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$viewFile = '/var/www/awschlegel/version-07-19/app/View/Letters/view.ctp' $dataForView = array( 'html' => '<span class="index-265 tp-757 ">Morgenthal</span> d. 15 Mai 1804<br>Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, <span class="index-268 tp-1913 index-267 tp-759 ">meine jungen Herren</span> (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von <span class="index-226 tp-666 ">Bern</span>, wo wir morgen <span class="index-222 tp-643 ">Fr.[au] von Staël</span> wieder einhohlen, die von <span class="index-227 tp-669 ">Zürich</span> gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis <span class="index-228 tp-670 ">Coppet</span>, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in <span class="index-226 tp-667 ">Bern</span> auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.<br>Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. <span class="index-234 tp-694 ">Constant</span> hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um <span class="index-222 tp-641 ">Frau von Staël</span> aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen <span class="index-137 tp-695 ">Goethe</span> und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. <span class="index-237 tp-705 ">Die Tochter</span> habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, <span class="index-234 tp-696 ">Constant</span> hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.<br>Wir reisten erst gegen Mittag von <span class="index-58 tp-668 ">Weimar</span> ab, kamen Nachmittags in <span class="index-14 tp-665 ">Gotha</span> an, und gleich nach Tisch ließ sich <span class="index-238 tp-706 ">der junge Herzog</span> bey <span class="index-222 tp-642 ">Frau von St.[aël]</span> melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <span class="index-266 tp-758 ">2. B.[and] </span><span class="index-266 tp-758 index-261 tp-752 ">Spanisches Theater</span> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <span class="index-235 tp-697 ">Schmalkalden</span>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tag bis <span class="index-252 tp-730 ">Meinungen</span>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <span class="index-235 tp-698 ">Schmalkalden</span> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <span class="index-252 tp-731 ">Meinungen</span> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <span class="index-252 tp-765 ">Der Ort</span> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <span class="index-239 tp-707 ">Der Engländer Mellish</span>, den ich ehedem in <span class="index-58 tp-699 ">Weimar</span> und <span class="index-8343 tp-67040 ">Dornburg</span> gekannt, war dort und besuchte uns. <span class="index-179 tp-709 ">Hardenberg</span> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <span class="index-241 tp-710 ">Weißenfels</span> auf, wie ich in <span class="index-252 tp-732 ">Meinungen</span> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <span class="index-222 tp-644 ">Frau von St.[aël]</span> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <span class="index-262 tp-753 ">Naumburg</span> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<br>Von <span class="index-252 tp-733 ">Meinungen</span> bis <span class="index-230 tp-700 ">Würzburg</span> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <span class="doc-12010 ">ein Billet an </span><span class="doc-12010 index-62 tp-701 ">Schelling</span>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <span class="index-242 tp-711 ">Hufeland</span>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <span class="index-230 tp-702 ">Würzburg</span> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <span class="index-236 tp-703 ">Bamberg</span>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <span class="index-186 tp-714 ">Paulus</span>, und fand zuerst nur <span class="index-243 tp-712 ">die Frau</span> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <span class="index-23 tp-658 ">Carolinen</span> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <span class="index-186 tp-38031 index-62 tp-734 ">die Männer</span> sich nur in Geschäften und <span class="index-243 tp-736 index-23 tp-38032 ">die Frauen</span> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <span class="index-186 tp-713 ">Paulus</span> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <span class="index-244 tp-715 ">Schütz</span> aus <span class="index-12 tp-671 ">Jena</span> mit der <span class="index-1192 tp-73965 ">Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung</span> hinzubringen, ehe er nach <span class="index-229 tp-673 ">Halle</span> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <span class="index-62 tp-657 ">Schelling</span> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <span class="index-242 tp-716 ">Hufeland</span>, ich machte sie mit <span class="index-234 tp-704 ">Constant</span> bekannt, da <span class="index-222 tp-645 ">Frau von St.[aël]</span> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <span class="index-230 tp-674 ">Würzburg</span> zu bleiben, weil ich <span class="index-62 tp-646 ">Schelling</span> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <span class="index-245 tp-717 ">Marcus</span>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <span class="index-252 tp-754 ">Meinungen</span> gerufen war, in <span class="index-231 tp-675 ">Schweinfurt</span> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <span class="index-62 tp-649 ">Schelling</span> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <span class="index-23 tp-647 ">Caroline</span> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <span class="index-62 tp-648 ">Schelling</span> überlegte noch seinen Brief von <span class="index-245 tp-718 ">Marcus</span>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <span class="index-23 tp-650 ">Carolinen</span> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <span class="index-15 tp-676 ">Berlin</span>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <span class="index-137 tp-651 ">Goethe</span> und <span class="index-30 tp-652 ">Augusten</span> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <span class="index-30 tp-653 ">Augustens</span> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <span class="index-56 tp-738 ">Tieck</span> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <span class="index-56 tp-719 ">unsern künstlerischen Freund Tieck</span> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <span class="index-62 tp-655 ">Schelling</span> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <span class="index-23 tp-654 ">Caroline</span> sprach natürlich eben so schlimm von der <span class="index-243 tp-724 ">Paulus</span> als diese von ihr. Auch über <span class="index-249 tp-725 ">die Huber</span> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <span class="index-230 tp-677 ">Würzburg</span> durch <span class="index-246 tp-726 ">Münnerstadt</span> kam, welches nur ein paar Stunden von <span class="index-259 tp-750 ">Boklet</span> und <span class="index-30 tp-678 ">Augustens</span> Grabe liegt.