• August Wilhelm von Schlegel to Sophie von Schlegel

  • Place of Dispatch: Koblenz · Place of Destination: Unknown · Date: 16.09.1818
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie von Schlegel
  • Place of Dispatch: Koblenz
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 16.09.1818
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 365594180
  • Bibliography: Reichlin-Meldegg, Karl Alexander von: Heinrich Eberhard Gottlob Paulus und seine Zeit, nach dessen literarischem Nachlasse, bisher ungedrucktem Briefwechsel und mündlichen Mittheilungen dargestellt. Bd. 2. Stuttgart 1853, S. 203‒205.
  • Incipit: „Coblenz, den 16. September Vormittags: „Ich habe Dir zweimal aus Frankfurt geschrieben, liebe Sophie! Seit mehreren Tagen hat es nicht geschehen [...]“
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Coblenz, den 16. September Vormittags: „Ich habe Dir zweimal aus Frankfurt geschrieben, liebe Sophie! Seit mehreren Tagen hat es nicht geschehen können, theils, weil ich unterwegs war, theils, weil ich hier gleich in den fürstlichen Wirrwarr hineingerieth, und keinen Augenblick versäumen durfte, um der Leute habhaft zu werden, die ich sprechen mußte. Ich hoffe den Zweck meiner Reise vollkommen erreicht zu haben. Der Staatskanzler hat mich sehr gnädig aufgenommen, und sich in Betreff meines Wunsches, zuerst in Bonn aufzutreten, sogleich willfährig bezeugt. Koreff machte mir anfangs viele Einwendungen, und wollte meine Gründe nicht gelten lassen, woraus ich schließen muß, daß der Minister v. Altenstein lebhaft auf meine unmittelbare Bestimmung nach Berlin gedrungen; denn Koreff selbst hatte mir zuvor die gewünschte Modification meines Rufes als sehr leicht zu erlangen vorgestellt. Nachher habe ich ihn aber doch umgestimmt, und er hat mir versprochen, die Sache in meinem Sinn vorzutragen. Er sagte mir, der Minister wünsche meine persönliche Gegenwart, weil er mich in das Ministerium ziehen wolle, das heißt, in das Collegium, welches unter seinem Vorsitz die Angelegenheiten des öffentlichen Unterrichts zu berathen verordnet ist. Daß ich in Berlin eine glänzende Aufnahme und mancherlei Annehmlichkeiten und Vortheile finden würde, ist ganz gewiß; aber das Wichtigste ist Deine und unserer theuren Eltern Zufriedenheit. Hierauf bin ich zuvörderst bedacht. Eine wichtige Bekanntschaft habe ich gemacht an dem Geheimenrath Eichhorn; ich schmeichle mir, sein Wohlwollen gewonnen zu haben. Ich habe sehr ausführlich mit diesem vortrefflichen Manne gesprochen, ihm meine gelehrten Plane und alles Uebrige vorgelegt. Er hat mich versichert, daß meine Wünsche, nämlich erst auf Ostern und zunächst in Bonn anzutreten, ohne Schwierigkeit erfüllt werden würden. Man hatte mir in Frankfurt gesagt, der Minister Altenstein werde um die Mitte Septembers am Rhein erwartet; er wird aber erst zu Ende des Monats oder vielleicht noch später eintreffen. Der Staatskanzler sagte mir, ich möchte um diese Zeit nach Aachen kommen, um den Minister dort zu sprechen und Alles mit ihm abzureden. Dies machte mich bestürzt, weil es mich um drei Wochen länger von Dir getrennt haben würde; aber es war nur eine leicht hingeworfene Aeußerung. Eichhorn sagte mir, ich hätte vollkommen Recht, jetzt zurückzukehren, ein solches Warten sei mir nicht zuzumuthen, und er übernahm es, in meinem Namen dem Minister Alles zu sagen, was ich ihm vorzutragen haben würde. Sollte Hr. v. Altenstein durch Frankfurt kommen, so könnte ich vielleicht frühzeitig genug benachrichtigt werden, um ihm dort aufzuwarten, da ich von Heidelberg aus in zehn bis zwölf Stunden hinkommen kann.“
