• August Wilhelm von Schlegel to Christian Friedrich Tieck

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Bern · Date: 11. April [1812]
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Friedrich Tieck
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Bern
  • Date: 11. April [1812]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Absende- und Empfangsort erschlossen. – Datierung durch den Kontext.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(43)
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 19,2 x 11,9 cm
  • Incipit: „[1] d. 11ten April
    Lieber Freund, mit den Cabalen in München, das ist bey deiner langen Abwesenheit u Zögerung gar nicht [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] d. 11ten April
Lieber Freund, mit den Cabalen in München, das ist bey deiner langen Abwesenheit u Zögerung gar nicht zu verwundern – es giebt dagegen für jetzt kein anderes Mittel als recht schleunig eine neue vortreffliche Arbeit zu liefern. Ist dieß erst geschehn, so kann man weiter sehen was zu tun ist.
Deine Schwester hat vielen Scharfsinn in solchen Dingen – aber sie mag die Schilderung etwas verstärkt haben, um dich desto mehr zu treiben. Beunruhigen mußt du dich nicht, noch verdrießlich werden, aber aus allen Kräften rüstig seyn.
So tröstlich es mir bisher war, dich noch in B. zu wissen, so muß ich doch nun, da die üble Jahrszeit üb vorüber ist, wünschen, daß du dich so bald als möglich losmachst, keine neuen Arbeiten unternimmst u die angefangnen auf alle Weise beschleunigst.
Sey kein Narr mit dem Gelde, sondern melde mir ganz genau, wann du in B. fertig zu seyn gedenkst, überrechne wie viel Vorrath du alsdann noch haben wirst, u wie viel Zuschuß du haben mußt. Dieses will ich baldmöglichst herbeyschaffen u durch den Postwagen schicken. In Carrara wollen wir dann weiter sorgen. Mache dir also hierüber gar keine Bekümmerniß – es ist [2] ja meine baare Schuldigkeit, wenn es auch nicht meine Neigung wäre.
Zur Beruhigung über die Reise deiner Schwester kann ich dir sagen, daß man jetzt auch in Paris glaubt der Krieg werde nicht ausbrechen u sein Zweck durch die großen Demonstrationen erreicht werden.
Es thut mir immer wohl wenn du über Marien schreibst. Deine Wehmuth darüber daß das schöne Bild der Jugend an einem geliebten Gegenstande so hinfällig ist, begreife ich gar wohl u theile sie – Aber für Marien ist in vielen Jahren noch nichts zu besorgen – sie ist vielleicht jetzt reizender als sie je gewesen, weil sich ihr Geist mehr entfaltet hat – Ich werde weit früher altern, u daher fällt es mir so schwer, meine Hoffnungen auf an eine entfernte u unbestimmte Zukunft zu verweisen. Wie lange werde ich noch Ansprüche auf Liebe machen dürfen?
Über die Art, wie du die Citationen im Iselin verstanden hast, habe ich doch ein wenig gelacht – du mußt es nicht übel nehmen. Siehst du nicht, daß es vier verschiedne Autoren sind, die angeführt werden? Die beyden letzten sind mir wohl bekannt, aber ich zweifle, daß wir darin finden werden, was wir suchen. Ich will an Horner heute schreiben – es ist verdrießlich, daß die Absendung meiner fertigen Abschnitte durch eine einzige solche Kleinigkeit verzögert wird.
[3] Ich lasse den Brief offen, um die Ankunft des eurigen zu melden, wenn etwas kommt, oder auch noch etwas nöthiges hinzuzufügen, da ich nun erst wieder am Dienstage schreiben kann.
Zur Vollendung meiner Arbeit über die Nibel. fehlt es mir noch an manchen Büchern – Ich muß nothwendig die Wilkina u Niftunge-Saga ganz lesen, u hier herum ist sie nirgends aufzutreiben. Selbst in Paris ist das Buch nicht zu kaufen u in Gibbons Bibliothek habe ich vergeblich darnach suchen lassen. Ich muß gewaffnet auftreten, denn die Hagen, Grimme u.s.w. werden sich die Sache nicht ganz friedlich aus den Zähnen rücken lassen. Manches in Hagens Heldenbuch u den dänischen Romanzen denke ich abzuhandeln unter dem Titel: Ausartung des deutschen Heldengesanges.