<br>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <span class="index-250 tp-727 ">Ellwangen</span> langten wir am 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tage Nachmittags in <span class="index-232 tp-679 ">Ulm</span> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <span class="index-234 tp-728 ">Constant</span> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <span class="index-253 tp-740 index-249 tp-739 ">Hubers</span> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <span class="index-253 tp-741 ">Huber</span>, den ich bey der Zurückkunft bey <span class="index-222 tp-659 ">Frau von St.[aël]</span> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <span class="index-222 tp-656 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <span class="index-249 tp-742 ">seiner Frau</span>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <span class="index-263 tp-755 ">10</span><span class="index-263 tp-755 offset-4 ">ten</span><span class="index-263 tp-755 "> Kinde</span>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <span class="index-173 tp-660 ">Hanover</span> in <span class="index-255 tp-744 index-264 tp-2811 ">meiner Eltern</span> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <span class="index-2 tp-680 ">Göttingen</span>, wie sie mit <span class="index-254 tp-743 ">Forster</span> aus <span class="index-256 tp-745 ">Wilna</span> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <span class="index-257 tp-746 ">ihrem häßlichen schielenden Vater</span> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <span class="index-253 tp-747 index-249 tp-38033 ">diese Leute</span> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<br>Von <span class="index-232 tp-681 ">Ulm</span> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <span class="index-251 tp-729 ">Schaffhausen</span>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <span class="index-222 tp-682 ">Frau von Staël</span> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <span class="index-5889 tp-38034 ">Schloß Laufen</span>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <span class="index-222 tp-661 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <span class="index-227 tp-683 ">Zürich</span> an. <span class="index-258 tp-749 ">Mad. Necker geb. Saussure</span>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <span class="index-222 tp-662 ">Frau von St.[aël]</span> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <span class="index-268 tp-761 index-267 tp-1907 ">die beyden Söhne</span>. <span class="index-267 tp-763 ">Der jüngste</span> war ihr nämlich mit <span class="index-258 tp-764 ">ihrer Cousine</span> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <span class="index-227 tp-691 ">Zürich</span> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <span class="index-233 tp-690 ">Lucern</span> gereist, in <span class="index-234 tp-722 ">Constants</span> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <span class="index-227 tp-684 ">Züricher</span> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <span class="index-233 tp-689 ">Lucerner</span> See, landeten bey <span class="index-260 tp-751 ">Küßnacht</span> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <span class="index-248 tp-723 ">Tells</span>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <span class="index-233 tp-692 ">Lucern</span>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <span class="index-233 tp-693 ">Diese Stadt</span> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <span class="index-228 tp-685 ">Coppet</span> aus.<br>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <span class="index-96 tp-1534 index-44 tp-663 ">Ihre kleinen Engel</span> denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze <span class="index-44 tp-687 ">Wilhelm</span> und <span class="index-96 tp-688 ">Felix</span> tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an <span class="index-56 tp-720 ">Tieck</span>. Von <span class="index-228 tp-686 ">Coppet</span> aus versäume ich keinen Posttag. 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Obwohl sie bereits mit August Ferdinand Bernhardi verheiratet war, begann sie eine Affäre mit AWS, wohl vor allem, um der unglücklichen Ehe mit Bernhardi zu entkommen. Im Kontext ihrer Trennung von ihrem Ehemann wurde die Liaison ein öffentlicher Skandal. Auch die Vaterschaft Bernhardis im Hinblick auf ihren Sohn Felix Theodor wurde in Zweifel gezogen; so machte Sophie selbst immer wieder Andeutungen, dass Schlegel der Vater sei. In den Trennungsjahren unterstützte AWS sie finanziell. 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Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 78‒82.', 'Incipit' => '„Morgenthal d. 15 Mai 1804<br>Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. 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An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, <span class="index-268 tp-1913 index-267 tp-759 ">meine jungen Herren</span> (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von <span class="index-226 tp-666 ">Bern</span>, wo wir morgen <span class="index-222 tp-643 ">Fr.[au] von Staël</span> wieder einhohlen, die von <span class="index-227 tp-669 ">Zürich</span> gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis <span class="index-228 tp-670 ">Coppet</span>, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in <span class="index-226 tp-667 ">Bern</span> auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.<br>Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. <span class="index-234 tp-694 ">Constant</span> hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um <span class="index-222 tp-641 ">Frau von Staël</span> aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen <span class="index-137 tp-695 ">Goethe</span> und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. <span class="index-237 tp-705 ">Die Tochter</span> habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, <span class="index-234 tp-696 ">Constant</span> hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.<br>Wir reisten erst gegen Mittag von <span class="index-58 tp-668 ">Weimar</span> ab, kamen Nachmittags in <span class="index-14 tp-665 ">Gotha</span> an, und gleich nach Tisch ließ sich <span class="index-238 tp-706 ">der junge Herzog</span> bey <span class="index-222 tp-642 ">Frau von St.[aël]</span> melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <span class="index-266 tp-758 ">2. B.[and] </span><span class="index-266 tp-758 index-261 tp-752 ">Spanisches Theater</span> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <span class="index-235 tp-697 ">Schmalkalden</span>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tag bis <span class="index-252 tp-730 ">Meinungen</span>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <span class="index-235 tp-698 ">Schmalkalden</span> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <span class="index-252 tp-731 ">Meinungen</span> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <span class="index-252 tp-765 ">Der Ort</span> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <span class="index-239 tp-707 ">Der Engländer Mellish</span>, den ich ehedem in <span class="index-58 tp-699 ">Weimar</span> und <span class="index-8343 tp-67040 ">Dornburg</span> gekannt, war dort und besuchte uns. <span class="index-179 tp-709 ">Hardenberg</span> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <span class="index-241 tp-710 ">Weißenfels</span> auf, wie ich in <span class="index-252 tp-732 ">Meinungen</span> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <span class="index-222 tp-644 ">Frau von St.