• Friederike Helene Unger to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Coppet · Date: 17.03.1810
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friederike Helene Unger
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 17.03.1810
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-9
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,IV,e,22
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,3 x 11,7 cm
  • Incipit: „[1] Berlin d. 17. März 1810.
    Meine Saumseeligkeit Ihnen mein stets geehrter Freund zu antworten, kann Ihnen von meiner Bereitwilligkeit Ihnen [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Berlin d. 17. März 1810.
Meine Saumseeligkeit Ihnen mein stets geehrter Freund zu antworten, kann Ihnen von meiner Bereitwilligkeit Ihnen gefällig zu sein, keinen vortheilhaften Begrif geben. Aber, wie haben Andre mich warten lassen! wie hat der herzlose Bernhardy mich recht maliciös hingehalten! nur vor wenigen Tagen erst, erhielt ich einen Korb voll Scripturen, bei welchen jedoch die Briefe auf welche Sie einen Werth legen, zu fehlen scheinen, ob schon ich nicht indiscret die Päckchen durchspähe. Indes hat Bernhardy mir wissen lassen, daß er nun kein Blatt Papier mehr in Händen habe, daß Ihnen mein Freund angehöre. So muß ich dem Unholde ja wohl glauben. Ich lege die Berechnung des Doc. Neubert der alles auch den Catalog besorgte, bei, und werde nun mit den ersten Fuhrmann, das Kästlein mit den Sachen an Sie abschiken: vieleicht daß ich einiges von meinem eignen Schnik für Sie beilege. Vieleicht auch ein Buch, in Génève abzugeben: was Sie mir aber nicht verliehren müssen, wie einst den Brief für Madme de Morand. Nach Ihrer Anweisung mein geehrter Freund, habe ich an Tiek, nach München schon längst geschrieben ihn auch wie er selbst wünschte, einen Theil vom Don quichotte den er umzuändern wünscht, und ich in der Ostermesse nun wollte [2] erscheinen lassen; aber Tiek ist stumm wie ein Fisch: wie ists doch so übel, mit dem ambulanten Völklein zu schaffen zu haben, daß zwischen Süddeutschland, Italien und die Schweitz herum voltigirt! wie erschwert das den litterarischen Verkehr! Wo sie finden? wie, sie beiden? husch sind sie wieder fort: bleiben nicht an einem Ort. –
So mein verehrter Freund A. W. Schlegel! ach wohin haben meine Briefe ihn schon folgen müssen! und wie vergebens! schon ist wieder eine Leipziger Messe vor der Thür, und kein – Sie wissen ja wohl – da Sies nicht gern nennen hören. Lassen Sie mich immer ein wenig Raum zu schimpfen und zu schelten: es erleichtert das Herz, und Ihnen schadet es nicht. Es ist freilich nicht zu verwundern wenn dieses Kindlein, daß so groß und kräftig ist, eine schwere Geburt ist wird: indeß gehen Menschen doch nur 9. Monat: die längre Zeit, Sie wissen welchen Wesen die Natur, diese zuließ. Es gehen Elephanten dann hervor, aber auch mit Ehren zu melden Eselein & sw. Jezt schelten Sie mich: ich ward ungezogen und will es nicht mehr sein; indem ich nur freundlichst bitte und erinnre. Ach! wenn [3] die Vöglein sich so im Guten jeglicher Art sättigen, singen sie wenig. Und singen die Dichter nicht, und fliegen von einem Zweiglein zum andern; gleich den lieben Vöglin? Eben fällt mirs ein, daß Sie ein Niebelungen zu haben wünschten? wüßte ich, daß Sies noch wünschen? lege ich Ihnen eine bei. An einer zweiten Ausgabe ist noch nicht zu gedenken, dies genre findet bei weitem nicht den Beifall, den das litterarische Häuflein erwartete. ob schon in Jena von Prof: Luden, und in Halle vom Prof: ich weiß nicht wen? darüber gelesen ist.
Daß Berlin eine Universität bekommt, wissen Sie? schon lesen Fichte, Hufeland, und andre Wolf der Philologe aus Halle. Das große Heinrichsche Pallais, ist zum Universitäts Gebäude bestimmt. Große Musäen & Odäien werden angeschaft. Eya! Eya! bekommen Sie nicht Lust? – Woltmann ist noch in seinen diplomatischen Posten, und treibt am Hofe herum. Er hat über Johannis von Müller ein sehr gutes Buch, und eines über die neue Organisation des Preuß. Staates geschrieben was von Staatsmännern sehr beachtet wird. schade, wenn ein so guter Genius in Fett ersticken sollte! Seine Frau ist auch Schriftstellerin; freilich keine Stael aber [4] doch rege bunte Phantasie, und sonst ein herrliches Weibchen. Ich wünsche Ihnen desgleichen.
