• Dorothea von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Unknown · Date: 25.11.1809
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Dorothea von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 25.11.1809
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 88‒91.
  • Incipit: „W.[ien] den 25ten Nov. [180]9
    Unser lieber vortreflicher Bruder! Sie geben mir die Erlaubniß Ihnen nur recht oft zu schreiben, ohne erst [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,II,5
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,9 x 11,5 cm
W.[ien] den 25ten Nov. [180]9
Unser lieber vortreflicher Bruder! Sie geben mir die Erlaubniß Ihnen nur recht oft zu schreiben, ohne erst lange eine Antwort abzuwarten; und ich, gar nicht faul, lasse mir dergleichen nicht zweimal sagen. Zwar weiß der Himmel ob meine Briefe Sie antreffen? wo sie Sie antreffen? – aber mich stört das nicht viel; wenn man so lange und so oft von den geliebten Personen getrennt lebt, als ich es leider muß, so bekömt man eine Art von Routine in Monologen halten. Alle meine Gedanken an Entfernte zu richten ist mir so zur Gewohnheit geworden, daß ich mich weit eher entschließen kann sie in einem Briefe mitzutheilen als in irgend einem Gespräch. Ich bin nie redseeliger als wenn ich allein bin, und in der Gesellschaft hält man mich für stumm. – Ihre vorgefundne Briefe schickte ich sogleich an Friedrich, und hier, was er mir darüber schreibt: „Die Briefe haben mich auf mancherlei Weise bewegt und beschäftigt. Wilhelms Treue und Freundschaft, ist golden in diesem sonst eisernen Zeitalter. – Auf den Streit mit Schelling ist es doch sehr möglich daß ich mich einlasse, sobald ich Zeit dazu gewinne; es geschieht, wenn ich sehe, daß es der guten Sache Vortheil bringen kann, und dieß ist der Fall wenn ich auch nur Gelegenheit habe zu zeigen, daß mein Katholizismus auf die tiefste Spekulation sich gründet und jene Fantome beiläufig zu vernichten.“ – Sie werden gewiß mit dieser Ansicht, und den Vorsatz den Angriff so wenig als möglich persönlich zu erwiedern, zufrieden seyn. Auf diese Weise geführt, und auf solche Motive gegründet kann der Streit wahrhaft Nutzen schaffen für die Welt; und doch, kann ich mich, obgleich ich nicht zu den furchsamen gehöre, eines innerlichen Grauens nicht erwehren! Freilich bewährt das Gute sich nur im Kampf; und aus dem Stoß der entgegengesetzten Meinungen entspringt oft die Wahrheit; aber welcher Mensch ist sicher seinen Leidenschaften immer zu gebieten? und zu welcher Zeit hat man mehr erlebt als in der unsrigen daß grade durch den ungemäßigten Eifer das Rechte zu vertheidigen, das Heiligste unter die Füße getreten ward? O lieber Wilhelm! vereinigen Sie sich mit mir im Gebet, daß Ihr Bruder ausgerüstet werde mit Kraft, mit Thätigkeit, mit Mäßigung, und allen Gaben des göttlichen Geistes, und daß seine Seele keinen Schaden leide in diesen furchtbaren Kampf. – Lachen Sie nicht über meine Furcht lieber Wilhelm! Die Seele Ihres Bruders ist mir theurer als mein Leben, theurer als sein Ruhm.
