• Franz Bernhard von Bucholtz to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Bonn · Date: 22.01.1829
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Franz Bernhard von Bucholtz
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 22.01.1829
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 476‒477.
  • Incipit: „[1] Ohne Zweifel ist Ew. Hohlwohlgebohrnen schon aus öffentlichen Blättern, wohl auch aus Briefen von Dresden jener schmerzliche Trauerfall bekannt geworden, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.91
  • Number of Pages: 3 S., h. m. U. u. Adresse
  • Format: 25,4 x 20,6 cm
[1] Ohne Zweifel ist Ew. Hohlwohlgebohrnen schon aus öffentlichen Blättern, wohl auch aus Briefen von Dresden jener schmerzliche Trauerfall bekannt geworden, der uns alle hier so ergreifend beschäftiget, und der in Verbindung mit den Todesfällen der jungen Fürstinn Metternich, und des Hofraths Müller (welcher letztere durch die vorhergehenden als Veranlassung zur inneren Steigerung des in ihm schon vorhandnen Übels mitbewirkt worden) – uns noch um so ernster berührt hat. Obwohl nun diese traurige Kunde Hochihnen keine neue mehr seyn kann, so soll ich doch aus Auftrag und im Namen der Wittwe des verewigten Herrn Bruders, der mir so naher und väterlicher Freund war, – die Ehre haben, Ihnen von diesem Todesfall die Anzeige zu machen und den Partezettel zu übersenden. Wissend, wie nahe der Verstorbene von früher Jugend an der Tiefe Ihres Gemüthes gewesen, vermag ich das Schmerzliche einer solchen Nachricht durch keine anderen, trostgebenden Umstände zu mindern, als nur, daß der Verewigte mit leichter Todesart, und in vollem religiösen Frieden dahin genommen, – und daß die von Trauer gebeugte Wittwe doch auch mit bewundernswürdiger, auf Frömmigkeit beruhenden Fassung einen so harten Schlag erträgt.
Der Verstorbene hatte, wie Hochihnen wohl nicht unbekannt ist, schon mehre[2]re Mahle Anfälle von apoplektischer Natur gehabt, am stärksten wohl vor etwa sechs Jahren, und dann von Zeit zu Zeit, mehrmals bedenkliche Schwindel etc. Von jener Zeit her ließ er sich nach der Vorschrift Malfattis etwa von Jahr zu Jahr, oder auch öfterer, schröpfen und Blutegel legen und hielt im ganzen gute Diät. Seitdem er durch die neu unternommenen Lehrkurse auch wieder nach außen hin thätig zu seyn angefangen hatte, wie er es nach innen zu seyn nie aufgehört hatte, dürfte er sich wohl zu erschöpfend angestrengt haben; namentlich dadurch daß er die Vorlesungen immer erst in dem Zwischenraum von einer zur andern verfaßte und niederschrieb, wohl auch, daß er den lezten Kurs zu Dresden zu bald nach den früheren unternommen hatte. Die Organe des höheren Denkens und geistigen Erkennens hatten eine solche leichte Beweglichkeit gewonnen, daß er wohl selbst nicht inne wurde, wie die Organe des körperlichen Lebens durch Mangel an Schlaf oder durch zu anstrengenden Gebrauch aufgerieben wurden. In einem Briefe, welchen er wenige Tage vor seinem Tode an seine Gemahlin geschrieben, sprach er selbst in merkwürdiger Weise von dem Strom der Gedanken, der ihn mehr als je ergreife und erfülle. Ich wollte die Stelle abschriftlich mittheilen, habe aber die Wittwe, als ich sie darum bitten wollte, nicht zu Hause getroffen. Mir erübrigt nur, angelegentliche Empfehlungen von ihrer Seite und meinerseits die Bitte beyzufügen, die Versicherung meiner verehrenden Gesinnungen auch bei einer so traurigen Veranlassung zu genehmigen.
Euer Hochwohlgebohrnen
gehorsam-ergebenster
v. Bucholtz
Wien 22 Jänner 1829
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[1] Ohne Zweifel ist Ew. Hohlwohlgebohrnen schon aus öffentlichen Blättern, wohl auch aus Briefen von Dresden jener schmerzliche Trauerfall bekannt geworden, der uns alle hier so ergreifend beschäftiget, und der in Verbindung mit den Todesfällen der jungen Fürstinn Metternich, und des Hofraths Müller (welcher letztere durch die vorhergehenden als Veranlassung zur inneren Steigerung des in ihm schon vorhandnen Übels mitbewirkt worden) – uns noch um so ernster berührt hat. Obwohl nun diese traurige Kunde Hochihnen keine neue mehr seyn kann, so soll ich doch aus Auftrag und im Namen der Wittwe des verewigten Herrn Bruders, der mir so naher und väterlicher Freund war, – die Ehre haben, Ihnen von diesem Todesfall die Anzeige zu machen und den Partezettel zu übersenden. Wissend, wie nahe der Verstorbene von früher Jugend an der Tiefe Ihres Gemüthes gewesen, vermag ich das Schmerzliche einer solchen Nachricht durch keine anderen, trostgebenden Umstände zu mindern, als nur, daß der Verewigte mit leichter Todesart, und in vollem religiösen Frieden dahin genommen, – und daß die von Trauer gebeugte Wittwe doch auch mit bewundernswürdiger, auf Frömmigkeit beruhenden Fassung einen so harten Schlag erträgt.
Der Verstorbene hatte, wie Hochihnen wohl nicht unbekannt ist, schon mehre[2]re Mahle Anfälle von apoplektischer Natur gehabt, am stärksten wohl vor etwa sechs Jahren, und dann von Zeit zu Zeit, mehrmals bedenkliche Schwindel etc. Von jener Zeit her ließ er sich nach der Vorschrift Malfattis etwa von Jahr zu Jahr, oder auch öfterer, schröpfen und Blutegel legen und hielt im ganzen gute Diät. Seitdem er durch die neu unternommenen Lehrkurse auch wieder nach außen hin thätig zu seyn angefangen hatte, wie er es nach innen zu seyn nie aufgehört hatte, dürfte er sich wohl zu erschöpfend angestrengt haben; namentlich dadurch daß er die Vorlesungen immer erst in dem Zwischenraum von einer zur andern verfaßte und niederschrieb, wohl auch, daß er den lezten Kurs zu Dresden zu bald nach den früheren unternommen hatte. Die Organe des höheren Denkens und geistigen Erkennens hatten eine solche leichte Beweglichkeit gewonnen, daß er wohl selbst nicht inne wurde, wie die Organe des körperlichen Lebens durch Mangel an Schlaf oder durch zu anstrengenden Gebrauch aufgerieben wurden. In einem Briefe, welchen er wenige Tage vor seinem Tode an seine Gemahlin geschrieben, sprach er selbst in merkwürdiger Weise von dem Strom der Gedanken, der ihn mehr als je ergreife und erfülle. Ich wollte die Stelle abschriftlich mittheilen, habe aber die Wittwe, als ich sie darum bitten wollte, nicht zu Hause getroffen. Mir erübrigt nur, angelegentliche Empfehlungen von ihrer Seite und meinerseits die Bitte beyzufügen, die Versicherung meiner verehrenden Gesinnungen auch bei einer so traurigen Veranlassung zu genehmigen.
Euer Hochwohlgebohrnen
gehorsam-ergebenster
v. Bucholtz
Wien 22 Jänner 1829
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