• August Wilhelm von Schlegel to Sophie von Schlegel

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Heidelberg · Date: 18.12.1818
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie von Schlegel
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Heidelberg
  • Date: 18.12.1818
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 348‒350.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 18ten Dec 1818
    Geliebte Sophie!
    Seit mehr als einem Monate bin ich ohne Nachricht von Dir. Vier Briefe von mir [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34097
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.109
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,7 x 11,6 cm
[1] Bonn d. 18ten Dec 1818
Geliebte Sophie!
Seit mehr als einem Monate bin ich ohne Nachricht von Dir. Vier Briefe von mir an Dich sind ohne Antwort geblieben. Und was für Briefe! Hier ist ein fünfter, den ich sogleich nach Empfang Deines Briefes vom 10ten Nov. schrieb, und bisher zurückbehielt. Nun sende ich ihn ab, damit Du sehest, wie tiefe Wunden Du mir geschlagen, und damit Du in der Zusammenstellung der beyden Briefe vom 1sten und vom 10ten Nov. Dich mit Dir selbst vergleichest.
Dieß Stillschweigen ist unerklärlich und unerhört. Um Dich zu rechtfertigen muß ich annehmen, Du warst nicht frey, konntest nicht, durftest nicht schreiben. Aber Du darfst, theure Sophie: niemand in der Welt kann es Dir wehren, eine Pflicht zu erfüllen, die Pflicht eines Weibes der herzlichen und billigen Auffodrung ihres abwesenden Gemahls Genüge zu leisten.
Ich mahne Dich an die Verheißungen, die Du mir bis zum letzten Augenblick unsers Beysammenseyns freywillig ertheilt hast.
Du versprachst mir in Stuttgart, wenn Du jemals wieder etwas gegen mich hättest, wolltest Du es mir zuerst eröffnen, und vor dem Versuche [2] der Verständigung nie eine dritte Person einmischen. Du kannst mich also während meiner Abwesenheit nicht verklagt haben. Und doch schreibt Dein Vater so, als wenn es geschehen wäre.
Du versprachst mir die letzten Tage in Heidelberg, Du wollest ernstlich mit Deiner Mutter sprechen, und ihr erklären, Du seyst gesonnen dem mit mir eingegangenen Bunde Dein Leben in der That zu widmen. Du sagtest mir oft, im Unglück besonders könne ich felsenfest auf Dich bauen. Es ist ein Unglück von denen, die uns am nächsten stehn, verkannt und in einem nachtheiligen Lichte geschildert zu werden. Dieß trifft mich jetzt. Bewähre mir Deine Verheißung.
Könntest Du das hohe herrliche Geschenk Deiner Hand und Deiner Treue so herabwürdigen wollen, daß Du nach wenigen Monaten es zurückzunehmen versuchtest? Fern von mir sey dieser Gedanke. Ein edles Weib wie Du giebt sich einem Manne nur für ihr ganzes Leben. Und würde sie nachher auch Unvollkommenheiten an ihm gewahr: welcher Mensch ist vollkommen? Das ist eben der heilige Zweck der Ehe, sich gegenseitig durch Liebe zum Guten zu leiten, und in der innigsten Vereinigung den Weg zum Himmel gemeinschaftlich zu suchen. So habe ich es gemeynt; nach Deinem ernsten und [3] frommen Gemüth kannst Du es auch nicht anders meynen.
Schreibe mir ein freundliches Wort, geliebtes Herz; gieb mir ein bestimmtes Versprechen, wann Du hieher kommen willst, wo alles zu Deinem Empfange bereit ist. Schweigst Du hierauf, so werde ich es als eine bejahende Antwort ansehen, und aufs baldigste kommen, um Dich abzuhohlen. Du hast gelobt, die Gefährtin meines Lebens zu seyn: Du kannst es nimmer zurücknehmen. Meine Ansprüche sind stark, sie haben göttliche und menschliche Gesetze und die Meynung aller sittlich gesinnten Menschen für sich.
