• August Wilhelm von Schlegel to Anne Louise Germaine de Staël-Holstein

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Unknown · Date: 10.11.1806
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Anne Louise Germaine de Staël-Holstein
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 10.11.1806
  • Notations: Aus rechtlichen Gründen wird vorerst die deutsche Übersetzung angezeigt.
    Printed Text
  • Bibliography: Pange, Pauline de: August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël. Eine schicksalhafte Begegnung. Nach unveröffentlichten Briefen erzählt von Pauline Gräfin de Pange. Dt. Ausg. von Willy Grabert. Hamburg 1940, S. 132–133.
  • Incipit: „[Paris] Montag abend, den 10. November [1806]
    Bei meiner Rückkehr finde ich soeben Ihren liebenswürdigen Brief von gestern vor, den ich mit [...]“
    Language
  • German
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 329]/version-01-20/letters/view/11974" data-language="">
[Paris] Montag abend, den 10. November [1806]
Bei meiner Rückkehr finde ich soeben Ihren liebenswürdigen Brief von gestern vor, den ich mit großer Ungeduld erwartete. Er hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich fürchtete schon, Sie hätten mich vergessen und würden am Donnerstag über meine Rückkehr sehr erstaunt sein. Wenn Sie nicht schon früher von mir gehört haben, so lag das nicht an mir: ich glaubte, daß ein langer Brief, den August mit mir zusammen sorgsam und sehr früh an die Provinzpost gebracht hat, früher ankommen würde als er. Aber augenscheinlich ist dieser Brief unterwegs liegen geblieben. Ich wundere mich nur, daß August Ihnen davon nichts gesagt hat. Ein zweiter Brief von mir ging am Sonntag früh ab. Dies ist also der dritte und letzte, denn am Sonntag werde ich an Stelle eines Briefes selber erscheinen, zwar in dem etwas engen Umschlag der Postkutsche, aber froh von Ihnen geöffnet und gelesen zu werden. Sie wissen, meine liebe Freundin, ich bin ein offenes Buch. Wenn Sie darin etwas Neues und Originelles finden, so liegt das daran, daß Sie es verstehen, anders zu lesen als die anderen. Ich habe weder Hoch[et] noch Frau Récamier, die vom Lande zurück ist, getroffen. Wie man mir sagte, war sie unpäßlich. Ich hoffe, sie beide noch vor meiner Abfahrt zu sehen. Herr Fould hat mir die Anweisung ausgezahlt; er hat sich eingehend nach Ihrem Befinden erkundigt.
Der Tag verläuft hier ziemlich gleichmäßig: morgens mache ich einige notwendige Besorgungen und Besuche, dann kommen die Sehenswürdigkeiten an die Reihe, die Museen, die Salons, die Bibliotheken u.s.w.... Beim Essen sind wir eine geschlossene Gesellschaft von fünf Deutschen. Nach dem Essen gehe ich ins Theater, nach dem Theater heim. Ich habe meine Pflicht gegen das Théâtre Français voll und ganz erfüllt. Dreimal war ich dort und hatte das Glück, den Manlius zu sehen. Ich muß nur noch die Mademoiselle Georges sehen. Von meinem Bruder kann man wirklich nicht sagen, daß er sich von dem Trubel mitreißen läßt. Ich habe ihn nur ein einziges Mal bereden können, mit ins Theater zu gehen. Nach meiner Abreise wird er mit dem Studium seiner Handschriften beginnen und später auf dem Lande damit fortfahren, doch will er gleichzeitig versuchen, zu den Annehmlichkeiten unserer kleinen Gesellschaft das Seinige beizutragen.
Heute früh war ich auf der Bibliothek. Dort sind zwei Deutsche angestellt, die denkbar höflich zu mir waren. Chézy und Langlès haben mich sehr verbindlich empfangen. Lebten wir in Paris, so würde ich mich dort vergraben. Allerdings würde ich nicht die herrliche Muße haben wie in Rouen, wo man kein Buch bekommen kann.