[aël]</span> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <span class="index-262 tp-753 ">Naumburg</span> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<br>Von <span class="index-252 tp-733 ">Meinungen</span> bis <span class="index-230 tp-700 ">Würzburg</span> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <span class="doc-12010 ">ein Billet an </span><span class="doc-12010 index-62 tp-701 ">Schelling</span>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <span class="index-242 tp-711 ">Hufeland</span>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <span class="index-230 tp-702 ">Würzburg</span> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <span class="index-236 tp-703 ">Bamberg</span>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <span class="index-186 tp-714 ">Paulus</span>, und fand zuerst nur <span class="index-243 tp-712 ">die Frau</span> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <span class="index-23 tp-658 ">Carolinen</span> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <span class="index-186 tp-38031 index-62 tp-734 ">die Männer</span> sich nur in Geschäften und <span class="index-243 tp-736 index-23 tp-38032 ">die Frauen</span> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <span class="index-186 tp-713 ">Paulus</span> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <span class="index-244 tp-715 ">Schütz</span> aus <span class="index-12 tp-671 ">Jena</span> mit der <span class="index-1192 tp-73965 ">Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung</span> hinzubringen, ehe er nach <span class="index-229 tp-673 ">Halle</span> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <span class="index-62 tp-657 ">Schelling</span> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <span class="index-242 tp-716 ">Hufeland</span>, ich machte sie mit <span class="index-234 tp-704 ">Constant</span> bekannt, da <span class="index-222 tp-645 ">Frau von St.[aël]</span> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <span class="index-230 tp-674 ">Würzburg</span> zu bleiben, weil ich <span class="index-62 tp-646 ">Schelling</span> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <span class="index-245 tp-717 ">Marcus</span>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <span class="index-252 tp-754 ">Meinungen</span> gerufen war, in <span class="index-231 tp-675 ">Schweinfurt</span> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <span class="index-62 tp-649 ">Schelling</span> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <span class="index-23 tp-647 ">Caroline</span> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <span class="index-62 tp-648 ">Schelling</span> überlegte noch seinen Brief von <span class="index-245 tp-718 ">Marcus</span>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <span class="index-23 tp-650 ">Carolinen</span> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <span class="index-15 tp-676 ">Berlin</span>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <span class="index-137 tp-651 ">Goethe</span> und <span class="index-30 tp-652 ">Augusten</span> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <span class="index-30 tp-653 ">Augustens</span> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <span class="index-56 tp-738 ">Tieck</span> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <span class="index-56 tp-719 ">unsern künstlerischen Freund Tieck</span> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <span class="index-62 tp-655 ">Schelling</span> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <span class="index-23 tp-654 ">Caroline</span> sprach natürlich eben so schlimm von der <span class="index-243 tp-724 ">Paulus</span> als diese von ihr. Auch über <span class="index-249 tp-725 ">die Huber</span> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <span class="index-230 tp-677 ">Würzburg</span> durch <span class="index-246 tp-726 ">Münnerstadt</span> kam, welches nur ein paar Stunden von <span class="index-259 tp-750 ">Boklet</span> und <span class="index-30 tp-678 ">Augustens</span> Grabe liegt.<br>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <span class="index-250 tp-727 ">Ellwangen</span> langten wir am 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tage Nachmittags in <span class="index-232 tp-679 ">Ulm</span> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <span class="index-234 tp-728 ">Constant</span> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <span class="index-253 tp-740 index-249 tp-739 ">Hubers</span> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <span class="index-253 tp-741 ">Huber</span>, den ich bey der Zurückkunft bey <span class="index-222 tp-659 ">Frau von St.[aël]</span> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <span class="index-222 tp-656 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <span class="index-249 tp-742 ">seiner Frau</span>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <span class="index-263 tp-755 ">10</span><span class="index-263 tp-755 offset-4 ">ten</span><span class="index-263 tp-755 "> Kinde</span>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <span class="index-173 tp-660 ">Hanover</span> in <span class="index-255 tp-744 index-264 tp-2811 ">meiner Eltern</span> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <span class="index-2 tp-680 ">Göttingen</span>, wie sie mit <span class="index-254 tp-743 ">Forster</span> aus <span class="index-256 tp-745 ">Wilna</span> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <span class="index-257 tp-746 ">ihrem häßlichen schielenden Vater</span> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <span class="index-253 tp-747 index-249 tp-38033 ">diese Leute</span> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<br>Von <span class="index-232 tp-681 ">Ulm</span> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <span class="index-251 tp-729 ">Schaffhausen</span>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <span class="index-222 tp-682 ">Frau von Staël</span> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <span class="index-5889 tp-38034 ">Schloß Laufen</span>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <span class="index-222 tp-661 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <span class="index-227 tp-683 ">Zürich</span> an. <span class="index-258 tp-749 ">Mad. Necker geb. Saussure</span>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <span class="index-222 tp-662 ">Frau von St.[aël]</span> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <span class="index-268 tp-761 index-267 tp-1907 ">die beyden Söhne</span>. <span class="index-267 tp-763 ">Der jüngste</span> war ihr nämlich mit <span class="index-258 tp-764 ">ihrer Cousine</span> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <span class="index-227 tp-691 ">Zürich</span> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <span class="index-233 tp-690 ">Lucern</span> gereist, in <span class="index-234 tp-722 ">Constants</span> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <span class="index-227 tp-684 ">Züricher</span> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <span class="index-233 tp-689 ">Lucerner</span> See, landeten bey <span class="index-260 tp-751 ">Küßnacht</span> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <span class="index-248 tp-723 ">Tells</span>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <span class="index-233 tp-692 ">Lucern</span>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <span class="index-233 tp-693 ">Diese Stadt</span> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <span class="index-228 tp-685 ">Coppet</span> aus.