• August Wilhelm von Schlegel to Christian Friedrich Tieck

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 11.06.1836
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Friedrich Tieck
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 11.06.1836
  • Notations: Da der Brief nicht vollständig gedruckt ist, wurde er neu transkribiert. – Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: www.archive.org
  • Bibliography: Hildebrandt, Edmund: Friedrich Tieck. Ein Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte im Zeitalter Goethes und der Romantik. Leipzig 1906, S. 132–133; S. 140–141, Anm. 1.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 11ten Jun 36.
    Theurester Freund!
    Ich war sehr erfreut, einen Brief von dir zu empfangen, u daraus zu erfahren, daß [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(91)
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21 x 12,9 cm
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] Bonn d. 11ten Jun 36.
Theurester Freund!
Ich war sehr erfreut, einen Brief von dir zu empfangen, u daraus zu erfahren, daß du gesund u von neuen Unternehmungen nicht abgeneigt bist. Daß aber dein freundschaftliches Verhältniß mit Rauch getrübt zu seyn scheint, daß du Ursache zu haben glaubst, über seine Verfahrungsweise in Bezug auf dich zu klagen: dieß thut mir über allen Maaßen leid. Ich kann bezeugen, daß Rauch hier von dir nicht nur mit Liebe und Achtung, sondern mit Bewunderung deiner künstlerischen Meisterschaft gesprochen hat. Eben so Schinkel, der sich an deinen Zeichnungen, dem Hylas, der Danaë u. s. w., die meine Zimmer verzieren, gar nicht satt sehen konnte, und sehr darauf drang, bei einer solchen Erfindungsgabe, müssest du mehr für die bloße Zeichnung componiren. Aber freilich behaupteten beide, z du zerstreutest dich zu sehr und verlörest insbesondre viel Zeit mit unersprießlicher Leserei.
Darf ich dir offenherzig sagen, was nach meiner [2] Meynung an der Lage Schuld ist, worüber du dich beklagst? Du stehst in dem Rufe, du lasstest die Besteller von Kunstarbeiten lange warten, u haltest die Zeit der Anfertigung ungeachtet wiederhohlter Mahnungen nicht inne. Wirst du behaupten, daß dieses ganz ungegründet sey?
Was das Beethovensche Monument betrifft, so ist es noch im weiten Felde. Die Aussichten scheinen zwar günstig zu seyn, und xxx in wenigen Monaten sind bedeutende Summen eingegangen. Aber um etwas recht würdiges und großes zu unternehmen, müßten wir drei bis viermal so viel haben, u darüber kann eine geraume Zeit verstreichen. Ich bin der Meynung, man müsse nicht eher zur Ausführung schreiten, als bis man sich überzeugt hat, daß alle Hülfsquellen durchaus erschöpft sind
Es ist mir niemals eingefallen, mich an ausländische Künstler und anders wohin als nach Berlin zu wenden, und ich gedachte an euch drei, Dich, Rauch u Schinkel, als Triumvirn der bildenden Kunst in Deutschland, gemeinschaftlich zu schreiben, nur vorläufig, mit der Bitte, ihre Gedanken auf die [3] schicklichste und originalste Behandlung des Gegenstandes zu richten.
Wir könnten allerdings den Rath eines Baumeisters nöthig haben. Gebäude u Säle zur Aufstellung sind hier nicht; in der Stadt wäre ein einziger Platz allenfalls tauglich, nur allenfalls. Aber wir haben dicht vor der Stadt recht artige Spaziergänge, zum Teil auf dem der Universitat zugehörigen Boden.
Eine Marmorne Statue im Freien auszustellen, ist nicht rathsam. Enteweder müßte sie also von Bronze seyn, oder man müßte etwas eigens dafür erbauen. Ich dächte eine Rotunde. Man sagt mir, dieß sehe den Verzierungen Englischer Parks zu ähnlich. Ich dächte aber, Stil und Material könnte die Sache wohl adeln. Die Brüche vom von farbigem Marmor im Nassauischen liefern Säulenschäfte aus Einem Stück, womit in Wiesbaden sogar die Speisesäle in den Gasthöfen verziert sind, und der Transport auf dem Rheine würde nicht sehr theuer seyn. In Düren sind auch Marmorbrüche, die ich aber nicht kenne.
