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Dem ernsten Worte über das jetzige <span class="index-274 tp-20450 ">Homerische</span> Unwesen in <span class="index-3813 tp-20453 ">dem Programm von [18]34</span>, habe ich ordentlich Beifall zugejauchzt, und ich bedaure nur, daß es bei Behandlung derselben Inschrift in dem großen Werke wegbleiben mußte. Es ist unerträglich zu sehen, wie mittelmäßige Köpfe die alten Irrthümer wieder aufwärmen, um sich den Schein der Neuheit zu geben. Ja ja, wenn der Kater nicht zu Hause ist, so springen die Mäuse auf Tische und Bänke. Wie würde <span class="index-269 tp-20452 ">der Wolf</span> wenn er noch in seiner früheren kriegerischen Rüstigkeit lebte, wie würde er das zahme Vieh zu Paaren treiben. Aber das Unglück ist, daß er sein Werk nicht vollendet hat, und zuletzt war er wohl gleichgültig dagegen geworden.<br>Ich halte diesen Winter <span class="index-3814 tp-20454 ">eine öffentliche Vorlesung über </span><span class="index-3814 tp-20454 slant-italic ">Quaestiones Homericas</span>, wo ich der Sache näher auf den Leib zu rücken gedenke. Es sind nun wohl 38 Jahre her, seit ich mit <span class="index-8 tp-20446 ">meinem Bruder Friedrich</span> viel über die sichtbaren Näthe und eingeflickten Lappen verhandelte. Es thut mir Leid für <span class="index-1105 tp-20456 ">Welcker</span> daß er nun auch wieder einen einzigen Autor <span class="index-3816 tp-20458 ">der untheilbaren Ilias</span> <span class="index-3815 tp-20457 ">behauptet</span>. So lange der Geist durch den hergebrachten Glauben gefesselt war, mochte man wohl darüber hinlesen; aber jetzt verräth der kein feines Gehör für Poesie, der den großen Abstand der verschiednen Theile in Ton und Geist nicht verspürt.<br>Während nun in Deutschland diese Reaction der <span class="index-274 tp-45197 ">Homerischen</span> Legitimisten erfolgt, kreuzigen und segnen sie sich noch immer im Auslande über das abscheuliche Paradoxon. Da schickt mir <span class="index-3817 tp-20459 ">Guigniaud</span> <span class="index-3819 tp-20460 index-3818 tp-20461 ">eine Schrift</span>, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt <span class="index-3820 tp-20462 ">Epikurs</span> aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf <span class="weight-bold ">Sprachvergleichung</span> nachgedacht habe. Ich denke mir, bei diesem Worte wird Ihnen schon schlimm zu Muthe, wegen des vielen unreifen, verkehrten, ja verrückten, was darüber vorgebracht worden. <span class="index-9 tp-20442 ">W. von Humboldt</span>, <span class="index-1899 tp-20443 ">Grimm</span>, <span class="index-2566 tp-20444 ">Lassen</span>, <span class="index-3591 tp-20445 ">Burnouf</span>, haben jedoch den wahren wissenschaftlichen Weg gezeigt, und sind unschuldig daran. So ist es einmal in Deutschland: ein gescheidter Mann sagt etwas wahres und vernünftiges; gleich ist ein Haufe von Narren bei der Hand, die ihm das Wort im Munde verdrehen, und etwas abgeschmacktes daraus machen.<br>Ich fühle wohl, es ist vermessen von mir, dem großen Meister des Faches Zweifel und Einwendungen vorzulegen. Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.<br>Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim <span class="index-274 tp-45198 ">Homer</span> fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht <span class="slant-italic ">aevum</span> gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische <span class="slant-italic ">aiw</span> (gen. <span class="slant-italic ">aiwis</span>) und das Indische <span class="slant-italic ">āyus</span>. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.<br>Nr. 16. Der Helm <span class="index-6754 tp-45199 index-6755 tp-45200 ">des Hiero</span>. Ich halte Ihre Erklärung allerdings für die einzige mögliche, aber ich sehe doch noch eine unüberwindliche Schwierigkeit dabei. An dem einfachen r in TYPAN würde ich gar keinen Anstoß nehmen. Aber die Etrusker oder vielmehr Tusker hießen ja damals bei allen Griechen nicht Τυῤῥηνοί, sondern Tυρσηνοί, Dorisch Τυρσανοί. 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Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.<br><span class="index-2327 tp-45201 ">Niebuhr</span> wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte <span class="slant-italic ">turan</span> sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches <span class="slant-italic ">spolia</span> bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in <span class="index-3821 tp-20471 ">Cumae</span> habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe <span class="index-6754 tp-45202 ">Hiero</span> dem <span class="index-6377 tp-45203 ">Zeus</span> verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des <span class="index-3822 tp-20472 ">Don Quixote</span> packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?<br>Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von <span class="index-2327 tp-45204 ">Niebuhr</span> ersonnenen und von <span class="index-3663 tp-45205 ">Otfr. Müller</span> angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.<br>Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in <span class="index-3825 tp-20477 ">Lahore</span> und <span class="index-3826 tp-20478 ">Cabul</span> gemacht worden sind, seit <span class="index-3592 tp-20479 ">ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb</span>, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange <span class="index-3827 tp-20480 ">des Journals von </span><span class="index-3827 tp-20480 index-2552 tp-20447 ">Calcutta</span>. <span class="index-3544 tp-20473 ">Raoul-Rochette</span> schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung <span class="index-3828 tp-20481 ">des General Allard</span> in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um <span class="index-3823 tp-20474 ">darüber zu schreiben</span>. Ich wünschte es lieber in <span class="index-3824 tp-20475 ">Letronneʼs</span> Hände.<br>Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung <span class="index-3810 tp-45206 ">Ihres großen Werkes</span> ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten <span class="index-6721 tp-45207 ">der Akademie</span> begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder <span class="index-2566 tp-20448 ">Hr. Lassen</span> für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf <span class="index-2426 tp-20449 ">Bopps</span> Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.<br>Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.<br>Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung<br>Ihr ergebenster<br><span class="weight-bold ">A. W. v. 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Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.<br>Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim <span class="index-274 tp-45198 ">Homer</span> fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht <span class="slant-italic ">aevum</span> gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. 