<br>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <span class="index-96 tp-1534 index-44 tp-663 ">Ihre kleinen Engel</span> denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze <span class="index-44 tp-687 ">Wilhelm</span> und <span class="index-96 tp-688 ">Felix</span> tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an <span class="index-56 tp-720 ">Tieck</span>. Von <span class="index-228 tp-686 ">Coppet</span> aus versäume ich keinen Posttag. Nochmals Adieu.', '36_xml' => '<p><placeName key="265">Morgenthal</placeName> d. 15 Mai 1804<lb/>Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, <persName key="268"><persName key="267">meine jungen Herren</persName></persName> (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von <placeName key="226">Bern</placeName>, wo wir morgen <persName key="222">Fr.[au] von Staël</persName> wieder einhohlen, die von <placeName key="227">Zürich</placeName> gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis <placeName key="228">Coppet</placeName>, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in <placeName key="226">Bern</placeName> auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.<lb/>Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. <persName key="234">Constant</persName> hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um <persName key="222">Frau von Staël</persName> aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen <persName key="137">Goethe</persName> und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. <persName key="237">Die Tochter</persName> habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, <persName key="234">Constant</persName> hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.<lb/>Wir reisten erst gegen Mittag von <placeName key="58">Weimar</placeName> ab, kamen Nachmittags in <placeName key="14">Gotha</placeName> an, und gleich nach Tisch ließ sich <persName key="238">der junge Herzog</persName> bey <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <name key="266" type="work">2. B.[and] <name key="261" type="work">Spanisches Theater</name></name> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <placeName key="235">Schmalkalden</placeName>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tag bis <placeName key="252">Meinungen</placeName>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <placeName key="235">Schmalkalden</placeName> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <placeName key="252">Meinungen</placeName> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <placeName key="252">Der Ort</placeName> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <persName key="239">Der Engländer Mellish</persName>, den ich ehedem in <placeName key="58">Weimar</placeName> und <placeName key="8343">Dornburg</placeName> gekannt, war dort und besuchte uns. <persName key="179">Hardenberg</persName> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <placeName key="241">Weißenfels</placeName> auf, wie ich in <placeName key="252">Meinungen</placeName> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <placeName key="262">Naumburg</placeName> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<lb/>Von <placeName key="252">Meinungen</placeName> bis <placeName key="230">Würzburg</placeName> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <ref target="fud://12010">ein Billet an <persName key="62">Schelling</persName></ref>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <persName key="242">Hufeland</persName>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <placeName key="230">Würzburg</placeName> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <placeName key="236">Bamberg</placeName>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <persName key="186">Paulus</persName>, und fand zuerst nur <persName key="243">die Frau</persName> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <persName key="23">Carolinen</persName> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <persName key="186"><persName key="62">die Männer</persName></persName> sich nur in Geschäften und <persName key="243"><persName key="23">die Frauen</persName></persName> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <persName key="186">Paulus</persName> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <persName key="244">Schütz</persName> aus <placeName key="12">Jena</placeName> mit der <name key="1192" type="periodical">Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung</name> hinzubringen, ehe er nach <placeName key="229">Halle</placeName> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <persName key="62">Schelling</persName> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <persName key="242">Hufeland</persName>, ich machte sie mit <persName key="234">Constant</persName> bekannt, da <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <placeName key="230">Würzburg</placeName> zu bleiben, weil ich <persName key="62">Schelling</persName> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <persName key="245">Marcus</persName>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <placeName key="252">Meinungen</placeName> gerufen war, in <placeName key="231">Schweinfurt</placeName> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <persName key="62">Schelling</persName> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <persName key="23">Caroline</persName> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <persName key="62">Schelling</persName> überlegte noch seinen Brief von <persName key="245">Marcus</persName>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <persName key="23">Carolinen</persName> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <placeName key="15">Berlin</placeName>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <persName key="137">Goethe</persName> und <persName key="30">Augusten</persName> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <persName key="30">Augustens</persName> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <persName key="56">Tieck</persName> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <persName key="56">unsern künstlerischen Freund Tieck</persName> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <persName key="62">Schelling</persName> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <persName key="23">Caroline</persName> sprach natürlich eben so schlimm von der <persName key="243">Paulus</persName> als diese von ihr. Auch über <persName key="249">die Huber</persName> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <placeName key="230">Würzburg</placeName> durch <placeName key="246">Münnerstadt</placeName> kam, welches nur ein paar Stunden von <placeName key="259">Boklet</placeName> und <persName key="30">Augustens</persName> Grabe liegt.