Knorring ist seit einigen Wochen, und noch vor meiner Ankunft in Wien, nach München gereißt, und wahrscheinlich werden Sie schon von dorther die Nachricht erhalten haben. – Cornelius Best, hat Sophie verlassen und ist als Arzt bei der französischen Armee angestellt, wo es ihm sehr gut zu gehen scheint, und er wegen seiner guten medizinischen Kenntnisse, und seiner Behandlungsart der Spitäler, (die er noch von seinem wirklich großen Vater erlernte) sehr geachtet wird. Ich war ganz erstaunt ihn eines Abends im französischen Costum der Armee, und in der That sehr comme il faut aussehend, zu mir herein treten zu sehen. – Er hat mir viel von München erzählt und auch... (aber Sie müssen mich nicht verrathen, bei Ihr Ehrenwort!) daß es bei Tieks im Hause, Mode geworden ist auf Friedrich und auf mich loszuziehen, und sich lustig zu machen. – Ueber mich mögen sie sich immerhin diese Gemüthsergötzlichkeit verschaffen, obgleich ich mir nicht bewusst bin, es in Rücksicht ihrer verdient zu haben; Sophie habe ich nie Gelegenheit zur Klage über mich gegeben, auch war das sehr leicht, wir haben in gar keiner Relation zusammen gestanden, außer daß ich ihr für die freundschaftliche Aufnahme von Friedrich, sehr verpflichtet gewesen bin; und gegen Tiek habe ich mir niemal etwas zu Schulden kommen lassen, es müßte denn die Neigung zu ihm seyn, die mir nie erlaubte irgend eine Beschuldigung meiner Freunde und Bekannte, gegen ihn aufkommen zu lassen. Den Friedrich sollten sie doch aber ja unangetastet lassen, und es sich zur Ehre schätzen mit ihm in einem Zeitalter geboren zu seyn! Wie aufrichtig gut, Friedrich es mit ihnen von jeher meinte, das werden alle diejenigen bezeugen mit denen er von ihnen redete. Aber freilich ist von guter Meinung, und bewährter Freundschaft dort nicht so wohl die Rede, als über Friedrichs Einseitigkeit, seinen Geldgeitz, seiner oberflächlichen Philosophie, und den kleinen Eigenheiten seiner Persönlichkeit die man mit allen Witz und theatralischer Kunst lächerlich macht, während man ihn, wegen des verhaßten Einflusses seiner Frau verächtlich zu machen sucht. Ich habe keinen andern Einfluß auf ihn, und suche auch keinen andern, als den eine Person haben muß von deren treuen Anhänglichkeit man überzeugt ist; und diesen natürlichen Einfluß habe ich niemals zu meinen eignen Vortheil gemißbraucht; ich kenne überhaupt keinen Vortheil für mich allein. Sein Wohlergehen, seine Ehre, und sein Gelingen sind das meinige; ich stürbe vor Angst wenn ich hierin nicht das reinste Gewissen hätte! Wie Tiecks über Friedrichs Philosophie zu reden das Recht zu haben glauben will mir auch noch nicht einleuchten. Daß sie Vortheil aus der Freundschaft des Präsidenten von der Akademie zu ziehen trachten, kann uns gleichgültig seyn, das mögen sie mit sich selber ausmachen; aber nicht jedes Mittel darf ihnen zu diesem Zweck recht seyn, und das Parthei nehmen gegen Friedrichs Religiosität ist eine Abgeschmacktheit und eine Ruchlosigkeit zu gleicher Zeit. Glauben Sie denn ihren Uebertritt zur Kirche angenehmer zu machen wenn sie ihren lieblichen Scherz damit treiben? – Ludwig will den Zerbino fortsetzen, und Friedrich soll seine Stelle darin finden. Immerhin! wenn er es recht witzig macht, so wird er sich desto mehr als den Aristophanes seiner Zeit bewähren, auch werden dadurch endlich die Verhältnisse reingeschieden werden, und die Einbildung der einen und derselben clique einmal ein Ende nehmen! Muß er aber darum, wegen dessen was er an ihn mit Witz zu züchtigen sich nicht entbrechen kann im Ernst Parthei gegen ihn mit einer seiner schlimmsten Gegner nehmen? – Was meinen Antheil betrifft, so ist er mir – wenigstens gleichgültig! – nur Eins ist dabei, das mich (lassen Sie mich es Ihnen klagen) was mich sehr betrübt. Man hat sich Ihrer Unzufriedenheit mit mir berühmt, und den eignen Tadel damit beschönigt. – Schon einmal ist mir dasselbe geschehen, wo eine Frau ihrer Bitterkeit gegen mich dadurch Gewicht gab, daß sie Ihren Haß gegen mich anführte. Jene ist nicht mehr! ich habe ihr längst Alles verziehen, und mein Mund hatt es nie gelernt gegen sie zu klagen! – Aber dieses mal darf es, und soll es nicht dabei bleiben, gegen diese Personen will ich mein Recht führen, und das aus dem Grunde, weil dieses mal (ich glaube es) es Ihnen weher thun würde mir Unrecht zu thun! – Mein Bruder Ich bitte Sie mit thränenden Augen, lassen Sie nie Fremde Richter zwischen uns seyn, wenn Sie jemals wieder glauben Beschwerde gegen