• Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Unknown · Date: 24.09.1802
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 24.09.1802
    Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Historisch-kritische Ausgabe. Hg. v. Thomas Buchheim, Jochen Hennigfeld, Wilhelm G. Jacobs, Jörg Jantzen u. Siegbert Peetz. Stuttgart 1976ff. Reihe III: Briefe 2,1: Briefwechsel 1800–1802. Hg. v. Thomas Kisser unter Mitwirkung von Walter Schieche und Alois Wieshuber. Stuttgart 2010, S. 473–477.
  • Incipit: „Jena 24. 7br. 1802.
    Nachdem ich alle Ihre Gründe überlegt, habe ich den von Ihnen genommnen Maßregeln beyzutreten in jeder Rücksicht gut [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36872
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.20,Nr.24
  • Number of Pages: 12 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 11,7 cm
Jena 24. 7br. 1802.
Nachdem ich alle Ihre Gründe überlegt, habe ich den von Ihnen genommnen Maßregeln beyzutreten in jeder Rücksicht gut gefunden. Den Gedanken eine Klage an die Regierung gelangen zu lassen hatte ich vorher schon so gut wie aufgegeben. Heute früh habe ich den Brief an Schütz durch den Ihnen noch bekannten Menschen, der die gelehrten Zeitungen und Journale herumträgt, als den zuverläßigsten, den ich hiezu gebrauchen konnte, geschickt, so daß künftigen Montag ˹nöthigenfalls˺ sogleich der Anfang mit dem Druck gemacht werden kann, der von Seiten Frommanns ohne Zweifel nicht die geringste Schwierigkeit finden wird. Es ist in Ihrer Erklärung, die ich durchaus würdig, angemessen, und so finde, daß meinerseits nichts hinzuzusetzen übrig bleibt, nur die Eine Stelle, in der ich noch eine kleine Änderung wünschte, worinn nämlich | zugestanden wird, daß ich Sch[ü]tzen als Verf[asser] der ersten Anzeige wenigstens habe errathen lassen. Die Stelle lautet so:
„indem er die sehr wahrscheinliche Vermuthung, daß der H.R. Sch. selbst Verf. jener ‒ ‒ Rec. sey ‒ den Lesern zu errathen überläßt“.
Mir dünkt, dieß kann dahin geändert werden: „indem er die ihm sicher nicht entgangne hohe Wahrscheinlichkeit, daß pp – doch nirgends ausdrücklich ausgesprochen hat,“ oder wie Sie dieß sonst modificiren wollen. – Von morgen über 8 Tage kann ich Ihre Beystimmung dazu haben; und dann wenigstens noch bey der Correctur dieß verändern. Ich wünschte ferner, da ich von Marcus in dieser Sache ein bestimmtes Zeugniß erhalten, von Röschlaub, der die letzte Zeit nicht in Landshut anwesend sondern in München gewesen ist, es noch zu erhalten hoffe, daß Sie durch ein Postscript diesen | Anhang mit Ihrer Erklärung verbinden und zugleich Ihre Meynung sagen, ob der Brief an Schütz vor oder nach jenen Beylagen abgedruckt werde. ˹(Ich sehe aber, daß Sie dieß schon gethan haben)˺
Noch bin ich nicht schlüßig, ob ich die Erklärung mit den kleineren teutschen Lettern meines Journals, oder mit lateinischen drucken lasse. Was die Versendung betrifft, wünschte ich, daß Sie mir gleichfalls Ihre Vorschläge mitgetheilt hätten. Ich denke es für die Cotta’sche Buchh[andlung] drucken zu lassen, wogegen Cotta, indem ich die Druckkosten übernehme, nichts wird einzuwenden haben. Ich gebe ihm heute vorläufig Nachricht davon, und ersuche ihn zugleich, das Ganze in einer Beylage der Allg. Zeitung abdrucken zu lassen. Außer den Exemplarien die mit Cottaʼs Verlag, unter andern mit meiner Zeitschrift, an Buchhandlungen versandt werden, (denn ich habe nun von dem Gedanken abgestanden, Ihre | Erklärung meiner Zeitschrift anheften zu lassen), werde ich theils unmittelbar – selbst hier und auswärts, theils durch Freunde diese Erklärung soviel möglich zu verbreiten suchen. Melden Sie, wie viele Exempl[are] ich nach Berlin schicken soll?