Doch wie gesagt, dieß sind noch Plane in die Luft [4] und ohne den Wirth gemachte Rechnungen. Man muß sich, wie es im Sprichworte xxx heißt, nach der Decke strecken. Meine Neigung geht auf hohe Gedanken: Basreliefs an der Basis pp.
Da du mich an das Wort des Hesiodus erinnert hast, daß Ein Töpfer dem andern abgünstig sey, so schreibe ich für jetzt an niemand als dich. Sprich aber mit Schinkel, der auch die hiesigen Localitäten kennt, u die Zeichnung zur Anatomie geliefert hat, einem sehr eleganten Gebäude, das unsre Umgebung unvergleichlich ziert.
Ich schreibe deine Mittheilung meinem Gedächtnisse ein, und werde mich bestens bestreben, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, guten Gebrauch davon zu machen.
Sehr ungern habe ich die Präsidentschaft übernommen. Ich habe schon einmal die eines andern Vereins für die Vergrößerung u Verschönerung B der Stadt verwaltet. Nun steht eine stattliche Straße da. Es hat mich unsäglich viel Mühe und Zeit gekostet, u ich darf wohl sagen, ohne meine Beharrlichkeit wäre gar nichts oder nichts ordentliches zu Stande gekommen.
[5] Da du nun mit deinem Gehalte gut gestellt bist, so xxxxxxx xxx, xxxxx du dxxx Geldxxcht xx xxxxx xxxxx xxxx xxxxxxx xxxxx, xxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxx xxx zu xxxxxxx, u wenn du die gehörige Aufsicht über deine Haushaltung führst u dich nicht betrügen läßt, noch etwas zu Auslagen für den Ruhm übrig bleiben. Ich komme auf den Vorschlag, Deine Compositionen in Kupfer stechen zu lassen, zurück. Die Sache ist wahrlich dringend. Die Frontons am Theater sind bewundernswürdig, aber das Material nicht dauerhaft, vollends so hoch in der Luft und unter dem Berlinischen dreimonatlichen Schnee. Eine schöne Sammlung von Kupferstichen, die ein Bibliotheks-Werk bilden, kann leicht das Original überdauern. Ich bin wohl berechtigt zu solchen Ermahnungen. Welche Summen habe ich für die Wissenschaften und den Ruhm an den Indischen Werken und den Vorbereitungen dazu aufgeopfert. Und glaube ja nicht, daß ich es übrig gehabt hätte! Ich habe mir dagegen manches andre versagt, u meine Mittel sind sehr erschöpft.
[6] Melde mir doch von Knorring u deinem Neffen. Ich setze voraus, daß dieser jetzt in Petersburg oder in Estland ist. Ich freute mich seiner Schrift, theils weil sie einen schönen Beweis seiner Kenntnisse und Talente lieferte, theils weil ich hoffte sie sollte das Mittel zum Eintritte in eine thätige öffentliche Laufbahn werden. Doch wenn dieß letzte geschehen wäre, so hättest du es mir wohl gemeldet.
Dein Bruder hat mir einige Hoffnung gemacht nach einer Cur in Baden hierher zu kommen. Er wird mir unendlich willkommen seyn, wie du es ebenfalls wärest. Hast du ihn denn niemals in Dresden besucht? Dieses liegt ja, bei dem jetzigen schnelleren u bequemeren Reisen, so zu sagen, vor den Thoren von Berlin. Oder hast du auch über ihn Ursache zu klagen?
Von den Kunstsachen, die du erwähnst habe ich nicht das mindeste empfangen. Wie hat es nur verloren gehen können? Halte doch Nachfrage.
Nächstens schicke ich an die Akademie der Künste einen Gipsabguß eines antiken bronzenen Gefäßes das hier in der Nachbarschaft ausgegraben worden.
Deine Klage, daß ich alles Lateinisch schreibe, [7] ist ganz ungegründet. Du hättest gar vieles diese Jahre her von mir lesen können, du hast dich nur nicht erkundigt. Erst ein großes Stück sehr unterhaltendes Stück Geschichte in dem Köngl. Berlin. Kalender v 1829 u 31, dann eine französische Schrift über das Studium der Asiatischen Sprachen, dann sehr ausführlich über den Ursprung der Ritterromane im Journal des Debats, endlich de lʼorigine des Hindous, in den Transactions einer Englischen Gelehrten Gesellschaft.