mich führen zu müßen, führen Sie diese nicht gegen fremde, mir gleichgültige Personen. Führen Sie sie gegen Ihren Bruder, der nicht weiß wem von uns beiden er in seinem Herzen den Vorzug einräumen soll. Führen Sie sie gegen Charlotte die Sie mit wahrer Zärtlichkeit liebt, und deren Ausspruch mir bei jeder Gelegenheit eine Richtschnur meiner Handlungen seyn wird; führen Sie sie endlich gegen mich selbst, die ich meinen höchsten Ehrgeitz darin setze Ihre Zufriedenheit zu verdienen. Und nicht sowohl um meintwillen bitte ich Sie um Schonung (hat meine Verbindung mit Ihren Bruder Ihre Misbilligung, so darf ich mich Ihrem Unmuth nicht entziehen wollen). Aber bedenken Sie wie sehr die Ehre Ihres Bruders unter dieser nicht verhehlten Misbilligung leidet! – Ich füge nichts weiter hinzu – Sie sind Friedrichs Bruder, der großmüthigste Mann, Sie werden es fühlen was mich schmerzt. – Ich darf Sie gewiß nicht erst erinnern in München von Allem dem nichts zu erwähnen? denn ich habe an Best mein Wort geben müßen ihn nicht zu compromittiren. Es ist ja auch unnöthig; ich habe mit jenen Leuten nichts auszumachen, und sie können mir auch gar nichts mehr thun. Ihnen wollte ich es klagen, um gar nichts gegen Sie auf dem Herzen zu behalten, besonders da Sie uns auf so lange Zeit verlassen; ich bin schwach, und wer weis ob Sie mich wieder finden? Wenn Sie davon nach München schreiben so wird eine ganz unnöthige fatale Klatscherei daraus. –
Die Feinde sind fort, und Friedrich wird hoffentlich in kurzer Zeit hier eintreffen. Ob er Ihnen vorher noch aus Ungarn, oder von hier aus schreiben wird, weiß ich nicht. Ihren Brief an Madame Bert[heau] habe ich nach Hamburg zu besorgen gegeben. Dort ist sie jetzt. Hier hat Monsieur Denon ihr die Cour gemacht. Er hat wohl ihren Werth erkannt als eine schöne, vortreflich erhaltene Antique.
Seyn [Sie] mir über nichts böse mein guter freundlicher Wilhelm! Lassen Sie von Ihrer Liebe zu Ihrem Bruder auch etwas auf mich übergehen.
Ihre
Dorothea S.[chlegel]
W.[ien] den 25ten Nov. [180]9
Unser lieber vortreflicher Bruder! Sie geben mir die Erlaubniß Ihnen nur recht oft zu schreiben, ohne erst lange eine Antwort abzuwarten; und ich, gar nicht faul, lasse mir dergleichen nicht zweimal sagen. Zwar weiß der Himmel ob meine Briefe Sie antreffen? wo sie Sie antreffen? – aber mich stört das nicht viel; wenn man so lange und so oft von den geliebten Personen getrennt lebt, als ich es leider muß, so bekömt man eine Art von Routine in Monologen halten. Alle meine Gedanken an Entfernte zu richten ist mir so zur Gewohnheit geworden, daß ich mich weit eher entschließen kann sie in einem Briefe mitzutheilen als in irgend einem Gespräch. Ich bin nie redseeliger als wenn ich allein bin, und in der Gesellschaft hält man mich für stumm. – Ihre vorgefundne Briefe schickte ich sogleich an Friedrich, und hier, was er mir darüber schreibt: „Die Briefe haben mich auf mancherlei Weise bewegt und beschäftigt. Wilhelms Treue und Freundschaft, ist golden in diesem sonst eisernen Zeitalter. – Auf den Streit mit Schelling ist es doch sehr möglich daß ich mich einlasse, sobald ich Zeit dazu gewinne; es geschieht, wenn ich sehe, daß es der guten Sache Vortheil bringen kann, und dieß ist der Fall wenn ich auch nur Gelegenheit habe zu zeigen, daß mein Katholizismus auf die tiefste Spekulation sich gründet und jene Fantome beiläufig zu vernichten.“ – Sie werden gewiß mit dieser Ansicht, und den Vorsatz den Angriff so wenig als möglich persönlich zu erwiedern, zufrieden seyn. Auf diese Weise geführt, und auf solche Motive gegründet kann der Streit wahrhaft Nutzen schaffen für die Welt; und doch, kann ich mich, obgleich ich nicht zu den furchsamen gehöre, eines innerlichen Grauens nicht erwehren! Freilich bewährt das Gute sich nur im Kampf; und aus dem Stoß der entgegengesetzten Meinungen entspringt oft die Wahrheit; aber welcher Mensch ist sicher seinen Leidenschaften immer zu gebieten? und zu welcher Zeit hat man mehr erlebt als in der unsrigen daß grade durch den ungemäßigten Eifer das Rechte zu vertheidigen, das Heiligste unter die Füße getreten ward? O lieber Wilhelm! vereinigen Sie sich mit mir im Gebet, daß Ihr Bruder ausgerüstet werde mit Kraft, mit Thätigkeit, mit Mäßigung, und allen Gaben des göttlichen Geistes, und daß seine Seele keinen Schaden leide in diesen furchtbaren Kampf. – Lachen Sie nicht über meine Furcht lieber Wilhelm! Die Seele Ihres Bruders ist mir theurer als mein Leben, theurer als sein Ruhm.