Es scheint mir, daß hiemit alles im Reinen ist, und daß ich über diese Angelegenheit nichts hinzuzusetzen habe.

Verschiedne Arbeiten (indem ich in den lezten Wochen auch noch ein Publicum hier gelesen habe), haben mir noch nicht Zeit gelassen, in diesen wenigen Tagen mich mit dem Lacrimas näher bekannt zu machen. Sagen Sie dem V[erfasser] indeß für die Mittheilung den wärmsten Dank, und nehmen Sie denselben für Sich wegen Überlassung Ihres Manuscripts von dem ich in der kürzesten Zeitfrist den bestmöglichen Gebrauch zu machen mich bestreben werde. | Es kommt Ende October sicher zurück. Zugleich hoffe ich, Sie werden mir erlauben, mit Goethe den Lacrimas gegen das Manuscript Ihres spanischen Stücks auszutauschen: ich gestehe, daß ich die Anschauung der dramatischen Poësie der Spanier mir mit Ungeduld wünsche, um so mehr da wir uns, nachdem Caroline es im Italiänischen sehr weit gebracht hat, jetzt dem Spanischen zuwenden. – Goethe, den ich am Mittwoch (so wie W[ilhelm] Humboldt) gesehen habe, hat gegen mich nichts davon erwähnt. Vielleicht daß er es eben erst oder ˹noch˺ gar nicht erhalten hatte.
Die Nachrichten von Hülsen sind allerdings nicht erfreulich. – Diese Tage habe ich die Bekanntschaft eines Grafen Harrach aus Wien gemacht, der sich um alles bekümmert, obgleich er den Wiener Charakter nicht verläugnet. Er wird Sie in Berlin aufsuchen.
Wegen Ritter’s ist es mir merkwürdig gewesen, daß ein Physiker wie Kielmeyer meine Äußerung | über ihn ganz approbirt, und versichert hat, daß er immer über seine Steifigkeit hätte lachen müssen.

Es ist unvermeidlich, daß ich in der Angelegenheit, die zwischen Caro[line] und Ihnen noch gemeinschaftlich ist, den Correspondenten mache: da es Carolinen nicht möglich war, das Geschäft der Einleitung in Weimar selbst zu übernehmen, und ich es am schicklichsten besorgte.
Von dem Geschäftsmann in Weimar – dem Einzigen, dem wir die Sache vertrauen mußten – habe ich nun folgende Nachrichten erhalten.
Was den Herzog betrifft, so wird es von seiner Seite keine Schwierigkeit finden, auch erhalten Sie mit nächstem Posttag die nach dem erhaltenen Rath entworfne Bittschrift zu Ihrer Approbation, und Unterschrift. Der weitere Geschäftsgang ist folgender. Der Herzog ertheilt | seinen Consens im Allgemeinen dem Consistorium, aber dieses fodert, um den Act zu vollziehen, die Erscheinung der beyden Parthieen, oder, weil der Frau in diesem Fall immer eine justa excusatio gestattet wird, die des Mannes. Hiervon kann von oben herunter nicht dispensirt werden, und es steht ganz in der Willkühr des Consistoriums, es zu thun oder nicht – oder vielmehr ohne sehr dringende Motive auch dieses nicht, – da hierinn ein beständiger Vorgang und Observanz stattgefunden hat, und, wie der Geschäftsmann, der zu diesem Behuf die Acten der Mereauschen Scheidungsgeschichte durchgesehen hat, weiß – auch Mereau vor dem Weimarischen Consist[orium] wirklich erschienen ist. Mme Mereau hat sich der hergebrachten Entschuldigung bedient. – Es versteht sich, daß Caroline die Erscheinung nicht auf sich nehmen kann. Die Sache den gewöhn | lichen Gang nehmen zu lassen, hilft noch weniger, da bey diesem persönliche Erscheinung in verschiednen Terminen noch indispensabler ist, und überhaupt die ganze Sache sich in die Länge zieht. Es fragt sich, ob es sich mit Ihren Absichten vertrüge, die Reise nach Weimar zu machen, und selbst dann noch, ob Sie Böttiger’n und Herder’n das Vergnügen machen wollten, vor ihnen zu erscheinen.
