• August Wilhelm von Schlegel to Luise Gotter

  • Place of Dispatch: Bamberg · Place of Destination: Unknown · Date: 21.08.1800
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Luise Gotter
  • Place of Dispatch: Bamberg
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 21.08.1800
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370515684
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 606‒608.
  • Incipit: „Bamberg d. 21 Aug 1800
    Haben Sie herzlichen Dank, theuerste Freundin, für Ihren so innigen und liebevollen Brief, den Caroline mit [...]“
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Bamberg d. 21 Aug 1800
Haben Sie herzlichen Dank, theuerste Freundin, für Ihren so innigen und liebevollen Brief, den Caroline mit den wohlthätigsten Gefühlen gelesen hat, weil sie darin Ihr ganzes Herz ausgesprochen, Ihre mütterlichen Gesinnungen für Augusten, und Ihre schwesterlichen gegen sie wiederfand. Verzeihen Sie aber auch, wenn ich für jetzt nicht zugebe, daß sie ihn selbst beantwortet, und es daher in ihrem Namen übernehme. Auch die freundschaftlichste Ergießung ihrer Trauer kann nicht ohne heftige Erschütterungen abgehn, die sie jetzt, bey dem gänzlichen Verfall ihrer Kräfte, durchaus vermeiden muß. Ich hoffe aber, sie wird noch einmal zu andrer Zeit an Ihrem Herzen lindernd weinen, wenn gleich dieser Schmerz niemals ausgeweint werden kann.
Ich habe noch um Ihre Verzeihung zu bitten, daß ich es dem Zufall und fremden Menschen überließ, die traurige Nachricht zu Ihnen zu bringen. Ich war aber während der zwey Tage, die ich nach Empfang derselben noch in Jena blieb, so ganz zerrüttet, daß ich durch die häufige schriftliche Wiederhohlung mir nicht zu stark zusetzen durfte, wenn ich noch einige Kraft und Besinnung behalten wollte. Es beunruhigte mich sehr; ich konnte es aber nicht möglich machen Ihnen noch vorher zu schreiben. Von hier aus wird Mad. Schläger einen Brief von mir erhalten und Ihnen die Nachrichten über Carolinens Gesundheit daraus mitgetheilt haben. Sie ist nach der Versicherung der Ärzte nicht in einem besorglichen Zustande; es ist kein besondres Übel, sondern bloß allgemeine Schwäche, die freylich durch den beständigen Gram immer unterhalten wird, so daß die stärkendsten Mittel ihre Wirksamkeit zu verlieren scheinen. Indessen hoffe ich, sie soll in vier oder sechs Wochen zu einer längeren Reise im Stande seyn ‒ dann geht sie nach Braunschweig zu ihrer Mutter und Schwester. Vielleicht hat sie bey ihrer Zurückkunft nach Jena den Trost, Sie und Ihre lieben Töchter und Mad. Schlaeger auf einige Tage zu sehen.
Über Augustens Verlust lassen Sie mich nicht reden, es ist nicht in Worte zu fassen. Von Ihnen wurde sie als eignes Kind geliebt, aber sie mußte dem fremdesten, ja ich darf sagen dem gleichgültigsten Menschen als ein ausgezeichnetes Wesen erscheinen, so himmlisch hatte sie sich, noch seit Sie zuletzt sie sahen, entwickelt. ‒ Vor kurzem habe ich die erste Wallfahrt zu ihrem Grabe angetreten. Es liegt neun Meilen von hier, in einem eng umschloßnen lachenden Thale, das keine Gräber ankündigt; sie ruht auf einem engen und ärmlichen Dorfkirchhofe, der aber frey liegt, und von dem man das schöne Thal übersieht. Es wird Sorge getragen werden, ihr Andenken dort zu bezeichnen.
Ihrer lieben Cäcilie sagen Sie viel herzliches von uns. Wie schön hätte sich auch diese Freundschaft noch ausbilden können, wenn Auguste gelebt hätte. Wir hoffen gute Nachricht von der Gesundheit des liebenswürdigen guten Mädchens, die schon so frühe und so viel körperlich hat leiden müssen.
Der Himmel erhalte Sie und die Ihrigen, denken Sie mitfühlend an uns, so wird unsre Überzeugung hievon ungeachtet der Entfernung wohlthätig auf uns wirken. Leben Sie recht wohl.
Ihr ergebenster
A. W. Schlegel.

