• Ludwig Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Jena · Date: [September 1801]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Ludwig Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Jena
  • Date: [September 1801]
  • Notations: Datum erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 87‒89.
  • Incipit: „[1] [Dresden, September 1801]
    Lieber Freund,
    Diesmal habe ich dir hinreichende Ursache gegeben, böse zu sein, und du bist es auch. Wir haben [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36934
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.28,Nr.74
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 22,6 x 19 cm
    Language
  • German
[1] [Dresden, September 1801]
Lieber Freund,
Diesmal habe ich dir hinreichende Ursache gegeben, böse zu sein, und du bist es auch. Wir haben uns gegenseitig so verstimmt, daß ich vor Wehmuth nicht habe zum Schreiben kommen können, und es so von einem Tage zum andern aufgeschoben. Ich weiß nicht mehr zu schreiben, weil ich habe sehn müssen, wie du jedes Wort in meinen Briefen in einem andern Sinne genommen hast, wie ich dich beleidigt, ohne daran zu denken, und gewiß hat manches in deinen Briefen eben so auf mich gewirkt, wo du nichts Arges wolltest. Vergieb mir, wo ich dich irgend gekränkt habe, ich verspreche dir das Gleiche, und so wollen wir alles der Vergessenheit übergeben. Ich sehe das böse Prinzip darinn, das uns vom guten abwenden will, laß uns gegen alle diese Versuche arbeiten, daß es ihm nicht gelingt. Mich haben alle diese Zeit her verschiedene Dinge bekümmert, und mehr als eine Ursach hat mich traurig gemacht, daher habe ich die Lust an vielen Dingen verlohren, deine Briefe, kann ich gestehn, haben mich so verstimmt, wie nur wenig in der Welt es wird im Stande sein, und daraus habe ich gesehn, wie sehr ich dich liebe, darum laß nun alles Mißverständniß aufgehoben sein. [2] Nur noch über meinen neulichsten Brief. In deiner Verweigerung des Hardenbergschen Buchs sah ich nur die Widerwärtigkeit gegen mich, die ich in deinen vorigen Briefen fand, darum kränkte es mich, und ich schrieb dir so; du hast auch dies viel schlimmer genommen, und ich muß fast dergleichen von diesem Briefe auch befürchten. Laß es nun gut sein. –
Ich schicke hier das Manuskript zurück, es kann von keinem andern als Bernhardi sein, auch ich sehe es daran, daß es gut angelegt ist, zu weitschweifig wird, in die Manier fällt, und unbedeutend endigt. Ich habe nichts dagegen, daß es in den Almanach kommt, spar es zulezt; mit der nächsten Post denke ich dir noch einige Gedichte von mir zu schicken, wenn noch Platz übrig ist, denn nach meiner Berechnung muß das Manuskript schon hinreichend sein. Ich danke dir für die Mittheilung der Aushänge Bogen; die Romanze hättest du mich nur sollen abschreiben lassen, denn ich habe nun bedeutende Fehler gefunden, die sich freilich jezt nicht mehr bessern lassen, darum laß es nur, wie es steht, wollte man so bedeutende Druckfehler anzeigen, so würde das übel aussehn.
P. 3 heißt in meinem Manuskript die 2te Strophe:
[3] Wie die Nacht bald leuchtʼt, bald dämmert,
Schauernd in dem Wolkenzuge,
Ist sie wie ein tiefes Auge,
Das der Erbfeind etc. – Wie es gedruckt steht, ist es dunkel und zugleich sehr schwach. –
P. 4 heißt die 4te Strophe:
Denkt den Vater, denkt Mariam,
Unsrer ewgen Liebe Mutter,
Diese Liebe ist natürlich Christus, sonst fehlt auch eine Person der Dreifaltigkeit.
In der folgenden muß es heissen: Daß wir leben, sind wir Sünder etc. – Lieben giebt keinen Sinn: Du nimmst es sonst so genau, und hast dich an diesen Fehlern des Sinnes nicht gestossen.
P. 7 steht in der 3ten Strophe Licht und Liebe, wo ich schrieb Furcht und Liebe, (Gottesfurcht) dies geht aber an.
P. 11 ist nach der 3ten Strophe folgende ganz ausgelassen:
Wie wir älter, innger waren,
Nannte er mich seinen Bruder,
Und gelobte, wann er stürbe,
Mir zu geben seine Burgen.
Nahm ich freundlich etc.
Vielleicht hast du dies aber auch mit Willen gethan, ob ich gleich [4] finde, daß der Gang des Gedichtes etwas dadurch unterbrochen wird. –
P. 15 hätte man setzen können:
Alles Glück der ganzen Erde
War vergraben, wie im Schutte.
Aber, wie gesagt, laß nur alles, es macht sonst so viele Umstände, sei auch so gut, mir die fortgesezten Bogen zu schicken. Grüsse Friedrich, ich habe ihm so viel zu schreiben, daß ich darum noch gar nicht habe anfangen mögen, doch denke ich mit der nächsten Post es zu thun. Willst du wohl so gut sein, dies Blättchen meinem Bruder zu geben: vielleicht ist er schon da, wenigstens kommt er gewiß.
Lebe recht wohl, laß uns wieder sein, wie ehemals.
