• Wilhelm von Humboldt to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: London · Place of Destination: Unknown · Date: 10.05.1818
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Wilhelm von Humboldt
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: London
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 10.05.1818
    Printed Text
  • Bibliography: Briefwechsel zwischen Wilhelm von Humboldt und August Wilhelm Schlegel. Hg. v. Albert Leitzmann. Halle 1908, S. 3‒5.
  • Incipit: „[1] London, den 10. Mai, 1818.
    Ich bin mehr, als ich es Ihnen ausdrücken kann, beschämt, Ihr gütiges Schreiben, das mir, nach [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33865
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.11,Nr.58
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 22,9 x 18,8 cm
[1] London, den 10. Mai, 1818.
Ich bin mehr, als ich es Ihnen ausdrücken kann, beschämt, Ihr gütiges Schreiben, das mir, nach so langen Jahren der Trennung, ein überaus schmeichelhaftes Zeichen des Andenkens war, erst so unendlich spät zu beantworten. Ich wünschte, verehrungswürdigster Freund, mir einen Antheil an Ihrer Berufung zuschreiben zu können. Ich möchte aber nicht mir ein Verdienst anmaßen, was meine damalige Abwesenheit von dem Aufenthalt des Staatskanzlers mich zu haben verhinderte, und was, soviel ich weiß, HErrn Koreff und Stegemann, oder dem ersteren allein gebührt. Auf jeden Fall wünsche ich von Herzen, daß der Plan in Erfüllung gehen möge. Außer dem Nutzen, den seine Ausführung der Berliner Universität bringen würde, erhielte ich auch dadurch die angenehme Aussicht, wieder einmal in Ihrer Nähe zu leben.
Die Uebersicht, die Sie mir von Ihren Arbeiten und den Werken, die Sie zu liefern gedenken, geben, hat mich in hohem Grade interessirt. Nur bei Ihrem Umfang von gelehrten Kenntnissen, und der Mannigfaltigkeit Ihrer Talente ist es möglich, den Entschluß zu so vielen, und so wichtigen Arbeiten zu fassen. In Absicht Berlins ist mein erster, einigermaßen niederschlagender Gedanke dabei gewesen, daß es Ihnen dort sehr leicht zu sehr an literarischen Hülfsmitteln fehlen kann. Die Bibliothek ist noch sehr unvollständig, und man muß sich meistentheils auf die Bücher verlassen, die man selbst besitzt.
Gegen das Französisch Schreiben mag es wohl viele Schreier jetzt in Deutschland geben, allein Sie würden Sich ebenso darüber wegsetzen, [2] als, und mit großem Rechte, mein Bruder es thut. Ich kann zwar nicht läugnen, daß auch ich der Meynung bin, daß der Geist eines Schriftstellers nur bei dem Gebrauch Einer Sprache, und zwar derjenigen, die von Kindheit an die seinige gewesen ist, seine ganze Fülle, Gediegenheit und Freiheit hat, und daß derjenige doppelt zu verlieren Gefahr läuft, welcher die Deutsche mit der Französischen vertauscht. Bei den guten Schriftstellern dieser Art merkt man allerdings den Werken selbst keinen positiven Mangel darin an, allein es entsteht das billige Bedenken, ob das Werk nicht noch und viel anders, ohne dies Aufopfern des natürlicheren und vollkommneren Mittheilungsmittels geworden seyn würde. Allein hierbei ist die Besorgniß vielleicht zu weit getrieben, und es kann auch äußere Rücksichten geben, die noch wichtiger sind, und daher den allenfalsigen Verlust übersehen lassen.
Ich wünsche ungemein, recht bald zu erfahren, daß Ihre Anstellung in Berlin gänzlich zu Stande gekommen ist; lassen Sie es mich, ich bitte Sie recht sehr, sogleich wissen, und erhalten Sie mir Ihre gütigen und freundschaftlichen Gesinnungen. Mit der hochachtungsvollsten Anhänglichkeit
Ihr ergebenster,
Humboldt.

NS. Ich bekomme soeben einen Brief meines Bruders, aus dem [3] ich sehe, daß Sie noch immer ohne bestimmte Antwort aus Berlin sind. Ich bin überzeugt, daß es bloß daran liegt, daß die Universität, bei vielen Bedürfnissen neuer Lehrer (die ich wenigstens ihr kenne), jetzt nicht Fonds genug hat, Ihnen ein solches Gehalt zu bieten, als der Curator fühlt, daß Sie erwarten können, und daß die Angelegenheit an den Staatskanzler gebracht worden ist, dessen überhäufte Geschäfte die Erledigung verzögern. Alles Schreiben hilft in solchen Dingen wenig. Sind Sie, wie es mir scheint, und wie ich es ausnehmend wünsche, entschlossen, nach Berlin zu gehen, insofern nur der Punkt des Gehaltes gehörig berichtigt werden kann, so rathe ich Ihnen, eins von beiden zu thun, entweder nach Berlin, oder zum Staatskanzler zu reisen, sobald dieser wieder nach den Rheinprovinzen kommt. Wählen Sie das Erstere, so müssen Sie im Junius dort seyn. Denn es ist wesentlich, daß Sie den Staatskanzler auch (außer dem Departementsminister) finden, und der Staatskanzler will Anfangs Julius (obgleich sich dies freilich wahrscheinlich verspätet) in Aachen seyn. Ziehen Sie das Letzte vor, so haben Sie bis zum Anfang der Zusammenkunft der Souveraine (Ende September) Zeit. Ich würde, wenn Ihre Zeit es erlaubt, die Berliner Reise vorziehen. Sie sehen zugleich den Ort wieder, den Sie bewohnen wollen, und machen besser Ihre Plane. Sie bedürfen nirgend einer Empfehlung; sonst erhalten Sie jede, die Sie wünschen, mit großem Vergnügen mit umgehender Post von mir. Leben Sie recht wohl!