Die besten Empfehlungen an Madam Schläger.
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Bamberg d. 21 Aug 1800
Haben Sie herzlichen Dank, theuerste Freundin, für Ihren so innigen und liebevollen Brief, den Caroline mit den wohlthätigsten Gefühlen gelesen hat, weil sie darin Ihr ganzes Herz ausgesprochen, Ihre mütterlichen Gesinnungen für Augusten, und Ihre schwesterlichen gegen sie wiederfand. Verzeihen Sie aber auch, wenn ich für jetzt nicht zugebe, daß sie ihn selbst beantwortet, und es daher in ihrem Namen übernehme. Auch die freundschaftlichste Ergießung ihrer Trauer kann nicht ohne heftige Erschütterungen abgehn, die sie jetzt, bey dem gänzlichen Verfall ihrer Kräfte, durchaus vermeiden muß. Ich hoffe aber, sie wird noch einmal zu andrer Zeit an Ihrem Herzen lindernd weinen, wenn gleich dieser Schmerz niemals ausgeweint werden kann.
Ich habe noch um Ihre Verzeihung zu bitten, daß ich es dem Zufall und fremden Menschen überließ, die traurige Nachricht zu Ihnen zu bringen. Ich war aber während der zwey Tage, die ich nach Empfang derselben noch in Jena blieb, so ganz zerrüttet, daß ich durch die häufige schriftliche Wiederhohlung mir nicht zu stark zusetzen durfte, wenn ich noch einige Kraft und Besinnung behalten wollte. Es beunruhigte mich sehr; ich konnte es aber nicht möglich machen Ihnen noch vorher zu schreiben. Von hier aus wird Mad. Schläger einen Brief von mir erhalten und Ihnen die Nachrichten über Carolinens Gesundheit daraus mitgetheilt haben. Sie ist nach der Versicherung der Ärzte nicht in einem besorglichen Zustande; es ist kein besondres Übel, sondern bloß allgemeine Schwäche, die freylich durch den beständigen Gram immer unterhalten wird, so daß die stärkendsten Mittel ihre Wirksamkeit zu verlieren scheinen. Indessen hoffe ich, sie soll in vier oder sechs Wochen zu einer längeren Reise im Stande seyn ‒ dann geht sie nach Braunschweig zu ihrer Mutter und Schwester. Vielleicht hat sie bey ihrer Zurückkunft nach Jena den Trost, Sie und Ihre lieben Töchter und Mad. Schlaeger auf einige Tage zu sehen.
Über Augustens Verlust lassen Sie mich nicht reden, es ist nicht in Worte zu fassen. Von Ihnen wurde sie als eignes Kind geliebt, aber sie mußte dem fremdesten, ja ich darf sagen dem gleichgültigsten Menschen als ein ausgezeichnetes Wesen erscheinen, so himmlisch hatte sie sich, noch seit Sie zuletzt sie sahen, entwickelt. ‒ Vor kurzem habe ich die erste Wallfahrt zu ihrem Grabe angetreten. Es liegt neun Meilen von hier, in einem eng umschloßnen lachenden Thale, das keine Gräber ankündigt; sie ruht auf einem engen und ärmlichen Dorfkirchhofe, der aber frey liegt, und von dem man das schöne Thal übersieht. Es wird Sorge getragen werden, ihr Andenken dort zu bezeichnen.
Ihrer lieben Cäcilie sagen Sie viel herzliches von uns. Wie schön hätte sich auch diese Freundschaft noch ausbilden können, wenn Auguste gelebt hätte. Wir hoffen gute Nachricht von der Gesundheit des liebenswürdigen guten Mädchens, die schon so frühe und so viel körperlich hat leiden müssen.
Der Himmel erhalte Sie und die Ihrigen, denken Sie mitfühlend an uns, so wird unsre Überzeugung hievon ungeachtet der Entfernung wohlthätig auf uns wirken. Leben Sie recht wohl.
Ihr ergebenster
A. W. Schlegel.

Die besten Empfehlungen an Madam Schläger.
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