Der Deinige
L. Tieck.
P. S. – Nur wegen einer Nebensache. – Es versteht sich, daß du für Schütz kein Honorar berechnest, Süwern will auch nur ein Exemplar. – Du hättest S[chützens] Nahmen ganz ausdrukken sollen. Adieu.
[1] [Dresden, September 1801]
Lieber Freund,
Diesmal habe ich dir hinreichende Ursache gegeben, böse zu sein, und du bist es auch. Wir haben uns gegenseitig so verstimmt, daß ich vor Wehmuth nicht habe zum Schreiben kommen können, und es so von einem Tage zum andern aufgeschoben. Ich weiß nicht mehr zu schreiben, weil ich habe sehn müssen, wie du jedes Wort in meinen Briefen in einem andern Sinne genommen hast, wie ich dich beleidigt, ohne daran zu denken, und gewiß hat manches in deinen Briefen eben so auf mich gewirkt, wo du nichts Arges wolltest. Vergieb mir, wo ich dich irgend gekränkt habe, ich verspreche dir das Gleiche, und so wollen wir alles der Vergessenheit übergeben. Ich sehe das böse Prinzip darinn, das uns vom guten abwenden will, laß uns gegen alle diese Versuche arbeiten, daß es ihm nicht gelingt. Mich haben alle diese Zeit her verschiedene Dinge bekümmert, und mehr als eine Ursach hat mich traurig gemacht, daher habe ich die Lust an vielen Dingen verlohren, deine Briefe, kann ich gestehn, haben mich so verstimmt, wie nur wenig in der Welt es wird im Stande sein, und daraus habe ich gesehn, wie sehr ich dich liebe, darum laß nun alles Mißverständniß aufgehoben sein. [2] Nur noch über meinen neulichsten Brief. In deiner Verweigerung des Hardenbergschen Buchs sah ich nur die Widerwärtigkeit gegen mich, die ich in deinen vorigen Briefen fand, darum kränkte es mich, und ich schrieb dir so; du hast auch dies viel schlimmer genommen, und ich muß fast dergleichen von diesem Briefe auch befürchten. Laß es nun gut sein. –
Ich schicke hier das Manuskript zurück, es kann von keinem andern als Bernhardi sein, auch ich sehe es daran, daß es gut angelegt ist, zu weitschweifig wird, in die Manier fällt, und unbedeutend endigt. Ich habe nichts dagegen, daß es in den Almanach kommt, spar es zulezt; mit der nächsten Post denke ich dir noch einige Gedichte von mir zu schicken, wenn noch Platz übrig ist, denn nach meiner Berechnung muß das Manuskript schon hinreichend sein. Ich danke dir für die Mittheilung der Aushänge Bogen; die Romanze hättest du mich nur sollen abschreiben lassen, denn ich habe nun bedeutende Fehler gefunden, die sich freilich jezt nicht mehr bessern lassen, darum laß es nur, wie es steht, wollte man so bedeutende Druckfehler anzeigen, so würde das übel aussehn.
P. 3 heißt in meinem Manuskript die 2te Strophe:
[3] Wie die Nacht bald leuchtʼt, bald dämmert,
Schauernd in dem Wolkenzuge,
Ist sie wie ein tiefes Auge,
Das der Erbfeind etc. – Wie es gedruckt steht, ist es dunkel und zugleich sehr schwach. –
P. 4 heißt die 4te Strophe:
Denkt den Vater, denkt Mariam,
Unsrer ewgen Liebe Mutter,
Diese Liebe ist natürlich Christus, sonst fehlt auch eine Person der Dreifaltigkeit.
In der folgenden muß es heissen: Daß wir leben, sind wir Sünder etc. – Lieben giebt keinen Sinn: Du nimmst es sonst so genau, und hast dich an diesen Fehlern des Sinnes nicht gestossen.
P. 7 steht in der 3ten Strophe Licht und Liebe, wo ich schrieb Furcht und Liebe, (Gottesfurcht) dies geht aber an.
P. 11 ist nach der 3ten Strophe folgende ganz ausgelassen:
Wie wir älter, innger waren,
Nannte er mich seinen Bruder,
Und gelobte, wann er stürbe,
Mir zu geben seine Burgen.
Nahm ich freundlich etc.
Vielleicht hast du dies aber auch mit Willen gethan, ob ich gleich [4] finde, daß der Gang des Gedichtes etwas dadurch unterbrochen wird. –
P. 15 hätte man setzen können:
Alles Glück der ganzen Erde
War vergraben, wie im Schutte.
Aber, wie gesagt, laß nur alles, es macht sonst so viele Umstände, sei auch so gut, mir die fortgesezten Bogen zu schicken. Grüsse Friedrich, ich habe ihm so viel zu schreiben, daß ich darum noch gar nicht habe anfangen mögen, doch denke ich mit der nächsten Post es zu thun. Willst du wohl so gut sein, dies Blättchen meinem Bruder zu geben: vielleicht ist er schon da, wenigstens kommt er gewiß.
Lebe recht wohl, laß uns wieder sein, wie ehemals.
Der Deinige
L. Tieck.
P. S. – Nur wegen einer Nebensache. – Es versteht sich, daß du für Schütz kein Honorar berechnest, Süwern will auch nur ein Exemplar. – Du hättest S[chützens] Nahmen ganz ausdrukken sollen. Adieu.
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