Gute Nacht! Es ist schon sehr spät. Ich gebe auf meine Fahrkarte für die Eilpost am Donnerstag gut acht und werde die ganze Nacht aufbleiben, um die Abfahrt nicht zu versäumen. Leben Sie wohl, liebe Freundin und Beschützerin, bis auf Wiedersehen! Viele Empfehlungen an Herrn Constant und die jüngeren Familienmitglieder.
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 411]/version-01-20/letters/view/11974" data-language="">
[Paris] Montag abend, den 10. November [1806]
Bei meiner Rückkehr finde ich soeben Ihren liebenswürdigen Brief von gestern vor, den ich mit großer Ungeduld erwartete. Er hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich fürchtete schon, Sie hätten mich vergessen und würden am Donnerstag über meine Rückkehr sehr erstaunt sein. Wenn Sie nicht schon früher von mir gehört haben, so lag das nicht an mir: ich glaubte, daß ein langer Brief, den August mit mir zusammen sorgsam und sehr früh an die Provinzpost gebracht hat, früher ankommen würde als er. Aber augenscheinlich ist dieser Brief unterwegs liegen geblieben. Ich wundere mich nur, daß August Ihnen davon nichts gesagt hat. Ein zweiter Brief von mir ging am Sonntag früh ab. Dies ist also der dritte und letzte, denn am Sonntag werde ich an Stelle eines Briefes selber erscheinen, zwar in dem etwas engen Umschlag der Postkutsche, aber froh von Ihnen geöffnet und gelesen zu werden. Sie wissen, meine liebe Freundin, ich bin ein offenes Buch. Wenn Sie darin etwas Neues und Originelles finden, so liegt das daran, daß Sie es verstehen, anders zu lesen als die anderen. Ich habe weder Hoch[et] noch Frau Récamier, die vom Lande zurück ist, getroffen. Wie man mir sagte, war sie unpäßlich. Ich hoffe, sie beide noch vor meiner Abfahrt zu sehen. Herr Fould hat mir die Anweisung ausgezahlt; er hat sich eingehend nach Ihrem Befinden erkundigt.
Der Tag verläuft hier ziemlich gleichmäßig: morgens mache ich einige notwendige Besorgungen und Besuche, dann kommen die Sehenswürdigkeiten an die Reihe, die Museen, die Salons, die Bibliotheken u.s.w.... Beim Essen sind wir eine geschlossene Gesellschaft von fünf Deutschen. Nach dem Essen gehe ich ins Theater, nach dem Theater heim. Ich habe meine Pflicht gegen das Théâtre Français voll und ganz erfüllt. Dreimal war ich dort und hatte das Glück, den Manlius zu sehen. Ich muß nur noch die Mademoiselle Georges sehen. Von meinem Bruder kann man wirklich nicht sagen, daß er sich von dem Trubel mitreißen läßt. Ich habe ihn nur ein einziges Mal bereden können, mit ins Theater zu gehen. Nach meiner Abreise wird er mit dem Studium seiner Handschriften beginnen und später auf dem Lande damit fortfahren, doch will er gleichzeitig versuchen, zu den Annehmlichkeiten unserer kleinen Gesellschaft das Seinige beizutragen.
Heute früh war ich auf der Bibliothek. Dort sind zwei Deutsche angestellt, die denkbar höflich zu mir waren. Chézy und Langlès haben mich sehr verbindlich empfangen. Lebten wir in Paris, so würde ich mich dort vergraben. Allerdings würde ich nicht die herrliche Muße haben wie in Rouen, wo man kein Buch bekommen kann.
Gute Nacht! Es ist schon sehr spät. Ich gebe auf meine Fahrkarte für die Eilpost am Donnerstag gut acht und werde die ganze Nacht aufbleiben, um die Abfahrt nicht zu versäumen. Leben Sie wohl, liebe Freundin und Beschützerin, bis auf Wiedersehen! Viele Empfehlungen an Herrn Constant und die jüngeren Familienmitglieder.
· Original , 10.11.1806
×
×