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So <span class="index-1043 tp-20470 ">Hesiodus</span> (in freilich unächten Versen), so <span class="index-274 tp-20463 ">der Homeride</span>, so <span class="index-11 tp-20464 ">Aeschylus</span>, so <span class="index-10 tp-20465 ">Pindar</span>, so <span class="index-387 tp-20466 ">Sophokles</span>, so <span class="index-2218 tp-20467 ">Herodot</span>, so <span class="index-1804 tp-20468 ">Thucydides</span>. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es <span class="index-146 tp-20469 ">Plato</span> hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.<br><span class="index-2327 tp-45201 ">Niebuhr</span> wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte <span class="slant-italic ">turan</span> sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches <span class="slant-italic ">spolia</span> bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in <span class="index-3821 tp-20471 ">Cumae</span> habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe <span class="index-6754 tp-45202 ">Hiero</span> dem <span class="index-6377 tp-45203 ">Zeus</span> verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des <span class="index-3822 tp-20472 ">Don Quixote</span> packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?<br>Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von <span class="index-2327 tp-45204 ">Niebuhr</span> ersonnenen und von <span class="index-3663 tp-45205 ">Otfr. Müller</span> angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.<br>Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in <span class="index-3825 tp-20477 ">Lahore</span> und <span class="index-3826 tp-20478 ">Cabul</span> gemacht worden sind, seit <span class="index-3592 tp-20479 ">ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb</span>, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange <span class="index-3827 tp-20480 ">des Journals von </span><span class="index-3827 tp-20480 index-2552 tp-20447 ">Calcutta</span>. <span class="index-3544 tp-20473 ">Raoul-Rochette</span> schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung <span class="index-3828 tp-20481 ">des General Allard</span> in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um <span class="index-3823 tp-20474 ">darüber zu schreiben</span>. Ich wünschte es lieber in <span class="index-3824 tp-20475 ">Letronneʼs</span> Hände.<br>Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung <span class="index-3810 tp-45206 ">Ihres großen Werkes</span> ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten <span class="index-6721 tp-45207 ">der Akademie</span> begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder <span class="index-2566 tp-20448 ">Hr. Lassen</span> für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf <span class="index-2426 tp-20449 ">Bopps</span> Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.<br>Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.<br>Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung<br>Ihr ergebenster<br><span class="weight-bold ">A. W. v. Schlegel</span>', '36_xml' => '<p><placeName key="887">Bonn</placeName> d. 22<hi rend="offset:4">ten</hi> Nov. 1835<lb/>Sie haben mir, mein hochverehrter Herr und Freund und akademischer College, durch die Sendung der neuesten Abtheilung <name key="3810" type="periodical">Ihres herrlichen Werkes</name> eine große Freude gemacht: ich sage Ihnen meinen wärmsten Dank dafür. Ich bewundre Ihren kritischen Scharfsinn eben so sehr als Ihre Beharrlichkeit; <hi rend="slant:italic">cʼest tout dire</hi>. Sie setzen sich ein Denkmal bei der Nachwelt. Möge der Himmel Ihnen fortdauernde Gesundheit verleihen, um es zu vollenden, und nachher als verehrter Veteran auf Ihren Lorbeeren zu ruhen.<lb/>Auch Ihre Programme sind wahre Leckerbissen für mich, z. B. <name key="3812" type="work">das von der Cyrenäischen Inschrift</name>. Dem ernsten Worte über das jetzige <persName key="274">Homerische</persName> Unwesen in <name key="3813" type="work">dem Programm von [18]34</name>, habe ich ordentlich Beifall zugejauchzt, und ich bedaure nur, daß es bei Behandlung derselben Inschrift in dem großen Werke wegbleiben mußte. Es ist unerträglich zu sehen, wie mittelmäßige Köpfe die alten Irrthümer wieder aufwärmen, um sich den Schein der Neuheit zu geben. Ja ja, wenn der Kater nicht zu Hause ist, so springen die Mäuse auf Tische und Bänke. Wie würde <persName key="269">der Wolf</persName> wenn er noch in seiner früheren kriegerischen Rüstigkeit lebte, wie würde er das zahme Vieh zu Paaren treiben. Aber das Unglück ist, daß er sein Werk nicht vollendet hat, und zuletzt war er wohl gleichgültig dagegen geworden.<lb/>Ich halte diesen Winter <name key="3814" type="work">eine öffentliche Vorlesung über <hi rend="slant:italic">Quaestiones Homericas</hi></name>, wo ich der Sache näher auf den Leib zu rücken gedenke. Es sind nun wohl 38 Jahre her, seit ich mit <persName key="8">meinem Bruder Friedrich</persName> viel über die sichtbaren Näthe und eingeflickten Lappen verhandelte. Es thut mir Leid für <persName key="1105">Welcker</persName> daß er nun auch wieder einen einzigen Autor <name key="3816" type="work">der untheilbaren Ilias</name> <name key="3815" type="work">behauptet</name>. So lange der Geist durch den hergebrachten Glauben gefesselt war, mochte man wohl darüber hinlesen; aber jetzt verräth der kein feines Gehör für Poesie, der den großen Abstand der verschiednen Theile in Ton und Geist nicht verspürt.<lb/>Während nun in Deutschland diese Reaction der <persName key="274">Homerischen</persName> Legitimisten erfolgt, kreuzigen und segnen sie sich noch immer im Auslande über das abscheuliche Paradoxon. Da schickt mir <persName key="3817">Guigniaud</persName> <name key="3819" type="work"><name key="3818" type="work">eine Schrift</name></name>, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt <persName key="3820">Epikurs</persName> aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf <hi rend="weight:bold">Sprachvergleichung</hi> nachgedacht habe. Ich denke mir, bei diesem Worte wird Ihnen schon schlimm zu Muthe, wegen des vielen unreifen, verkehrten, ja verrückten, was darüber vorgebracht worden. <persName key="9">W. von Humboldt</persName>, <persName key="1899">Grimm</persName>, <persName key="2566">Lassen</persName>, <persName key="3591">Burnouf</persName>, haben jedoch den wahren wissenschaftlichen Weg gezeigt, und sind unschuldig daran. So ist es einmal in Deutschland: ein gescheidter Mann sagt etwas wahres und vernünftiges; gleich ist ein Haufe von Narren bei der Hand, die ihm das Wort im Munde verdrehen, und etwas abgeschmacktes daraus machen.<lb/>Ich fühle wohl, es ist vermessen von mir, dem großen Meister des Faches Zweifel und Einwendungen vorzulegen. Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.<lb/>Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim <persName key="274">Homer</persName> fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht <hi rend="slant:italic">aevum</hi> gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische <hi rend="slant:italic">aiw</hi> (gen. <hi rend="slant:italic">aiwis</hi>) und das Indische <hi rend="slant:italic">āyus</hi>. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.