• August Wilhelm von Schlegel to Ludwig Tieck

  • Place of Dispatch: Bamberg · Place of Destination: Hamburg · Date: 14.09.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Ludwig Tieck
  • Place of Dispatch: Bamberg
  • Place of Destination: Hamburg
  • Date: 14.09.1800
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 45‒49.
  • Incipit: „[1] Bamberg, den 14. September 1800
    Habe Dank für Deinen innigen freundschaftlichen Brief, der mir wohlthätige Thränen entlockt hat. Freylich bin ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(6)
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,6 cm
[1] Bamberg, den 14. September 1800
Habe Dank für Deinen innigen freundschaftlichen Brief, der mir wohlthätige Thränen entlockt hat. Freylich bin ich jetzt leichter zu rühren, als je: es ist, als hätte ich alle meine Thränen hierauf gespart, und manchmal habe ich ein Gefühl gehabt, als sollte ich ganz in Thränen aufgelöst werden. Wenn die geliebten Wesen in unsern Gesinnungen leben, wie du sagst, so hätte Auguste nie mehr gelebt, als jetzt; ich wußte zwar, daß ich sie sehr liebte, aber ihr Tod hat alle noch verborgene Liebe ans Licht gerufen. Um das schmerzlich süße Andenken zu nähren, ist noch ein Bild von ihr vorhanden, zwar vor beynah zwey Jahren gemahlt, aber doch ähnlich. Vor Kurzem haben wir fürʼs erste eine Zeichnung darnach bekommen; mit einem leisen Heiligenschein umgeben, steht sie auf meinem Zimmer, und wird stündlich von mir betrachtet und angebetet.
Caroline dankt herzlich für Eure Theilnahme. Sie hatte vor ein paar Wochen eine Unpäßlichkeit, die ihre Kräfte gleich wieder völlig erschöpfte, jetzt ist es besser, doch wird sie schwerlich ihre volle Gesundheit wieder bekommen. Wie ist es möglich bey diesem Gram, der sie oft halbe Nächte wach und weinend erhält?
Du hast mich sehr dadurch verbunden, daß du gleich an deinen Bruder geschrieben. Zwar muß ich beynah die Hoffnung aufgeben, daß er nach Deutschland kommen und die Arbeit des Monuments über sich nehmen wird. Denn nicht lange, nachdem ich den Brief an dich abgeschickt, erhielt ich über Jena einen von ihm, als [2] Antwort auf den vorigen Winter bey dir eingelegten, worin er äußert, daß er auf den Winter schon nach Italien zu gehen hofft. Indessen, wer weiß, ob er sich nicht bey der ungewissen Aussicht auf den Frieden und den unruhigen Zeiten, noch entschließt seinen Plan zu verändern, und Gesellschaft mit Humboldts macht um den Winter mit dir und anderen Freunden in B[erlin] zuzubringen. Es wäre herrlich. Auf jeden Fall kann es nicht schaden, daß du ihm geschrieben, denn es ist sein Auftrag an mich, dich zu mahnen. Wenn er nun auch den Vorschlag wegen des Sarkophags nicht eingehen kann, so hat er doch bey Gelegenheit einige Nachricht von deinem Thun und Treiben bekommen. Ich selbst habe ihm noch nicht antworten können, weil er mir seine Adresse nicht meldet, die du nicht vergessen wirst, deinem nächsten Briefe beyzufügen.
Auf den Fall, daß dein Bruder nicht zurück kommt, habe ich bey Schadow vorläufig anfragen lassen. Will oder kann dieser nicht, oder ist zu übertrieben in seinem Preise, so werde ich Goethe erst zu Rathe ziehn, an wen ich mich am besten wenden könnte. Vielleicht an Dannecker in Stuttgart. – Freylich wäre ich gern gegenwärtig bey dem Entwurfe. – Ob es mir erlaubt wird, das Denkmal in den Brunnenspaziergang an die schöne Stelle, die ich ausgewählt habe, zu setzen, darüber habe ich bey den unruhigen Kriegszeiten noch keine Entscheidung erhalten können.
Die Sache liegt mir sehr am Herzen, und die [3] Kosten werden wir nicht dabey sparen – eine beträchtliche Summe ist schon dafür bestimmt.
