• Augusta von Buttlar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Bonn · Date: 09.06.1833
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Augusta von Buttlar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 09.06.1833
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.143
  • Number of Pages: 6 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,8 x 12,3 cm u. 9,9 x 12,3 cm
  • Incipit: „[1] Dresden den 9ten Juni
    1833
    Mein theuerster geliebter Oheim!
    Eine sehr lange Zeit ist nun wieder verfloßen seit du von mir, und [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] Dresden den 9ten Juni
1833
Mein theuerster geliebter Oheim!
Eine sehr lange Zeit ist nun wieder verfloßen seit du von mir, und ich von Dir, nichts vernommen habe! – Eine große Sehnsucht hat mich getrieben, dir endlich zu schreiben und Dir zu sagen wie ich immer mit der zärtlichsten Theilnahme an Dich gedacht, und nach Kunde von Dir geforscht habe. Du hast unterdeßen schöne Reisen gemacht, auf denen ich Dir immer im Geiste gefolgt bin, und nur vorigen Herbst und Winter wußte ich nicht wo Du Dich aufhieltest da sogar Tiek nichts von Dir wußte.
Ich habe mich seit beynahe drei Jahren immer in Sachsen aufgehalten, und nur vor zwey Jahren eine Reise nach Wien gemacht.
Mein Kind hatte ich zwey Jahre lang in einem guten Institut auf dem Lande, in der sächsischen Oberlausitz, und wir wohnten an denselben Ort, um unserm Kinde nahe zu sein, und es alle Tage sehen zu können. [2] Der Gesundheit und Oekonomie wegen hatten wir das Land der Stadt vorgezogen, und nur in den Wintermonaten gieng ich nach Dresden um etwas verdienen zu können. –
Die Erbschafts Schickanen haben noch immer kein Ende, und jährlich reduciren sich unsere Einkünfte. Die Vormundsschafts Behörde hat das Vermögen des Kindes so verwaltet, daß schon seit Jahren mehr als zwey Drittel ihres Vermögens in Conkurs steht, und was ich für das Kind jährlich erhalte, beträgt nicht hundert Thaler. – Meine Kunst hat mich durch geholfen daß wir uns anständig erhalten konnten, aber für die feinere Ausbildung meiner Tochter, konnte ich leider nichts thun, doch hoffe ich ist es noch Zeit dies nachzuholen. Sie ist schon größer wie ich, gut gewagsen, und Gott sey dank gesund, wiewohl sie blaß aussieht, und mager ist, doch hat sie einen stärkern Körperbau als ich. Wenn sie vielleicht mit der Zeit etwas mehr Farbe bekömmt, so kann sie ohne hübsch zu sein doch einen angenehmen Eindruk machen, was ja doch so nöthig ist um auf dieser Welt, (wo man so sehr auf das [3] auf das Äußere sieht) durchzukommen. – Seit vorigen Herbst habe ich sie wieder bey mir gehabt, und im Kurzen wird sie durch besonders hoher Gnade in das hiesige adliche Fräulein Stifft aufgenommen, wo sie bis zum 17 Jahr unentgeldlich erzogen wird.
Die Prinzeßin Auguste, Tochter des verstorbnen Königs, ist die Diretrice dieses Instituts, und somit kann ich hoffen daß vielleicht nach der Zeit für meine Marianne auch noch etwas bey Hofe zu erlangen ist.
Dieses bringt nun eine ganz neue LebensEinrichtung bey mir hervor, und ich werde mich wahrscheinlich auch in Dresden etabliren. Dieses Frühjahr habe ich ziemlich viel zu thun gehabt, doch waren es blos Freunde für die ich gearbeitet, die alle wieder abreisen, und ich muß nun in Geduld erwarten was der Himmel mir wieder zuschicken wird. – Mein Mann der sich ganz von der Welt zurück ziehen, und ein klösterliches Leben führen will, hat den Plan in Böhmen zu bleiben wo er sich schon länger aufgehalten, und wo ich ihm zuweilen besuche.