– Leben Sie wohl und gedenken, freundlichst Ihrer Ihnen aufrichtig ergebnen
Unger
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[1] Berlin d. 17. März 1810.
Meine Saumseeligkeit Ihnen mein stets geehrter Freund zu antworten, kann Ihnen von meiner Bereitwilligkeit Ihnen gefällig zu sein, keinen vortheilhaften Begrif geben. Aber, wie haben Andre mich warten lassen! wie hat der herzlose Bernhardy mich recht maliciös hingehalten! nur vor wenigen Tagen erst, erhielt ich einen Korb voll Scripturen, bei welchen jedoch die Briefe auf welche Sie einen Werth legen, zu fehlen scheinen, ob schon ich nicht indiscret die Päckchen durchspähe. Indes hat Bernhardy mir wissen lassen, daß er nun kein Blatt Papier mehr in Händen habe, daß Ihnen mein Freund angehöre. So muß ich dem Unholde ja wohl glauben. Ich lege die Berechnung des Doc. Neubert der alles auch den Catalog besorgte, bei, und werde nun mit den ersten Fuhrmann, das Kästlein mit den Sachen an Sie abschiken: vieleicht daß ich einiges von meinem eignen Schnik für Sie beilege. Vieleicht auch ein Buch, in Génève abzugeben: was Sie mir aber nicht verliehren müssen, wie einst den Brief für Madme de Morand. Nach Ihrer Anweisung mein geehrter Freund, habe ich an Tiek, nach München schon längst geschrieben ihn auch wie er selbst wünschte, einen Theil vom Don quichotte den er umzuändern wünscht, und ich in der Ostermesse nun wollte [2] erscheinen lassen; aber Tiek ist stumm wie ein Fisch: wie ists doch so übel, mit dem ambulanten Völklein zu schaffen zu haben, daß zwischen Süddeutschland, Italien und die Schweitz herum voltigirt! wie erschwert das den litterarischen Verkehr! Wo sie finden? wie, sie beiden? husch sind sie wieder fort: bleiben nicht an einem Ort. –
So mein verehrter Freund A. W. Schlegel! ach wohin haben meine Briefe ihn schon folgen müssen! und wie vergebens! schon ist wieder eine Leipziger Messe vor der Thür, und kein – Sie wissen ja wohl – da Sies nicht gern nennen hören. Lassen Sie mich immer ein wenig Raum zu schimpfen und zu schelten: es erleichtert das Herz, und Ihnen schadet es nicht. Es ist freilich nicht zu verwundern wenn dieses Kindlein, daß so groß und kräftig ist, eine schwere Geburt ist wird: indeß gehen Menschen doch nur 9. Monat: die längre Zeit, Sie wissen welchen Wesen die Natur, diese zuließ. Es gehen Elephanten dann hervor, aber auch mit Ehren zu melden Eselein & sw. Jezt schelten Sie mich: ich ward ungezogen und will es nicht mehr sein; indem ich nur freundlichst bitte und erinnre. Ach! wenn [3] die Vöglein sich so im Guten jeglicher Art sättigen, singen sie wenig. Und singen die Dichter nicht, und fliegen von einem Zweiglein zum andern; gleich den lieben Vöglin? Eben fällt mirs ein, daß Sie ein Niebelungen zu haben wünschten? wüßte ich, daß Sies noch wünschen? lege ich Ihnen eine bei. An einer zweiten Ausgabe ist noch nicht zu gedenken, dies genre findet bei weitem nicht den Beifall, den das litterarische Häuflein erwartete. ob schon in Jena von Prof: Luden, und in Halle vom Prof: ich weiß nicht wen? darüber gelesen ist.
Daß Berlin eine Universität bekommt, wissen Sie? schon lesen Fichte, Hufeland, und andre Wolf der Philologe aus Halle. Das große Heinrichsche Pallais, ist zum Universitäts Gebäude bestimmt. Große Musäen & Odäien werden angeschaft. Eya! Eya! bekommen Sie nicht Lust? – Woltmann ist noch in seinen diplomatischen Posten, und treibt am Hofe herum. Er hat über Johannis von Müller ein sehr gutes Buch, und eines über die neue Organisation des Preuß. Staates geschrieben was von Staatsmännern sehr beachtet wird. schade, wenn ein so guter Genius in Fett ersticken sollte! Seine Frau ist auch Schriftstellerin; freilich keine Stael aber [4] doch rege bunte Phantasie, und sonst ein herrliches Weibchen. Ich wünsche Ihnen desgleichen.
– Leben Sie wohl und gedenken, freundlichst Ihrer Ihnen aufrichtig ergebnen
Unger
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