Nun von unsern literarischen Beschäftigungen und Planen. Cotta schreibt mir: ich möchte wegen des poetischen Taschenbuchs das Grundhonorar selbst bestimmen, er wolle darnach die Anzahl des hiezu erforderlichen Absatzes reguliren; welches mir ganz billig scheint. Ich werde nun 60 Louisdor vorschlagen, so kommt doch, wenn wir 12 Bogen 120 à 24 pag. (also 288–300 S.) rechnen, auf den Bogen 5 Louisdor. – freylich werden wir alle Beyträge honoriren müssen, da wir schwerlich andre aufnehmen, als von Friedrich, Hardenberg und Schelling. Alle drey haben mir die besten Versprechungen gemacht. Spare von nun an doch alle deine Gedichte, die nicht in größere Compositionen gehören, dafür auf. Es hat mich schon geängstigt, als ich hörte, daß du an Friedrich 20 Sonette für das poetische Journal geschickt. Gesehen habe ich dieses noch nicht, wiewohl mir schon vor einiger Zeit geschrieben ward, es sey fertig gedruckt. Ich erwarte es posttäglich mit der größten Begierde.
Ich für mein Theil bestimme alles, was ich von jetzt an dichte, für das Taschenbuch, und habe mancherley Ideen und Plane. – Über den Gegenstand meiner Trauer ist erst ein Lied und ein Sonett entstanden, ich habe nicht Ruhe und Muße gehabt, es wird aber eine ganze Reihe werden. Auch andre ernsthafte Sachen habe ich vor, vielleicht vom Legendenwesen.
[4] Ich weiß nicht, ob ich dir schon geschrieben, daß ich nach deiner Abreise von Jena eine Burleske, oder vielmehr eine Composition und Sammlung von Burlesken angefangen, auf Kotzebueʼs Siberische Verhaftung und Reise. Ich habe es seitdem hingelegt, weil ich natürlich keine Stimmung dazu hatte. Das Ding muß gerade herauskommen, wenn er nach Deutschland zurückkehrt. Nun heißt es in der neuesten Allgemeinen Zeitung, er sey immer noch gefangen, in Schlüsselburg. Sollte sich also seine Freylassung so lange verzögern, so könnte ich mich wohl entschließen, die Sachen, versteht sich unter der besonderen Rubrik: „Ehrenpforte und Triumphbogen für den Theaterpräsidenten von Kotzebue bey seiner Rückkehr in das Vaterland der Plattheit“, in das Taschenbuch zu geben, welches dadurch unstreitig großen èclat machen würde. Fertig sind 6 Sonette, einige Epigramme in Distichen, ein componibles Lied und eine Romanze. Nun sollten noch Sonette und Epigramme, eine epistolarische Reisebeschreibung in Terzinen, und ein ganz kleines Dramolet hinzukommen. – Es muß, versteht sich, vorher nichts davon verlauten.
Schelling giebt uns gewiß manches, fürʼs erste die letzten Worte des Pfarrers etc. und dann vermutlich einige Lieder. Er würde wohl mehr dichten, wenn er jetzt nicht viel Zeit durch Kränklichkeit verlöre. Er hat letzthin einen Gesang aus Danteʼs Paradies ganz durch in Terzinen übersetzt, den er erst noch durchbessern, und dir dann für das Journal anbieten wollte. Ich könnte allenfalls eine Anmerkung über den Dante und die Weise ihm zu übersetzen, dazu geben.
