• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Braunschweig · Date: 06.03.1796
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Braunschweig
  • Date: 06.03.1796
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 287‒288.
  • Incipit: „[1] Dreßden den 6ten März 96.
    Dir nehme ich es gar nicht übel, liebster Freund, wenn Du mir selten und wenig oder [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.b,Nr.81
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 17,7 x 11,3 cm
[1] Dreßden den 6ten März 96.
Dir nehme ich es gar nicht übel, liebster Freund, wenn Du mir selten und wenig oder auch gar nichts schreibst. Was ich diesen Winter gedruckt von Dir gelesen habe, und die Hoffnung hier bald mit Dir nach Herzenslust fraternisiren zu können, kann mir einiges ersetzen. Auf K.[aroline] bin ich aber sehr ernstlich böse. Sie hat keine Entschuldigung für diese Unfreundschaftlichkeit: denn das Absingen Deiner zu langen Alexandriner kann unmöglich so viel Zeit erfordern. Wenn in H.[annover] keine Stockung in die Dreßdner Briefe gekommen ist, so muß sie vier oder fünf Briefe von mir noch unbeantwortet haben. –
Ich freue mich herzlich auf Deine Ergiessungen über Sh[akespeare] und G.[oethe]. – Ich schäme mich im voraus auf den Eindruck den mein Versuch dagegen machen wird. Sch.[illers] Urtheil über G.[oethe] gefällt mir ganz und gar nicht. Mit meinem Hauptgesichtspunkt bin ich zufrieden. – Ich habe [2] eine lange Vorrede zum Studium geschrieben, worin ich über Sch.[illers] Abhandlung geredet. So nackt konnte ich diese Geburth nicht in die Welt hinausstossen.
Ich freue mich sehr auf den Romeo, und über Mich.[aelis] gute Zahlung. Wir können uns freuen, mit diesem Manne in Verbindung zu seyn.
Für die Nachrichten vom Ruhnkenius danke ich sehr. Man sieht doch gleich wo Deine starke und Deine schwache Seite sitzt. Singt der Engel Griechisch oder Batavisch?
Was sagst Du zu meinem Vorschlag über Hamlet? Wirf es nur nicht sogleich von der Hand. Ich will doch wohl etwas Gescheutes zu Markte bringen.
Schreib so bald als möglich auch den Tag, wenn Du abreisen willst. Um Gotteswillen halte Dich nirgends auf. Mir wird schon Angst, wenn ich an die Kürze der Zeit denke, die mir zu[3]gemessen wird, um meine durstige Seele zu erquicken. – Dir selbst wird die Zeit sehr kurz verstreichen. Es ist viel Merkwürdiges hier. Ausgaben wirst Du nicht viel haben. 1 Duk.[aten] auf der Galerie. 1 Duk.[aten] etwa an das Mädchen (so viel gab ich ehedem, zu Ostern 93.) ½ Duk.[aten] die Abgüsse. Die Antiken sehn wir umsonst. – Der Balbier kostet mich monatl.[ich] 8 Gr. Vielleicht aber hat Dein Bart einen besonders üppigen Wuchs. Für 12 Gr. aber kannst Du Dich gewiß so viel scheeren lassen, als Du brauchst. Die Wäsche kostet mich etwa wöchentlich 3 Gr. Du kannst wohl 5–6 Gr. brauchen. Mehr aber gewiß nicht. Wo Du zu Tische bist, gibst Du 2 oder 4 Gr. Trinkgeld.
Ich lese Deinen <3ten> Brief noch zu Zeiten als Muster des Styls; denn kein andres Beyspiel entspricht meinem Ideal sosehr. Die Reinheit ist mir schon durch die Gegenstände unerreichbar. Wenn man vielerley Gedanken, auch wohl [4] Schriftstellen von ganz heterogenem Ton anführen muß, so wird das Ganze dadurch bunt. Die einzige Möglichkeit, dann noch eine schöne Einheit hineinzubringen, ist daß man über das Ganze Urbanität – einen liberalen Ton, Festivität zu verbreiten weiß. Danach habe ich in der Diotima aus dunkelm Gefühl gestrebt, und darin ist mir Dein Brief Muster. – Nur strebe unablässig nach Schärfe.
