• Friedrich August Rosen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: London · Place of Destination: Bonn · Date: 14.01.1830
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich August Rosen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: London
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 14.01.1830
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-35028
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.18,Nr.114
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 25 x 20,3 cm
  • Incipit: „[1] London den 14ten Jan 1830.
    Hochzuverehrender Herr Professor!
    Vorgestern habe ich Ihr gütiges Schreiben vom 5ten d. M. empfangen, und beantworte [...]“
    Language
  • German
  • Sanskrit
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Hanneder, Jürgen
  • Varwig, Olivia
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[1] London den 14ten Jan 1830.
Hochzuverehrender Herr Professor!
Vorgestern habe ich Ihr gütiges Schreiben vom 5ten d. M. empfangen, und beantworte dasselbe gleich heute, um Ihnen wenigstens zu beweisen, daß ich gern die mir bisher zur Last fallende Nachlässigkeit in meiner Correspondenz einigermaaßen wieder gut machen möchte. Sie werden in der Zwischenzeit meinen Brief vom 31sten Decbr. und vielleicht auch von Hannover aus meine Auszüge aus den Commentaren zum Ramay̑ana erhalten haben, falls nicht der eingetretene starke Frost die Schiffahrt in der Elbe-Mündung zu sehr erschwert hat. – Ich habe, was die letzteren Mittheilungen betrifft, vertrauensvoll auf Ihre gütige Nachsicht gerechnet. Wo ich etwas in den Scholien nicht verstand, und wo es mir an Zeit fehlte, durch Combination den richtigen Sinn herauszubringen, habe ich mich begnügt, getreulich niederzuschreiben, was ich in den Handschriften fand.
yādṛśaṃ pustakaṃ dṛṣṭaṃ tādṛśaṃ likhitaṃ mayā |
yadi śuddham aśuddhaṃ vā mama doṣo na vidyate ||

Ich habe das Lateinische Alphabet so gebraucht, wie ich mich gewöhnlich bei meinen Abschriften für eignen Gebrauch desselben bediene; zb. Z für ca und Zh für cha; die Reihe der Lingualen Buchstaben u. s. w. bezeichne ich durch einen Punct unter der Linie; das palatale ś durch einen Accent ś; den kurzen Vocal durch ṛĭ, u. s. w.
Diesen Morgen habe ich auf dem Ostindischen Hause die Scholien zu der mir nachträglich von Ihnen bezeichneten Stelle nachgeschlagen. [2] (Ramay. Lib. I cap. 3. sl. 2) Folgendes ist Alles was das Ms. D. dazu bemerkt: udyogam evāha | upeti āzamyetyarthah | samyak smṛĭtyuktṿāzamanarītyāha idam anyeshām api prāpatyasampādakānām upalaxaṇam prāg agreshu darbheshu sthitrā dharmeṇa yogajena brahmaprasādarūpeṇa za gatim zāmādīnām zaritarūpam anveshate pratiyatneha paśyati. | B. hingegen sagt daß: upaspṛĭśyeti dharmeṇa zaturmukhaprasādarūpeṇa gatim rāmavrittam. Meine Zeit war zu beschränkt, und Herr Mickle zu beschäftigt, sonst würde ich gern im zweiten Bande von D die Parallelstelle Lib. II cap. CIV. sl. 8. nachgeschlagen haben. In B finden sich dazu keine Scholien.