<lb/>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <placeName key="250">Ellwangen</placeName> langten wir am 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tage Nachmittags in <placeName key="232">Ulm</placeName> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <persName key="234">Constant</persName> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <persName key="253"><persName key="249">Hubers</persName></persName> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <persName key="253">Huber</persName>, den ich bey der Zurückkunft bey <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <persName key="222">Fr.[au] von St.[aël]</persName> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <persName key="249">seiner Frau</persName>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <persName key="263">10<hi rend="offset:4">ten</hi> Kinde</persName>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <placeName key="173">Hanover</placeName> in <persName key="255"><persName key="264">meiner Eltern</persName></persName> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <placeName key="2">Göttingen</placeName>, wie sie mit <persName key="254">Forster</persName> aus <placeName key="256">Wilna</placeName> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <persName key="257">ihrem häßlichen schielenden Vater</persName> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <persName key="253"><persName key="249">diese Leute</persName></persName> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<lb/>Von <placeName key="232">Ulm</placeName> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <placeName key="251">Schaffhausen</placeName>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <persName key="222">Frau von Staël</persName> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <placeName key="5889">Schloß Laufen</placeName>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <persName key="222">Fr.[au] von St.[aël]</persName> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <placeName key="227">Zürich</placeName> an. <persName key="258">Mad. Necker geb. Saussure</persName>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <persName key="268"><persName key="267">die beyden Söhne</persName></persName>. <persName key="267">Der jüngste</persName> war ihr nämlich mit <persName key="258">ihrer Cousine</persName> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <placeName key="227">Zürich</placeName> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <placeName key="233">Lucern</placeName> gereist, in <persName key="234">Constants</persName> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <placeName key="227">Züricher</placeName> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <placeName key="233">Lucerner</placeName> See, landeten bey <placeName key="260">Küßnacht</placeName> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <name key="248" type="work">Tells</name>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <placeName key="233">Lucern</placeName>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <placeName key="233">Diese Stadt</placeName> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <placeName key="228">Coppet</placeName> aus.<lb/>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <persName key="96"><persName key="44">Ihre kleinen Engel</persName></persName> denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze <persName key="44">Wilhelm</persName> und <persName key="96">Felix</persName> tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an <persName key="56">Tieck</persName>. Von <placeName key="228">Coppet</placeName> aus versäume ich keinen Posttag. Nochmals Adieu.</p>', '36_xml_standoff' => '<anchor type="b" n="265" ana="10" xml:id="NidB757"/>Morgenthal<anchor type="e" n="265" ana="10" xml:id="NidE757"/> d. 15 Mai 1804<lb/>Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. 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Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB765"/>Der Ort<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE765"/> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <anchor type="b" n="239" ana="11" xml:id="NidB707"/>Der Engländer Mellish<anchor type="e" n="239" ana="11" xml:id="NidE707"/>, den ich ehedem in <anchor type="b" n="58" ana="10" xml:id="NidB699"/>Weimar<anchor type="e" n="58" ana="10" xml:id="NidE699"/> und <anchor type="b" n="8343" ana="10" xml:id="NidB67040"/>Dornburg<anchor type="e" n="8343" ana="10" xml:id="NidE67040"/> gekannt, war dort und besuchte uns. <anchor type="b" n="179" ana="11" xml:id="NidB709"/>Hardenberg<anchor type="e" n="179" ana="11" xml:id="NidE709"/> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <anchor type="b" n="241" ana="10" xml:id="NidB710"/>Weißenfels<anchor type="e" n="241" ana="10" xml:id="NidE710"/> auf, wie ich in <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB732"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE732"/> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB644"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE644"/> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <anchor type="b" n="262" ana="10" xml:id="NidB753"/>Naumburg<anchor type="e" n="262" ana="10" xml:id="NidE753"/> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<lb/>Von <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB733"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE733"/> bis <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB700"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE700"/> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <ref target="fud://12010">ein Billet an <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB701"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE701"/></ref>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB711"/>Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE711"/>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB702"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE702"/> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <anchor type="b" n="236" ana="10" xml:id="NidB703"/>Bamberg<anchor type="e" n="236" ana="10" xml:id="NidE703"/>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB714"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE714"/>, und fand zuerst nur <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB712"/>die Frau<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE712"/> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB658"/>Carolinen<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE658"/> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB38031"/><anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB734"/>die Männer<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE734"/><anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE38031"/> sich nur in Geschäften und <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB736"/><anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB38032"/>die Frauen<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE38032"/><anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE736"/> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB713"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE713"/> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <anchor type="b" n="244" ana="11" xml:id="NidB715"/>Schütz<anchor type="e" n="244" ana="11" xml:id="NidE715"/> aus <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB671"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE671"/> mit