[4]
H.
[1] London, den 10. Mai, 1818.
Ich bin mehr, als ich es Ihnen ausdrücken kann, beschämt, Ihr gütiges Schreiben, das mir, nach so langen Jahren der Trennung, ein überaus schmeichelhaftes Zeichen des Andenkens war, erst so unendlich spät zu beantworten. Ich wünschte, verehrungswürdigster Freund, mir einen Antheil an Ihrer Berufung zuschreiben zu können. Ich möchte aber nicht mir ein Verdienst anmaßen, was meine damalige Abwesenheit von dem Aufenthalt des Staatskanzlers mich zu haben verhinderte, und was, soviel ich weiß, HErrn Koreff und Stegemann, oder dem ersteren allein gebührt. Auf jeden Fall wünsche ich von Herzen, daß der Plan in Erfüllung gehen möge. Außer dem Nutzen, den seine Ausführung der Berliner Universität bringen würde, erhielte ich auch dadurch die angenehme Aussicht, wieder einmal in Ihrer Nähe zu leben.
Die Uebersicht, die Sie mir von Ihren Arbeiten und den Werken, die Sie zu liefern gedenken, geben, hat mich in hohem Grade interessirt. Nur bei Ihrem Umfang von gelehrten Kenntnissen, und der Mannigfaltigkeit Ihrer Talente ist es möglich, den Entschluß zu so vielen, und so wichtigen Arbeiten zu fassen. In Absicht Berlins ist mein erster, einigermaßen niederschlagender Gedanke dabei gewesen, daß es Ihnen dort sehr leicht zu sehr an literarischen Hülfsmitteln fehlen kann. Die Bibliothek ist noch sehr unvollständig, und man muß sich meistentheils auf die Bücher verlassen, die man selbst besitzt.
Gegen das Französisch Schreiben mag es wohl viele Schreier jetzt in Deutschland geben, allein Sie würden Sich ebenso darüber wegsetzen, [2] als, und mit großem Rechte, mein Bruder es thut. Ich kann zwar nicht läugnen, daß auch ich der Meynung bin, daß der Geist eines Schriftstellers nur bei dem Gebrauch Einer Sprache, und zwar derjenigen, die von Kindheit an die seinige gewesen ist, seine ganze Fülle, Gediegenheit und Freiheit hat, und daß derjenige doppelt zu verlieren Gefahr läuft, welcher die Deutsche mit der Französischen vertauscht. Bei den guten Schriftstellern dieser Art merkt man allerdings den Werken selbst keinen positiven Mangel darin an, allein es entsteht das billige Bedenken, ob das Werk nicht noch und viel anders, ohne dies Aufopfern des natürlicheren und vollkommneren Mittheilungsmittels geworden seyn würde. Allein hierbei ist die Besorgniß vielleicht zu weit getrieben, und es kann auch äußere Rücksichten geben, die noch wichtiger sind, und daher den allenfalsigen Verlust übersehen lassen.
Ich wünsche ungemein, recht bald zu erfahren, daß Ihre Anstellung in Berlin gänzlich zu Stande gekommen ist; lassen Sie es mich, ich bitte Sie recht sehr, sogleich wissen, und erhalten Sie mir Ihre gütigen und freundschaftlichen Gesinnungen. Mit der hochachtungsvollsten Anhänglichkeit
Ihr ergebenster,
Humboldt.

NS. Ich bekomme soeben einen Brief meines Bruders, aus dem [3] ich sehe, daß Sie noch immer ohne bestimmte Antwort aus Berlin sind. Ich bin überzeugt, daß es bloß daran liegt, daß die Universität, bei vielen Bedürfnissen neuer Lehrer (die ich wenigstens ihr kenne), jetzt nicht Fonds genug hat, Ihnen ein solches Gehalt zu bieten, als der Curator fühlt, daß Sie erwarten können, und daß die Angelegenheit an den Staatskanzler gebracht worden ist, dessen überhäufte Geschäfte die Erledigung verzögern. Alles Schreiben hilft in solchen Dingen wenig. Sind Sie, wie es mir scheint, und wie ich es ausnehmend wünsche, entschlossen, nach Berlin zu gehen, insofern nur der Punkt des Gehaltes gehörig berichtigt werden kann, so rathe ich Ihnen, eins von beiden zu thun, entweder nach Berlin, oder zum Staatskanzler zu reisen, sobald dieser wieder nach den Rheinprovinzen kommt. Wählen Sie das Erstere, so müssen Sie im Junius dort seyn. Denn es ist wesentlich, daß Sie den Staatskanzler auch (außer dem Departementsminister) finden, und der Staatskanzler will Anfangs Julius (obgleich sich dies freilich wahrscheinlich verspätet) in Aachen seyn. Ziehen Sie das Letzte vor, so haben Sie bis zum Anfang der Zusammenkunft der Souveraine (Ende September) Zeit. Ich würde, wenn Ihre Zeit es erlaubt, die Berliner Reise vorziehen. Sie sehen zugleich den Ort wieder, den Sie bewohnen wollen, und machen besser Ihre Plane. Sie bedürfen nirgend einer Empfehlung; sonst erhalten Sie jede, die Sie wünschen, mit großem Vergnügen mit umgehender Post von mir. Leben Sie recht wohl!
[4]
H.
×
×