Doch ich erwarte gern mein Glück wie bisher von Deinem Herzen, von Deiner freyen Neigung. Ist alles vergessen? So manche trauliche Stunden, – so manche entzückende Beweise Deiner zärtlichen Liebe, die Dich selbst zu beglücken schienen? Lebe wohl, theures Weib, – ich befehle Dich der Obhut des Himmels, und segne Dich aus der Fülle der innigsten Liebe.
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[1] Bonn d. 18ten Dec 1818
Geliebte Sophie!
Seit mehr als einem Monate bin ich ohne Nachricht von Dir. Vier Briefe von mir an Dich sind ohne Antwort geblieben. Und was für Briefe! Hier ist ein fünfter, den ich sogleich nach Empfang Deines Briefes vom 10ten Nov. schrieb, und bisher zurückbehielt. Nun sende ich ihn ab, damit Du sehest, wie tiefe Wunden Du mir geschlagen, und damit Du in der Zusammenstellung der beyden Briefe vom 1sten und vom 10ten Nov. Dich mit Dir selbst vergleichest.
Dieß Stillschweigen ist unerklärlich und unerhört. Um Dich zu rechtfertigen muß ich annehmen, Du warst nicht frey, konntest nicht, durftest nicht schreiben. Aber Du darfst, theure Sophie: niemand in der Welt kann es Dir wehren, eine Pflicht zu erfüllen, die Pflicht eines Weibes der herzlichen und billigen Auffodrung ihres abwesenden Gemahls Genüge zu leisten.
Ich mahne Dich an die Verheißungen, die Du mir bis zum letzten Augenblick unsers Beysammenseyns freywillig ertheilt hast.
Du versprachst mir in Stuttgart, wenn Du jemals wieder etwas gegen mich hättest, wolltest Du es mir zuerst eröffnen, und vor dem Versuche [2] der Verständigung nie eine dritte Person einmischen. Du kannst mich also während meiner Abwesenheit nicht verklagt haben. Und doch schreibt Dein Vater so, als wenn es geschehen wäre.
Du versprachst mir die letzten Tage in Heidelberg, Du wollest ernstlich mit Deiner Mutter sprechen, und ihr erklären, Du seyst gesonnen dem mit mir eingegangenen Bunde Dein Leben in der That zu widmen. Du sagtest mir oft, im Unglück besonders könne ich felsenfest auf Dich bauen. Es ist ein Unglück von denen, die uns am nächsten stehn, verkannt und in einem nachtheiligen Lichte geschildert zu werden. Dieß trifft mich jetzt. Bewähre mir Deine Verheißung.
Könntest Du das hohe herrliche Geschenk Deiner Hand und Deiner Treue so herabwürdigen wollen, daß Du nach wenigen Monaten es zurückzunehmen versuchtest? Fern von mir sey dieser Gedanke. Ein edles Weib wie Du giebt sich einem Manne nur für ihr ganzes Leben. Und würde sie nachher auch Unvollkommenheiten an ihm gewahr: welcher Mensch ist vollkommen? Das ist eben der heilige Zweck der Ehe, sich gegenseitig durch Liebe zum Guten zu leiten, und in der innigsten Vereinigung den Weg zum Himmel gemeinschaftlich zu suchen. So habe ich es gemeynt; nach Deinem ernsten und [3] frommen Gemüth kannst Du es auch nicht anders meynen.
Schreibe mir ein freundliches Wort, geliebtes Herz; gieb mir ein bestimmtes Versprechen, wann Du hieher kommen willst, wo alles zu Deinem Empfange bereit ist. Schweigst Du hierauf, so werde ich es als eine bejahende Antwort ansehen, und aufs baldigste kommen, um Dich abzuhohlen. Du hast gelobt, die Gefährtin meines Lebens zu seyn: Du kannst es nimmer zurücknehmen. Meine Ansprüche sind stark, sie haben göttliche und menschliche Gesetze und die Meynung aller sittlich gesinnten Menschen für sich.
Doch ich erwarte gern mein Glück wie bisher von Deinem Herzen, von Deiner freyen Neigung. Ist alles vergessen? So manche trauliche Stunden, – so manche entzückende Beweise Deiner zärtlichen Liebe, die Dich selbst zu beglücken schienen? Lebe wohl, theures Weib, – ich befehle Dich der Obhut des Himmels, und segne Dich aus der Fülle der innigsten Liebe.
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