Nun, lebe recht wohl, treuer Freud, und versaure nicht in dem dürren unerfreulichen Berlin, wo du unaufhörlich hockst.
Mit unveränderlicher Freundschaft
Dein
AWv Schlegel

Bonn d. 11 Juni 1836,
[8] [leer]
[1] Bonn d. 11ten Jun 36.
Theurester Freund!
Ich war sehr erfreut, einen Brief von dir zu empfangen, u daraus zu erfahren, daß du gesund u von neuen Unternehmungen nicht abgeneigt bist. Daß aber dein freundschaftliches Verhältniß mit Rauch getrübt zu seyn scheint, daß du Ursache zu haben glaubst, über seine Verfahrungsweise in Bezug auf dich zu klagen: dieß thut mir über allen Maaßen leid. Ich kann bezeugen, daß Rauch hier von dir nicht nur mit Liebe und Achtung, sondern mit Bewunderung deiner künstlerischen Meisterschaft gesprochen hat. Eben so Schinkel, der sich an deinen Zeichnungen, dem Hylas, der Danaë u. s. w., die meine Zimmer verzieren, gar nicht satt sehen konnte, und sehr darauf drang, bei einer solchen Erfindungsgabe, müssest du mehr für die bloße Zeichnung componiren. Aber freilich behaupteten beide, z du zerstreutest dich zu sehr und verlörest insbesondre viel Zeit mit unersprießlicher Leserei.
Darf ich dir offenherzig sagen, was nach meiner [2] Meynung an der Lage Schuld ist, worüber du dich beklagst? Du stehst in dem Rufe, du lasstest die Besteller von Kunstarbeiten lange warten, u haltest die Zeit der Anfertigung ungeachtet wiederhohlter Mahnungen nicht inne. Wirst du behaupten, daß dieses ganz ungegründet sey?
Was das Beethovensche Monument betrifft, so ist es noch im weiten Felde. Die Aussichten scheinen zwar günstig zu seyn, und xxx in wenigen Monaten sind bedeutende Summen eingegangen. Aber um etwas recht würdiges und großes zu unternehmen, müßten wir drei bis viermal so viel haben, u darüber kann eine geraume Zeit verstreichen. Ich bin der Meynung, man müsse nicht eher zur Ausführung schreiten, als bis man sich überzeugt hat, daß alle Hülfsquellen durchaus erschöpft sind
Es ist mir niemals eingefallen, mich an ausländische Künstler und anders wohin als nach Berlin zu wenden, und ich gedachte an euch drei, Dich, Rauch u Schinkel, als Triumvirn der bildenden Kunst in Deutschland, gemeinschaftlich zu schreiben, nur vorläufig, mit der Bitte, ihre Gedanken auf die [3] schicklichste und originalste Behandlung des Gegenstandes zu richten.
Wir könnten allerdings den Rath eines Baumeisters nöthig haben. Gebäude u Säle zur Aufstellung sind hier nicht; in der Stadt wäre ein einziger Platz allenfalls tauglich, nur allenfalls. Aber wir haben dicht vor der Stadt recht artige Spaziergänge, zum Teil auf dem der Universitat zugehörigen Boden.
Eine Marmorne Statue im Freien auszustellen, ist nicht rathsam. Enteweder müßte sie also von Bronze seyn, oder man müßte etwas eigens dafür erbauen. Ich dächte eine Rotunde. Man sagt mir, dieß sehe den Verzierungen Englischer Parks zu ähnlich. Ich dächte aber, Stil und Material könnte die Sache wohl adeln. Die Brüche vom von farbigem Marmor im Nassauischen liefern Säulenschäfte aus Einem Stück, womit in Wiesbaden sogar die Speisesäle in den Gasthöfen verziert sind, und der Transport auf dem Rheine würde nicht sehr theuer seyn. In Düren sind auch Marmorbrüche, die ich aber nicht kenne.
Doch wie gesagt, dieß sind noch Plane in die Luft [4] und ohne den Wirth gemachte Rechnungen. Man muß sich, wie es im Sprichworte xxx heißt, nach der Decke strecken. Meine Neigung geht auf hohe Gedanken: Basreliefs an der Basis pp.
