliebt sind, und solche sehr schwer verkaufen kann; sie mit nach England zu nehmen geht wegen der großen Abgabe nicht. – Dann wünschte ich gern einige von mir in London gemachte Bilder zur dortigen Ausstellung zu geben, die allemal den ersten May anfängt, dazu muß aber der Künstler in England wohnen, keinen außer Landes wohnenden wird dieses nicht gestattet; diese Ausstellung wird sehr stark besucht, daß selbst von Paris viele hinreisen um sie zu sehen.
Einige Portraits nach der Natur, und eine eigne Composition wünschte ich hingeben zu können; die Portraits besonders sind sehr nöthig, denn, sind diese von Bekannten Personen, und ähnlich, so ist dieß gewiß der beste Weg bekannt zu werden. – Gräfin St. Aulaire hat mir Empfelung an eine Lady Mansfield versprochen, und durch sie erhalte ich dann auch eine von Herrn von Staël. Gérard werde ich auch um einige Empfelungen bitten, aber einige von Dir liebster Onkel werden immer die wirksamsten sein, wie sie es auch hier waren. Denn als Nichte von Dir werde ich am freundlichsten aufgenommen, auch bin ich nicht wenig stolz darauf. – Meine gute Mutter ist krank gewesen, doch Gott lob, wieder hergestellt. Die Tante aus Hanover ist jetzt in Dresden, was den guten Eltern viel Unruhe macht, da sie bey ihnen wohnt, später wird auch Onkel Carl mit der Büchting kommen. Carln zu sehen freut sich die Mutter sehr aber ich glaube daß es ihr lieber wäre wenn er allein käme, da die Eltern mit der Tante nicht sonderlich harmoniren, und die Büchting ihnen beynahe fremd ist – Wirst du noch künftigen Herbst nach England gehen? wie würde ich mich freuen Dich dort zu sehen! – Unser Freund James Russell in London wird sich unserer thätig annehmen, und uns Quartier &. &. besorgen, er hat mir mehreres über London, und über die Möglichkeit eines guten Erfolgs meiner Kunst daselbst geschrieben, da er sehr gewißenhaft ist, so räth er mir gewiß nichts wovon er nicht überzeugt ist, und ich kann um so mehr seinem Rath trauen. Nun geliebter Onkel lebe [6] wohl, und sey nicht böse auf mich, denn es ist doch niemand auf der Welt der Dich aufrichtiger Liebt, wie Deine Nichte
Auguste

Eben als ich meinen Brief auf die Post schicken wollte, erhalte ich den Deinigen vom 2ten Juli, und freue mich innig daß es Dir wohl geht, und daß Du ein so kluges Mittel als das des Reitens, ergriffen hast, um Deine Gesundheit zu stärken, auch Dein Haus kauf freut uns, denn eine beßere Wohnung hättest du nicht finden können, und nun kannst Du Dir in Ruhe alles recht nach Deiner Bequemlichkeit einrichten, ein Haus zu bauen hätte dir sehr viel Zeit gekostet und Unruhe gemacht. Ich werde Deinen Auftrag wegen der Form der Antiquen aufs beste zu besorgen suchen und werde deshalb diesen Brief noch nicht abschicken bis ich Dir genügende Antwort darauf geben kann. Ich kenne zwar Herrn Jacquet nicht, aber dies wird mich nicht hindern zu ihm hin zu gehen. – Wie du weißt hatte ich gleich im Anfang die Absicht das Portrait der Herzogin von Broglie für Dich zu copieren, als ich aber darum bath, wurde es mir unter dem Vorwand, daß sich der Herzog nicht gern davon trennen wollte, verweigert. Ein Wort von Dir daß Du es wünschest wird gewiß mit Freuden erfüllt, und ich würde mich nicht wenig freuen es für Dich copieren zu können. Wenn Du darum anfrägst, so bitte, daß im Fall man es genehmiget, es mir gleich direckt durch ein paar Worte kund gethan werde, denn auf diese Art glaube ich wird am wenigsten Zeit verloren gehen. Mir ist es einerlei wo ich es copire, ob im Hôtel, bey mir, oder bey Gérard. Das letztere wäre mir das liebste, aber Gérard und die Godefroy gehen im August ins Bad wo ich als dann nicht dort arbeiten werde. Die gute Mendelsohn ist mit ihren Zöglingen ins Bad nach Vichy gereist, und wird erst gegen den 7ten August wieder kommen. Sie war die letzte Zeit recht wohl. – Im Louvre habe ich bis jetzt noch nicht gearbeitet weil es Gérard nicht gewünscht; während seiner Abwesenheit soll ich zwar dort copiren, aber bloß Studien nach Rubens, um mich im Colorit mehr zu vervollkommnen. – Einträgliche Arbeiten habe ich noch gar nicht gehabt, und wiewohl meine Bekannten meinen Wunsch Geld zu verdienen, kennen, so hat sich doch noch nichts vorfinden wollen. Ich danke dir herzlich wegen [7] des Anerbietens der 600 Franken; ich werde von Deiner Güte mit Freuden Gebrauch machen, denn leider werde ich vorzüglich in England, Geld nöthig haben, im Fall ich noch diesen Herbst reise. Zur Reise haben wir uns 500 Franken erübrigt und davon gedenken wir die Reise hin zu machen und auch noch etwas übrig zu behalten. Doch zur Einrichtung dort werden mir Deine 600 Franken sehr willkommen sein. Nur bin ich noch nicht mit mir einig, ob ich es hier oder in London erheben soll. Im Fall Du nun meine Reise genehmigst, und es Dir nicht Umstände macht, so würde ich Dich recht herzlich bitten mir jenes Geld in London anweisen zu laßen, denn hier müßte ich es doch wieder umsetzen, und ein Bedeutendes verlieren. Doch ich verstehe dies nicht, und überlaße es Dir also ganz, wie Du es am besten findest. Jetzt, da ich weiß, daß ich Dich in London treffen werde, würde es mich sehr schmerzen diesen Plan nicht auszuführen, denn wer weiß wann und wo ich Dich wieder sehen könnte! und durch Dich selbst dort bekannt zu werden, ist für mich ein unberechenbarer Gewinn. Wenn es Deinen Wünschen nicht entgegen ist mich dort zu sehen, so gedencke ich in der Mitte oder spätstens Ende September hinzureisen, denn Deine Geschäfte werden Dich wohl noch bis im Oktober dort festhalten. [8] Nicht wahr lieber Onkel du schreibst dann der Mutter daß es mit deiner Genehmigung geschieht? denn nur dann ist sie ganz ruhig –
Den 8ten Juli. Ich gieng heute gegen Mittag ins Louvre wo ich mit Herrn Jacquet mitten in seiner Beschäftigung antraf. Ich äußerte den Wunsch mir alles ansehen zu dürfen, was denn auch mit vieler Artigkeit geschah. Endlich kam ich mit meinen Anliegen hervor, worauf er mir folgendes erwiederte: „Die vorhandenen Moules gehören dem Gouvernement und als Privat Unternehmung darf ich keine Moule von irgend einer Statue machen die sich hier im Museo befindet“
Er gab mir noch eine Preiß Courant von den daselbst befindlichen Sachen, u somit war meine unfruchtbare Mißion beendigt, was mir wegen Dir vorzüglich leid thut.
Wenn Du ein vierthel Stündchen dir abmüßigen kannst so antworte mir nur mit wenigen Worten was Du von meiner Reise nach England hältst. Mein Mann empfielt sich dir herzlich, ich aber bin und bleibe
Deine treue Nichte
Auguste
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