• August Ludwig Hülsen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Premnitz · Place of Destination: Berlin · Date: 01.07.1803
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Ludwig Hülsen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Premnitz
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 01.07.1803
  • Notations: Da Flitner den Brief nicht vollständig gedruckt hat, wurde er neu transkribiert. – Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Flitner, Willy: August Ludwig Hülsen und der Bund der freien Männer. Jena 1913, S. 108‒109.
  • Incipit: „[1] Premmnitz d. 1ten Jul. 1803.
    Entschuldigt mich, lieben Freunde, so gut Ihr es könnt. Könnt Ihr es nicht, so muß ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33865
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.11,Nr.14
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 1 S., hs. m. U.
  • Format: 19 x 11,5 cm; 11,6 x 12,9 cm
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
[1] Premmnitz d. 1ten Jul. 1803.
Entschuldigt mich, lieben Freunde, so gut Ihr es könnt. Könnt Ihr es nicht, so muß ich es selbst, und damit ich mir dies erleichtere, bin ich idealiter schon voraus nach Premmnitz gegangen, u habe bloß nur die Realität – so wie auch meinen Mantelsack – im fliegenden Roß noch zurükgelaßen. Es kommt also jetzt auf Eure Gesinnung an. Wollt Ihr, so bin ich noch hier, wirklich und wahrhaftig: u in diesem Falle meynt Ihr es gut mit mir und habt mich entschuldigt, und ich wünsche dafür diesen Mittag Euer Gast zu seyn. Ich will das so annehmen u Euch mündlich erzählen wie es mir ergangen ist. Ich habe, kurz zu sagen, vorgestern u gestern [2] – zwar nicht bei den Olympiern – aber doch bei den Berlinern – ein großes Mahl eingenommen, und da die Zeit u Dauer deßelben nicht von meiner Bestimmung abhing, so mußt ich ein wortbrüchiger Mensch werden u es also geschehn laßen wenn auch der Teufel mich hätte holen sollen. Dies hoffe ich ist genug gesagt. Ich reise nun heut noch nicht von dannen, und kann, so es Euch gefällig wäre, von Mittag an in Eurer freundlichen Gesellschaft seyn. Den Sonnabend früh will ich mich ganz bescheiden wieder auf den Weg machen, und schon immer sinnen und denken, wie ich recht bald wieder zu Euch zurükkehren möge. Man kann nicht wißen, wie es sich fügt. So viel sehe ich wol ein, gegen den Strom schwimmt es sich nicht leicht, [3] und doch liegt jeder Punkt der Erde wo ich seyn u leben möchte, für mich Strom aufwärz. Reicht mir Eure Hand, die Ihr den Felsen gewonnen habt, an welchem die Fluten zerbrechen. Wüßte ich nur, ob die Erde denn wirkl. ein so miserabeler Planet wäre, wie unser Friedrich sagt: so wollte ich mich über all den Koth auch nicht mehr ärgern. Jede Idee soll ja freilich, um ihrer Göttlichkeit willen, auch als ein göttliches Leben angeschaut werden. Aber alle Sonnen des Himmels kreisen um unsern unsterblichen Blick und darum ist es nicht nothwendig, daß wir das schönere Leben schon hier, und hier in Berlin anschauen. So viel freut mich aber schon hier: das menschliche Gemüth ist von Natur wirklich liebenswürdig. Es läßt sich nicht bereden, daß es außer [4] der eignen, tiefempfundenen Welt noch eine andere gebe, die bloß dem Scheine und einem verkehrten Gedanken angehöre. Man greift immer wieder ein, so oft ein freier Blick dem unsrigen begegnet, und spricht den Himmel des Herzens aus, in welchem die Geister des Universums sich erkennen sollen. Adieu, liebe Freunde. Also diesen Mittag komme ich zu Euch und genieße die Gabe der Götter, die unser Leben stärkt u erquickt, in Eurer Gesellschaft. Habt Ihr sonst noch Gedanken für die Stunden des Tages, so laßt sie uns erwegen, u darnach thun auf daß wir uns freuen.