[5] Soviel vom Taschenbuch. Mit dem andern Projekt, dem kritischen Institut, ist es auch in Richtigkeit. – Cotta nimmt es in Verlag, und zahlt 3 Louisdor für den Bogen. Mit Anfang 1801 soll es erscheinen. Es wäre schon eine vorläufige Ankündigung gedruckt worden, wenn wir nicht noch mit Fichte in allerley Unterhandlungen wären, und auf seinen Entschluß warteten, ob er die Redaktion gemeinschaftlich mit mir übernehmen will. Dir den ganzen Verlauf zu erzählen, wäre zu weitläufig, du kannst dich in Berlin gleich von Bernhardi und Schleiermacher davon unterrichten lassen. Der Letztre wird dir auch den schriftlichen Entwurf der Jahrbücher mittheilen. Ich hoffte, er sollte dich noch in Berlin treffen, da du aber nicht mehr da warest, so hielt ich es nicht für nöthig, ihn dir besonders zu schicken, da ich schon mündlich alles mit dir durchgesprochen hatte. Denke nun ja mit rechtem Eifer und bald auf Beyträge. Erwarte dabey nicht meine Vorschläge, sondern besinne dich selbst auf die im Guten oder üblen merkwürdigen Erscheinungen, besonders im dramatischen und Romanenfache, die du übernehmen möchtest, und gieb sie mir an. In der Form, weißt du, bist du durchaus nicht gebunden. Ich trage jetzt Schillern die Selbstanzeige seines Wallensteins an, läßt er sich nicht darauf ein, so gebe ich ihn in deine Hände. Ich werde es dir baldigst melden, und wünsche sehr, es noch für den ersten Band zu bekommen.
In der Sammlung von Schillers Gedichten sind auch wieder schöne Fehlgriffe, – doch man muß ihm nicht alles auf einmal vorrücken.
Eine Anzeige deiner Romantischen Dichtungen von dir selbst würde mir und auch gewiß Frommann sehr erwünscht seyn. [6] Du klagst mit Recht über die verwünschte Nothwendigkeit, für Geld arbeiten zu müssen. Indessen werden doch die Zeiten allmählig wieder besser, und wenn sich die Jahrbücher und das Taschenbuch im Gange erhalten, wie ich zu Gott hoffe, und wozu wir das unsrige thun wollen, so ist dir da sowohl für kleinere Gedichte, als kritische Arbeiten ein besseres Honorar gesichert, als du bisher bekamst. Mit den größern Werken, z. B. den Gartenwochen ist mein Rath, sie lieber länger zurückzuhalten, als unter ihrem Preis wegzugeben. – Mit den Novellen soll es, wie ich hoffe, auch noch gehen, wenigstens denke ich den Soltau so zugerichtet zu haben, daß er noch vor Ende des Don Quixote völlig den Hals brechen muß.
Ich bin hier, besonders in der letzten Zeit recht fleißig gewesen. Heinrich V. ist mir sehr sauer geworden, auch habe ich, so sehr ich das Stück liebe, mit Abneigung daran gearbeitet. Endlich habe ich diesen Stein vom Herzen und Heinrich VI. entschädigt mich durch die Leichtigkeit und Schnelle, womit er von Statten geht. In sechs Tagen sind 2 Akte fertig geworden und ich denke noch das ganze von hieraus zu expediren. Alsdann begleite ich Carolinen nach Braunschweig, gehe auch nach Hannover auf einige Tage usw. und so nach Jena zurück. Hier werde ich nun die Arbeiten für die Jahrbücher sogleich vornehmen, und dann vermuthlich in der letzten Hälfte des Winters nach Berlin kommen, wo wir recht viel zusammen leben wollen. Ich sehne mich recht nach unsern Gesprächen [7] und Vorlesungen. Du wirst mich vielleicht in manchen Stücken verändert finden, – es muß natürlich den Sinn mehr von der äußern Welt abziehen, wenn man vor allem mit einem abgeschiedenen Wesen lebt. – Die Flecke auf der ersten Seite sind Spuren von Thränen, – ich erwähne es nicht als eine Seltenheit, denn diese Libationen auf das Grab des geliebten Mädchens werden sich immer erneuern, diesen Tod werde ich nie aufhören, zu beweinen. Auf die erste Nachricht habe ich geglaubt, wahnsinnig zu werden, – dieser wütende und empörte Schmerz stellte sich auch bey dem Besuche in Bocklet wieder ein. In der mildesten und heitersten Stimmung liegt mir doch die Wehmuth beständig nahe.
Lebe recht wohl, mein geliebter Freund, ich grüße deine Amalie aufs herzlichste und küsse die allerliebste kleine Dorothea. Wenn du mir von Hamburg aus noch antwortest, so adressire nach Braunschweig beym Professor Wiedemann, sonst nach Jena. Nochmals Adieu.
Dein
A W S.