der <anchor type="b" n="1192" ana="13" xml:id="NidB73965"/>Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung<anchor type="e" n="1192" ana="13" xml:id="NidE73965"/> hinzubringen, ehe er nach <anchor type="b" n="229" ana="10" xml:id="NidB673"/>Halle<anchor type="e" n="229" ana="10" xml:id="NidE673"/> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB657"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE657"/> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB716"/>Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE716"/>, ich machte sie mit <anchor type="b" n="234" ana="11" xml:id="NidB704"/>Constant<anchor type="e" n="234" ana="11" xml:id="NidE704"/> bekannt, da <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB645"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE645"/> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB674"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE674"/> zu bleiben, weil ich <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB646"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE646"/> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <anchor type="b" n="245" ana="11" xml:id="NidB717"/>Marcus<anchor type="e" n="245" ana="11" xml:id="NidE717"/>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB754"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE754"/> gerufen war, in <anchor type="b" n="231" ana="10" xml:id="NidB675"/>Schweinfurt<anchor type="e" n="231" ana="10" xml:id="NidE675"/> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB649"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE649"/> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB647"/>Caroline<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE647"/> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB648"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE648"/> überlegte noch seinen Brief von <anchor type="b" n="245" ana="11" xml:id="NidB718"/>Marcus<anchor type="e" n="245" ana="11" xml:id="NidE718"/>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB650"/>Carolinen<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE650"/> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB676"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE676"/>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB651"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE651"/> und <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB652"/>Augusten<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE652"/> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB653"/>Augustens<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE653"/> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB738"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE738"/> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB719"/>unsern künstlerischen Freund Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE719"/> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB655"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE655"/> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB654"/>Caroline<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE654"/> sprach natürlich eben so schlimm von der <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB724"/>Paulus<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE724"/> als diese von ihr. Auch über <anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB725"/>die Huber<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE725"/> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB677"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE677"/> durch <anchor type="b" n="246" ana="10" xml:id="NidB726"/>Münnerstadt<anchor type="e" n="246" ana="10" xml:id="NidE726"/> kam, welches nur ein paar Stunden von <anchor type="b" n="259" ana="10" xml:id="NidB750"/>Boklet<anchor type="e" n="259" ana="10" xml:id="NidE750"/> und <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB678"/>Augustens<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE678"/> Grabe liegt.<lb/>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <anchor type="b" n="250" ana="10" xml:id="NidB727"/>Ellwangen<anchor type="e" n="250" ana="10" xml:id="NidE727"/> langten wir am 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tage Nachmittags in <anchor type="b" n="232" ana="10" xml:id="NidB679"/>Ulm<anchor type="e" n="232" ana="10" xml:id="NidE679"/> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <anchor type="b" n="234" ana="11" xml:id="NidB728"/>Constant<anchor type="e" n="234" ana="11" xml:id="NidE728"/> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <anchor type="b" n="253" ana="11" xml:id="NidB740"/><anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB739"/>Hubers<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE739"/><anchor type="e" n="253" ana="11" xml:id="NidE740"/> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <anchor type="b" n="253" ana="11" xml:id="NidB741"/>Huber<anchor type="e" n="253" ana="11" xml:id="NidE741"/>, den ich bey der Zurückkunft bey <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB659"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE659"/> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB656"/>Fr.[au] von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE656"/> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB742"/>seiner Frau<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE742"/>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <anchor type="b" n="263" ana="11" xml:id="NidB755"/>10<hi rend="offset:4">ten</hi> Kinde<anchor type="e" n="263" ana="11" xml:id="NidE755"/>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <anchor type="b" n="173" ana="10" xml:id="NidB660"/>Hanover<anchor type="e" n="173" ana="10" xml:id="NidE660"/> in <anchor type="b" n="255" ana="11" xml:id="NidB744"/><anchor type="b" n="264" ana="11" xml:id="NidB2811"/>meiner Eltern<anchor type="e" n="264" ana="11" xml:id="NidE2811"/><anchor type="e" n="255" ana="11" xml:id="NidE744"/> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <anchor type="b" n="2" ana="10" xml:id="NidB680"/>Göttingen<anchor type="e" n="2" ana="10" xml:id="NidE680"/>, wie sie mit <anchor type="b" n="254" ana="11" xml:id="NidB743"/>Forster<anchor type="e" n="254" ana="11" xml:id="NidE743"/> aus <anchor type="b" n="256" ana="10" xml:id="NidB745"/>Wilna<anchor type="e" n="256" ana="10" xml:id="NidE745"/> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <anchor type="b" n="257" ana="11" xml:id="NidB746"/>ihrem häßlichen schielenden Vater<anchor type="e" n="257" ana="11" xml:id="NidE746"/> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <anchor type="b" n="253" ana="11" xml:id="NidB747"/><anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB38033"/>diese Leute<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE38033"/><anchor type="e" n="253" ana="11" xml:id="NidE747"/> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<lb/>Von <anchor type="b" n="232" ana="10" xml:id="NidB681"/>Ulm<anchor type="e" n="232" ana="10" xml:id="NidE681"/> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <anchor type="b" n="251" ana="10" xml:id="NidB729"/>Schaffhausen<anchor type="e" n="251" ana="10" xml:id="NidE729"/>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB682"/>Frau von Staël<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE682"/> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <anchor type="b" n="5889" ana="10" xml:id="NidB38034"/>Schloß Laufen<anchor type="e" n="5889" ana="10" xml:id="NidE38034"/>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB661"/>Fr.