• Georg Andreas Reimer to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Coppet · Date: 31.07.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Georg Andreas Reimer
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 31.07.1804
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 133‒135.
  • Incipit: „[1] Berlin am 31t July 1804
    Ihren Brief vom 17t dieses empfing ich gestern, mein werthester Freund, und einige Tage früher hatte [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-9
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,IV,c,2
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,1 x 11,5 cm
[1] Berlin am 31t July 1804
Ihren Brief vom 17t dieses empfing ich gestern, mein werthester Freund, und einige Tage früher hatte ich auch den Betrag meiner Büchernote durch ein hiesiges Haus ausgezahlt erhalten, und ich danke Ihnen aufs verbindlichste für Ihre desfalsige gütige Vermittelung.
Freilich sehe ich beym Eingange Ihres freundschaftlichen Briefes täglich schon und mit Verlangen dem Reste des Manuscriptes vom zweiten Bande des S.[panischen] T.[heaters] entgegen, und ich durfte dies auch wohl mit Recht, theils in Hinsicht auf Ihr früher gegebenes Versprechen und auf Ihre gegenwärtigen ruhigen Verhältnisse, theils in Bezug auf Ihr eigenes Interesse für die Unternehmung, die durch den langen Aufenthalt gewiß eben nicht begünstigt wurde, und endlich, wie ich zu hoffen wage, auch Ihrer persönlichen Rücksicht wegen auf mich und auf den Verlust, welchen ich durch die Verzögerung erleide. Allein leider ist meine Hofnung sehr getäuscht worden, denn statt des erwarteten Manuscriptes enthält Ihr Brief nichts weiter als das, wie es mir scheint sehr ungewisse Versprechen einer baldigen Ablieferung. [2] Ich mag es mir nicht sagen und ich sehe dennoch nicht ein wie der Verlust zu vermeiden ist, der mich von neuem bedroht, da ich schwerlich das Manuscript mehr so zur rechten Zeit erhalten kann um es noch vor Michaelis, d. h. Ende Septembers verschicken [zu] können, und kann ich dies letztere nicht so muß ich riskiren, wenn etwa die Versendung im October statt fände, daß mir ⅔ der gesammten Buchhändlerzunft die Exemplare entweder zurück giebt, oder doch wenigstens den Betrag dafür auf die Rechnung d. J. 1805 setzt. Sollte ich aber das Manuscript hiezu zur rechten Zeit in Händen haben, so müßte es wenigstens binnen 14 Tagen oder 3 Wochen höchstens hier seyn und wie dürfte ich dazu, wenn ich Ihre Aeusserung erwäge, auch nur die entfernteste Hofnung hegen?
Hr. v. Müller hat hier verschiedenen Personen, denen er von Ihnen und Ihrer Lebensweise Bericht abgestattet hat, auch unter andern erzählt: Sie arbeiteten sehr fleissig am Shakespeare. Ich mag dieser Erzählung keinen Glauben beimessen, oder ich müßte zugleich Ihrer frühern Versicherung [3] mißtrauen welcher zufolge Sie beide Unternehmungen mit gleicher Liebe umfassten. Was könnte Sie sonst jetzt wohl dazu bewogen haben sich einer von beiden auf eine gewiß nicht liebreiche Art zu entziehen, nachdem besonders gerade diese Ihrer Unterstüzung am meisten bedurfte, und es bei Ihnen schon so nahe daran war ihr Fortgang, und neues Leben, eben dadurch zu verschaffen? Nach diesem mag ich des geringern Antriebes für Sie gar nicht gedenken, daß nemlich Ihre Verpflichtungen gegen mich aus früherer Zeit herrührten, wo noch Ihr Zwist mit Unger nicht beigelegt war. Doch wie gesagt ich kann und mag das ganze Gerücht nicht anders wie für erdichtet halten. Indeß bitte ich Sie bei alledem aufs inständigste die Beendigung aufs möglichste zu beschleunigen; meine durch ziemlich weit ausgebreitete Verbindungen sehr erschöpften Verhältnisse erfordern Begünstigungen aller Art aufs dringendste, um wie viel mehr würde es mir beschwerlich fallen, wenn Versprechungen nicht erfüllt würden, auf deren Erfüllung ich mit ungezweifelter Sicherheit, nach allem vorhergegangenen, bauen durfte. Mit [4] dieser meiner sehr bedrängten Lage werden Sie auch die Freiheit entschuldigen, die ich mir vielleicht in manchem obigen genommen habe; nur die Erwägung meiner Lage und unserer beiderseitigen äussern Verhältnisse, in so weit solche sich berühren, hat dies von mir erzwingen können; ohnedies glauben Sie mir festiglich daß kein Vorgang in der Welt auch nur im geringsten die Hochachtung vermindern kann, welche ich gegen Sie hege.
