• Caroline von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 28.12.1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Caroline von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 28.12.1801
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370516575
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 243‒248 u. S. 630‒633 (Kommentar).
  • Incipit: „[Jena] Montag d. 28 Dez. [18]01.
    Damit Du nichts suchst, was Du nicht finden würdest, will ich Dir gleich sagen, daß Ion [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36905
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.22,Nr.13
  • Number of Pages: 12 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,6 x 11,5 cm
[Jena] Montag d. 28 Dez. [18]01.
Damit Du nichts suchst, was Du nicht finden würdest, will ich Dir gleich sagen, daß Ion am Sonnabend noch nicht gegeben worden ist; wenn ich Dir aber heut über acht Tage schreibe, hoffe ich Dir mehr davon zu berichten. Denn ich bin seither so wohl gewesen, daß ich sonder Zweifel hingehn kann, muß, will und werde. Alles hatte sich schon für Sonnabend gerüstet, die Wagen waren bestellt, die Parthien arrangirt, als sich Ion in die Molinara verwandelte. Wir wissen nichts näheres seither von Goethe, allein vermuthlich hat er ihn doch nicht ganz zwingen können. Übrigens hat er gewiß dafür gethan, was möglich war, er ist bey allen, selbst Leseproben gewesen, und hat die Schauspieler ganz von sich entzückt gemacht, was dem Götterkinde wohl zu statten kommen wird. Aus der Anekdote von Reichard, die Du mir meldest, und aus dem Umstand, daß er jedesmal eigenhändig schrieb, wenn von Ion die Rede war, erhellt auch, daß er sorgfältig mit dem Geheimniß umgegangen ist. Es ist indeß hier nun so wenig eins mehr, daß ich verschiedene Billets mit Anfragen erhalten habe, wann Ion gespielt würde. Mich verlangt herzlich zu wissen, ob Du dort eine unangenehme Wirkung dieser Indiskretion verspürt hast. Sollte Iffland die Dreistigkeit haben, die Annahme zu verweigern? Ich hoffe nein, aber um viel Spaß hat es uns auf jeden Fall gebracht. Der ehrliche Haber hat mir nothgedrungen nochmals bestätigt, daß er es von Ritter weiß. Und damit ja nichts im Dunkeln bleibe, ist es auch Friedrich Majer gewesen, der den Leuten in Weimar zurecht geholfen hat. In Deinen beyden letzten Briefen steht noch die Anmahnung, daß wir uns nichts merken lassen sollen. Das hat unsre Wuth erneuert, weil wir sehn, daß Dir immer gleich ernstlich daran liegt. Siehe zu, was Du zu thun hast, und beruhige uns so bald wie möglich durch Nachricht von dem, was sich zugetragen hat. Ich wünschte, Du hättest mir bestimmt gesagt, ob Du Dich so gänzlich auf meinen, etwa mit Schellings Hülfe, verfaßten Bericht von der Vorstellung, in dem doch auch vom Stück die Rede seyn muß, verlassen willst, daß ich ihn von hieraus an die elegante Zeitung senden kann, und unter welchem Nahmen es geschehn soll. Ohne daß etwas versäumt wird, sollt ich denken, könnte ich bis den Donnerstag nach künftigen Sonnabend mit der Absendung warten, und also hierauf noch Antwort von Dir erhalten an dem nehmlichen Donnerstag früh, wenn Du sie gleich abgehn lässest. Vielleicht schreibst Du mir schon in der Zwischenzeit etwas hierüber, wonach ich mich richten kann. Geschieht es nicht eher, so setz lieber selbst ein paar Worte über das Stück auf, in wie fern der Euripides genutzt ist usw. Auch die Nahmen der Kleidungsstücke ungefähr. Darinn sind wir sämmtlich dumm und können Böttcher doch nicht zu rath ziehn. Gut, daß Fleck nichts im Ion zu thun hatte. Das wär ein Vorwand für Ifland gewesen, da der arme Fleck nichts mehr thun kann. Dieser Todesfall wird in etwas die Freude der Einweihung stören, die Feyerlichkeiten aber vielleicht noch vermehren. Mich dauert die kleine Frau, und es dauert mich auch, daß ich ihn nicht mehr sehn soll. ‒ Iffland wird voll auf mit heucheln zu thun haben. ‒
Wie die Meyer die Jungfrau gemacht hat, hast Du mir nie geschrieben. Das werd ich also erst in Berlin erfahren. In Weimar wird sie nicht gespielt, weil der Herzog das ganze Stück nicht leiden kann; vielleicht nur nicht, daß die Jagemann die unanfechtbare Jungfrau spielt.