Denke dir, vor einigen Tagen lasen wir ganz zufällig in einer französischen Zeitung, daß der gute Eschen, auf einer Alpenreise, in eine Eisspalte gestürzt und kläglich umgekommen ist. Es hat mich recht gejammert. Er hat mir noch seinen Horaz geschickt mit einem Briefe, den ich erst bekam, wie er schon todt war.
[8]
[1] Bamberg, den 14. September 1800
Habe Dank für Deinen innigen freundschaftlichen Brief, der mir wohlthätige Thränen entlockt hat. Freylich bin ich jetzt leichter zu rühren, als je: es ist, als hätte ich alle meine Thränen hierauf gespart, und manchmal habe ich ein Gefühl gehabt, als sollte ich ganz in Thränen aufgelöst werden. Wenn die geliebten Wesen in unsern Gesinnungen leben, wie du sagst, so hätte Auguste nie mehr gelebt, als jetzt; ich wußte zwar, daß ich sie sehr liebte, aber ihr Tod hat alle noch verborgene Liebe ans Licht gerufen. Um das schmerzlich süße Andenken zu nähren, ist noch ein Bild von ihr vorhanden, zwar vor beynah zwey Jahren gemahlt, aber doch ähnlich. Vor Kurzem haben wir fürʼs erste eine Zeichnung darnach bekommen; mit einem leisen Heiligenschein umgeben, steht sie auf meinem Zimmer, und wird stündlich von mir betrachtet und angebetet.
Caroline dankt herzlich für Eure Theilnahme. Sie hatte vor ein paar Wochen eine Unpäßlichkeit, die ihre Kräfte gleich wieder völlig erschöpfte, jetzt ist es besser, doch wird sie schwerlich ihre volle Gesundheit wieder bekommen. Wie ist es möglich bey diesem Gram, der sie oft halbe Nächte wach und weinend erhält?
Du hast mich sehr dadurch verbunden, daß du gleich an deinen Bruder geschrieben. Zwar muß ich beynah die Hoffnung aufgeben, daß er nach Deutschland kommen und die Arbeit des Monuments über sich nehmen wird. Denn nicht lange, nachdem ich den Brief an dich abgeschickt, erhielt ich über Jena einen von ihm, als [2] Antwort auf den vorigen Winter bey dir eingelegten, worin er äußert, daß er auf den Winter schon nach Italien zu gehen hofft. Indessen, wer weiß, ob er sich nicht bey der ungewissen Aussicht auf den Frieden und den unruhigen Zeiten, noch entschließt seinen Plan zu verändern, und Gesellschaft mit Humboldts macht um den Winter mit dir und anderen Freunden in B[erlin] zuzubringen. Es wäre herrlich. Auf jeden Fall kann es nicht schaden, daß du ihm geschrieben, denn es ist sein Auftrag an mich, dich zu mahnen. Wenn er nun auch den Vorschlag wegen des Sarkophags nicht eingehen kann, so hat er doch bey Gelegenheit einige Nachricht von deinem Thun und Treiben bekommen. Ich selbst habe ihm noch nicht antworten können, weil er mir seine Adresse nicht meldet, die du nicht vergessen wirst, deinem nächsten Briefe beyzufügen.
Auf den Fall, daß dein Bruder nicht zurück kommt, habe ich bey Schadow vorläufig anfragen lassen. Will oder kann dieser nicht, oder ist zu übertrieben in seinem Preise, so werde ich Goethe erst zu Rathe ziehn, an wen ich mich am besten wenden könnte. Vielleicht an Dannecker in Stuttgart. – Freylich wäre ich gern gegenwärtig bey dem Entwurfe. – Ob es mir erlaubt wird, das Denkmal in den Brunnenspaziergang an die schöne Stelle, die ich ausgewählt habe, zu setzen, darüber habe ich bey den unruhigen Kriegszeiten noch keine Entscheidung erhalten können.
Die Sache liegt mir sehr am Herzen, und die [3] Kosten werden wir nicht dabey sparen – eine beträchtliche Summe ist schon dafür bestimmt.