Knorring ist seit einigen Wochen, und noch vor meiner Ankunft in Wien, nach München gereißt, und wahrscheinlich werden Sie schon von dorther die Nachricht erhalten haben. – Cornelius Best, hat Sophie verlassen und ist als Arzt bei der französischen Armee angestellt, wo es ihm sehr gut zu gehen scheint, und er wegen seiner guten medizinischen Kenntnisse, und seiner Behandlungsart der Spitäler, (die er noch von seinem wirklich großen Vater erlernte) sehr geachtet wird. Ich war ganz erstaunt ihn eines Abends im französischen Costum der Armee, und in der That sehr comme il faut aussehend, zu mir herein treten zu sehen. – Er hat mir viel von München erzählt und auch... (aber Sie müssen mich nicht verrathen, bei Ihr Ehrenwort!) daß es bei Tieks im Hause, Mode geworden ist auf Friedrich und auf mich loszuziehen, und sich lustig zu machen. – Ueber mich mögen sie sich immerhin diese Gemüthsergötzlichkeit verschaffen, obgleich ich mir nicht bewusst bin, es in Rücksicht ihrer verdient zu haben; Sophie habe ich nie Gelegenheit zur Klage über mich gegeben, auch war das sehr leicht, wir haben in gar keiner Relation zusammen gestanden, außer daß ich ihr für die freundschaftliche Aufnahme von Friedrich, sehr verpflichtet gewesen bin; und gegen Tiek habe ich mir niemal etwas zu Schulden kommen lassen, es müßte denn die Neigung zu ihm seyn, die mir nie erlaubte irgend eine Beschuldigung meiner Freunde und Bekannte, gegen ihn aufkommen zu lassen. Den Friedrich sollten sie doch aber ja unangetastet lassen, und es sich zur Ehre schätzen mit ihm in einem Zeitalter geboren zu seyn! Wie aufrichtig gut, Friedrich es mit ihnen von jeher meinte, das werden alle diejenigen bezeugen mit denen er von ihnen redete. Aber freilich ist von guter Meinung, und bewährter Freundschaft dort nicht so wohl die Rede, als über Friedrichs Einseitigkeit, seinen Geldgeitz, seiner oberflächlichen Philosophie, und den kleinen Eigenheiten seiner Persönlichkeit die man mit allen Witz und theatralischer Kunst lächerlich macht, während man ihn, wegen des verhaßten Einflusses seiner Frau verächtlich zu machen sucht. Ich habe keinen andern Einfluß auf ihn, und suche auch keinen andern, als den eine Person haben muß von deren treuen Anhänglichkeit man überzeugt ist; und diesen natürlichen Einfluß habe ich niemals zu meinen eignen Vortheil gemißbraucht; ich kenne überhaupt keinen Vortheil für mich allein. Sein Wohlergehen, seine Ehre, und sein Gelingen sind das meinige; ich stürbe vor Angst wenn ich hierin nicht das reinste Gewissen hätte! Wie Tiecks über Friedrichs Philosophie zu reden das Recht zu haben glauben will mir auch noch nicht einleuchten. Daß sie Vortheil aus der Freundschaft des Präsidenten von der Akademie zu ziehen trachten, kann uns gleichgültig seyn, das mögen sie mit sich selber ausmachen; aber nicht jedes Mittel darf ihnen zu diesem Zweck recht seyn, und das Parthei nehmen gegen Friedrichs Religiosität ist eine Abgeschmacktheit und eine Ruchlosigkeit zu gleicher Zeit. Glauben Sie denn ihren Uebertritt zur Kirche angenehmer zu machen wenn sie ihren lieblichen Scherz damit treiben? – Ludwig will den Zerbino fortsetzen, und Friedrich soll seine Stelle darin finden. Immerhin! wenn er es recht witzig macht, so wird er sich desto mehr als den