Ich habe die Briefe – ermahne Marien doch ja zur Nachsicht gegen die Harmes in ihren krankhaften Zuständen. Wenn sie schon Launen hat muß man sie für die Zukunft schonen –
[4] [leer]
[1] d. 11ten April
Lieber Freund, mit den Cabalen in München, das ist bey deiner langen Abwesenheit u Zögerung gar nicht zu verwundern – es giebt dagegen für jetzt kein anderes Mittel als recht schleunig eine neue vortreffliche Arbeit zu liefern. Ist dieß erst geschehn, so kann man weiter sehen was zu tun ist.
Deine Schwester hat vielen Scharfsinn in solchen Dingen – aber sie mag die Schilderung etwas verstärkt haben, um dich desto mehr zu treiben. Beunruhigen mußt du dich nicht, noch verdrießlich werden, aber aus allen Kräften rüstig seyn.
So tröstlich es mir bisher war, dich noch in B. zu wissen, so muß ich doch nun, da die üble Jahrszeit üb vorüber ist, wünschen, daß du dich so bald als möglich losmachst, keine neuen Arbeiten unternimmst u die angefangnen auf alle Weise beschleunigst.
Sey kein Narr mit dem Gelde, sondern melde mir ganz genau, wann du in B. fertig zu seyn gedenkst, überrechne wie viel Vorrath du alsdann noch haben wirst, u wie viel Zuschuß du haben mußt. Dieses will ich baldmöglichst herbeyschaffen u durch den Postwagen schicken. In Carrara wollen wir dann weiter sorgen. Mache dir also hierüber gar keine Bekümmerniß – es ist [2] ja meine baare Schuldigkeit, wenn es auch nicht meine Neigung wäre.
Zur Beruhigung über die Reise deiner Schwester kann ich dir sagen, daß man jetzt auch in Paris glaubt der Krieg werde nicht ausbrechen u sein Zweck durch die großen Demonstrationen erreicht werden.
Es thut mir immer wohl wenn du über Marien schreibst. Deine Wehmuth darüber daß das schöne Bild der Jugend an einem geliebten Gegenstande so hinfällig ist, begreife ich gar wohl u theile sie – Aber für Marien ist in vielen Jahren noch nichts zu besorgen – sie ist vielleicht jetzt reizender als sie je gewesen, weil sich ihr Geist mehr entfaltet hat – Ich werde weit früher altern, u daher fällt es mir so schwer, meine Hoffnungen auf an eine entfernte u unbestimmte Zukunft zu verweisen. Wie lange werde ich noch Ansprüche auf Liebe machen dürfen?
Über die Art, wie du die Citationen im Iselin verstanden hast, habe ich doch ein wenig gelacht – du mußt es nicht übel nehmen. Siehst du nicht, daß es vier verschiedne Autoren sind, die angeführt werden? Die beyden letzten sind mir wohl bekannt, aber ich zweifle, daß wir darin finden werden, was wir suchen. Ich will an Horner heute schreiben – es ist verdrießlich, daß die Absendung meiner fertigen Abschnitte durch eine einzige solche Kleinigkeit verzögert wird.
[3] Ich lasse den Brief offen, um die Ankunft des eurigen zu melden, wenn etwas kommt, oder auch noch etwas nöthiges hinzuzufügen, da ich nun erst wieder am Dienstage schreiben kann.
Zur Vollendung meiner Arbeit über die Nibel. fehlt es mir noch an manchen Büchern – Ich muß nothwendig die Wilkina u Niftunge-Saga ganz lesen, u hier herum ist sie nirgends aufzutreiben. Selbst in Paris ist das Buch nicht zu kaufen u in Gibbons Bibliothek habe ich vergeblich darnach suchen lassen. Ich muß gewaffnet auftreten, denn die Hagen, Grimme u.s.w. werden sich die Sache nicht ganz friedlich aus den Zähnen rücken lassen. Manches in Hagens Heldenbuch u den dänischen Romanzen denke ich abzuhandeln unter dem Titel: Ausartung des deutschen Heldengesanges.
Ich habe die Briefe – ermahne Marien doch ja zur Nachsicht gegen die Harmes in ihren krankhaften Zuständen. Wenn sie schon Launen hat muß man sie für die Zukunft schonen –
[4] [leer]
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