Nun von unsern literarischen Beschäftigungen und Planen. Cotta schreibt mir: ich möchte wegen des poetischen Taschenbuchs das Grundhonorar selbst bestimmen, er wolle darnach die Anzahl des hiezu erforderlichen Absatzes reguliren; welches mir ganz billig scheint. Ich werde nun 60 Louisdor vorschlagen, so kommt doch, wenn wir 12 Bogen 120 à 24 pag. (also 288–300 S.) rechnen, auf den Bogen 5 Louisdor. – freylich werden wir alle Beyträge honoriren müssen, da wir schwerlich andre aufnehmen, als von Friedrich, Hardenberg und Schelling. Alle drey haben mir die besten Versprechungen gemacht. Spare von nun an doch alle deine Gedichte, die nicht in größere Compositionen gehören, dafür auf. Es hat mich schon geängstigt, als ich hörte, daß du an Friedrich 20 Sonette für das poetische Journal geschickt. Gesehen habe ich dieses noch nicht, wiewohl mir schon vor einiger Zeit geschrieben ward, es sey fertig gedruckt. Ich erwarte es posttäglich mit der größten Begierde.
Ich für mein Theil bestimme alles, was ich von jetzt an dichte, für das Taschenbuch, und habe mancherley Ideen und Plane. – Über den Gegenstand meiner Trauer ist erst ein Lied und ein Sonett entstanden, ich habe nicht Ruhe und Muße gehabt, es wird aber eine ganze Reihe werden. Auch andre ernsthafte Sachen habe ich vor, vielleicht vom Legendenwesen.
[4] Ich weiß nicht, ob ich dir schon geschrieben, daß ich nach deiner Abreise von Jena eine Burleske, oder vielmehr eine Composition und Sammlung von Burlesken angefangen, auf Kotzebueʼs Siberische Verhaftung und Reise. Ich habe es seitdem hingelegt, weil ich natürlich keine Stimmung dazu hatte. Das Ding muß gerade herauskommen, wenn er nach Deutschland zurückkehrt. Nun heißt es in der neuesten Allgemeinen Zeitung, er sey immer noch gefangen, in Schlüsselburg. Sollte sich also seine Freylassung so lange verzögern, so könnte ich mich wohl entschließen, die Sachen, versteht sich unter der besonderen Rubrik: „Ehrenpforte und Triumphbogen für den Theaterpräsidenten von Kotzebue bey seiner Rückkehr in das Vaterland der Plattheit“, in das Taschenbuch zu geben, welches dadurch unstreitig großen èclat machen würde. Fertig sind 6 Sonette, einige Epigramme in Distichen, ein componibles Lied und eine Romanze. Nun sollten noch Sonette und Epigramme, eine epistolarische Reisebeschreibung in Terzinen, und ein ganz kleines Dramolet hinzukommen. – Es muß, versteht sich, vorher nichts davon verlauten.
Schelling giebt uns gewiß manches, fürʼs erste die letzten Worte des Pfarrers etc. und dann vermutlich einige Lieder. Er würde wohl mehr dichten, wenn er jetzt nicht viel Zeit durch Kränklichkeit verlöre. Er hat letzthin einen Gesang aus Danteʼs Paradies ganz durch in Terzinen übersetzt, den er erst noch durchbessern, und dir dann für das Journal anbieten wollte. Ich könnte allenfalls eine Anmerkung über den Dante und die Weise ihm zu übersetzen, dazu geben.
[5] Soviel vom Taschenbuch. Mit dem andern Projekt, dem kritischen Institut, ist es auch in Richtigkeit. – Cotta nimmt es in Verlag, und zahlt 3 Louisdor für den Bogen. Mit Anfang 1801 soll es erscheinen. Es wäre schon eine vorläufige Ankündigung gedruckt worden, wenn wir nicht noch mit Fichte in allerley Unterhandlungen wären, und auf seinen Entschluß warteten, ob er die Redaktion gemeinschaftlich mit mir übernehmen will. Dir den ganzen Verlauf zu erzählen, wäre zu weitläufig, du kannst dich in Berlin gleich von Bernhardi und Schleiermacher davon unterrichten lassen. Der Letztre wird dir auch den schriftlichen Entwurf der Jahrbücher mittheilen. Ich hoffte, er sollte dich noch in Berlin treffen, da du aber nicht mehr da warest, so hielt ich es nicht für nöthig, ihn dir besonders zu schicken, da ich schon mündlich alles mit dir durchgesprochen hatte. Denke nun ja mit rechtem Eifer und bald auf Beyträge. Erwarte dabey nicht meine Vorschläge, sondern besinne dich selbst auf die im Guten oder üblen merkwürdigen Erscheinungen, besonders im dramatischen und Romanenfache, die du übernehmen möchtest, und gieb sie mir an. In der Form, weißt du, bist du durchaus nicht gebunden. Ich trage jetzt Schillern die Selbstanzeige seines Wallensteins an, läßt er sich nicht darauf ein, so gebe ich ihn in deine Hände. Ich werde es dir baldigst melden, und wünsche sehr, es noch für den ersten Band zu bekommen.