Aristophanes seiner Zeit bewähren, auch werden dadurch endlich die Verhältnisse reingeschieden werden, und die Einbildung der einen und derselben clique einmal ein Ende nehmen! Muß er aber darum, wegen dessen was er an ihn mit Witz zu züchtigen sich nicht entbrechen kann im Ernst Parthei gegen ihn mit einer seiner schlimmsten Gegner nehmen? – Was meinen Antheil betrifft, so ist er mir – wenigstens gleichgültig! – nur Eins ist dabei, das mich (lassen Sie mich es Ihnen klagen) was mich sehr betrübt. Man hat sich Ihrer Unzufriedenheit mit mir berühmt, und den eignen Tadel damit beschönigt. – Schon einmal ist mir dasselbe geschehen, wo eine Frau ihrer Bitterkeit gegen mich dadurch Gewicht gab, daß sie Ihren Haß gegen mich anführte. Jene ist nicht mehr! ich habe ihr längst Alles verziehen, und mein Mund hatt es nie gelernt gegen sie zu klagen! – Aber dieses mal darf es, und soll es nicht dabei bleiben, gegen diese Personen will ich mein Recht führen, und das aus dem Grunde, weil dieses mal (ich glaube es) es Ihnen weher thun würde mir Unrecht zu thun! – Mein Bruder Ich bitte Sie mit thränenden Augen, lassen Sie nie Fremde Richter zwischen uns seyn, wenn Sie jemals wieder glauben Beschwerde gegen mich führen zu müßen, führen Sie diese nicht gegen fremde, mir gleichgültige Personen. Führen Sie sie gegen Ihren Bruder, der nicht weiß wem von uns beiden er in seinem Herzen den Vorzug einräumen soll. Führen Sie sie gegen Charlotte die Sie mit wahrer Zärtlichkeit liebt, und deren Ausspruch mir bei jeder Gelegenheit eine Richtschnur meiner Handlungen seyn wird; führen Sie sie endlich gegen mich selbst, die ich meinen höchsten Ehrgeitz darin setze Ihre Zufriedenheit zu verdienen. Und nicht sowohl um meintwillen bitte ich Sie um Schonung (hat meine Verbindung mit Ihren Bruder Ihre Misbilligung, so darf ich mich Ihrem Unmuth nicht entziehen wollen). Aber bedenken Sie wie sehr die Ehre Ihres Bruders unter dieser nicht verhehlten Misbilligung leidet! – Ich füge nichts weiter hinzu – Sie sind Friedrichs Bruder, der großmüthigste Mann, Sie werden es fühlen was mich schmerzt. – Ich darf Sie gewiß nicht erst erinnern in München von Allem dem nichts zu erwähnen? denn ich habe an Best mein Wort geben müßen ihn nicht zu compromittiren. Es ist ja auch unnöthig; ich habe mit jenen Leuten nichts auszumachen, und sie können mir auch gar nichts mehr thun. Ihnen wollte ich es klagen, um gar nichts gegen Sie auf dem Herzen zu behalten, besonders da Sie uns auf so lange Zeit verlassen; ich bin schwach, und wer weis ob Sie mich wieder finden? Wenn Sie davon nach München schreiben so wird eine ganz unnöthige fatale Klatscherei daraus. –
Die Feinde sind fort, und Friedrich wird hoffentlich in kurzer Zeit hier eintreffen. Ob er Ihnen vorher noch aus Ungarn, oder von hier aus schreiben wird, weiß ich nicht. Ihren Brief an Madame Bert[heau] habe ich nach Hamburg zu besorgen gegeben. Dort ist sie jetzt. Hier hat Monsieur Denon ihr die Cour gemacht. Er hat wohl ihren Werth erkannt als eine schöne, vortreflich erhaltene Antique.
Seyn [Sie] mir über nichts böse mein guter freundlicher Wilhelm! Lassen Sie von Ihrer Liebe zu Ihrem Bruder auch etwas auf mich übergehen.
Ihre
Dorothea S.[chlegel]
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