Sir Al. Johnston ist noch in Schottland. So viel ich weiß befindet er und seine Familie sich wohl. – Es scheint gewiß, daß die Frage wegen der Ostindischen Compagnie schon in der nächsten Parlamentssitzung zur Sprache kommen wird. Mehrere interessante Flugschriften die sich darauf beziehen sind bereits erschienen. Ich werde die wichtigeren darunter für Sie sammeln. – Heute habe ich ein neues Werk gesehen, betiltelt: Hindu Law; principally with reference to such portion of it, as concern the administration of Justice in the Kingʼs Courts in India. By Sir Thos Strange, late Chief Justice of Madras. 2 Bände 8ov Gelesen habe ich davon gar Nichts; aber ein hübsches Motto aus Manus Gesetzen giebt mir eine günstige Meinung von der Gesinnung des Verfassers. – In näherer Beziehung zu den linguistisch-orientalischen Studien stehen einige neuerlich hier angekommene Werke die in Indien unter den Auspicien des Committee of Public Instruction gedruckt sind. Ich muß darunter vor Allem das Bhatti Kavya nennen, ein künstliches Gedicht [3] über die Thaten des Ramas. Es ist von einem doppelten Commentar begleitet in zwei starken Octav-Bänden gedruckt. Ich habe darin die Stelle nachgeschlagen, wo ich eine Beschreibung des der Geburt des Ramas vorangehenden Pferde-Opfers erwartete; es scheint aber, daß dieß so wie die ganze Jugend des Helden nur sehr kurz angedeutet ist. Soll ich Ihnen durch Treuttel Sohn und Richter ein Exemplar dieses Werkes besorgen lassen? Der Ladenpreis ist £ 2. 10 sh. – Mehr Anziehendes für mich hat eine Ausgabe der Nyāya Sūtras des Gotamas, mit einem Commentar von Viśvanātha Bhattācharya. Ich habe mich in den letzten Wochen, wo ich theils durch Beschäftigung in unsrer Universität, theils durch eine kleine Erkältung, fast ganz von dem Ostindischen Hause ausgeschlossen war, ziemlich viel mit dem letztern Werke beschäftigt. Es verdiente wohl um so mehr eine genaue und vollständige Uebersetzung, das Colebrooke nur kurz von der Nyāya Philosophie gehandelt hat. – Ich stelle mir vor, daß Lassen sich dafür interessiren würde. Sobald [sich] eine schnelle und sichere Gelegenheit bietet, will ich ihm mein Exemplar zusenden. – Ein drittes bemerkenswerthes Buch ist das Sāhityadarpaṇam des Viśvanātha Kavirāja, eins von den Werken, aus denen Wilson die seinem Hindu Theatre vorangestellte theoretische Einleitung entlehnt hat. – Nennen will ich auch noch einen neuen Abdruck der Mugdhabodha des Vopadevas, und einen ziemlich incorrecten Auszug aus der Siddhanta Kaumudi, betitelt Laghu Kaumudi.
Ich schließe diesen Brief nicht ohne die Hoffnung, bald wieder von Ihnen oder Lassen zu hören, und mit Ihren Aufträgen beehrt zu werden. Mit inniger Dankbarkeit und Hochachtung
Ihr gehorsamster
F. Rosen.
Meine Adresse: 29. Lower Thornhaugh Str.
Bedford Square.

[2] Mit meinen Bestrebungen an den Vedas geht es unter den gegenwärtigen ungünstigen Umständen nur langsam vorwärts. Den Pānini verstehe ich schon etwas besser. Ich hatte schon in Berlin einmal einen Versuch damit gemacht, besaß aber damals vielleicht nicht Geduld genug zu dem allerdings schwierigen Anfang. – Meine Arabische Algebra soll eben zur Presse.
[4] Sr Hochwohlgeboren
Herrn Professor von Schlegel
in
Bonn
am Rhein.
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[1] London den 14ten Jan 1830.
Hochzuverehrender Herr Professor!
Vorgestern habe ich Ihr gütiges Schreiben vom 5ten d. M. empfangen, und beantworte dasselbe gleich heute, um Ihnen wenigstens zu beweisen, daß ich gern die mir bisher zur Last fallende Nachlässigkeit in meiner Correspondenz einigermaaßen wieder gut machen möchte. Sie werden in der Zwischenzeit meinen Brief vom 31sten Decbr. und vielleicht auch von Hannover aus meine Auszüge aus den Commentaren zum Ramay̑ana erhalten haben, falls nicht der eingetretene starke Frost die Schiffahrt in der Elbe-Mündung zu sehr erschwert hat. – Ich habe, was die letzteren Mittheilungen betrifft, vertrauensvoll auf Ihre gütige Nachsicht gerechnet. Wo ich etwas in den Scholien nicht verstand, und wo es mir an Zeit fehlte, durch Combination den richtigen Sinn herauszubringen, habe ich mich begnügt, getreulich niederzuschreiben, was ich in den Handschriften fand.
yādṛśaṃ pustakaṃ dṛṣṭaṃ tādṛśaṃ likhitaṃ mayā |
yadi śuddham aśuddhaṃ vā mama doṣo na vidyate ||

Ich habe das Lateinische Alphabet so gebraucht, wie ich mich gewöhnlich bei meinen Abschriften für eignen Gebrauch desselben bediene; zb. Z für ca und Zh für cha; die Reihe der Lingualen Buchstaben u. s. w. bezeichne ich durch einen Punct unter der Linie; das palatale ś durch einen Accent ś; den kurzen Vocal durch ṛĭ, u. s. w.