<lb/>Nr. 16. Der Helm <persName key="6754"><name key="6755" type="work">des Hiero</name></persName>. Ich halte Ihre Erklärung allerdings für die einzige mögliche, aber ich sehe doch noch eine unüberwindliche Schwierigkeit dabei. An dem einfachen r in TYPAN würde ich gar keinen Anstoß nehmen. Aber die Etrusker oder vielmehr Tusker hießen ja damals bei allen Griechen nicht Τυῤῥηνοί, sondern Tυρσηνοί, Dorisch Τυρσανοί. So <persName key="1043">Hesiodus</persName> (in freilich unächten Versen), so <persName key="274">der Homeride</persName>, so <persName key="11">Aeschylus</persName>, so <persName key="10">Pindar</persName>, so <persName key="387">Sophokles</persName>, so <persName key="2218">Herodot</persName>, so <persName key="1804">Thucydides</persName>. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es <persName key="146">Plato</persName> hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.<lb/><persName key="2327">Niebuhr</persName> wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte <hi rend="slant:italic">turan</hi> sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches <hi rend="slant:italic">spolia</hi> bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in <placeName key="3821">Cumae</placeName> habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe <persName key="6754">Hiero</persName> dem <persName key="6377">Zeus</persName> verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des <name key="3822" type="work">Don Quixote</name> packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?<lb/>Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von <persName key="2327">Niebuhr</persName> ersonnenen und von <persName key="3663">Otfr. Müller</persName> angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.<lb/>Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in <placeName key="3825">Lahore</placeName> und <placeName key="3826">Cabul</placeName> gemacht worden sind, seit <name key="3592" type="work">ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb</name>, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange <name key="3827" type="periodical">des Journals von <placeName key="2552">Calcutta</placeName></name>. <persName key="3544">Raoul-Rochette</persName> schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung <persName key="3828">des General Allard</persName> in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um <name key="3823" type="work">darüber zu schreiben</name>. Ich wünschte es lieber in <persName key="3824">Letronneʼs</persName> Hände.<lb/>Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung <name key="3810" type="periodical">Ihres großen Werkes</name> ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten <orgName key="6721">der Akademie</orgName> begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder <persName key="2566">Hr. Lassen</persName> für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf <persName key="2426">Bopps</persName> Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.<lb/>Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.<lb/>Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung<lb/>Ihr ergebenster<lb/><hi rend="weight:bold">A. W. v. 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B. <anchor type="b" n="3812" ana="12" xml:id="NidB20451"/>das von der Cyrenäischen Inschrift<anchor type="e" n="3812" ana="12" xml:id="NidE20451"/>. Dem ernsten Worte über das jetzige <anchor type="b" n="274" ana="11" xml:id="NidB20450"/>Homerische<anchor type="e" n="274" ana="11" xml:id="NidE20450"/> Unwesen in <anchor type="b" n="3813" ana="12" xml:id="NidB20453"/>dem Programm von [18]34<anchor type="e" n="3813" ana="12" xml:id="NidE20453"/>, habe ich ordentlich Beifall zugejauchzt, und ich bedaure nur, daß es bei Behandlung derselben Inschrift in dem großen Werke wegbleiben mußte. Es ist unerträglich zu sehen, wie mittelmäßige Köpfe die alten Irrthümer wieder aufwärmen, um sich den Schein der Neuheit zu geben. Ja ja, wenn der Kater nicht zu Hause ist, so springen die Mäuse auf Tische und Bänke. 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Da schickt mir <anchor type="b" n="3817" ana="11" xml:id="NidB20459"/>Guigniaud<anchor type="e" n="3817" ana="11" xml:id="NidE20459"/> <anchor type="b" n="3819" ana="12" xml:id="NidB20460"/><anchor type="b" n="3818" ana="12" xml:id="NidB20461"/>eine Schrift<anchor type="e" n="3818" ana="12" xml:id="NidE20461"/><anchor type="e" n="3819" ana="12" xml:id="NidE20460"/>, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt <anchor type="b" n="3820" ana="11" xml:id="NidB20462"/>Epikurs<anchor type="e" n="3820" ana="11" xml:id="NidE20462"/> aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf <hi rend="weight:bold">Sprachvergleichung</hi> nachgedacht habe. 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Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht <hi rend="slant:italic">aevum</hi> gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische <hi rend="slant:italic">aiw</hi> (gen. <hi rend="slant:italic">aiwis</hi>) und das Indische <hi rend="slant:italic">āyus</hi>. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.<lb/>Nr. 16. Der Helm <anchor type="b" n="6754" ana="11" xml:id="NidB45199"/><anchor type="b" n="6755" ana="12" xml:id="NidB45200"/>des Hiero<anchor type="e" n="6755" ana="12" xml:id="NidE45200"/><anchor type="e" n="6754" ana="11" xml:id="NidE45199"/>. 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So <anchor type="b" n="1043" ana="11" xml:id="NidB20470"/>Hesiodus<anchor type="e" n="1043" ana="11" xml:id="NidE20470"/> (in freilich unächten Versen), so <anchor type="b" n="274" ana="11" xml:id="NidB20463"/>der Homeride<anchor type="e" n="274" ana="11" xml:id="NidE20463"/>, so <anchor type="b" n="11" ana="11" xml:id="NidB20464"/>Aeschylus<anchor type="e" n="11" ana="11" xml:id="NidE20464"/>, so <anchor type="b" n="10" ana="11" xml:id="NidB20465"/>Pindar<anchor type="e" n="10" ana="11" xml:id="NidE20465"/>, so <anchor type="b" n="387" ana="11" xml:id="NidB20466"/>Sophokles<anchor type="e" n="387" ana="11" xml:id="NidE20466"/>, so <anchor type="b" n="2218" ana="11" xml:id="NidB20467"/>Herodot<anchor type="e" n="2218" ana="11" xml:id="NidE20467"/>, so <anchor type="b" n="1804" ana="11" xml:id="NidB20468"/>Thucydides<anchor type="e" n="1804" ana="11" xml:id="NidE20468"/>. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es <anchor type="b" n="146" ana="11" xml:id="NidB20469"/>Plato<anchor type="e" n="146" ana="11" xml:id="NidE20469"/> hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.<lb/><anchor type="b" n="2327" ana="11" xml:id="NidB45201"/>Niebuhr<anchor type="e" n="2327" ana="11" xml:id="NidE45201"/> wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte <hi rend="slant:italic">turan</hi> sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches <hi rend="slant:italic">spolia</hi> bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in <anchor type="b" n="3821" ana="10" xml:id="NidB20471"/>Cumae<anchor type="e" n="3821" ana="10" xml:id="NidE20471"/> habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe <anchor type="b" n="6754" ana="11" xml:id="NidB45202"/>Hiero<anchor type="e" n="6754" ana="11" xml:id="NidE45202"/> dem <anchor type="b" n="6377" ana="11" xml:id="NidB45203"/>Zeus<anchor type="e" n="6377" ana="11" xml:id="NidE45203"/> verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des <anchor type="b" n="3822" ana="12" xml:id="NidB20472"/>Don Quixote<anchor type="e" n="3822" ana="12" xml:id="NidE20472"/> packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?