[au] von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE661"/> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB683"/>Zürich<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE683"/> an. <anchor type="b" n="258" ana="11" xml:id="NidB749"/>Mad. Necker geb. Saussure<anchor type="e" n="258" ana="11" xml:id="NidE749"/>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB662"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE662"/> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <anchor type="b" n="268" ana="11" xml:id="NidB761"/><anchor type="b" n="267" ana="11" xml:id="NidB1907"/>die beyden Söhne<anchor type="e" n="267" ana="11" xml:id="NidE1907"/><anchor type="e" n="268" ana="11" xml:id="NidE761"/>. <anchor type="b" n="267" ana="11" xml:id="NidB763"/>Der jüngste<anchor type="e" n="267" ana="11" xml:id="NidE763"/> war ihr nämlich mit <anchor type="b" n="258" ana="11" xml:id="NidB764"/>ihrer Cousine<anchor type="e" n="258" ana="11" xml:id="NidE764"/> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB691"/>Zürich<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE691"/> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB690"/>Lucern<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE690"/> gereist, in <anchor type="b" n="234" ana="11" xml:id="NidB722"/>Constants<anchor type="e" n="234" ana="11" xml:id="NidE722"/> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB684"/>Züricher<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE684"/> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB689"/>Lucerner<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE689"/> See, landeten bey <anchor type="b" n="260" ana="10" xml:id="NidB751"/>Küßnacht<anchor type="e" n="260" ana="10" xml:id="NidE751"/> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <anchor type="b" n="248" ana="12" xml:id="NidB723"/>Tells<anchor type="e" n="248" ana="12" xml:id="NidE723"/>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB692"/>Lucern<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE692"/>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB693"/>Diese Stadt<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE693"/> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <anchor type="b" n="228" ana="10" xml:id="NidB685"/>Coppet<anchor type="e" n="228" ana="10" xml:id="NidE685"/> aus.<lb/>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <anchor type="b" n="96" ana="11" xml:id="NidB1534"/><anchor type="b" n="44" ana="11" xml:id="NidB663"/>Ihre kleinen Engel<anchor type="e" n="44" ana="11" xml:id="NidE663"/><anchor type="e" n="96" ana="11" xml:id="NidE1534"/> denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze <anchor type="b" n="44" ana="11" xml:id="NidB687"/>Wilhelm<anchor type="e" n="44" ana="11" xml:id="NidE687"/> und <anchor type="b" n="96" ana="11" xml:id="NidB688"/>Felix<anchor type="e" n="96" ana="11" xml:id="NidE688"/> tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB720"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE720"/>. Von <anchor type="b" n="228" ana="10" xml:id="NidB686"/>Coppet<anchor type="e" n="228" ana="10" xml:id="NidE686"/> aus versäume ich keinen Posttag. Nochmals Adieu.', '36_datengeber' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purl' => '335976727', '36_briefid' => '335976727_AWSanSB_15051804', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_datumvon' => '1804-05-15', '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_leitd' => 'Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. 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An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, <span class="index-268 tp-1913 index-267 tp-759 ">meine jungen Herren</span> (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von <span class="index-226 tp-666 ">Bern</span>, wo wir morgen <span class="index-222 tp-643 ">Fr.[au] von Staël</span> wieder einhohlen, die von <span class="index-227 tp-669 ">Zürich</span> gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis <span class="index-228 tp-670 ">Coppet</span>, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in <span class="index-226 tp-667 ">Bern</span> auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.<br>Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. <span class="index-234 tp-694 ">Constant</span> hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um <span class="index-222 tp-641 ">Frau von Staël</span> aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen <span class="index-137 tp-695 ">Goethe</span> und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. <span class="index-237 tp-705 ">Die Tochter</span> habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, <span class="index-234 tp-696 ">Constant</span> hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.<br>Wir reisten erst gegen Mittag von <span class="index-58 tp-668 ">Weimar</span> ab, kamen Nachmittags in <span class="index-14 tp-665 ">Gotha</span> an, und gleich nach Tisch ließ sich <span class="index-238 tp-706 ">der junge Herzog</span> bey <span class="index-222 tp-642 ">Frau von St.[aël]</span> melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <span class="index-266 tp-758 ">2. B.[and] </span><span class="index-266 tp-758 index-261 tp-752 ">Spanisches Theater</span> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <span class="index-235 tp-697 ">Schmalkalden</span>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tag bis <span class="index-252 tp-730 ">Meinungen</span>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <span class="index-235 tp-698 ">Schmalkalden</span> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <span class="index-252 tp-731 ">Meinungen</span> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <span class="index-252 tp-765 ">Der Ort</span> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <span class="index-239 tp-707 ">Der Engländer Mellish</span>, den ich ehedem in <span class="index-58 tp-699 ">Weimar</span> und <span class="index-8343 tp-67040 ">Dornburg</span> gekannt, war dort und besuchte uns. <span class="index-179 tp-709 ">Hardenberg</span> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <span class="index-241 tp-710 ">Weißenfels</span> auf, wie ich in <span class="index-252 tp-732 ">Meinungen</span> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <span class="index-222 tp-644 ">Frau von St.