„Heute sind so eben zwischen eilf und zwölf Uhr die beiden Fürsten Minister abgereist; aber nun sind keine Pferde bis um sechs Uhr Abends zu haben; ‒ ich würde also bis Bonn in die Nacht fahren müssen, und werde erst morgen abreisen. Dort bleibe ich nur so lange, bis ich die vorzüglichsten Wohnungen besehen habe. Ich will es so einzurichten suchen, daß ich nicht gleich einen Vertrag abzuschließen brauche, sondern mir den bestimmten Bescheid in einigen Wochen zu geben vorbehalte. Sobald ich mit diesem Geschäfte fertig bin, reise ich sogleich wieder von Bonn ab, und werde alsdann, um die schlimmen Wege zu vermeiden, wodurch ich diesmal wieder zwischen Schwalbach und Nassau beinahe ein Unglück erlebt hätte, über Mainz gehen, ‒ von da nach Frankfurt, um mit Friedrich zu sprechen. Ich werde mich überhaupt nur einige Stunden in Frankfurt aufhalten und eben so lange in Heidelberg, und dann geradezu nach Stuttgart gehen, wo ich den 21. oder 22. einzutreffen hoffe.“
„Ich habe zu meiner großen Freude Deinen ersten Brief empfangen ‒ ohne Zeit- und Ortsangabe, worauf bei Reisen Alles ankommt. Dies hat die kluge Sophie vergessen und die lieben Eltern ebenfalls in den gütigen Zeilen, welche sie hinzugefügt haben, und wofür ich ihnen tausendmal danke. Indessen errathe ich, daß der Brief von Vaihingen am Morgen vor der Abreise nach Stuttgart abgefertigt worden ist. Weiter hinaus weiß ich nun nichts, und werde auch nichts erfahren, bis ich nach Frankfurt zurückkomme, da die Zeit zu kurz war, um die Briefe von dort nachschicken zu lassen.“
„Gestern habe ich eine glänzende und ermüdende Partie im Gefolge der Fürsten Minister mitgemacht. Zuerst hat man die Festungswerke von Ehrenbreitstein besehen, dann die Sayner Eisenhütte; dann sind wir nach dem Schloß Engers am Rhein gefahren, wo man um halb fünf Uhr gefrühstückt hat, hierauf zurück, und um acht Uhr Abends haben wir zu Mittag gegessen beim Minister Ingersleben. Es hat mir Gelegenheit gegeben, noch viel mit Koreff und Eichhorn zu sprechen.“
Ich sehne mich unaussprechlich nach Dir, süßer Engel! Durch welche Sünden habe ich nur diese grausame Trennung verdient? Es soll mir nicht leicht wieder begegnen. Es gibt keine weltlichen Vortheile, die einen solchen Verlust aufwiegen können. Ich lebe nur bei Dir und für Dich bis zum letzten Athemzuge.“ ‒ „Dein Bild schwebt Nachts vor mir, und läßt mich nicht ruhen. Wann wird mir wieder der Blick Deiner himmlischen Augen begegnen? Sage Deinen und unsern Eltern, daß mir Wilhelm die größte Freude macht, und mir ein sehr lieber Begleiter ist. Aber ach! Die Begleiterin fehlt mir. Nichts kann sie ersetzen. Mit meinem Willen werde ich keine Minute mehr von Dir getrennt sein. Meinst Du es auch so? Gott, Gott hat Dich mir geschenkt!Liebe mich, sonst muß ich vergehen!
Dein Wilhelm August.
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Coblenz, den 16. September Vormittags: „Ich habe Dir zweimal aus Frankfurt geschrieben, liebe Sophie! Seit mehreren Tagen hat es nicht geschehen können, theils, weil ich unterwegs war, theils, weil ich hier gleich in den fürstlichen Wirrwarr hineingerieth, und keinen Augenblick versäumen durfte, um der Leute habhaft zu werden, die ich sprechen mußte. Ich hoffe den Zweck meiner Reise vollkommen erreicht zu haben. Der Staatskanzler hat mich sehr gnädig aufgenommen, und sich in Betreff meines Wunsches, zuerst in Bonn aufzutreten, sogleich willfährig bezeugt. Koreff machte mir anfangs viele Einwendungen, und wollte meine Gründe nicht gelten lassen, woraus ich schließen muß, daß der Minister v. Altenstein lebhaft auf meine unmittelbare Bestimmung nach Berlin gedrungen; denn Koreff selbst hatte mir zuvor die gewünschte Modification meines Rufes als sehr leicht zu erlangen vorgestellt. Nachher habe ich ihn aber doch umgestimmt, und er hat mir versprochen, die Sache in meinem Sinn vorzutragen. Er sagte mir, der Minister wünsche meine persönliche Gegenwart, weil er mich in das Ministerium ziehen wolle, das heißt, in das Collegium, welches unter seinem Vorsitz die Angelegenheiten des öffentlichen Unterrichts zu berathen verordnet ist. Daß ich in Berlin eine glänzende Aufnahme und mancherlei Annehmlichkeiten und Vortheile finden würde, ist ganz gewiß; aber das Wichtigste ist Deine und unserer theuren Eltern Zufriedenheit. Hierauf bin ich zuvörderst bedacht. Eine wichtige Bekanntschaft habe ich gemacht an dem Geheimenrath Eichhorn; ich schmeichle mir, sein Wohlwollen gewonnen