<lb/>Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von <anchor type="b" n="2327" ana="11" xml:id="NidB45204"/>Niebuhr<anchor type="e" n="2327" ana="11" xml:id="NidE45204"/> ersonnenen und von <anchor type="b" n="3663" ana="11" xml:id="NidB45205"/>Otfr. Müller<anchor type="e" n="3663" ana="11" xml:id="NidE45205"/> angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.<lb/>Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in <anchor type="b" n="3825" ana="10" xml:id="NidB20477"/>Lahore<anchor type="e" n="3825" ana="10" xml:id="NidE20477"/> und <anchor type="b" n="3826" ana="10" xml:id="NidB20478"/>Cabul<anchor type="e" n="3826" ana="10" xml:id="NidE20478"/> gemacht worden sind, seit <anchor type="b" n="3592" ana="12" xml:id="NidB20479"/>ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb<anchor type="e" n="3592" ana="12" xml:id="NidE20479"/>, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange <anchor type="b" n="3827" ana="13" xml:id="NidB20480"/>des Journals von <anchor type="b" n="2552" ana="10" xml:id="NidB20447"/>Calcutta<anchor type="e" n="2552" ana="10" xml:id="NidE20447"/><anchor type="e" n="3827" ana="13" xml:id="NidE20480"/>. <anchor type="b" n="3544" ana="11" xml:id="NidB20473"/>Raoul-Rochette<anchor type="e" n="3544" ana="11" xml:id="NidE20473"/> schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung <anchor type="b" n="3828" ana="11" xml:id="NidB20481"/>des General Allard<anchor type="e" n="3828" ana="11" xml:id="NidE20481"/> in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um <anchor type="b" n="3823" ana="12" xml:id="NidB20474"/>darüber zu schreiben<anchor type="e" n="3823" ana="12" xml:id="NidE20474"/>. Ich wünschte es lieber in <anchor type="b" n="3824" ana="11" xml:id="NidB20475"/>Letronneʼs<anchor type="e" n="3824" ana="11" xml:id="NidE20475"/> Hände.<lb/>Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung <anchor type="b" n="3810" ana="13" xml:id="NidB45206"/>Ihres großen Werkes<anchor type="e" n="3810" ana="13" xml:id="NidE45206"/> ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten <anchor type="b" n="6721" ana="15" xml:id="NidB45207"/>der Akademie<anchor type="e" n="6721" ana="15" xml:id="NidE45207"/> begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder <anchor type="b" n="2566" ana="11" xml:id="NidB20448"/>Hr. Lassen<anchor type="e" n="2566" ana="11" xml:id="NidE20448"/> für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf <anchor type="b" n="2426" ana="11" xml:id="NidB20449"/>Bopps<anchor type="e" n="2426" ana="11" xml:id="NidE20449"/> Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.<lb/>Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.<lb/>Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung<lb/>Ihr ergebenster<lb/><hi rend="weight:bold">A. W. v. 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Ich bewundre Ihren kritischen Scharfsinn eben so sehr als Ihre Beharrlichkeit; <span class="slant-italic ">cʼest tout dire</span>. Sie setzen sich ein Denkmal bei der Nachwelt. Möge der Himmel Ihnen fortdauernde Gesundheit verleihen, um es zu vollenden, und nachher als verehrter Veteran auf Ihren Lorbeeren zu ruhen.<br>Auch Ihre Programme sind wahre Leckerbissen für mich, z. B. <span class="index-3812 tp-20451 ">das von der Cyrenäischen Inschrift</span>. Dem ernsten Worte über das jetzige <span class="index-274 tp-20450 ">Homerische</span> Unwesen in <span class="index-3813 tp-20453 ">dem Programm von [18]34</span>, habe ich ordentlich Beifall zugejauchzt, und ich bedaure nur, daß es bei Behandlung derselben Inschrift in dem großen Werke wegbleiben mußte. Es ist unerträglich zu sehen, wie mittelmäßige Köpfe die alten Irrthümer wieder aufwärmen, um sich den Schein der Neuheit zu geben. Ja ja, wenn der Kater nicht zu Hause ist, so springen die Mäuse auf Tische und Bänke. Wie würde <span class="index-269 tp-20452 ">der Wolf</span> wenn er noch in seiner früheren kriegerischen Rüstigkeit lebte, wie würde er das zahme Vieh zu Paaren treiben. Aber das Unglück ist, daß er sein Werk nicht vollendet hat, und zuletzt war er wohl gleichgültig dagegen geworden.<br>Ich halte diesen Winter <span class="index-3814 tp-20454 ">eine öffentliche Vorlesung über </span><span class="index-3814 tp-20454 slant-italic ">Quaestiones Homericas</span>, wo ich der Sache näher auf den Leib zu rücken gedenke. Es sind nun wohl 38 Jahre her, seit ich mit <span class="index-8 tp-20446 ">meinem Bruder Friedrich</span> viel über die sichtbaren Näthe und eingeflickten Lappen verhandelte. Es thut mir Leid für <span class="index-1105 tp-20456 ">Welcker</span> daß er nun auch wieder einen einzigen Autor <span class="index-3816 tp-20458 ">der untheilbaren Ilias</span> <span class="index-3815 tp-20457 ">behauptet</span>. So lange der Geist durch den hergebrachten Glauben gefesselt war, mochte man wohl darüber hinlesen; aber jetzt verräth der kein feines Gehör für Poesie, der den großen Abstand der verschiednen Theile in Ton und Geist nicht verspürt.<br>Während nun in Deutschland diese Reaction der <span class="index-274 tp-45197 ">Homerischen</span> Legitimisten erfolgt, kreuzigen und segnen sie sich noch immer im Auslande über das abscheuliche Paradoxon. Da schickt mir <span class="index-3817 tp-20459 ">Guigniaud</span> <span class="index-3819 tp-20460 index-3818 tp-20461 ">eine Schrift</span>, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt <span class="index-3820 tp-20462 ">Epikurs</span> aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf <span class="weight-bold ">Sprachvergleichung</span> nachgedacht habe. Ich denke mir, bei diesem Worte wird Ihnen schon schlimm zu Muthe, wegen des vielen unreifen, verkehrten, ja verrückten, was darüber vorgebracht worden. <span class="index-9 tp-20442 ">W. von Humboldt</span>, <span class="index-1899 tp-20443 ">Grimm</span>, <span class="index-2566 tp-20444 ">Lassen</span>, <span class="index-3591 tp-20445 ">Burnouf</span>, haben jedoch den wahren wissenschaftlichen Weg gezeigt, und sind unschuldig daran. So ist es einmal in Deutschland: ein gescheidter Mann sagt etwas wahres und vernünftiges; gleich ist ein Haufe von Narren bei der Hand, die ihm das Wort im Munde verdrehen, und etwas abgeschmacktes daraus machen.<br>Ich fühle wohl, es ist vermessen von mir, dem großen Meister des Faches Zweifel und Einwendungen vorzulegen. Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.<br>Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim <span class="index-274 tp-45198 ">Homer</span> fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht <span class="slant-italic ">aevum</span> gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische <span class="slant-italic ">aiw</span> (gen. <span class="slant-italic ">aiwis</span>) und das Indische <span class="slant-italic ">āyus</span>. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.