Mein Freund, ich hoffe zu Gott, Du hast Deine Bücher. Sehr lebhaft kann ich mir Deine Ungeduld vorstellen, noch im frischen Andenken habend die Ungebärdigkeit um das Geld. Aber Deine Vorwürfe verdien ich keinesweges. Du hast mir zweymal im Anfang geschrieben: übereil Dich nicht wegen der Bücher und suche die wohlfeilste Gelegenheit aus. Zehn Plane hab ich gehabt sie Dir wohlfeil zuzuschicken, und Müh und Sorge in nichts gespart. Sobald ich definitiven Bescheid hatte, brannte mir und den Büchern die Stelle unter den Füßen, ehe sie weg waren. Nun sind sie lang weg, Du hast sie gewiß, wo nicht, so hat der Teufel sein Spiel. War ich nicht gescheut ZB., daß ich Tieks portefeuille nicht poste restante schickte, sondern auf der Post fragen ließ, ob die Hallische auch die hiesige erwartete? Hätte er so wenig das portefeuille wie die Büste, so könnten die Künstler in Berlin von ihm denken, was seine Mutter zulezt glaubte, es wäre nur ein Mährchen mit dem artigen Pillgrim. Denn sehr artig muß er sich mit seinen Blumen und seinem Gedicht ausgenommen haben, das fast zu schön für die leichte Gelegenheit ist. Ich danke Dir dafür ‒ wie für das Verzeichniß, das nicht auf unfruchtbaren Boden fallen soll. ‒ Sehr hat es mich divertirt, daß Friedrich genöthigt gewesen im Büffelrock zu erscheinen, denn er hätte sich in Berlin nach seiner Abwesenheit gewiß gern in minder cynischen Aufzug gezeigt, nun muß er so ruppig wiederkommen! Mein allergröstes Divertissement aber ist der erwünschte Gang, den Deine Vorlesungen nehmen. Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr mich das, abgesehn von allem zeitlichen Vortheil, ergötzt.
Von Luise hör ich, daß Du Dir die Musik von Philipp et Georgette hast kommen lassen. Sie bietet mir auch die von la maison à vendre an. Hast Du etwas mit dem ersten gemacht? ‒ Daß Goethe ein Programm über die Ausstellung, nebst Kupfer, der Literaturzeitung einverleibt, wirst Du aus selbiger ersehn haben. Ich hoffe Dir gleich einen besondern Abdruck davon schicken zu können, mit Schellings Journal.
–––––
Du solltest mir einen ordentlichen Rath geben wegen meiner Reise. Ich werde doch eine Fuhr nehmen müssen. Zuerst dacht ich, von hier bis Leipzig und da mich einige Tage auszuruhn. Dann eine von Leipzig aus; oder solltest Du mir bis dahin eine von Berlin vortheilhafter schicken? Ach Gott, es wird theuer kommen, wenn Schelling gar nicht mit kann. Innerhalb des Februar zu kommen ist übrigens meine Meynung; ich bringe Rose mit, versteht sich (ihr Schatz hat ihr noch keine Zeile geschrieben und das gute Ding hatte sich schon Feder und Papier gekauft, grämt sich aber demohngeachtet nicht.) Melde mir, ob Du von Hufeland Geld erhalten hast.
