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Dies ist also der dritte und letzte, denn am Sonntag werde ich an Stelle eines Briefes selber erscheinen, zwar in dem etwas engen Umschlag der Postkutsche, aber froh von Ihnen geöffnet und gelesen zu werden. Sie wissen, meine liebe Freundin, ich bin ein offenes Buch. Wenn Sie darin etwas Neues und Originelles finden, so liegt das daran, daß Sie es verstehen, anders zu lesen als die anderen. Ich habe weder Hoch[et] noch Frau Récamier, die vom Lande zurück ist, getroffen. Wie man mir sagte, war sie unpäßlich. Ich hoffe, sie beide noch vor meiner Abfahrt zu sehen. Herr Fould hat mir die Anweisung ausgezahlt; er hat sich eingehend nach Ihrem Befinden erkundigt.<lb/>Der Tag verläuft hier ziemlich gleichmäßig: morgens mache ich einige notwendige Besorgungen und Besuche, dann kommen die Sehenswürdigkeiten an die Reihe, die Museen, die Salons, die Bibliotheken u.s.w.... Beim Essen sind wir eine geschlossene Gesellschaft von fünf Deutschen. Nach dem Essen gehe ich ins Theater, nach dem Theater heim. Ich habe meine Pflicht gegen das <hi rend="slant:italic">Théâtre Français </hi>voll und ganz erfüllt. Dreimal war ich dort und hatte das Glück, den <hi rend="slant:italic">Manlius</hi> zu sehen. Ich muß nur noch die Mademoiselle Georges sehen. Von meinem Bruder kann man wirklich nicht sagen, daß er sich von dem Trubel mitreißen läßt. Ich habe ihn nur ein einziges Mal bereden können, mit ins Theater zu gehen. Nach meiner Abreise wird er mit dem Studium seiner Handschriften beginnen und später auf dem Lande damit fortfahren, doch will er gleichzeitig versuchen, zu den Annehmlichkeiten unserer kleinen Gesellschaft das Seinige beizutragen.<lb/>Heute früh war ich auf der Bibliothek. Dort sind zwei Deutsche angestellt, die denkbar höflich zu mir waren. Chézy und Langlès haben mich sehr verbindlich empfangen. Lebten wir in Paris, so würde ich mich dort vergraben. Allerdings würde ich nicht die herrliche Muße haben wie in Rouen, wo man kein Buch bekommen kann.<lb/>Gute Nacht! Es ist schon sehr spät. Ich gebe auf meine Fahrkarte für die Eilpost am Donnerstag gut acht und werde die ganze Nacht aufbleiben, um die Abfahrt nicht zu versäumen. Leben Sie wohl, liebe Freundin und Beschützerin, bis auf Wiedersehen! 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Sie heiratete 1786 den schwedischen Diplomaten Erik Magnus von Staël-Holstein in Paris. Die Eheleute lebten von Anfang an getrennt. Zu ihren ersten Veröffentlichungen zählten die „Lettres sur les ecrits et le charactère de J.-J. Rousseau“, die 1788 erschienen. Neben der Tätigkeit als Schriftstellerin wurde Germaine de Staël-Holstein als einflussreiche Salonnière berühmt. Unter ihrem politischen Einfluss stand u.a. Benjamin Constant, mit dem sie eine langjährige Beziehung führte und der der Vater ihrer Tochter Albertine war. Ihr politischer Liberalismus und die Befürwortung einer konstitutionellen Monarchie führten 1792 zu ihrer Verbannung ins schweizerische Exil. Gemeinsam mit ihren Kindern bezog sie Schloss Coppet am Genfer See, das nun zum Treffpunkt Intellektueller und Künstler ganz Europas avancierte. Nur selten war der Schriftstellerin der Aufenthalt in Frankreich gestattet. Während ausgedehnter Reisen in den Folgejahren nach Deutschland (1803/04 und 1808) und Italien (1805) war sie zumeist in Begleitung ihres Freundes und Hauslehrers AWS sowie Benjamin Constants. Großen Erfolg hatte sie mit ihrem Werk „De LʼAllemagne“ (1810) sowie mit ihrem Roman „Corinne ou LʼItalie“ (1807) und politischen Schriften. Die Verfolgung durch die französische Regierung veranlasste Germaine de Staël-Holstein am 23. Mai 1812 zur Flucht über die Schweiz nach Österreich, Russland und schließlich Schweden. Anschließend hielten sie sich von 1813 bis 1814 in London auf. Nach der Rückkehr in die Schweiz heiratete de Staël-Holstein 1816 den Vater ihres jüngsten Kindes, John Rocca.', '39_quellen' => 'WBIS@http://db.saur.de/WBIS/basicSearch.jsf@D834-624-6@ extern@Roger Paulin: August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of Art and Poetry. Cambridge 2016.@ extern@Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Ges. u. erl. d. Josef Körner. 2. Bd. Die Erläuterungen. Zürich u.a. 1930, S. 121, 138. 138-139.