<br>Nr. 16. Der Helm <span class="index-6754 tp-45199 index-6755 tp-45200 ">des Hiero</span>. Ich halte Ihre Erklärung allerdings für die einzige mögliche, aber ich sehe doch noch eine unüberwindliche Schwierigkeit dabei. An dem einfachen r in TYPAN würde ich gar keinen Anstoß nehmen. Aber die Etrusker oder vielmehr Tusker hießen ja damals bei allen Griechen nicht Τυῤῥηνοί, sondern Tυρσηνοί, Dorisch Τυρσανοί. So <span class="index-1043 tp-20470 ">Hesiodus</span> (in freilich unächten Versen), so <span class="index-274 tp-20463 ">der Homeride</span>, so <span class="index-11 tp-20464 ">Aeschylus</span>, so <span class="index-10 tp-20465 ">Pindar</span>, so <span class="index-387 tp-20466 ">Sophokles</span>, so <span class="index-2218 tp-20467 ">Herodot</span>, so <span class="index-1804 tp-20468 ">Thucydides</span>. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es <span class="index-146 tp-20469 ">Plato</span> hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.<br><span class="index-2327 tp-45201 ">Niebuhr</span> wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte <span class="slant-italic ">turan</span> sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches <span class="slant-italic ">spolia</span> bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in <span class="index-3821 tp-20471 ">Cumae</span> habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe <span class="index-6754 tp-45202 ">Hiero</span> dem <span class="index-6377 tp-45203 ">Zeus</span> verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des <span class="index-3822 tp-20472 ">Don Quixote</span> packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?<br>Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von <span class="index-2327 tp-45204 ">Niebuhr</span> ersonnenen und von <span class="index-3663 tp-45205 ">Otfr. Müller</span> angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.<br>Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in <span class="index-3825 tp-20477 ">Lahore</span> und <span class="index-3826 tp-20478 ">Cabul</span> gemacht worden sind, seit <span class="index-3592 tp-20479 ">ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb</span>, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange <span class="index-3827 tp-20480 ">des Journals von </span><span class="index-3827 tp-20480 index-2552 tp-20447 ">Calcutta</span>. <span class="index-3544 tp-20473 ">Raoul-Rochette</span> schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung <span class="index-3828 tp-20481 ">des General Allard</span> in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um <span class="index-3823 tp-20474 ">darüber zu schreiben</span>. Ich wünschte es lieber in <span class="index-3824 tp-20475 ">Letronneʼs</span> Hände.<br>Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung <span class="index-3810 tp-45206 ">Ihres großen Werkes</span> ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten <span class="index-6721 tp-45207 ">der Akademie</span> begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder <span class="index-2566 tp-20448 ">Hr. Lassen</span> für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf <span class="index-2426 tp-20449 ">Bopps</span> Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.<br>Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.<br>Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung<br>Ihr ergebenster<br><span class="weight-bold ">A. W. v. Schlegel</span>' $isaprint = true $isnewtranslation = false $statemsg = 'betamsg13' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/751' $description = 'August Wilhelm von Schlegel an August Böckh am 22.11.1835, Bonn' $adressatort = 'Unknown' $absendeort = 'Bonn <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1001909-1">GND</a>' $date = '22.11.1835' $adressat = array( (int) 7541 => array( 'ID' => '7541', 'project' => '1', 'timecreate' => '2015-08-10 09:44:24', 'timelastchg' => '2017-10-04 11:30:04', 'key' => 'AWS-ap-00k2', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_gebdatum' => '1785-11-24', '39_geschlecht' => 'm', '39_name' => 'Böckh, August', '39_namevar' => 'Böckh, August Boeck, August Boeckh, August', '39_geburtsort' => array( 'ID' => '5039', 'content' => 'Karlsruhe', 'bemerkung' => 'GND:4029713-5', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ), '39_toddatum' => '1867-08-03', '39_sterbeort' => array( 'ID' => '15', 'content' => 'Berlin', 'bemerkung' => 'GND:2004272-3', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ), '39_lebenwirken' => 'Gräzist August Böckh besuchte das Gymnasium in Karlsruhe. Ab 1803 begann er ein Studium der Theologie an der Universität Halle. Unter dem Einfluß von Friedrich August Wolf wandte er sich der Philologie zu. 1807 erfolgte die Promotion, noch im selben Jahr habilitierte er sich und bekam eine außerordentliche Professur an der Universität Heidelberg. 1809 erhielt er dort das Ordinariat. Böckh stand in Kontakt mit Heidelberger Romantikern. 1811 wechselte er an die neugegründete Universität Berlin. Dabei arbeitete er eng mit Wilhelm von Humboldt zusammen und hatte wiederholt das Amt des Dekans und das des Rektors inne. Zu seinen wissenschaftlichen Leistungen gehörte die Herausgabe der Pindarausgabe (1811–1821). Ab 1815 arbeitete Böckh am „Corpus inscriptionum Graecarum“ und begründete damit die wissenschaftliche griechische Epigraphik. 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Da schickt mir <anchor type="b" n="3817" ana="11" xml:id="NidB20459"/>Guigniaud<anchor type="e" n="3817" ana="11" xml:id="NidE20459"/> <anchor type="b" n="3819" ana="12" xml:id="NidB20460"/><anchor type="b" n="3818" ana="12" xml:id="NidB20461"/>eine Schrift<anchor type="e" n="3818" ana="12" xml:id="NidE20461"/><anchor type="e" n="3819" ana="12" xml:id="NidE20460"/>, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt <anchor type="b" n="3820" ana="11" xml:id="NidB20462"/>Epikurs<anchor type="e" n="3820" ana="11" xml:id="NidE20462"/> aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf <hi rend="weight:bold">Sprachvergleichung</hi> nachgedacht habe. Ich denke mir, bei diesem Worte wird Ihnen schon schlimm zu Muthe, wegen des vielen unreifen, verkehrten, ja verrückten, was darüber vorgebracht worden. <anchor type="b" n="9" ana="11" xml:id="NidB20442"/>W. von Humboldt<anchor type="e" n="9" ana="11" xml:id="NidE20442"/>, <anchor type="b" n="1899" ana="11" xml:id="NidB20443"/>Grimm<anchor type="e" n="1899" ana="11" xml:id="NidE20443"/>, <anchor type="b" n="2566" ana="11" xml:id="NidB20444"/>Lassen<anchor type="e" n="2566" ana="11" xml:id="NidE20444"/>, <anchor type="b" n="3591" ana="11" xml:id="NidB20445"/>Burnouf<anchor type="e" n="3591" ana="11" xml:id="NidE20445"/>, haben jedoch den wahren wissenschaftlichen Weg gezeigt, und sind unschuldig daran. So ist es einmal in Deutschland: ein gescheidter Mann sagt etwas wahres und vernünftiges; gleich ist ein Haufe von Narren bei der Hand, die ihm das Wort im Munde verdrehen, und etwas abgeschmacktes daraus machen.<lb/>Ich fühle wohl, es ist vermessen von mir, dem großen Meister des Faches Zweifel und Einwendungen vorzulegen. Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.