zu haben. Ich habe sehr ausführlich mit diesem vortrefflichen Manne gesprochen, ihm meine gelehrten Plane und alles Uebrige vorgelegt. Er hat mich versichert, daß meine Wünsche, nämlich erst auf Ostern und zunächst in Bonn anzutreten, ohne Schwierigkeit erfüllt werden würden. Man hatte mir in Frankfurt gesagt, der Minister Altenstein werde um die Mitte Septembers am Rhein erwartet; er wird aber erst zu Ende des Monats oder vielleicht noch später eintreffen. Der Staatskanzler sagte mir, ich möchte um diese Zeit nach Aachen kommen, um den Minister dort zu sprechen und Alles mit ihm abzureden. Dies machte mich bestürzt, weil es mich um drei Wochen länger von Dir getrennt haben würde; aber es war nur eine leicht hingeworfene Aeußerung. Eichhorn sagte mir, ich hätte vollkommen Recht, jetzt zurückzukehren, ein solches Warten sei mir nicht zuzumuthen, und er übernahm es, in meinem Namen dem Minister Alles zu sagen, was ich ihm vorzutragen haben würde. Sollte Hr. v. Altenstein durch Frankfurt kommen, so könnte ich vielleicht frühzeitig genug benachrichtigt werden, um ihm dort aufzuwarten, da ich von Heidelberg aus in zehn bis zwölf Stunden hinkommen kann.“
„Heute sind so eben zwischen eilf und zwölf Uhr die beiden Fürsten Minister abgereist; aber nun sind keine Pferde bis um sechs Uhr Abends zu haben; ‒ ich würde also bis Bonn in die Nacht fahren müssen, und werde erst morgen abreisen. Dort bleibe ich nur so lange, bis ich die vorzüglichsten Wohnungen besehen habe. Ich will es so einzurichten suchen, daß ich nicht gleich einen Vertrag abzuschließen brauche, sondern mir den bestimmten Bescheid in einigen Wochen zu geben vorbehalte. Sobald ich mit diesem Geschäfte fertig bin, reise ich sogleich wieder von Bonn ab, und werde alsdann, um die schlimmen Wege zu vermeiden, wodurch ich diesmal wieder zwischen Schwalbach und Nassau beinahe ein Unglück erlebt hätte, über Mainz gehen, ‒ von da nach Frankfurt, um mit Friedrich zu sprechen. Ich werde mich überhaupt nur einige Stunden in Frankfurt aufhalten und eben so lange in Heidelberg, und dann geradezu nach Stuttgart gehen, wo ich den 21. oder 22. einzutreffen hoffe.“
„Ich habe zu meiner großen Freude Deinen ersten Brief empfangen ‒ ohne Zeit- und Ortsangabe, worauf bei Reisen Alles ankommt. Dies hat die kluge Sophie vergessen und die lieben Eltern ebenfalls in den gütigen Zeilen, welche sie hinzugefügt haben, und wofür ich ihnen tausendmal danke. Indessen errathe ich, daß der Brief von Vaihingen am Morgen vor der Abreise nach Stuttgart abgefertigt worden ist. Weiter hinaus weiß ich nun nichts, und werde auch nichts erfahren, bis ich nach Frankfurt zurückkomme, da die Zeit zu kurz war, um die Briefe von dort nachschicken zu lassen.“
„Gestern habe ich eine glänzende und ermüdende Partie im Gefolge der Fürsten Minister mitgemacht. Zuerst hat man die Festungswerke von Ehrenbreitstein besehen, dann die Sayner Eisenhütte; dann sind wir nach dem Schloß Engers am Rhein gefahren, wo man um halb fünf Uhr gefrühstückt hat, hierauf zurück, und um acht Uhr Abends haben wir zu Mittag gegessen beim Minister Ingersleben. Es hat mir Gelegenheit gegeben, noch viel mit Koreff und Eichhorn zu sprechen.“
Ich sehne mich unaussprechlich nach Dir, süßer Engel! Durch welche Sünden habe ich nur diese grausame Trennung verdient? Es soll mir nicht leicht wieder begegnen. Es gibt keine weltlichen Vortheile, die einen solchen Verlust aufwiegen können. Ich lebe nur bei Dir und für Dich bis zum letzten Athemzuge.“ ‒ „Dein Bild schwebt Nachts vor mir, und läßt mich nicht ruhen. Wann wird mir wieder der Blick Deiner himmlischen Augen begegnen? Sage Deinen und unsern Eltern, daß mir Wilhelm die größte Freude macht, und mir ein sehr lieber Begleiter ist. Aber ach! Die Begleiterin fehlt mir. Nichts kann sie ersetzen. Mit meinem Willen werde ich keine Minute mehr von Dir getrennt sein. Meinst Du es auch so? Gott, Gott hat Dich mir geschenkt!Liebe mich, sonst muß ich vergehen!
Dein Wilhelm August.
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