@ extern@Hofmann, Etienne „Staël, Germaine de“, URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/f/F16051.php@ Wikipedia@http://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Louise_Germaine_de_Sta%C3%ABl@', '39_beziehung' => 'AWS machte gegen Ende des Jahres 1804 in Berlin die persönliche Bekanntschaft mit Germaine de Staël-Holstein. Als Hauslehrer ihrer Kinder gehörte er zum Coppeter Zirkel. Er begleitete Mme de Staël-Holstein auf ihren zahlreichen Reisen und war auch als ihr Berater im Hinblick auf die deutsche Literatur tätig; sein wichtiger Anteil an ihrem bedeutendsten Werk „De LʼAllemagne“ (1810) ist heute unbestritten. Auch Friedrich von Schlegel gehörte zu den zahlreichen Gästen auf Schloss Coppet. In Zeiten des politischen Umbruches begleitete AWS die Familie de Staël-Holstein durch Europa. Den Kindern Mme de Staël-Holsteins blieb AWS auch nach ihrem Tod verbunden. In ihrem Testament übertrug Germaine de Staël-Holstein die posthume Veröffentlichung ihrer „Considérations“ AWS.', '39_dbid' => '118616617', '39_status_person' => 'Vollständig', 'folders' => array( (int) 0 => 'Personen', (int) 1 => 'Personen' ), '_label' => '', '_descr' => '', '_model' => 'Person', '_model_title' => 'Person', '_model_titles' => 'People', '_url' => '' ) $version = 'version-01-20' $domain = 'https://august-wilhelm-schlegel.de' $url = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-01-20' $purl_web = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-01-20/letters/view/11974' $state = '15.01.2020' $citation = 'Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels [15.01.2020]; August Wilhelm von Schlegel an Anne Louise Germaine de Staël-Holstein; 10.11.1806' $lettermsg1 = 'August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz [Version-01-20]' $lettermsg2 = ' <a href="https://august-wilhelm-schlegel.de/version-01-20/letters/view/11974">https://august-wilhelm-schlegel.de/version-01-20/letters/view/11974</a>.' $changeLeit = array( (int) 0 => 'Pange', (int) 1 => ' Pauline de: August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël. 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[Paris] Montag abend, den 10. November [1806]
Bei meiner Rückkehr finde ich soeben Ihren liebenswürdigen Brief von gestern vor, den ich mit großer Ungeduld erwartete. Er hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich fürchtete schon, Sie hätten mich vergessen und würden am Donnerstag über meine Rückkehr sehr erstaunt sein. Wenn Sie nicht schon früher von mir gehört haben, so lag das nicht an mir: ich glaubte, daß ein langer Brief, den August mit mir zusammen sorgsam und sehr früh an die Provinzpost gebracht hat, früher ankommen würde als er. Aber augenscheinlich ist dieser Brief unterwegs liegen geblieben. Ich wundere mich nur, daß August Ihnen davon nichts gesagt hat. Ein zweiter Brief von mir ging am Sonntag früh ab. Dies ist also der dritte und letzte, denn am Sonntag werde ich an Stelle eines Briefes selber erscheinen, zwar in dem etwas engen Umschlag der Postkutsche, aber froh von Ihnen geöffnet und gelesen zu werden. Sie wissen, meine liebe Freundin, ich bin ein offenes Buch. Wenn Sie darin etwas Neues und Originelles finden, so liegt das daran, daß Sie es verstehen, anders zu lesen als die anderen. Ich habe weder Hoch[et] noch Frau Récamier, die vom Lande zurück ist, getroffen. Wie man mir sagte, war sie unpäßlich. Ich hoffe, sie beide noch vor meiner Abfahrt zu sehen. Herr Fould hat mir die Anweisung ausgezahlt; er hat sich eingehend nach Ihrem Befinden erkundigt.
Der Tag verläuft hier ziemlich gleichmäßig: morgens mache ich einige notwendige Besorgungen und Besuche, dann kommen die Sehenswürdigkeiten an die Reihe, die Museen, die Salons, die Bibliotheken u.s.w.... Beim Essen sind wir eine geschlossene Gesellschaft von fünf Deutschen. Nach dem Essen gehe ich ins Theater, nach dem Theater heim. Ich habe meine Pflicht gegen das Théâtre Français voll und ganz erfüllt. Dreimal war ich dort und hatte das Glück, den Manlius zu sehen. Ich muß nur noch die Mademoiselle Georges sehen. Von meinem Bruder kann man wirklich nicht sagen, daß er sich von dem Trubel mitreißen läßt. Ich habe ihn nur ein einziges Mal bereden können, mit ins Theater zu gehen. Nach meiner Abreise wird er mit dem Studium seiner Handschriften beginnen und später auf dem Lande damit fortfahren, doch will er gleichzeitig versuchen, zu den Annehmlichkeiten unserer kleinen Gesellschaft das Seinige beizutragen.