Mein Testament habe ich gemacht, meine Tochter versorgt, und nun mögte ich, daß mich der liebe Gott bald zu sich nähme, da nun mein Tagewerk vollendet ist, und ich des Lebens herzlich müde bin! [4] doch vorher mögte ich dich noch einmal sehen! und da ich immer die Hoffnung hege daß du vielleicht eine Reise nach Berlin machst, so könnte ich es leicht einrichten auch hinzukommen! – Doch ich fürchte dieses sind alles nur eitle Wünsch, an deren Erfüllung ich zweifeln muß.–
Mein Umgang hier ist sehr angenehm, und besteht in der ausgezeichnetsten und intereßantesten Gesellschaf[t] unter meine intimsten Freunden ist eine Gräfin Dohna mit ihrer Familie, die zu den Achtungs würdigsten Frauen Dresdens gehört; u auch das Tieksche Haus, was der Sammelplatz der ausgezeichnetsten Menschen ist, sowohl fremde als hiesige. Trotz allem Mangel bin ich doch immer anständig erschienen, und habe wacker gekämpft um mich nicht durch Dürftigkeit, in die Gemeinheit herab ziehen zu laßen, was nur zu leicht der Fall sein kann.
Doch hat der Druck der Sorgen meinem Geiste sehr die Heiterkeit benommen, ja ich glaube sogar, die Facultät glücklich sein zu können gänzlich verloren zu haben! nur das Bedürfniß nach Liebe ist lebendiger als je bey mir, und ich ich fürchte daß ich nach der Trennung von meinem Töchterchen, von diesem auch so zärtlich liebende[n] [5] guten Wesen, mich sehr vereinzelt und verlaßen fühlen werde! –
Hast du denn die Bilder erhalten die ich dir vor drei Jahren durch den Docktor Balzer schickte?
Ich habe schon seit vorigen Herbst ein Bildchen für dich, aber ich weiß nicht wie ich es Dir schicken soll. Groß ist es gar nicht, und dennoch wollte sich kein Reisender der mit der Eilpost geht, damit befaßen. Bestimme doch selbst liebster Oheim, auf welche Weise ich es Dir schicken soll? Überhaupt bitte und flehe ich dich inständigst mich doch durch ein paar Worte von dir zu begleiten! – Bis Anfang Juli wo mein Kind ins Stifft gebracht, und [6] ich mit meinen Arbeiten fertig zu sein gedenke, bleibe ich in Dresden. Dann gedenke ich nach Böhmen zu reisen und erst im Herbst wieder zu kommen. Also bis Ende Juni oder Anfang Juli darf ich auf ein Briefchen von Dir hoffen? Meine Adreße ist in Dresden bey der Frau Gräfin zu Dohna im Italienischen Dörfchen No 15, oder auch bey Tieks. ich selbst wegsle zu Johannis mit der Wohnung. Doch bitte ich nicht durch Einschluß an mich zu schreiben. Nun Gott sey mit Dir.
Deine treu ergebene
Nichte
Augusta Buttlar
[1] Dresden den 9ten Juni
1833
Mein theuerster geliebter Oheim!
Eine sehr lange Zeit ist nun wieder verfloßen seit du von mir, und ich von Dir, nichts vernommen habe! – Eine große Sehnsucht hat mich getrieben, dir endlich zu schreiben und Dir zu sagen wie ich immer mit der zärtlichsten Theilnahme an Dich gedacht, und nach Kunde von Dir geforscht habe. Du hast unterdeßen schöne Reisen gemacht, auf denen ich Dir immer im Geiste gefolgt bin, und nur vorigen Herbst und Winter wußte ich nicht wo Du Dich aufhieltest da sogar Tiek nichts von Dir wußte.
Ich habe mich seit beynahe drei Jahren immer in Sachsen aufgehalten, und nur vor zwey Jahren eine Reise nach Wien gemacht.
Mein Kind hatte ich zwey Jahre lang in einem guten Institut auf dem Lande, in der sächsischen Oberlausitz, und wir wohnten an denselben Ort, um unserm Kinde nahe zu sein, und es alle Tage sehen zu können. [2] Der Gesundheit und Oekonomie wegen hatten wir das Land der Stadt vorgezogen, und nur in den Wintermonaten gieng ich nach Dresden um etwas verdienen zu können. –
Die Erbschafts Schickanen haben noch immer kein Ende, und jährlich reduciren sich unsere Einkünfte. Die Vormundsschafts Behörde hat das Vermögen des Kindes so verwaltet, daß schon seit Jahren mehr als zwey Drittel ihres Vermögens in Conkurs steht, und was ich für das Kind jährlich erhalte, beträgt nicht hundert Thaler. – Meine Kunst hat mich durch geholfen daß wir uns anständig erhalten konnten, aber für die feinere Ausbildung meiner Tochter, konnte ich leider nichts thun, doch hoffe ich ist es noch Zeit dies nachzuholen. Sie ist schon größer wie ich, gut gewagsen, und Gott sey dank gesund, wiewohl sie blaß aussieht, und mager ist, doch hat sie einen stärkern Körperbau als ich. Wenn sie vielleicht mit der Zeit etwas mehr Farbe bekömmt, so kann sie ohne hübsch zu sein doch einen angenehmen Eindruk machen, was ja doch so nöthig ist um auf dieser Welt, (wo man so sehr auf das [3] auf das Äußere sieht) durchzukommen. – Seit vorigen Herbst habe ich sie wieder bey mir gehabt, und im Kurzen wird sie durch besonders hoher Gnade in das hiesige adliche Fräulein Stifft aufgenommen, wo sie bis zum 17 Jahr unentgeldlich erzogen wird.