In der Sammlung von Schillers Gedichten sind auch wieder schöne Fehlgriffe, – doch man muß ihm nicht alles auf einmal vorrücken.
Eine Anzeige deiner Romantischen Dichtungen von dir selbst würde mir und auch gewiß Frommann sehr erwünscht seyn. [6] Du klagst mit Recht über die verwünschte Nothwendigkeit, für Geld arbeiten zu müssen. Indessen werden doch die Zeiten allmählig wieder besser, und wenn sich die Jahrbücher und das Taschenbuch im Gange erhalten, wie ich zu Gott hoffe, und wozu wir das unsrige thun wollen, so ist dir da sowohl für kleinere Gedichte, als kritische Arbeiten ein besseres Honorar gesichert, als du bisher bekamst. Mit den größern Werken, z. B. den Gartenwochen ist mein Rath, sie lieber länger zurückzuhalten, als unter ihrem Preis wegzugeben. – Mit den Novellen soll es, wie ich hoffe, auch noch gehen, wenigstens denke ich den Soltau so zugerichtet zu haben, daß er noch vor Ende des Don Quixote völlig den Hals brechen muß.
Ich bin hier, besonders in der letzten Zeit recht fleißig gewesen. Heinrich V. ist mir sehr sauer geworden, auch habe ich, so sehr ich das Stück liebe, mit Abneigung daran gearbeitet. Endlich habe ich diesen Stein vom Herzen und Heinrich VI. entschädigt mich durch die Leichtigkeit und Schnelle, womit er von Statten geht. In sechs Tagen sind 2 Akte fertig geworden und ich denke noch das ganze von hieraus zu expediren. Alsdann begleite ich Carolinen nach Braunschweig, gehe auch nach Hannover auf einige Tage usw. und so nach Jena zurück. Hier werde ich nun die Arbeiten für die Jahrbücher sogleich vornehmen, und dann vermuthlich in der letzten Hälfte des Winters nach Berlin kommen, wo wir recht viel zusammen leben wollen. Ich sehne mich recht nach unsern Gesprächen [7] und Vorlesungen. Du wirst mich vielleicht in manchen Stücken verändert finden, – es muß natürlich den Sinn mehr von der äußern Welt abziehen, wenn man vor allem mit einem abgeschiedenen Wesen lebt. – Die Flecke auf der ersten Seite sind Spuren von Thränen, – ich erwähne es nicht als eine Seltenheit, denn diese Libationen auf das Grab des geliebten Mädchens werden sich immer erneuern, diesen Tod werde ich nie aufhören, zu beweinen. Auf die erste Nachricht habe ich geglaubt, wahnsinnig zu werden, – dieser wütende und empörte Schmerz stellte sich auch bey dem Besuche in Bocklet wieder ein. In der mildesten und heitersten Stimmung liegt mir doch die Wehmuth beständig nahe.
Lebe recht wohl, mein geliebter Freund, ich grüße deine Amalie aufs herzlichste und küsse die allerliebste kleine Dorothea. Wenn du mir von Hamburg aus noch antwortest, so adressire nach Braunschweig beym Professor Wiedemann, sonst nach Jena. Nochmals Adieu.
Dein
A W S.
Denke dir, vor einigen Tagen lasen wir ganz zufällig in einer französischen Zeitung, daß der gute Eschen, auf einer Alpenreise, in eine Eisspalte gestürzt und kläglich umgekommen ist. Es hat mich recht gejammert. Er hat mir noch seinen Horaz geschickt mit einem Briefe, den ich erst bekam, wie er schon todt war.
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