Herzensfreund, das Haus habe ich. Und die Aussicht ist so schön wie des Doktor Luthers, schöner, sie ist mehr katholisch wie lutherisch. Du wohnst hoch genug, daß Dich die Kinder nicht ärgern können, und der Geruch nicht erreichen. Asverus versichert mir, daß sie nie davon gelitten hätten. Du hast vornen heraus 2 Stuben und 1 Kammer und hinten hinaus Stube und Kammer ganz zu Deiner Disposition, in einer Art von 4ten Etage, die ein wenig nach Mansarden schmeckt, aber weis der Himmel recht hübsch, Du must Dir nicht etwa Dachstuben dabey denken. Ich habe das allerunterste Zimmer oder étage auch noch genommen, alles zusammen für 70 rh. [Bernhardis.] Schelling meint, es ließe sich da ein Auditorium anlegen. Auch ist ein Garten am Hause für die Kinder, nicht zu gedenken, wie herrlich die kleinen Bernhardis auf dem Gerberhügel spielen werden. Wir kränkliche Frauen können uns dann auch prächtig einander beystehn. Sie kann baden im Hause, kurz es würde sich alles machen, und bedarf keiner weitern Anstalt im voraus. ‒ Denke auch, mein lieber Wilhelm, mein süßer Wilhelm, wie allerliebste Gelegenheiten Du haben wirst auf mich zu schimpfen, wenn die Kinder einmal lauter quiksen wie gewöhnlich, oder der Gerber ein Fell aushängt, oder die Bären im Bären lärmen ‒ immer heißt es: säß ich doch, säß ich doch im alten Winkel! Aber ich weiß schon, was ich Dir dann alles vorhalten will, und habe in alle Wege das Haus genommen. Ein Vortheil ist, daß wir kreuzbrave Wirthsleute haben. Du solltest den stattlichen Biedermann sehn, und die schöne große Frau. Er richtet mir auch im Hause alles ein, wie ich will, und tapeziert mir eine von meinen Stuben blau. Ich schicke Dir bey der ersten Gelegenheit den Contrakt, daß Du ihn unterzeichnest, denn meine Unterschrift gilt hier zu Lande nicht.
Habt ihr heiligen Christ gehalten? Ich habe Julchen wie billig ein weißes feines Kleid beschert, Schelling ihr, wie ebenfals billig, ein Ballkleid von der höchsten Eleganz aus Braunschweig. Meiner schwarzen Köchin hab ich außer ihren Laubthaler ein neues Hemde gegeben, weil mir hinterbracht wurde, sie habe davon nicht viel, und meiner rothen Rose eine Schürze, weil ihre zerrissen war. Julchen hat sie auch mit diesen und jenem erfreut, so auch die alte Christiane, die diesen Tag für den glücklichsten ihres Lebens erklärte. Ich habe Schelling eine Dose gegeben. Luise hatte einen artigen Zettel hinein gelegt: „Das Gemählde stellt ein freyes Feld vor, im Vordergrund eine uralte Eiche. Schüler wallen von allen Seiten um den großen Naturphilosophen zu hören. Kein Saal kann deren Menge mehr fassen, darum hat er sich mit ihnen, wie einst Plato, unter freyen Himmel geflüchtet“.
Schelling hat mir einen Schleyer geschenkt, und ein paar mit Pelz gefütterte Schuhe, in denen ich in Berlin in die Komödie gehn soll. ‒ Du hast mir nichts gegeben und ich hab Dir nichts geben, und so sind wir quitt. ‒ Luise ist mit Gottes Hülfe in einem erfreulichen arrondissement begriffen.
Roose der Professor hat einen Ruf nach Kiel, den er wohl annehmen wird. Alle Welt hat Rüfe herüber und hinüber. Schelling findet es sehr ungerecht, daß Du und er keine kriegt.
Leb wohl, mein guter Freund. Ich habe es nun verschmerzt, daß ich lezthin so lange nichts von Dir hörte und mir so viel dumme Gedanken machte. Es hieß hier: Fichte sey über Hals und Kopf wegen der Biesterischen Sache nach Altona ‒ Da hielt ich es für möglich, Du wärest etwa auch genöthigt gewesen Dich tiefer in den Norden zu begeben.