In Betreff Ihrer Erinnerungen wegen der Büchersendung. Es ist solche wie Sie wissen von Leipzig aus gemacht worden, wo ich auch Ihre Büchernote ließ; dort waren auch die dramatischen Phantasien und der Plato hinzugelegt worden, und die Titel auch von fremder Hand Ihrer Note hinzugefügt, wenigstens war es Ihre Handschrift nicht, und in Leipzig will mein Commissionair auch nichts davon wissen. Die beiden Defecte werde ich ergänzen, sobald sich Gelegenheit findet. Mit dem Journal Bragur verhält es sich so: mit dem 4t Bande desselben fängt sich die neue Zeitschrift Braga und Hermode an und Sie werden daher auch beide Titel finden, bei genauerer Ansicht. Von Schellings neuem Journal existirt nur der erste Band. Das Buch aus der Aniersschen Auction ist Tesoro di Brunetto. Vom Plato erscheint der zweite Band schon zu Michaelis. Fichte ist damit beschäftigt ein neues skeptisches System zu entwerfen. Die Auswahl aus Lessing ist erschienen. Ein Brief den ich kurz vor meiner Reise nach Rügen (vor 8 Wochen) über Leipzig an Ihren Bruder sandte, ist, wie ich bei meiner Zurückkunft erfuhr, nebst dem Briefe welcher ihn einschloß und nebst mehreren andern verloren gegangen: mir ist dies sehr verdrüßlich. Daß Schleiermacher zu Michaelis als Professor der Theologie und Universitätsprediger nach Halle geht ist Ihnen unstreitig bekannt? Leben Sie recht wohl. Mit wahrer Hochachtung
der Ihrige
G. Reimer
[1] Berlin am 31t July 1804
Ihren Brief vom 17t dieses empfing ich gestern, mein werthester Freund, und einige Tage früher hatte ich auch den Betrag meiner Büchernote durch ein hiesiges Haus ausgezahlt erhalten, und ich danke Ihnen aufs verbindlichste für Ihre desfalsige gütige Vermittelung.
Freilich sehe ich beym Eingange Ihres freundschaftlichen Briefes täglich schon und mit Verlangen dem Reste des Manuscriptes vom zweiten Bande des S.[panischen] T.[heaters] entgegen, und ich durfte dies auch wohl mit Recht, theils in Hinsicht auf Ihr früher gegebenes Versprechen und auf Ihre gegenwärtigen ruhigen Verhältnisse, theils in Bezug auf Ihr eigenes Interesse für die Unternehmung, die durch den langen Aufenthalt gewiß eben nicht begünstigt wurde, und endlich, wie ich zu hoffen wage, auch Ihrer persönlichen Rücksicht wegen auf mich und auf den Verlust, welchen ich durch die Verzögerung erleide. Allein leider ist meine Hofnung sehr getäuscht worden, denn statt des erwarteten Manuscriptes enthält Ihr Brief nichts weiter als das, wie es mir scheint sehr ungewisse Versprechen einer baldigen Ablieferung. [2] Ich mag es mir nicht sagen und ich sehe dennoch nicht ein wie der Verlust zu vermeiden ist, der mich von neuem bedroht, da ich schwerlich das Manuscript mehr so zur rechten Zeit erhalten kann um es noch vor Michaelis, d. h. Ende Septembers verschicken [zu] können, und kann ich dies letztere nicht so muß ich riskiren, wenn etwa die Versendung im October statt fände, daß mir ⅔ der gesammten Buchhändlerzunft die Exemplare entweder zurück giebt, oder doch wenigstens den Betrag dafür auf die Rechnung d. J. 1805 setzt. Sollte ich aber das Manuscript hiezu zur rechten Zeit in Händen haben, so müßte es wenigstens binnen 14 Tagen oder 3 Wochen höchstens hier seyn und wie dürfte ich dazu, wenn ich Ihre Aeusserung erwäge, auch nur die entfernteste Hofnung hegen?