A. Hülsen
[5] P.S.
ich erlaube mir, Dir noch einen Brief an den Kaufmann Herrman in Berlin miteinzulegen. Er hat etwas für mich zu besorgen, und ich habe ihn gebeten, seine Antwort nebst einer tabatiere Dir zu überschicken, da Du es alsdann weiter befördern würdest. Adieu!
Hülsen.
[6] [leer]
[1] Premmnitz d. 1ten Jul. 1803.
Entschuldigt mich, lieben Freunde, so gut Ihr es könnt. Könnt Ihr es nicht, so muß ich es selbst, und damit ich mir dies erleichtere, bin ich idealiter schon voraus nach Premmnitz gegangen, u habe bloß nur die Realität – so wie auch meinen Mantelsack – im fliegenden Roß noch zurükgelaßen. Es kommt also jetzt auf Eure Gesinnung an. Wollt Ihr, so bin ich noch hier, wirklich und wahrhaftig: u in diesem Falle meynt Ihr es gut mit mir und habt mich entschuldigt, und ich wünsche dafür diesen Mittag Euer Gast zu seyn. Ich will das so annehmen u Euch mündlich erzählen wie es mir ergangen ist. Ich habe, kurz zu sagen, vorgestern u gestern [2] – zwar nicht bei den Olympiern – aber doch bei den Berlinern – ein großes Mahl eingenommen, und da die Zeit u Dauer deßelben nicht von meiner Bestimmung abhing, so mußt ich ein wortbrüchiger Mensch werden u es also geschehn laßen wenn auch der Teufel mich hätte holen sollen. Dies hoffe ich ist genug gesagt. Ich reise nun heut noch nicht von dannen, und kann, so es Euch gefällig wäre, von Mittag an in Eurer freundlichen Gesellschaft seyn. Den Sonnabend früh will ich mich ganz bescheiden wieder auf den Weg machen, und schon immer sinnen und denken, wie ich recht bald wieder zu Euch zurükkehren möge. Man kann nicht wißen, wie es sich fügt. So viel sehe ich wol ein, gegen den Strom schwimmt es sich nicht leicht, [3] und doch liegt jeder Punkt der Erde wo ich seyn u leben möchte, für mich Strom aufwärz. Reicht mir Eure Hand, die Ihr den Felsen gewonnen habt, an welchem die Fluten zerbrechen. Wüßte ich nur, ob die Erde denn wirkl. ein so miserabeler Planet wäre, wie unser Friedrich sagt: so wollte ich mich über all den Koth auch nicht mehr ärgern. Jede Idee soll ja freilich, um ihrer Göttlichkeit willen, auch als ein göttliches Leben angeschaut werden. Aber alle Sonnen des Himmels kreisen um unsern unsterblichen Blick und darum ist es nicht nothwendig, daß wir das schönere Leben schon hier, und hier in Berlin anschauen. So viel freut mich aber schon hier: das menschliche Gemüth ist von Natur wirklich liebenswürdig. Es läßt sich nicht bereden, daß es außer [4] der eignen, tiefempfundenen Welt noch eine andere gebe, die bloß dem Scheine und einem verkehrten Gedanken angehöre. Man greift immer wieder ein, so oft ein freier Blick dem unsrigen begegnet, und spricht den Himmel des Herzens aus, in welchem die Geister des Universums sich erkennen sollen. Adieu, liebe Freunde. Also diesen Mittag komme ich zu Euch und genieße die Gabe der Götter, die unser Leben stärkt u erquickt, in Eurer Gesellschaft. Habt Ihr sonst noch Gedanken für die Stunden des Tages, so laßt sie uns erwegen, u darnach thun auf daß wir uns freuen.
A. Hülsen
[5] P.S.
ich erlaube mir, Dir noch einen Brief an den Kaufmann Herrman in Berlin miteinzulegen. Er hat etwas für mich zu besorgen, und ich habe ihn gebeten, seine Antwort nebst einer tabatiere Dir zu überschicken, da Du es alsdann weiter befördern würdest. Adieu!
Hülsen.
[6] [leer]
×