Adieu, Adieu.
[Jena] Montag d. 28 Dez. [18]01.
Damit Du nichts suchst, was Du nicht finden würdest, will ich Dir gleich sagen, daß Ion am Sonnabend noch nicht gegeben worden ist; wenn ich Dir aber heut über acht Tage schreibe, hoffe ich Dir mehr davon zu berichten. Denn ich bin seither so wohl gewesen, daß ich sonder Zweifel hingehn kann, muß, will und werde. Alles hatte sich schon für Sonnabend gerüstet, die Wagen waren bestellt, die Parthien arrangirt, als sich Ion in die Molinara verwandelte. Wir wissen nichts näheres seither von Goethe, allein vermuthlich hat er ihn doch nicht ganz zwingen können. Übrigens hat er gewiß dafür gethan, was möglich war, er ist bey allen, selbst Leseproben gewesen, und hat die Schauspieler ganz von sich entzückt gemacht, was dem Götterkinde wohl zu statten kommen wird. Aus der Anekdote von Reichard, die Du mir meldest, und aus dem Umstand, daß er jedesmal eigenhändig schrieb, wenn von Ion die Rede war, erhellt auch, daß er sorgfältig mit dem Geheimniß umgegangen ist. Es ist indeß hier nun so wenig eins mehr, daß ich verschiedene Billets mit Anfragen erhalten habe, wann Ion gespielt würde. Mich verlangt herzlich zu wissen, ob Du dort eine unangenehme Wirkung dieser Indiskretion verspürt hast. Sollte Iffland die Dreistigkeit haben, die Annahme zu verweigern? Ich hoffe nein, aber um viel Spaß hat es uns auf jeden Fall gebracht. Der ehrliche Haber hat mir nothgedrungen nochmals bestätigt, daß er es von Ritter weiß. Und damit ja nichts im Dunkeln bleibe, ist es auch Friedrich Majer gewesen, der den Leuten in Weimar zurecht geholfen hat. In Deinen beyden letzten Briefen steht noch die Anmahnung, daß wir uns nichts merken lassen sollen. Das hat unsre Wuth erneuert, weil wir sehn, daß Dir immer gleich ernstlich daran liegt. Siehe zu, was Du zu thun hast, und beruhige uns so bald wie möglich durch Nachricht von dem, was sich zugetragen hat. Ich wünschte, Du hättest mir bestimmt gesagt, ob Du Dich so gänzlich auf meinen, etwa mit Schellings Hülfe, verfaßten Bericht von der Vorstellung, in dem doch auch vom Stück die Rede seyn muß, verlassen willst, daß ich ihn von hieraus an die elegante Zeitung senden kann, und unter welchem Nahmen es geschehn soll. Ohne daß etwas versäumt wird, sollt ich denken, könnte ich bis den Donnerstag nach künftigen Sonnabend mit der Absendung warten, und also hierauf noch Antwort von Dir erhalten an dem nehmlichen Donnerstag früh, wenn Du sie gleich abgehn lässest. Vielleicht schreibst Du mir schon in der Zwischenzeit etwas hierüber, wonach ich mich richten kann. Geschieht es nicht eher, so setz lieber selbst ein paar Worte über das Stück auf, in wie fern der Euripides genutzt ist usw. Auch die Nahmen der Kleidungsstücke ungefähr. Darinn sind wir sämmtlich dumm und können Böttcher doch nicht zu rath ziehn. Gut, daß Fleck nichts im Ion zu thun hatte. Das wär ein Vorwand für Ifland gewesen, da der arme Fleck nichts mehr thun kann. Dieser Todesfall wird in etwas die Freude der Einweihung stören, die Feyerlichkeiten aber vielleicht noch vermehren. Mich dauert die kleine Frau, und es dauert mich auch, daß ich ihn nicht mehr sehn soll. ‒ Iffland wird voll auf mit heucheln zu thun haben. ‒
Wie die Meyer die Jungfrau gemacht hat, hast Du mir nie geschrieben. Das werd ich also erst in Berlin erfahren. In Weimar wird sie nicht gespielt, weil der Herzog das ganze Stück nicht leiden kann; vielleicht nur nicht, daß die Jagemann die unanfechtbare Jungfrau spielt.