Grüsse K.[aroline] herzlich und schreib bald.
Friedrich Schlegel.
Ich werde nun bald den poetischen Euklides für den Druck ins Reine bringen.
[1] Dreßden den 6ten März 96.
Dir nehme ich es gar nicht übel, liebster Freund, wenn Du mir selten und wenig oder auch gar nichts schreibst. Was ich diesen Winter gedruckt von Dir gelesen habe, und die Hoffnung hier bald mit Dir nach Herzenslust fraternisiren zu können, kann mir einiges ersetzen. Auf K.[aroline] bin ich aber sehr ernstlich böse. Sie hat keine Entschuldigung für diese Unfreundschaftlichkeit: denn das Absingen Deiner zu langen Alexandriner kann unmöglich so viel Zeit erfordern. Wenn in H.[annover] keine Stockung in die Dreßdner Briefe gekommen ist, so muß sie vier oder fünf Briefe von mir noch unbeantwortet haben. –
Ich freue mich herzlich auf Deine Ergiessungen über Sh[akespeare] und G.[oethe]. – Ich schäme mich im voraus auf den Eindruck den mein Versuch dagegen machen wird. Sch.[illers] Urtheil über G.[oethe] gefällt mir ganz und gar nicht. Mit meinem Hauptgesichtspunkt bin ich zufrieden. – Ich habe [2] eine lange Vorrede zum Studium geschrieben, worin ich über Sch.[illers] Abhandlung geredet. So nackt konnte ich diese Geburth nicht in die Welt hinausstossen.
Ich freue mich sehr auf den Romeo, und über Mich.[aelis] gute Zahlung. Wir können uns freuen, mit diesem Manne in Verbindung zu seyn.
Für die Nachrichten vom Ruhnkenius danke ich sehr. Man sieht doch gleich wo Deine starke und Deine schwache Seite sitzt. Singt der Engel Griechisch oder Batavisch?
Was sagst Du zu meinem Vorschlag über Hamlet? Wirf es nur nicht sogleich von der Hand. Ich will doch wohl etwas Gescheutes zu Markte bringen.
Schreib so bald als möglich auch den Tag, wenn Du abreisen willst. Um Gotteswillen halte Dich nirgends auf. Mir wird schon Angst, wenn ich an die Kürze der Zeit denke, die mir zu[3]gemessen wird, um meine durstige Seele zu erquicken. – Dir selbst wird die Zeit sehr kurz verstreichen. Es ist viel Merkwürdiges hier. Ausgaben wirst Du nicht viel haben. 1 Duk.[aten] auf der Galerie. 1 Duk.[aten] etwa an das Mädchen (so viel gab ich ehedem, zu Ostern 93.) ½ Duk.[aten] die Abgüsse. Die Antiken sehn wir umsonst. – Der Balbier kostet mich monatl.[ich] 8 Gr. Vielleicht aber hat Dein Bart einen besonders üppigen Wuchs. Für 12 Gr. aber kannst Du Dich gewiß so viel scheeren lassen, als Du brauchst. Die Wäsche kostet mich etwa wöchentlich 3 Gr. Du kannst wohl 5–6 Gr. brauchen. Mehr aber gewiß nicht. Wo Du zu Tische bist, gibst Du 2 oder 4 Gr. Trinkgeld.
Ich lese Deinen <3ten> Brief noch zu Zeiten als Muster des Styls; denn kein andres Beyspiel entspricht meinem Ideal sosehr. Die Reinheit ist mir schon durch die Gegenstände unerreichbar. Wenn man vielerley Gedanken, auch wohl [4] Schriftstellen von ganz heterogenem Ton anführen muß, so wird das Ganze dadurch bunt. Die einzige Möglichkeit, dann noch eine schöne Einheit hineinzubringen, ist daß man über das Ganze Urbanität – einen liberalen Ton, Festivität zu verbreiten weiß. Danach habe ich in der Diotima aus dunkelm Gefühl gestrebt, und darin ist mir Dein Brief Muster. – Nur strebe unablässig nach Schärfe.
Grüsse K.[aroline] herzlich und schreib bald.
Friedrich Schlegel.
Ich werde nun bald den poetischen Euklides für den Druck ins Reine bringen.
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