Die Prinzeßin Auguste, Tochter des verstorbnen Königs, ist die Diretrice dieses Instituts, und somit kann ich hoffen daß vielleicht nach der Zeit für meine Marianne auch noch etwas bey Hofe zu erlangen ist.
Dieses bringt nun eine ganz neue LebensEinrichtung bey mir hervor, und ich werde mich wahrscheinlich auch in Dresden etabliren. Dieses Frühjahr habe ich ziemlich viel zu thun gehabt, doch waren es blos Freunde für die ich gearbeitet, die alle wieder abreisen, und ich muß nun in Geduld erwarten was der Himmel mir wieder zuschicken wird. – Mein Mann der sich ganz von der Welt zurück ziehen, und ein klösterliches Leben führen will, hat den Plan in Böhmen zu bleiben wo er sich schon länger aufgehalten, und wo ich ihm zuweilen besuche.
Mein Testament habe ich gemacht, meine Tochter versorgt, und nun mögte ich, daß mich der liebe Gott bald zu sich nähme, da nun mein Tagewerk vollendet ist, und ich des Lebens herzlich müde bin! [4] doch vorher mögte ich dich noch einmal sehen! und da ich immer die Hoffnung hege daß du vielleicht eine Reise nach Berlin machst, so könnte ich es leicht einrichten auch hinzukommen! – Doch ich fürchte dieses sind alles nur eitle Wünsch, an deren Erfüllung ich zweifeln muß.–
Mein Umgang hier ist sehr angenehm, und besteht in der ausgezeichnetsten und intereßantesten Gesellschaf[t] unter meine intimsten Freunden ist eine Gräfin Dohna mit ihrer Familie, die zu den Achtungs würdigsten Frauen Dresdens gehört; u auch das Tieksche Haus, was der Sammelplatz der ausgezeichnetsten Menschen ist, sowohl fremde als hiesige. Trotz allem Mangel bin ich doch immer anständig erschienen, und habe wacker gekämpft um mich nicht durch Dürftigkeit, in die Gemeinheit herab ziehen zu laßen, was nur zu leicht der Fall sein kann.
Doch hat der Druck der Sorgen meinem Geiste sehr die Heiterkeit benommen, ja ich glaube sogar, die Facultät glücklich sein zu können gänzlich verloren zu haben! nur das Bedürfniß nach Liebe ist lebendiger als je bey mir, und ich ich fürchte daß ich nach der Trennung von meinem Töchterchen, von diesem auch so zärtlich liebende[n] [5] guten Wesen, mich sehr vereinzelt und verlaßen fühlen werde! –
Hast du denn die Bilder erhalten die ich dir vor drei Jahren durch den Docktor Balzer schickte?
Ich habe schon seit vorigen Herbst ein Bildchen für dich, aber ich weiß nicht wie ich es Dir schicken soll. Groß ist es gar nicht, und dennoch wollte sich kein Reisender der mit der Eilpost geht, damit befaßen. Bestimme doch selbst liebster Oheim, auf welche Weise ich es Dir schicken soll? Überhaupt bitte und flehe ich dich inständigst mich doch durch ein paar Worte von dir zu begleiten! – Bis Anfang Juli wo mein Kind ins Stifft gebracht, und [6] ich mit meinen Arbeiten fertig zu sein gedenke, bleibe ich in Dresden. Dann gedenke ich nach Böhmen zu reisen und erst im Herbst wieder zu kommen. Also bis Ende Juni oder Anfang Juli darf ich auf ein Briefchen von Dir hoffen? Meine Adreße ist in Dresden bey der Frau Gräfin zu Dohna im Italienischen Dörfchen No 15, oder auch bey Tieks. ich selbst wegsle zu Johannis mit der Wohnung. Doch bitte ich nicht durch Einschluß an mich zu schreiben. Nun Gott sey mit Dir.
Deine treu ergebene
Nichte
Augusta Buttlar
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