Mein Freund, ich hoffe zu Gott, Du hast Deine Bücher. Sehr lebhaft kann ich mir Deine Ungeduld vorstellen, noch im frischen Andenken habend die Ungebärdigkeit um das Geld. Aber Deine Vorwürfe verdien ich keinesweges. Du hast mir zweymal im Anfang geschrieben: übereil Dich nicht wegen der Bücher und suche die wohlfeilste Gelegenheit aus. Zehn Plane hab ich gehabt sie Dir wohlfeil zuzuschicken, und Müh und Sorge in nichts gespart. Sobald ich definitiven Bescheid hatte, brannte mir und den Büchern die Stelle unter den Füßen, ehe sie weg waren. Nun sind sie lang weg, Du hast sie gewiß, wo nicht, so hat der Teufel sein Spiel. War ich nicht gescheut ZB., daß ich Tieks portefeuille nicht poste restante schickte, sondern auf der Post fragen ließ, ob die Hallische auch die hiesige erwartete? Hätte er so wenig das portefeuille wie die Büste, so könnten die Künstler in Berlin von ihm denken, was seine Mutter zulezt glaubte, es wäre nur ein Mährchen mit dem artigen Pillgrim. Denn sehr artig muß er sich mit seinen Blumen und seinem Gedicht ausgenommen haben, das fast zu schön für die leichte Gelegenheit ist. Ich danke Dir dafür ‒ wie für das Verzeichniß, das nicht auf unfruchtbaren Boden fallen soll. ‒ Sehr hat es mich divertirt, daß Friedrich genöthigt gewesen im Büffelrock zu erscheinen, denn er hätte sich in Berlin nach seiner Abwesenheit gewiß gern in minder cynischen Aufzug gezeigt, nun muß er so ruppig wiederkommen! Mein allergröstes Divertissement aber ist der erwünschte Gang, den Deine Vorlesungen nehmen. Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr mich das, abgesehn von allem zeitlichen Vortheil, ergötzt.
Von Luise hör ich, daß Du Dir die Musik von Philipp et Georgette hast kommen lassen. Sie bietet mir auch die von la maison à vendre an. Hast Du etwas mit dem ersten gemacht? ‒ Daß Goethe ein Programm über die Ausstellung, nebst Kupfer, der Literaturzeitung einverleibt, wirst Du aus selbiger ersehn haben. Ich hoffe Dir gleich einen besondern Abdruck davon schicken zu können, mit Schellings Journal.
–––––
Du solltest mir einen ordentlichen Rath geben wegen meiner Reise. Ich werde doch eine Fuhr nehmen müssen. Zuerst dacht ich, von hier bis Leipzig und da mich einige Tage auszuruhn. Dann eine von Leipzig aus; oder solltest Du mir bis dahin eine von Berlin vortheilhafter schicken? Ach Gott, es wird theuer kommen, wenn Schelling gar nicht mit kann. Innerhalb des Februar zu kommen ist übrigens meine Meynung; ich bringe Rose mit, versteht sich (ihr Schatz hat ihr noch keine Zeile geschrieben und das gute Ding hatte sich schon Feder und Papier gekauft, grämt sich aber demohngeachtet nicht.) Melde mir, ob Du von Hufeland Geld erhalten hast.