<lb/>Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim <anchor type="b" n="274" ana="11" xml:id="NidB45198"/>Homer<anchor type="e" n="274" ana="11" xml:id="NidE45198"/> fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht <hi rend="slant:italic">aevum</hi> gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische <hi rend="slant:italic">aiw</hi> (gen. <hi rend="slant:italic">aiwis</hi>) und das Indische <hi rend="slant:italic">āyus</hi>. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.<lb/>Nr. 16. Der Helm <anchor type="b" n="6754" ana="11" xml:id="NidB45199"/><anchor type="b" n="6755" ana="12" xml:id="NidB45200"/>des Hiero<anchor type="e" n="6755" ana="12" xml:id="NidE45200"/><anchor type="e" n="6754" ana="11" xml:id="NidE45199"/>. Ich halte Ihre Erklärung allerdings für die einzige mögliche, aber ich sehe doch noch eine unüberwindliche Schwierigkeit dabei. An dem einfachen r in TYPAN würde ich gar keinen Anstoß nehmen. Aber die Etrusker oder vielmehr Tusker hießen ja damals bei allen Griechen nicht Τυῤῥηνοί, sondern Tυρσηνοί, Dorisch Τυρσανοί. So <anchor type="b" n="1043" ana="11" xml:id="NidB20470"/>Hesiodus<anchor type="e" n="1043" ana="11" xml:id="NidE20470"/> (in freilich unächten Versen), so <anchor type="b" n="274" ana="11" xml:id="NidB20463"/>der Homeride<anchor type="e" n="274" ana="11" xml:id="NidE20463"/>, so <anchor type="b" n="11" ana="11" xml:id="NidB20464"/>Aeschylus<anchor type="e" n="11" ana="11" xml:id="NidE20464"/>, so <anchor type="b" n="10" ana="11" xml:id="NidB20465"/>Pindar<anchor type="e" n="10" ana="11" xml:id="NidE20465"/>, so <anchor type="b" n="387" ana="11" xml:id="NidB20466"/>Sophokles<anchor type="e" n="387" ana="11" xml:id="NidE20466"/>, so <anchor type="b" n="2218" ana="11" xml:id="NidB20467"/>Herodot<anchor type="e" n="2218" ana="11" xml:id="NidE20467"/>, so <anchor type="b" n="1804" ana="11" xml:id="NidB20468"/>Thucydides<anchor type="e" n="1804" ana="11" xml:id="NidE20468"/>. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es <anchor type="b" n="146" ana="11" xml:id="NidB20469"/>Plato<anchor type="e" n="146" ana="11" xml:id="NidE20469"/> hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.<lb/><anchor type="b" n="2327" ana="11" xml:id="NidB45201"/>Niebuhr<anchor type="e" n="2327" ana="11" xml:id="NidE45201"/> wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte <hi rend="slant:italic">turan</hi> sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches <hi rend="slant:italic">spolia</hi> bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in <anchor type="b" n="3821" ana="10" xml:id="NidB20471"/>Cumae<anchor type="e" n="3821" ana="10" xml:id="NidE20471"/> habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe <anchor type="b" n="6754" ana="11" xml:id="NidB45202"/>Hiero<anchor type="e" n="6754" ana="11" xml:id="NidE45202"/> dem <anchor type="b" n="6377" ana="11" xml:id="NidB45203"/>Zeus<anchor type="e" n="6377" ana="11" xml:id="NidE45203"/> verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des <anchor type="b" n="3822" ana="12" xml:id="NidB20472"/>Don Quixote<anchor type="e" n="3822" ana="12" xml:id="NidE20472"/> packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?<lb/>Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von <anchor type="b" n="2327" ana="11" xml:id="NidB45204"/>Niebuhr<anchor type="e" n="2327" ana="11" xml:id="NidE45204"/> ersonnenen und von <anchor type="b" n="3663" ana="11" xml:id="NidB45205"/>Otfr. Müller<anchor type="e" n="3663" ana="11" xml:id="NidE45205"/> angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.<lb/>Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in <anchor type="b" n="3825" ana="10" xml:id="NidB20477"/>Lahore<anchor type="e" n="3825" ana="10" xml:id="NidE20477"/> und <anchor type="b" n="3826" ana="10" xml:id="NidB20478"/>Cabul<anchor type="e" n="3826" ana="10" xml:id="NidE20478"/> gemacht worden sind, seit <anchor type="b" n="3592" ana="12" xml:id="NidB20479"/>ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb<anchor type="e" n="3592" ana="12" xml:id="NidE20479"/>, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange <anchor type="b" n="3827" ana="13" xml:id="NidB20480"/>des Journals von <anchor type="b" n="2552" ana="10" xml:id="NidB20447"/>Calcutta<anchor type="e" n="2552" ana="10" xml:id="NidE20447"/><anchor type="e" n="3827" ana="13" xml:id="NidE20480"/>. <anchor type="b" n="3544" ana="11" xml:id="NidB20473"/>Raoul-Rochette<anchor type="e" n="3544" ana="11" xml:id="NidE20473"/> schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung <anchor type="b" n="3828" ana="11" xml:id="NidB20481"/>des General Allard<anchor type="e" n="3828" ana="11" xml:id="NidE20481"/> in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um <anchor type="b" n="3823" ana="12" xml:id="NidB20474"/>darüber zu schreiben<anchor type="e" n="3823" ana="12" xml:id="NidE20474"/>. Ich wünschte es lieber in <anchor type="b" n="3824" ana="11" xml:id="NidB20475"/>Letronneʼs<anchor type="e" n="3824" ana="11" xml:id="NidE20475"/> Hände.<lb/>Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung <anchor type="b" n="3810" ana="13" xml:id="NidB45206"/>Ihres großen Werkes<anchor type="e" n="3810" ana="13" xml:id="NidE45206"/> ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten <anchor type="b" n="6721" ana="15" xml:id="NidB45207"/>der Akademie<anchor type="e" n="6721" ana="15" xml:id="NidE45207"/> begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder <anchor type="b" n="2566" ana="11" xml:id="NidB20448"/>Hr. Lassen<anchor type="e" n="2566" ana="11" xml:id="NidE20448"/> für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf <anchor type="b" n="2426" ana="11" xml:id="NidB20449"/>Bopps<anchor type="e" n="2426" ana="11" xml:id="NidE20449"/> Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.<lb/>Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.<lb/>Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung<lb/>Ihr ergebenster<lb/><hi rend="weight:bold">A. W. v. Schlegel</hi>', '36_datengeber' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purl' => '343347008', '36_briefid' => '343347008_AWSanBoeckh_22111835', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '887', 'content' => 'Bonn', 'bemerkung' => 'GND:1001909-1', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_datumvon' => '1835-11-22', '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7183', 'content' => 'August Böckh', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Böckh, August', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_leitd' => 'Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. 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Bonn d. 22ten Nov. 1835
Sie haben mir, mein hochverehrter Herr und Freund und akademischer College, durch die Sendung der neuesten Abtheilung Ihres herrlichen Werkes eine große Freude gemacht: ich sage Ihnen meinen wärmsten Dank dafür. Ich bewundre Ihren kritischen Scharfsinn eben so sehr als Ihre Beharrlichkeit; cʼest tout dire. Sie setzen sich ein Denkmal bei der Nachwelt. Möge der Himmel Ihnen fortdauernde Gesundheit verleihen, um es zu vollenden, und nachher als verehrter Veteran auf Ihren Lorbeeren zu ruhen.