Da du mich an das Wort des Hesiodus erinnert hast, daß Ein Töpfer dem andern abgünstig sey, so schreibe ich für jetzt an niemand als dich. Sprich aber mit Schinkel, der auch die hiesigen Localitäten kennt, u die Zeichnung zur Anatomie geliefert hat, einem sehr eleganten Gebäude, das unsre Umgebung unvergleichlich ziert.
Ich schreibe deine Mittheilung meinem Gedächtnisse ein, und werde mich bestens bestreben, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, guten Gebrauch davon zu machen.
Sehr ungern habe ich die Präsidentschaft übernommen. Ich habe schon einmal die eines andern Vereins für die Vergrößerung u Verschönerung B der Stadt verwaltet. Nun steht eine stattliche Straße da. Es hat mich unsäglich viel Mühe und Zeit gekostet, u ich darf wohl sagen, ohne meine Beharrlichkeit wäre gar nichts oder nichts ordentliches zu Stande gekommen.
[5] Da du nun mit deinem Gehalte gut gestellt bist, so xxxxxxx xxx, xxxxx du dxxx Geldxxcht xx xxxxx xxxxx xxxx xxxxxxx xxxxx, xxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxx xxx zu xxxxxxx, u wenn du die gehörige Aufsicht über deine Haushaltung führst u dich nicht betrügen läßt, noch etwas zu Auslagen für den Ruhm übrig bleiben. Ich komme auf den Vorschlag, Deine Compositionen in Kupfer stechen zu lassen, zurück. Die Sache ist wahrlich dringend. Die Frontons am Theater sind bewundernswürdig, aber das Material nicht dauerhaft, vollends so hoch in der Luft und unter dem Berlinischen dreimonatlichen Schnee. Eine schöne Sammlung von Kupferstichen, die ein Bibliotheks-Werk bilden, kann leicht das Original überdauern. Ich bin wohl berechtigt zu solchen Ermahnungen. Welche Summen habe ich für die Wissenschaften und den Ruhm an den Indischen Werken und den Vorbereitungen dazu aufgeopfert. Und glaube ja nicht, daß ich es übrig gehabt hätte! Ich habe mir dagegen manches andre versagt, u meine Mittel sind sehr erschöpft.
[6] Melde mir doch von Knorring u deinem Neffen. Ich setze voraus, daß dieser jetzt in Petersburg oder in Estland ist. Ich freute mich seiner Schrift, theils weil sie einen schönen Beweis seiner Kenntnisse und Talente lieferte, theils weil ich hoffte sie sollte das Mittel zum Eintritte in eine thätige öffentliche Laufbahn werden. Doch wenn dieß letzte geschehen wäre, so hättest du es mir wohl gemeldet.
Dein Bruder hat mir einige Hoffnung gemacht nach einer Cur in Baden hierher zu kommen. Er wird mir unendlich willkommen seyn, wie du es ebenfalls wärest. Hast du ihn denn niemals in Dresden besucht? Dieses liegt ja, bei dem jetzigen schnelleren u bequemeren Reisen, so zu sagen, vor den Thoren von Berlin. Oder hast du auch über ihn Ursache zu klagen?
Von den Kunstsachen, die du erwähnst habe ich nicht das mindeste empfangen. Wie hat es nur verloren gehen können? Halte doch Nachfrage.
Nächstens schicke ich an die Akademie der Künste einen Gipsabguß eines antiken bronzenen Gefäßes das hier in der Nachbarschaft ausgegraben worden.
Deine Klage, daß ich alles Lateinisch schreibe, [7] ist ganz ungegründet. Du hättest gar vieles diese Jahre her von mir lesen können, du hast dich nur nicht erkundigt. Erst ein großes Stück sehr unterhaltendes Stück Geschichte in dem Köngl. Berlin. Kalender v 1829 u 31, dann eine französische Schrift über das Studium der Asiatischen Sprachen, dann sehr ausführlich über den Ursprung der Ritterromane im Journal des Debats, endlich de lʼorigine des Hindous, in den Transactions einer Englischen Gelehrten Gesellschaft.
Nun, lebe recht wohl, treuer Freud, und versaure nicht in dem dürren unerfreulichen Berlin, wo du unaufhörlich hockst.
Mit unveränderlicher Freundschaft
Dein
AWv Schlegel

Bonn d. 11 Juni 1836,
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