Herzensfreund, das Haus habe ich. Und die Aussicht ist so schön wie des Doktor Luthers, schöner, sie ist mehr katholisch wie lutherisch. Du wohnst hoch genug, daß Dich die Kinder nicht ärgern können, und der Geruch nicht erreichen. Asverus versichert mir, daß sie nie davon gelitten hätten. Du hast vornen heraus 2 Stuben und 1 Kammer und hinten hinaus Stube und Kammer ganz zu Deiner Disposition, in einer Art von 4ten Etage, die ein wenig nach Mansarden schmeckt, aber weis der Himmel recht hübsch, Du must Dir nicht etwa Dachstuben dabey denken. Ich habe das allerunterste Zimmer oder étage auch noch genommen, alles zusammen für 70 rh. [Bernhardis.] Schelling meint, es ließe sich da ein Auditorium anlegen. Auch ist ein Garten am Hause für die Kinder, nicht zu gedenken, wie herrlich die kleinen Bernhardis auf dem Gerberhügel spielen werden. Wir kränkliche Frauen können uns dann auch prächtig einander beystehn. Sie kann baden im Hause, kurz es würde sich alles machen, und bedarf keiner weitern Anstalt im voraus. ‒ Denke auch, mein lieber Wilhelm, mein süßer Wilhelm, wie allerliebste Gelegenheiten Du haben wirst auf mich zu schimpfen, wenn die Kinder einmal lauter quiksen wie gewöhnlich, oder der Gerber ein Fell aushängt, oder die Bären im Bären lärmen ‒ immer heißt es: säß ich doch, säß ich doch im alten Winkel! Aber ich weiß schon, was ich Dir dann alles vorhalten will, und habe in alle Wege das Haus genommen. Ein Vortheil ist, daß wir kreuzbrave Wirthsleute haben. Du solltest den stattlichen Biedermann sehn, und die schöne große Frau. Er richtet mir auch im Hause alles ein, wie ich will, und tapeziert mir eine von meinen Stuben blau. Ich schicke Dir bey der ersten Gelegenheit den Contrakt, daß Du ihn unterzeichnest, denn meine Unterschrift gilt hier zu Lande nicht.
Habt ihr heiligen Christ gehalten? Ich habe Julchen wie billig ein weißes feines Kleid beschert, Schelling ihr, wie ebenfals billig, ein Ballkleid von der höchsten Eleganz aus Braunschweig. Meiner schwarzen Köchin hab ich außer ihren Laubthaler ein neues Hemde gegeben, weil mir hinterbracht wurde, sie habe davon nicht viel, und meiner rothen Rose eine Schürze, weil ihre zerrissen war. Julchen hat sie auch mit diesen und jenem erfreut, so auch die alte Christiane, die diesen Tag für den glücklichsten ihres Lebens erklärte. Ich habe Schelling eine Dose gegeben. Luise hatte einen artigen Zettel hinein gelegt: „Das Gemählde stellt ein freyes Feld vor, im Vordergrund eine uralte Eiche. Schüler wallen von allen Seiten um den großen Naturphilosophen zu hören. Kein Saal kann deren Menge mehr fassen, darum hat er sich mit ihnen, wie einst Plato, unter freyen Himmel geflüchtet“.
Schelling hat mir einen Schleyer geschenkt, und ein paar mit Pelz gefütterte Schuhe, in denen ich in Berlin in die Komödie gehn soll. ‒ Du hast mir nichts gegeben und ich hab Dir nichts geben, und so sind wir quitt. ‒ Luise ist mit Gottes Hülfe in einem erfreulichen arrondissement begriffen.
Roose der Professor hat einen Ruf nach Kiel, den er wohl annehmen wird. Alle Welt hat Rüfe herüber und hinüber. Schelling findet es sehr ungerecht, daß Du und er keine kriegt.
Leb wohl, mein guter Freund. Ich habe es nun verschmerzt, daß ich lezthin so lange nichts von Dir hörte und mir so viel dumme Gedanken machte. Es hieß hier: Fichte sey über Hals und Kopf wegen der Biesterischen Sache nach Altona ‒ Da hielt ich es für möglich, Du wärest etwa auch genöthigt gewesen Dich tiefer in den Norden zu begeben.
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