• August Wilhelm von Schlegel to Christian Friedrich Tieck

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Bern · Date: 29. April [1812]
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Friedrich Tieck
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Bern
  • Date: 29. April [1812]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Empfangsort erschlossen. – Datierung durch den Kontext.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(52)
  • Number of Pages: 2 S., hs.
  • Format: 19 x 11,8 cm
  • Incipit: „[1] d. 29sten April
    Es thut mir herzlich leid, mein Freund, wenn ich dich misverstanden u dir deßhalb Unrecht gethan habe. [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] d. 29sten April
Es thut mir herzlich leid, mein Freund, wenn ich dich misverstanden u dir deßhalb Unrecht gethan habe. Wie konnte ich dieß errathen? wußte ich denn, daß M. deine Freundin jemals gesehen?
Was meine Vermuthung wegen nachtheiliger Äußerungen über die bewußte Person betrifft, so will ich dir nur ganz offenherzig gestehen, sie wurde xxx zum Theil mit dadurch veranlaßt, daß ich von deiner Schwester durch die gültigsten Versicherungen weiß, daß sie in diesem Sinne spricht. Und doch legte deine Schwester großen Werth auf ein schriftliches Zeugniß über den physischen u moralischen Zustand ihrer Kinder in Rom, u über die gute Erziehung, die sie genössen, x ein Zeugniß, das ich ihr von dieser Hand verschaffte, u das sie in ihrem Processe gebraucht hat. Auch empfahl Fr. v. St. ihre Angelegenheiten sehr dringend Humboldten in Rom, dann dem Grafen Finkenstein u dem Justizminister in Wien, bey welchem letzteren, der mein besondrer Gönner war, ich glaube auch das möglichste that. – Dieses glaube ich, sind lauter dankenswerthe Schritte. Wenn sie nicht so viel gewirkt haben, als zu wünschen gewesen wäre, ist es die Schuld dessen, der sie thut? Mit Humboldt zB. der sehr leicht zu gewinnen gewesen wäre, hat sie es gleich bey ihrem Eintritte in Rom verdorben – seine Freundschaft [2] mit Schiller u wie viel er sich darauf einbildete, war bekannt, u das erstemal, als wir mit ihm zusammenspeisten, that sie die lebhaftesten Angriffe auf Schiller, die gar kein Ende nahmen, u die ich vergeblich zu vermitteln suchte.
Um die Bosheit der Welt kennen zu lernen, bin ich nun leider alt genug geworden. Ich läugne also gar nicht, daß es auch unter den höheren Ständen Menschen giebt, die feindselig genug gesinnt sind, um Gerüchte auszubreiten, wovon sie die Unwahrheit recht gut wissen. Es kommt am Ende nur darauf an, ob man Eigenschaften genug besitzt, um sein Ansehen in der Welt trotz allen diesen Spiegelfechtereyen zu behaupten. Am Ende ist es glücklicher, wenn man noch etwas hat, was beneidet werden kann, als u also zur Feindschaft reizt, als wenn man in aller u jeder Hinsicht zu beklagen wäre.
Lebe recht wohl, ich bin entsetzlich vom Schnupfen, Kopfweh u Heiserkeit geplagt.
[1] d. 29sten April
Es thut mir herzlich leid, mein Freund, wenn ich dich misverstanden u dir deßhalb Unrecht gethan habe. Wie konnte ich dieß errathen? wußte ich denn, daß M. deine Freundin jemals gesehen?
Was meine Vermuthung wegen nachtheiliger Äußerungen über die bewußte Person betrifft, so will ich dir nur ganz offenherzig gestehen, sie wurde xxx zum Theil mit dadurch veranlaßt, daß ich von deiner Schwester durch die gültigsten Versicherungen weiß, daß sie in diesem Sinne spricht. Und doch legte deine Schwester großen Werth auf ein schriftliches Zeugniß über den physischen u moralischen Zustand ihrer Kinder in Rom, u über die gute Erziehung, die sie genössen, x ein Zeugniß, das ich ihr von dieser Hand verschaffte, u das sie in ihrem Processe gebraucht hat. Auch empfahl Fr. v. St. ihre Angelegenheiten sehr dringend Humboldten in Rom, dann dem Grafen Finkenstein u dem Justizminister in Wien, bey welchem letzteren, der mein besondrer Gönner war, ich glaube auch das möglichste that. – Dieses glaube ich, sind lauter dankenswerthe Schritte. Wenn sie nicht so viel gewirkt haben, als zu wünschen gewesen wäre, ist es die Schuld dessen, der sie thut? Mit Humboldt zB. der sehr leicht zu gewinnen gewesen wäre, hat sie es gleich bey ihrem Eintritte in Rom verdorben – seine Freundschaft [2] mit Schiller u wie viel er sich darauf einbildete, war bekannt, u das erstemal, als wir mit ihm zusammenspeisten, that sie die lebhaftesten Angriffe auf Schiller, die gar kein Ende nahmen, u die ich vergeblich zu vermitteln suchte.
Um die Bosheit der Welt kennen zu lernen, bin ich nun leider alt genug geworden. Ich läugne also gar nicht, daß es auch unter den höheren Ständen Menschen giebt, die feindselig genug gesinnt sind, um Gerüchte auszubreiten, wovon sie die Unwahrheit recht gut wissen. Es kommt am Ende nur darauf an, ob man Eigenschaften genug besitzt, um sein Ansehen in der Welt trotz allen diesen Spiegelfechtereyen zu behaupten. Am Ende ist es glücklicher, wenn man noch etwas hat, was beneidet werden kann, als u also zur Feindschaft reizt, als wenn man in aller u jeder Hinsicht zu beklagen wäre.
Lebe recht wohl, ich bin entsetzlich vom Schnupfen, Kopfweh u Heiserkeit geplagt.
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