Auch Ihre Programme sind wahre Leckerbissen für mich, z. B. das von der Cyrenäischen Inschrift. Dem ernsten Worte über das jetzige Homerische Unwesen in dem Programm von [18]34, habe ich ordentlich Beifall zugejauchzt, und ich bedaure nur, daß es bei Behandlung derselben Inschrift in dem großen Werke wegbleiben mußte. Es ist unerträglich zu sehen, wie mittelmäßige Köpfe die alten Irrthümer wieder aufwärmen, um sich den Schein der Neuheit zu geben. Ja ja, wenn der Kater nicht zu Hause ist, so springen die Mäuse auf Tische und Bänke. Wie würde der Wolf wenn er noch in seiner früheren kriegerischen Rüstigkeit lebte, wie würde er das zahme Vieh zu Paaren treiben. Aber das Unglück ist, daß er sein Werk nicht vollendet hat, und zuletzt war er wohl gleichgültig dagegen geworden.
Ich halte diesen Winter eine öffentliche Vorlesung über Quaestiones Homericas, wo ich der Sache näher auf den Leib zu rücken gedenke. Es sind nun wohl 38 Jahre her, seit ich mit meinem Bruder Friedrich viel über die sichtbaren Näthe und eingeflickten Lappen verhandelte. Es thut mir Leid für Welcker daß er nun auch wieder einen einzigen Autor der untheilbaren Ilias behauptet. So lange der Geist durch den hergebrachten Glauben gefesselt war, mochte man wohl darüber hinlesen; aber jetzt verräth der kein feines Gehör für Poesie, der den großen Abstand der verschiednen Theile in Ton und Geist nicht verspürt.
Während nun in Deutschland diese Reaction der Homerischen Legitimisten erfolgt, kreuzigen und segnen sie sich noch immer im Auslande über das abscheuliche Paradoxon. Da schickt mir Guigniaud eine Schrift, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt Epikurs aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf Sprachvergleichung nachgedacht habe. Ich denke mir, bei diesem Worte wird Ihnen schon schlimm zu Muthe, wegen des vielen unreifen, verkehrten, ja verrückten, was darüber vorgebracht worden. W. von Humboldt, Grimm, Lassen, Burnouf, haben jedoch den wahren wissenschaftlichen Weg gezeigt, und sind unschuldig daran. So ist es einmal in Deutschland: ein gescheidter Mann sagt etwas wahres und vernünftiges; gleich ist ein Haufe von Narren bei der Hand, die ihm das Wort im Munde verdrehen, und etwas abgeschmacktes daraus machen.
Ich fühle wohl, es ist vermessen von mir, dem großen Meister des Faches Zweifel und Einwendungen vorzulegen. Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.
Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim Homer fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht aevum gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische aiw (gen. aiwis) und das Indische āyus. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.
Nr. 16. Der Helm des Hiero. Ich halte Ihre Erklärung allerdings für die einzige mögliche, aber ich sehe doch noch eine unüberwindliche Schwierigkeit dabei. An dem einfachen r in TYPAN würde ich gar keinen Anstoß nehmen. Aber die Etrusker oder vielmehr Tusker hießen ja damals bei allen Griechen nicht Τυῤῥηνοί, sondern Tυρσηνοί, Dorisch Τυρσανοί. So Hesiodus (in freilich unächten Versen), so der Homeride, so Aeschylus, so Pindar, so Sophokles, so Herodot, so Thucydides. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es Plato hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.
Niebuhr wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte turan sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches spolia bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in Cumae habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe Hiero dem Zeus verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des Don Quixote packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?
Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von Niebuhr ersonnenen und von Otfr. Müller angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.
Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in Lahore und Cabul gemacht worden sind, seit ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange des Journals von Calcutta. Raoul-Rochette schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung des General Allard in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um darüber zu schreiben. Ich wünschte es lieber in Letronneʼs Hände.
Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung Ihres großen Werkes ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten der Akademie begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder Hr. Lassen für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf Bopps Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.
Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
Sie haben mir, mein hochverehrter Herr und Freund und akademischer College, durch die Sendung der neuesten Abtheilung Ihres herrlichen Werkes eine große Freude gemacht: ich sage Ihnen meinen wärmsten Dank dafür. Ich bewundre Ihren kritischen Scharfsinn eben so sehr als Ihre Beharrlichkeit; cʼest tout dire. Sie setzen sich ein Denkmal bei der Nachwelt. Möge der Himmel Ihnen fortdauernde Gesundheit verleihen, um es zu vollenden, und nachher als verehrter Veteran auf Ihren Lorbeeren zu ruhen.
Auch Ihre Programme sind wahre Leckerbissen für mich, z. B. das von der Cyrenäischen Inschrift. Dem ernsten Worte über das jetzige Homerische Unwesen in dem Programm von [18]34, habe ich ordentlich Beifall zugejauchzt, und ich bedaure nur, daß es bei Behandlung derselben Inschrift in dem großen Werke wegbleiben mußte. Es ist unerträglich zu sehen, wie mittelmäßige Köpfe die alten Irrthümer wieder aufwärmen, um sich den Schein der Neuheit zu geben. Ja ja, wenn der Kater nicht zu Hause ist, so springen die Mäuse auf Tische und Bänke. Wie würde der Wolf wenn er noch in seiner früheren kriegerischen Rüstigkeit lebte, wie würde er das zahme Vieh zu Paaren treiben. Aber das Unglück ist, daß er sein Werk nicht vollendet hat, und zuletzt war er wohl gleichgültig dagegen geworden.
Ich halte diesen Winter eine öffentliche Vorlesung über Quaestiones Homericas, wo ich der Sache näher auf den Leib zu rücken gedenke. Es sind nun wohl 38 Jahre her, seit ich mit meinem Bruder Friedrich viel über die sichtbaren Näthe und eingeflickten Lappen verhandelte. Es thut mir Leid für Welcker daß er nun auch wieder einen einzigen Autor der untheilbaren Ilias behauptet. So lange der Geist durch den hergebrachten Glauben gefesselt war, mochte man wohl darüber hinlesen; aber jetzt verräth der kein feines Gehör für Poesie, der den großen Abstand der verschiednen Theile in Ton und Geist nicht verspürt.