Der einzige Ausweg, der in dieser Beziehung möglich und uns angegeben worden ist, ist: sich des Kanals eines andern Mitglieds des Konsist[oriums] zu bedienen, der die pias causas unter sich hat, und der gegen Erlegung einer beträchtlicheren Summe ad pios usus, als ohnehin gefodert wird, ohne Zweifel das Geschäft übernæhme, | bey dem Kollegium die Erlassung dieser Formalitæt auszuwirken; welches um so einfacher ist, da es bey Ihrer Nichtanwesenheit nicht einmal nach etwas Besonderem aussehen kann, wenn die Erscheinung erlassen wird. – Der diesen Rath gegeben hat, will zugleich selbst übernehmen, dieses Mitglied des Consist[oriums] auf solche fromme Weise zu bestechen: es versteht sich, daß man sich zu nichts anheischig machte, ehe man von ihm die gewisse Versicherung über ˹den Erfolg˺, – wo es nöthig sogar schriftlich – erhalten hätte.
Die Summe, die man es sich müßte kosten lassen, wäre ohngefähr 100. r. Caroline erbietet sich die Hälfte davon zu tragen. Geben Sie diesem Plan Ihre Beystimmung, so wird dann die Sache ohne weitern Aufschub vor sich gehen.

Was Ihre Beschwerde gegen Caro[line] | betrifft, so bin ich, insofern Sie sich auf das neulich beygelegte Schreiben beziehen, nicht im Stande sie anders, als nach meiner allgemeinen Kenntniß ihres Charakters, dem ich Absichten, die Sie ihr zuschreiben wollen, nicht zutraue, zu beurtheilen, indem ich jenes Schreiben wirklich nicht gelesen habe, und mir gern den Sinn hievon frey halte. Ich war um desto weniger fähig, Caro[line] die Äußerungen Ihres lezten Blattes oder dieses selbst mitzutheilen, da ich der Meynung bin, daß sie auf alle Weise geschont werden müsse. – Da Sie in Ihrem letzten Briefe so viel Zartheit äußern, selbst Büchlern aus dem Grunde schonen zu wollen, weil Auguste eine Art von Zutrauen gegen ihn gehabt ˹hat˺, so dünkt | mich, daß Sie den dringendsten Grund haben, diese Gesinnung vor allem Augustens Mutter zu beweisen, der Einzigen, an der sie auf Erden wahrhaft gehangen hat.
Ich mag nicht frühere Beweise davon berühren, und vergesse sie gerne: was aber den Fremden betrifft, der von Caro[line] selbst die Neuigkeit ihrer Scheidung gehört haben will, so sind das Gestänke, auf die man sich nicht weiter einlassen kann: haben Sie nur die Güte, diesen Cavalier zu nennen, damit ich in Stand gesetzt sey, Ihnen zu beweisen, daß er auch Carolinens Schwelle nicht betreten hat. Sonst möchte ich Sie noch bitten, mir nur die Eine Frage zu beantworten, wie man nur überhaupt dazu kommt, Ihnen solche Dinge zu erzählen und ˹ohne Sie, wie Sie von dem Fremden selbst sagen, genauer zu kennen, sie Ihnen˺ sogar in’s Gesicht | zu sagen, da gegen uns niemand eine solche Erwähnung wagt, und ob nicht Caroline eben hieraus einen weit gegründeteren Schluß auf die Öffentlichkeit Ihrer Äußerungen unfreundlicher Gesinnungen gegen sie ziehen könnte, wenn sie sich hieraus überhaupt so viel machte.
Was mich betrifft, so dürfen Sie nur wollen, um sich von der Aufrichtigkeit meiner Gesinnungen, und meiner innigen Anhänglichkeit ˹an Sie˺ zu überzeugen. Seyen Sie nur immer offen gegen mich, und sehen Sie ein, daß all<es,> was auf Caro[line] Beziehung hat, dieselbe auch auf mich hat, indem ich keinen Gedanken in mir habe, in dem ich mich als getrennt von ihr denken könnte. – Dann sehe ich nirgends eine Veranlassung unsrer Entzweyung.
Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, und leben Sie recht wohl.
Schelling.
Jena 24. 7br. 1802.
Nachdem ich alle Ihre Gründe überlegt, habe ich den von Ihnen genommnen Maßregeln beyzutreten in jeder Rücksicht gut gefunden. Den Gedanken eine Klage an die Regierung gelangen zu lassen hatte ich vorher schon so gut wie aufgegeben. Heute früh habe ich den Brief an Schütz durch den Ihnen noch bekannten Menschen, der die gelehrten Zeitungen und Journale herumträgt, als den zuverläßigsten, den ich hiezu gebrauchen konnte, geschickt, so daß künftigen Montag ˹nöthigenfalls˺ sogleich der Anfang mit dem Druck gemacht werden kann, der von Seiten Frommanns ohne Zweifel nicht die geringste Schwierigkeit finden wird. Es ist in Ihrer Erklärung, die ich durchaus würdig, angemessen, und so finde, daß meinerseits nichts hinzuzusetzen übrig bleibt, nur die Eine Stelle, in der ich noch eine kleine Änderung wünschte, worinn nämlich | zugestanden wird, daß ich Sch[ü]tzen als Verf[asser] der ersten Anzeige wenigstens habe errathen lassen. Die Stelle lautet so:
„indem er die sehr wahrscheinliche Vermuthung, daß der H.R. Sch. selbst Verf. jener ‒ ‒ Rec. sey ‒ den Lesern zu errathen überläßt“.
Mir dünkt, dieß kann dahin geändert werden: „indem er die ihm sicher nicht entgangne hohe Wahrscheinlichkeit, daß pp – doch nirgends ausdrücklich ausgesprochen hat,“ oder wie Sie dieß sonst modificiren wollen. – Von morgen über 8 Tage kann ich Ihre Beystimmung dazu haben; und dann wenigstens noch bey der Correctur dieß verändern. Ich wünschte ferner, da ich von Marcus in dieser Sache ein bestimmtes Zeugniß erhalten, von Röschlaub, der die letzte Zeit nicht in Landshut anwesend sondern in München gewesen ist, es noch zu erhalten hoffe, daß Sie durch ein Postscript diesen | Anhang mit Ihrer Erklärung verbinden und zugleich Ihre Meynung sagen, ob der Brief an Schütz vor oder nach jenen Beylagen abgedruckt werde. ˹(Ich sehe aber, daß Sie dieß schon gethan haben)˺
Noch bin ich nicht schlüßig, ob ich die Erklärung mit den kleineren teutschen Lettern meines Journals, oder mit lateinischen drucken lasse. Was die Versendung betrifft, wünschte ich, daß Sie mir gleichfalls Ihre Vorschläge mitgetheilt hätten. Ich denke es für die Cotta’sche Buchh[andlung] drucken zu lassen, wogegen Cotta, indem ich die Druckkosten übernehme, nichts wird einzuwenden haben. Ich gebe ihm heute vorläufig Nachricht davon, und ersuche ihn zugleich, das Ganze in einer Beylage der Allg. Zeitung abdrucken zu lassen. Außer den Exemplarien die mit Cottaʼs Verlag, unter andern mit meiner Zeitschrift, an Buchhandlungen versandt werden, (denn ich habe nun von dem Gedanken abgestanden, Ihre | Erklärung meiner Zeitschrift anheften zu lassen), werde ich theils unmittelbar – selbst hier und auswärts, theils durch Freunde diese Erklärung soviel möglich zu verbreiten suchen. Melden Sie, wie viele Exempl[are] ich nach Berlin schicken soll?
Es scheint mir, daß hiemit alles im Reinen ist, und daß ich über diese Angelegenheit nichts hinzuzusetzen habe.

Verschiedne Arbeiten (indem ich in den lezten Wochen auch noch ein Publicum hier gelesen habe), haben mir noch nicht Zeit gelassen, in diesen wenigen Tagen mich mit dem Lacrimas näher bekannt zu machen. Sagen Sie dem V[erfasser] indeß für die Mittheilung den wärmsten Dank, und nehmen Sie denselben für Sich wegen Überlassung Ihres Manuscripts von dem ich in der kürzesten Zeitfrist den bestmöglichen Gebrauch zu machen mich bestreben werde. | Es kommt Ende October sicher zurück. Zugleich hoffe ich, Sie werden mir erlauben, mit Goethe den Lacrimas gegen das Manuscript Ihres spanischen Stücks auszutauschen: ich gestehe, daß ich die Anschauung der dramatischen Poësie der Spanier mir mit Ungeduld wünsche, um so mehr da wir uns, nachdem Caroline es im Italiänischen sehr weit gebracht hat, jetzt dem Spanischen zuwenden. – Goethe, den ich am Mittwoch (so wie W[ilhelm] Humboldt) gesehen habe, hat gegen mich nichts davon erwähnt. Vielleicht daß er es eben erst oder ˹noch˺ gar nicht erhalten hatte.
Die Nachrichten von Hülsen sind allerdings nicht erfreulich. – Diese Tage habe ich die Bekanntschaft eines Grafen Harrach aus Wien gemacht, der sich um alles bekümmert, obgleich er den Wiener Charakter nicht verläugnet. Er wird Sie in Berlin aufsuchen.
Wegen Ritter’s ist es mir merkwürdig gewesen, daß ein Physiker wie Kielmeyer meine Äußerung | über ihn ganz approbirt, und versichert hat, daß er immer über seine Steifigkeit hätte lachen müssen.

Es ist unvermeidlich, daß ich in der Angelegenheit, die zwischen Caro[line] und Ihnen noch gemeinschaftlich ist, den Correspondenten mache: da es Carolinen nicht möglich war, das Geschäft der Einleitung in Weimar selbst zu übernehmen, und ich es am schicklichsten besorgte.
Von dem Geschäftsmann in Weimar – dem Einzigen, dem wir die Sache vertrauen mußten – habe ich nun folgende Nachrichten erhalten.
Was den Herzog betrifft, so wird es von seiner Seite keine Schwierigkeit finden, auch erhalten Sie mit nächstem Posttag die nach dem erhaltenen Rath entworfne Bittschrift zu Ihrer Approbation, und Unterschrift. Der weitere Geschäftsgang ist folgender. Der Herzog ertheilt | seinen Consens im Allgemeinen dem Consistorium, aber dieses fodert, um den Act zu vollziehen, die Erscheinung der beyden Parthieen, oder, weil der Frau in diesem Fall immer eine justa excusatio gestattet wird, die des Mannes. Hiervon kann von oben herunter nicht dispensirt werden, und es steht ganz in der Willkühr des Consistoriums, es zu thun oder nicht – oder vielmehr ohne sehr dringende Motive auch dieses nicht, – da hierinn ein beständiger Vorgang und Observanz stattgefunden hat, und, wie der Geschäftsmann, der zu diesem Behuf die Acten der Mereauschen Scheidungsgeschichte durchgesehen hat, weiß – auch Mereau vor dem Weimarischen Consist[orium] wirklich erschienen ist. Mme Mereau hat sich der hergebrachten Entschuldigung bedient. – Es versteht sich, daß Caroline die Erscheinung nicht auf sich nehmen kann. Die Sache den gewöhn | lichen Gang nehmen zu lassen, hilft noch weniger, da bey diesem persönliche Erscheinung in verschiednen Terminen noch indispensabler ist, und überhaupt die ganze Sache sich in die Länge zieht. Es fragt sich, ob es sich mit Ihren Absichten vertrüge, die Reise nach Weimar zu machen, und selbst dann noch, ob Sie Böttiger’n und Herder’n das Vergnügen machen wollten, vor ihnen zu erscheinen.
Der einzige Ausweg, der in dieser Beziehung möglich und uns angegeben worden ist, ist: sich des Kanals eines andern Mitglieds des Konsist[oriums] zu bedienen, der die pias causas unter sich hat, und der gegen Erlegung einer beträchtlicheren Summe ad pios usus, als ohnehin gefodert wird, ohne Zweifel das Geschäft übernæhme, | bey dem Kollegium die Erlassung dieser Formalitæt auszuwirken; welches um so einfacher ist, da es bey Ihrer Nichtanwesenheit nicht einmal nach etwas Besonderem aussehen kann, wenn die Erscheinung erlassen wird. – Der diesen Rath gegeben hat, will zugleich selbst übernehmen, dieses Mitglied des Consist[oriums] auf solche fromme Weise zu bestechen: es versteht sich, daß man sich zu nichts anheischig machte, ehe man von ihm die gewisse Versicherung über ˹den Erfolg˺, – wo es nöthig sogar schriftlich – erhalten hätte.
Die Summe, die man es sich müßte kosten lassen, wäre ohngefähr 100. r. Caroline erbietet sich die Hälfte davon zu tragen. Geben Sie diesem Plan Ihre Beystimmung, so wird dann die Sache ohne weitern Aufschub vor sich gehen.

Was Ihre Beschwerde gegen Caro[line] | betrifft, so bin ich, insofern Sie sich auf das neulich beygelegte Schreiben beziehen, nicht im Stande sie anders, als nach meiner allgemeinen Kenntniß ihres Charakters, dem ich Absichten, die Sie ihr zuschreiben wollen, nicht zutraue, zu beurtheilen, indem ich jenes Schreiben wirklich nicht gelesen habe, und mir gern den Sinn hievon frey halte. Ich war um desto weniger fähig, Caro[line] die Äußerungen Ihres lezten Blattes oder dieses selbst mitzutheilen, da ich der Meynung bin, daß sie auf alle Weise geschont werden müsse. – Da Sie in Ihrem letzten Briefe so viel Zartheit äußern, selbst Büchlern aus dem Grunde schonen zu wollen, weil Auguste eine Art von Zutrauen gegen ihn gehabt ˹hat˺, so dünkt | mich, daß Sie den dringendsten Grund haben, diese Gesinnung vor allem Augustens Mutter zu beweisen, der Einzigen, an der sie auf Erden wahrhaft gehangen hat.
Ich mag nicht frühere Beweise davon berühren, und vergesse sie gerne: was aber den Fremden betrifft, der von Caro[line] selbst die Neuigkeit ihrer Scheidung gehört haben will, so sind das Gestänke, auf die man sich nicht weiter einlassen kann: haben Sie nur die Güte, diesen Cavalier zu nennen, damit ich in Stand gesetzt sey, Ihnen zu beweisen, daß er auch Carolinens Schwelle nicht betreten hat. Sonst möchte ich Sie noch bitten, mir nur die Eine Frage zu beantworten, wie man nur überhaupt dazu kommt, Ihnen solche Dinge zu erzählen und ˹ohne Sie, wie Sie von dem Fremden selbst sagen, genauer zu kennen, sie Ihnen˺ sogar in’s Gesicht | zu sagen, da gegen uns niemand eine solche Erwähnung wagt, und ob nicht Caroline eben hieraus einen weit gegründeteren Schluß auf die Öffentlichkeit Ihrer Äußerungen unfreundlicher Gesinnungen gegen sie ziehen könnte, wenn sie sich hieraus überhaupt so viel machte.
Was mich betrifft, so dürfen Sie nur wollen, um sich von der Aufrichtigkeit meiner Gesinnungen, und meiner innigen Anhänglichkeit ˹an Sie˺ zu überzeugen. Seyen Sie nur immer offen gegen mich, und sehen Sie ein, daß all<es,> was auf Caro[line] Beziehung hat, dieselbe auch auf mich hat, indem ich keinen Gedanken in mir habe, in dem ich mich als getrennt von ihr denken könnte. – Dann sehe ich nirgends eine Veranlassung unsrer Entzweyung.
Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, und leben Sie recht wohl.
Schelling.
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