Diesen Morgen habe ich auf dem Ostindischen Hause die Scholien zu der mir nachträglich von Ihnen bezeichneten Stelle nachgeschlagen. [2] (Ramay. Lib. I cap. 3. sl. 2) Folgendes ist Alles was das Ms. D. dazu bemerkt: udyogam evāha | upeti āzamyetyarthah | samyak smṛĭtyuktṿāzamanarītyāha idam anyeshām api prāpatyasampādakānām upalaxaṇam prāg agreshu darbheshu sthitrā dharmeṇa yogajena brahmaprasādarūpeṇa za gatim zāmādīnām zaritarūpam anveshate pratiyatneha paśyati. | B. hingegen sagt daß: upaspṛĭśyeti dharmeṇa zaturmukhaprasādarūpeṇa gatim rāmavrittam. Meine Zeit war zu beschränkt, und Herr Mickle zu beschäftigt, sonst würde ich gern im zweiten Bande von D die Parallelstelle Lib. II cap. CIV. sl. 8. nachgeschlagen haben. In B finden sich dazu keine Scholien.
Sir Al. Johnston ist noch in Schottland. So viel ich weiß befindet er und seine Familie sich wohl. – Es scheint gewiß, daß die Frage wegen der Ostindischen Compagnie schon in der nächsten Parlamentssitzung zur Sprache kommen wird. Mehrere interessante Flugschriften die sich darauf beziehen sind bereits erschienen. Ich werde die wichtigeren darunter für Sie sammeln. – Heute habe ich ein neues Werk gesehen, betiltelt: Hindu Law; principally with reference to such portion of it, as concern the administration of Justice in the Kingʼs Courts in India. By Sir Thos Strange, late Chief Justice of Madras. 2 Bände 8ov Gelesen habe ich davon gar Nichts; aber ein hübsches Motto aus Manus Gesetzen giebt mir eine günstige Meinung von der Gesinnung des Verfassers. – In näherer Beziehung zu den linguistisch-orientalischen Studien stehen einige neuerlich hier angekommene Werke die in Indien unter den Auspicien des Committee of Public Instruction gedruckt sind. Ich muß darunter vor Allem das Bhatti Kavya nennen, ein künstliches Gedicht [3] über die Thaten des Ramas. Es ist von einem doppelten Commentar begleitet in zwei starken Octav-Bänden gedruckt. Ich habe darin die Stelle nachgeschlagen, wo ich eine Beschreibung des der Geburt des Ramas vorangehenden Pferde-Opfers erwartete; es scheint aber, daß dieß so wie die ganze Jugend des Helden nur sehr kurz angedeutet ist. Soll ich Ihnen durch Treuttel Sohn und Richter ein Exemplar dieses Werkes besorgen lassen? Der Ladenpreis ist £ 2. 10 sh. – Mehr Anziehendes für mich hat eine Ausgabe der Nyāya Sūtras des Gotamas, mit einem Commentar von Viśvanātha Bhattācharya. Ich habe mich in den letzten Wochen, wo ich theils durch Beschäftigung in unsrer Universität, theils durch eine kleine Erkältung, fast ganz von dem Ostindischen Hause ausgeschlossen war, ziemlich viel mit dem letztern Werke beschäftigt. Es verdiente wohl um so mehr eine genaue und vollständige Uebersetzung, das Colebrooke nur kurz von der Nyāya Philosophie gehandelt hat. – Ich stelle mir vor, daß Lassen sich dafür interessiren würde. Sobald [sich] eine schnelle und sichere Gelegenheit bietet, will ich ihm mein Exemplar zusenden. – Ein drittes bemerkenswerthes Buch ist das Sāhityadarpaṇam des Viśvanātha Kavirāja, eins von den Werken, aus denen Wilson die seinem Hindu Theatre vorangestellte theoretische Einleitung entlehnt hat. – Nennen will ich auch noch einen neuen Abdruck der Mugdhabodha des Vopadevas, und einen ziemlich incorrecten Auszug aus der Siddhanta Kaumudi, betitelt Laghu Kaumudi.
Ich schließe diesen Brief nicht ohne die Hoffnung, bald wieder von Ihnen oder Lassen zu hören, und mit Ihren Aufträgen beehrt zu werden. Mit inniger Dankbarkeit und Hochachtung
Ihr gehorsamster
F. Rosen.
Meine Adresse: 29. Lower Thornhaugh Str.
Bedford Square.

[2] Mit meinen Bestrebungen an den Vedas geht es unter den gegenwärtigen ungünstigen Umständen nur langsam vorwärts. Den Pānini verstehe ich schon etwas besser. Ich hatte schon in Berlin einmal einen Versuch damit gemacht, besaß aber damals vielleicht nicht Geduld genug zu dem allerdings schwierigen Anfang. – Meine Arabische Algebra soll eben zur Presse.
[4] Sr Hochwohlgeboren
Herrn Professor von Schlegel
in
Bonn
am Rhein.
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