Hr. v. Müller hat hier verschiedenen Personen, denen er von Ihnen und Ihrer Lebensweise Bericht abgestattet hat, auch unter andern erzählt: Sie arbeiteten sehr fleissig am Shakespeare. Ich mag dieser Erzählung keinen Glauben beimessen, oder ich müßte zugleich Ihrer frühern Versicherung [3] mißtrauen welcher zufolge Sie beide Unternehmungen mit gleicher Liebe umfassten. Was könnte Sie sonst jetzt wohl dazu bewogen haben sich einer von beiden auf eine gewiß nicht liebreiche Art zu entziehen, nachdem besonders gerade diese Ihrer Unterstüzung am meisten bedurfte, und es bei Ihnen schon so nahe daran war ihr Fortgang, und neues Leben, eben dadurch zu verschaffen? Nach diesem mag ich des geringern Antriebes für Sie gar nicht gedenken, daß nemlich Ihre Verpflichtungen gegen mich aus früherer Zeit herrührten, wo noch Ihr Zwist mit Unger nicht beigelegt war. Doch wie gesagt ich kann und mag das ganze Gerücht nicht anders wie für erdichtet halten. Indeß bitte ich Sie bei alledem aufs inständigste die Beendigung aufs möglichste zu beschleunigen; meine durch ziemlich weit ausgebreitete Verbindungen sehr erschöpften Verhältnisse erfordern Begünstigungen aller Art aufs dringendste, um wie viel mehr würde es mir beschwerlich fallen, wenn Versprechungen nicht erfüllt würden, auf deren Erfüllung ich mit ungezweifelter Sicherheit, nach allem vorhergegangenen, bauen durfte. Mit [4] dieser meiner sehr bedrängten Lage werden Sie auch die Freiheit entschuldigen, die ich mir vielleicht in manchem obigen genommen habe; nur die Erwägung meiner Lage und unserer beiderseitigen äussern Verhältnisse, in so weit solche sich berühren, hat dies von mir erzwingen können; ohnedies glauben Sie mir festiglich daß kein Vorgang in der Welt auch nur im geringsten die Hochachtung vermindern kann, welche ich gegen Sie hege.
In Betreff Ihrer Erinnerungen wegen der Büchersendung. Es ist solche wie Sie wissen von Leipzig aus gemacht worden, wo ich auch Ihre Büchernote ließ; dort waren auch die dramatischen Phantasien und der Plato hinzugelegt worden, und die Titel auch von fremder Hand Ihrer Note hinzugefügt, wenigstens war es Ihre Handschrift nicht, und in Leipzig will mein Commissionair auch nichts davon wissen. Die beiden Defecte werde ich ergänzen, sobald sich Gelegenheit findet. Mit dem Journal Bragur verhält es sich so: mit dem 4t Bande desselben fängt sich die neue Zeitschrift Braga und Hermode an und Sie werden daher auch beide Titel finden, bei genauerer Ansicht. Von Schellings neuem Journal existirt nur der erste Band. Das Buch aus der Aniersschen Auction ist Tesoro di Brunetto. Vom Plato erscheint der zweite Band schon zu Michaelis. Fichte ist damit beschäftigt ein neues skeptisches System zu entwerfen. Die Auswahl aus Lessing ist erschienen. Ein Brief den ich kurz vor meiner Reise nach Rügen (vor 8 Wochen) über Leipzig an Ihren Bruder sandte, ist, wie ich bei meiner Zurückkunft erfuhr, nebst dem Briefe welcher ihn einschloß und nebst mehreren andern verloren gegangen: mir ist dies sehr verdrüßlich. Daß Schleiermacher zu Michaelis als Professor der Theologie und Universitätsprediger nach Halle geht ist Ihnen unstreitig bekannt? Leben Sie recht wohl. Mit wahrer Hochachtung
der Ihrige
G. Reimer
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