Während nun in Deutschland diese Reaction der Homerischen Legitimisten erfolgt, kreuzigen und segnen sie sich noch immer im Auslande über das abscheuliche Paradoxon. Da schickt mir Guigniaud eine Schrift, worin er erbärmlich lamentirt, daß man ihm seinen Homer pulverisire, und das herrlichste Werk des menschlichen Geistes, wie die Welt Epikurs aus Atomen entstehen lasse. Der gute Mann hat also gar nicht begriffen, wovon die Rede war. Besonders anziehend sind für mich die ältesten Inschriften, weil ich viel über die ursprünglichen Formen des Griechischen in Bezug auf Sprachvergleichung nachgedacht habe. Ich denke mir, bei diesem Worte wird Ihnen schon schlimm zu Muthe, wegen des vielen unreifen, verkehrten, ja verrückten, was darüber vorgebracht worden. W. von Humboldt, Grimm, Lassen, Burnouf, haben jedoch den wahren wissenschaftlichen Weg gezeigt, und sind unschuldig daran. So ist es einmal in Deutschland: ein gescheidter Mann sagt etwas wahres und vernünftiges; gleich ist ein Haufe von Narren bei der Hand, die ihm das Wort im Munde verdrehen, und etwas abgeschmacktes daraus machen.
Ich fühle wohl, es ist vermessen von mir, dem großen Meister des Faches Zweifel und Einwendungen vorzulegen. Auch thue ich es nur im Vertrauen auf Ihre wohlwollende Gesinnung, und wünsche nichts mehr als Belehrung.
Bei No. 1 bemerken Sie, es komme kein Digamma vor, es sey aber auch keines zu erwarten gewesen. Ich meyne doch. Zuvörderst frage ich an, ob Sie das εἶ für unentbehrlich erachten? Mir ist es vielmehr störend, als allzuprosaisch nach dem epischen Anklange der beim Homer fast unzertrennlichen Wörter ἄφθιτος αἰεί. Wenn Sie nun das εἶ für entbehrlich erklären, so schlage ich vor mit Wegnahme eines einzigen Striches zu emendiren: IEꟻIA. Das Wort war doch gewiß digammirt. AIFEI ist der regelmäßige Dativ von einem obsoleten Substantiv αἰFος. In der Declinations-Form steht aevum gewissermaßen zwischen diesem und dem abgeleiteten αἰών. Ganz übereinstimmend ist aber das Gothische aiw (gen. aiwis) und das Indische āyus. (y für unser Jod.) Hier haben nur Vocal und Halbvocal die Rollen gewechselt. Die abgekürzte Form ἀεί konnte erst nach Ausfall des Digamma durch die Berührung der Diphthongen entstehen, als der Begriff von der wahren Natur des Wortes schon verdunkelt war.
Nr. 16. Der Helm des Hiero. Ich halte Ihre Erklärung allerdings für die einzige mögliche, aber ich sehe doch noch eine unüberwindliche Schwierigkeit dabei. An dem einfachen r in TYPAN würde ich gar keinen Anstoß nehmen. Aber die Etrusker oder vielmehr Tusker hießen ja damals bei allen Griechen nicht Τυῤῥηνοί, sondern Tυρσηνοί, Dorisch Τυρσανοί. So Hesiodus (in freilich unächten Versen), so der Homeride, so Aeschylus, so Pindar, so Sophokles, so Herodot, so Thucydides. Ich habe nicht Zeit nachzusehen, wie es Plato hat. Τυῤῥηνοί ist also eine spät aufgekommene attische Form, welche nachher in die allgemeine Büchersprache überging. So frühzeitig! und vollends bei Sikelioten, die so viel unmittelbaren Verkehr mit dem Volke hatten. Denn ich bin fest überzeugt, daß die Tusker sich selbst Tursener nannten.
Niebuhr wollte den Apostroph nicht gelten lassen, und meynte turan sey ein acc. fem. eines unbekannten Wortes, welches spolia bedeute. Ich habe darüber gescherzt, und gesagt: wenn dieses erlaubt sey, so dürfe man ja nur annehmen, τυρός sey dialektisch auch im Femininum üblich gewesen; in Cumae habe man sehr vorzügliche Käse gemacht, und einen solchen habe Hiero dem Zeus verehrt, wie Sancho Pansa die gekauften Schaafkäse in den Helm des Don Quixote packt. Wie wenn nun die ganze Inschrift unächt wäre?
Bei Gelegenheit will ich Ihnen meine Ketzerei anvertrauen. Die beiden von Niebuhr ersonnenen und von Otfr. Müller angenommenen wesentlich verschiednen Nationen, die Tursener und Tusker, jene ein Pelasgisches Volk, diese ein barbarisches, über die Alpen eingewandertes, welches jene in ihren früheren Ansiedelungen unterjocht hätte, halte ich für eine durchaus grundlose Hypothese. Tursci und Turseni das ist ganz derselbe Name, jenes in der Lateinischen Form, dieses in der einheimischen Form, die wir in so vielen andern Etruscischen Namen wiedererkennen. Ich habe wohl einmal Zeit und Gelegenheit, meine Gründe öffentlich darzulegen.
Die Numismatik ist freilich von Ihrem Plane ausgeschlossen, aber die wichtigen neuen Entdeckungen, welche in Lahore und Cabul gemacht worden sind, seit ich über die Baktrischen und Indo-Skythischen Münzen des Obersten Tod schrieb, werden Sie doch interessiren. Der neueste Bericht aus Indien findet sich, von schlechten Abbildungen begleitet, in dem dritten Jahrgange des Journals von Calcutta. Raoul-Rochette schickt mir ein paar besser gestochene Kupfertafeln. Da nun die Sammlung des General Allard in das Königl. Cabinet gekommen ist, so hat er Vorrath genug, um darüber zu schreiben. Ich wünschte es lieber in Letronneʼs Hände.
Ich wiederhole meinen Dank. Die Sendung Ihres großen Werkes ist in der That das einzige erfreuliche, was mir von Seiten der Akademie begegnet, und dieß verdanke ich ja nur Ihnen persönlich. Denn die Akademie benimmt sich gegen mich so, als ob ich gar nicht in der Welt wäre. Seit so vielen Jahren, daß ich ordentliches Mitglied bin, sind mir nicht einmal die Bände ihrer Abhandlungen geschickt worden. Es ist unerhört! Ich meyne, ich hätte Anspruch nicht nur auf die seit meiner Aufnahme erschienenen Bände, sondern auf die vollständige Reihe, seit sie deutsch abgefaßt werden. Noch bei einer andern Gelegenheit hat sich die Akademie sehr unfreundlich betragen. Ich begehrte nämlich, oder Hr. Lassen für mich, einige Stempel zur Ergänzung der kleinsten Devanagari-Schrift. Es wurde abgeschlagen, ohne Zweifel auf Bopps Antrag. Diese kleinste Schrift ist gut ausgefallen, weil sie bloß eine Nachahmung meiner großen war, die wohl die schönste in der Welt bleiben wird. Die von mittlerem Caliber hingegen, unter Bopps geschmackloser Leitung angefertigt, ist ganz abscheulich: sie mögen sie nur gerade in den Schmelzofen werfen.
Nun leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in gutem Andenken, und halten Sie mir meine Bemerkungen zu Gute.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel