• Ludwig Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Unknown · Date: [September 1801]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Ludwig Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: [September 1801]
  • Notations: Datum erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 92‒94.
  • Incipit: „[1] [Dresden, September 1801]
    Lieber Freund,
    Ich danke für die erhaltenen Aushängebogen, und habe mich sehr an der Durchlesung gefreut. Es sind nur [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36934
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.28,Nr.73
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,3 cm
    Language
  • German
[1] [Dresden, September 1801]
Lieber Freund,
Ich danke für die erhaltenen Aushängebogen, und habe mich sehr an der Durchlesung gefreut. Es sind nur noch so wenige Gedichte von dir, sie werden zu sehr an einer Stelle stehn. – Für die Mühe der Correkturen bin ich Dir den grösten Dank schuldig, ich erkenne sie gewiß, meine Anzeige der Fehler sollte auch gar kein Vorwurf sein, denn kein andrer als ich, konnte gewiß die Handschrift lesen, es thut auch nichts. Die Strofe aber, die ausgelassene, steht ganz gewiß da, darauf kannst du dich verlassen. Die Stelle, die du nicht verstehst, meinte ich so:
Daß wir leben, sind wir Sünder,
In dem Tod die Lilienblume.

Nehmlich, dadurch, daß wir leben, sind wir schon Sünder, nichts kann uns retten, und nur im Tode können wir die Unschuld, das Paradies, christlich [2] ausgedrückt die Lilie, wiederfinden. Es ist etwas hart, aber nicht undeutsch, ich habe es in den Alten oft so gefunden. – Das Gedicht von meiner Schwester schicke ich dir nicht, weil ich es für zu wenig gelungen halte. – Ueber Hardenberg kann ich nichts niederschreiben. Thu es, oder ersuche Friedrich darum; ich sehe auch die Nothwendigkeit davon nicht ein, die Gedichte sprechen für sich selbst, und sind jedem verständlich; aber bei dem Pfarrer hätte ich wohl eine Anmerkung gewünscht.
Was ich gemacht habe? Ich will dir hier einen Theil einer Comödie schicken, die fertig ist, und die ich nur noch abschreiben muß, wozu ich noch keine Zeit habe finden können. Du siehst, daß ich anfange, für meine Werke sorgsamer zu werden, vielleicht in demselben Masse, als sie schlechter werden. Ich will auch, wie ich es abschreibe, die Abschrift mittheilen. Ich [3] bitte dich, es auch Friedrich zu geben, und daß ihr mir beide eure aufrichtige Meinung darüber sagt, und ob es sich der Mühe verlohnt, daß es gedruckt werde. Um es ganz zu verstehn, mußt du wissen, daß ich das Lustspiel erst als Taschenbuch geben wollte, für Freunde des Scherzes und der Satire, gerade wie Falk, indessen, wie ich vorhersah, war es dem Bücherhändler, als er das Manuscript [sah], nicht recht, und er fing Händel mit mir darüber an, und es war mir nachher lieb, daß ich mit Falk nicht in Reih und Glied dadurch kam.
und das lehrʼ uns,
Daß eine Gottheit unsre Zwecke formt,
Wie wir sie auch entwerfen.
Die Zahlen, die du antriffst, beziehen sich auf einige Anmerkungen, die hinten folgen sollten. – Meinst du, [4] daß Frommann etwa Lust oder Muth hätte, es zu verlegen, so könntest du es ihm wohl zeigen, oder ein andrer dort, denn hier in Sachsen ist wegen der Censur an keinen Druck zu denken; die folgenden Akte sind noch schlimmer als der Anfang.
Grüsse Friedrich und möchte es auch nur etwas Vergnügen machen.
Doch sende ich dir dies nicht ohne Eigennutz. Ich habe eine rechte Sehnsucht nach dem Tristan, wenn du mich liebst, so schicke mir eine Abschrift davon, wenn auch nur deine erste, ich will es mir hier abschreiben lassen, und du kannst es bald wieder erhalten. Aber laß mich nicht vergeblich bitten, das Gedicht ist mir immer wieder beigefallen, und du solltest fortfahren. Hast du noch etwas andres gemacht, wie ich aus einem deiner Briefe schliessen muß, und du willst es mir mittheilen, so ist es mir um so erfreulicher. Du würdest mich recht damit erquicken.
Daß du keinem dummen Teufel den dummen Teufel zeigen must, versteht sich von selbst.
Der deinige.
L. T.
[1] [Dresden, September 1801]
Lieber Freund,
Ich danke für die erhaltenen Aushängebogen, und habe mich sehr an der Durchlesung gefreut. Es sind nur noch so wenige Gedichte von dir, sie werden zu sehr an einer Stelle stehn. – Für die Mühe der Correkturen bin ich Dir den grösten Dank schuldig, ich erkenne sie gewiß, meine Anzeige der Fehler sollte auch gar kein Vorwurf sein, denn kein andrer als ich, konnte gewiß die Handschrift lesen, es thut auch nichts. Die Strofe aber, die ausgelassene, steht ganz gewiß da, darauf kannst du dich verlassen. Die Stelle, die du nicht verstehst, meinte ich so:
Daß wir leben, sind wir Sünder,
In dem Tod die Lilienblume.

Nehmlich, dadurch, daß wir leben, sind wir schon Sünder, nichts kann uns retten, und nur im Tode können wir die Unschuld, das Paradies, christlich [2] ausgedrückt die Lilie, wiederfinden. Es ist etwas hart, aber nicht undeutsch, ich habe es in den Alten oft so gefunden. – Das Gedicht von meiner Schwester schicke ich dir nicht, weil ich es für zu wenig gelungen halte. – Ueber Hardenberg kann ich nichts niederschreiben. Thu es, oder ersuche Friedrich darum; ich sehe auch die Nothwendigkeit davon nicht ein, die Gedichte sprechen für sich selbst, und sind jedem verständlich; aber bei dem Pfarrer hätte ich wohl eine Anmerkung gewünscht.
Was ich gemacht habe? Ich will dir hier einen Theil einer Comödie schicken, die fertig ist, und die ich nur noch abschreiben muß, wozu ich noch keine Zeit habe finden können. Du siehst, daß ich anfange, für meine Werke sorgsamer zu werden, vielleicht in demselben Masse, als sie schlechter werden. Ich will auch, wie ich es abschreibe, die Abschrift mittheilen. Ich [3] bitte dich, es auch Friedrich zu geben, und daß ihr mir beide eure aufrichtige Meinung darüber sagt, und ob es sich der Mühe verlohnt, daß es gedruckt werde. Um es ganz zu verstehn, mußt du wissen, daß ich das Lustspiel erst als Taschenbuch geben wollte, für Freunde des Scherzes und der Satire, gerade wie Falk, indessen, wie ich vorhersah, war es dem Bücherhändler, als er das Manuscript [sah], nicht recht, und er fing Händel mit mir darüber an, und es war mir nachher lieb, daß ich mit Falk nicht in Reih und Glied dadurch kam.
und das lehrʼ uns,
Daß eine Gottheit unsre Zwecke formt,
Wie wir sie auch entwerfen.
Die Zahlen, die du antriffst, beziehen sich auf einige Anmerkungen, die hinten folgen sollten. – Meinst du, [4] daß Frommann etwa Lust oder Muth hätte, es zu verlegen, so könntest du es ihm wohl zeigen, oder ein andrer dort, denn hier in Sachsen ist wegen der Censur an keinen Druck zu denken; die folgenden Akte sind noch schlimmer als der Anfang.
Grüsse Friedrich und möchte es auch nur etwas Vergnügen machen.
Doch sende ich dir dies nicht ohne Eigennutz. Ich habe eine rechte Sehnsucht nach dem Tristan, wenn du mich liebst, so schicke mir eine Abschrift davon, wenn auch nur deine erste, ich will es mir hier abschreiben lassen, und du kannst es bald wieder erhalten. Aber laß mich nicht vergeblich bitten, das Gedicht ist mir immer wieder beigefallen, und du solltest fortfahren. Hast du noch etwas andres gemacht, wie ich aus einem deiner Briefe schliessen muß, und du willst es mir mittheilen, so ist es mir um so erfreulicher. Du würdest mich recht damit erquicken.
Daß du keinem dummen Teufel den dummen Teufel zeigen must, versteht sich von selbst.
Der deinige.
L. T.
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