Heute früh war ich auf der Bibliothek. Dort sind zwei Deutsche angestellt, die denkbar höflich zu mir waren. Chézy und Langlès haben mich sehr verbindlich empfangen. Lebten wir in Paris, so würde ich mich dort vergraben. Allerdings würde ich nicht die herrliche Muße haben wie in Rouen, wo man kein Buch bekommen kann.
Gute Nacht! Es ist schon sehr spät. Ich gebe auf meine Fahrkarte für die Eilpost am Donnerstag gut acht und werde die ganze Nacht aufbleiben, um die Abfahrt nicht zu versäumen. Leben Sie wohl, liebe Freundin und Beschützerin, bis auf Wiedersehen! Viele Empfehlungen an Herrn Constant und die jüngeren Familienmitglieder.
Bei meiner Rückkehr finde ich soeben Ihren liebenswürdigen Brief von gestern vor, den ich mit großer Ungeduld erwartete. Er hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich fürchtete schon, Sie hätten mich vergessen und würden am Donnerstag über meine Rückkehr sehr erstaunt sein. Wenn Sie nicht schon früher von mir gehört haben, so lag das nicht an mir: ich glaubte, daß ein langer Brief, den August mit mir zusammen sorgsam und sehr früh an die Provinzpost gebracht hat, früher ankommen würde als er. Aber augenscheinlich ist dieser Brief unterwegs liegen geblieben. Ich wundere mich nur, daß August Ihnen davon nichts gesagt hat. Ein zweiter Brief von mir ging am Sonntag früh ab. Dies ist also der dritte und letzte, denn am Sonntag werde ich an Stelle eines Briefes selber erscheinen, zwar in dem etwas engen Umschlag der Postkutsche, aber froh von Ihnen geöffnet und gelesen zu werden. Sie wissen, meine liebe Freundin, ich bin ein offenes Buch. Wenn Sie darin etwas Neues und Originelles finden, so liegt das daran, daß Sie es verstehen, anders zu lesen als die anderen. Ich habe weder Hoch[et] noch Frau Récamier, die vom Lande zurück ist, getroffen. Wie man mir sagte, war sie unpäßlich. Ich hoffe, sie beide noch vor meiner Abfahrt zu sehen. Herr Fould hat mir die Anweisung ausgezahlt; er hat sich eingehend nach Ihrem Befinden erkundigt.
Der Tag verläuft hier ziemlich gleichmäßig: morgens mache ich einige notwendige Besorgungen und Besuche, dann kommen die Sehenswürdigkeiten an die Reihe, die Museen, die Salons, die Bibliotheken u.s.w.... Beim Essen sind wir eine geschlossene Gesellschaft von fünf Deutschen. Nach dem Essen gehe ich ins Theater, nach dem Theater heim. Ich habe meine Pflicht gegen das Théâtre Français voll und ganz erfüllt. Dreimal war ich dort und hatte das Glück, den Manlius zu sehen. Ich muß nur noch die Mademoiselle Georges sehen. Von meinem Bruder kann man wirklich nicht sagen, daß er sich von dem Trubel mitreißen läßt. Ich habe ihn nur ein einziges Mal bereden können, mit ins Theater zu gehen. Nach meiner Abreise wird er mit dem Studium seiner Handschriften beginnen und später auf dem Lande damit fortfahren, doch will er gleichzeitig versuchen, zu den Annehmlichkeiten unserer kleinen Gesellschaft das Seinige beizutragen.
Heute früh war ich auf der Bibliothek. Dort sind zwei Deutsche angestellt, die denkbar höflich zu mir waren. Chézy und Langlès haben mich sehr verbindlich empfangen. Lebten wir in Paris, so würde ich mich dort vergraben. Allerdings würde ich nicht die herrliche Muße haben wie in Rouen, wo man kein Buch bekommen kann.
Gute Nacht! Es ist schon sehr spät. Ich gebe auf meine Fahrkarte für die Eilpost am Donnerstag gut acht und werde die ganze Nacht aufbleiben, um die Abfahrt nicht zu versäumen. Leben Sie wohl, liebe Freundin und Beschützerin, bis auf Wiedersehen! Viele Empfehlungen an Herrn Constant und die jüngeren Familienmitglieder.
· Original , 10.11.1806