[aël]</span> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <span class="index-262 tp-753 ">Naumburg</span> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<br>Von <span class="index-252 tp-733 ">Meinungen</span> bis <span class="index-230 tp-700 ">Würzburg</span> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <span class="doc-12010 ">ein Billet an </span><span class="doc-12010 index-62 tp-701 ">Schelling</span>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <span class="index-242 tp-711 ">Hufeland</span>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <span class="index-230 tp-702 ">Würzburg</span> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <span class="index-236 tp-703 ">Bamberg</span>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <span class="index-186 tp-714 ">Paulus</span>, und fand zuerst nur <span class="index-243 tp-712 ">die Frau</span> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <span class="index-23 tp-658 ">Carolinen</span> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <span class="index-186 tp-38031 index-62 tp-734 ">die Männer</span> sich nur in Geschäften und <span class="index-243 tp-736 index-23 tp-38032 ">die Frauen</span> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <span class="index-186 tp-713 ">Paulus</span> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <span class="index-244 tp-715 ">Schütz</span> aus <span class="index-12 tp-671 ">Jena</span> mit der <span class="index-1192 tp-73965 ">Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung</span> hinzubringen, ehe er nach <span class="index-229 tp-673 ">Halle</span> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <span class="index-62 tp-657 ">Schelling</span> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <span class="index-242 tp-716 ">Hufeland</span>, ich machte sie mit <span class="index-234 tp-704 ">Constant</span> bekannt, da <span class="index-222 tp-645 ">Frau von St.[aël]</span> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <span class="index-230 tp-674 ">Würzburg</span> zu bleiben, weil ich <span class="index-62 tp-646 ">Schelling</span> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <span class="index-245 tp-717 ">Marcus</span>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <span class="index-252 tp-754 ">Meinungen</span> gerufen war, in <span class="index-231 tp-675 ">Schweinfurt</span> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <span class="index-62 tp-649 ">Schelling</span> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <span class="index-23 tp-647 ">Caroline</span> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <span class="index-62 tp-648 ">Schelling</span> überlegte noch seinen Brief von <span class="index-245 tp-718 ">Marcus</span>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <span class="index-23 tp-650 ">Carolinen</span> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <span class="index-15 tp-676 ">Berlin</span>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <span class="index-137 tp-651 ">Goethe</span> und <span class="index-30 tp-652 ">Augusten</span> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <span class="index-30 tp-653 ">Augustens</span> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <span class="index-56 tp-738 ">Tieck</span> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <span class="index-56 tp-719 ">unsern künstlerischen Freund Tieck</span> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <span class="index-62 tp-655 ">Schelling</span> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <span class="index-23 tp-654 ">Caroline</span> sprach natürlich eben so schlimm von der <span class="index-243 tp-724 ">Paulus</span> als diese von ihr. Auch über <span class="index-249 tp-725 ">die Huber</span> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <span class="index-230 tp-677 ">Würzburg</span> durch <span class="index-246 tp-726 ">Münnerstadt</span> kam, welches nur ein paar Stunden von <span class="index-259 tp-750 ">Boklet</span> und <span class="index-30 tp-678 ">Augustens</span> Grabe liegt.<br>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <span class="index-250 tp-727 ">Ellwangen</span> langten wir am 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tage Nachmittags in <span class="index-232 tp-679 ">Ulm</span> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <span class="index-234 tp-728 ">Constant</span> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <span class="index-253 tp-740 index-249 tp-739 ">Hubers</span> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <span class="index-253 tp-741 ">Huber</span>, den ich bey der Zurückkunft bey <span class="index-222 tp-659 ">Frau von St.[aël]</span> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <span class="index-222 tp-656 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <span class="index-249 tp-742 ">seiner Frau</span>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <span class="index-263 tp-755 ">10</span><span class="index-263 tp-755 offset-4 ">ten</span><span class="index-263 tp-755 "> Kinde</span>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <span class="index-173 tp-660 ">Hanover</span> in <span class="index-255 tp-744 index-264 tp-2811 ">meiner Eltern</span> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <span class="index-2 tp-680 ">Göttingen</span>, wie sie mit <span class="index-254 tp-743 ">Forster</span> aus <span class="index-256 tp-745 ">Wilna</span> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <span class="index-257 tp-746 ">ihrem häßlichen schielenden Vater</span> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <span class="index-253 tp-747 index-249 tp-38033 ">diese Leute</span> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<br>Von <span class="index-232 tp-681 ">Ulm</span> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <span class="index-251 tp-729 ">Schaffhausen</span>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <span class="index-222 tp-682 ">Frau von Staël</span> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <span class="index-5889 tp-38034 ">Schloß Laufen</span>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <span class="index-222 tp-661 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <span class="index-227 tp-683 ">Zürich</span> an. <span class="index-258 tp-749 ">Mad. Necker geb. Saussure</span>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <span class="index-222 tp-662 ">Frau von St.[aël]</span> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <span class="index-268 tp-761 index-267 tp-1907 ">die beyden Söhne</span>. <span class="index-267 tp-763 ">Der jüngste</span> war ihr nämlich mit <span class="index-258 tp-764 ">ihrer Cousine</span> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <span class="index-227 tp-691 ">Zürich</span> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <span class="index-233 tp-690 ">Lucern</span> gereist, in <span class="index-234 tp-722 ">Constants</span> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <span class="index-227 tp-684 ">Züricher</span> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <span class="index-233 tp-689 ">Lucerner</span> See, landeten bey <span class="index-260 tp-751 ">Küßnacht</span> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <span class="index-248 tp-723 ">Tells</span>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <span class="index-233 tp-692 ">Lucern</span>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <span class="index-233 tp-693 ">Diese Stadt</span> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <span class="index-228 tp-685 ">Coppet</span> aus.<br>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <span class="index-96 tp-1534 index-44 tp-663 ">Ihre kleinen Engel</span> denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze <span class="index-44 tp-687 ">Wilhelm</span> und <span class="index-96 tp-688 ">Felix</span> tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an <span class="index-56 tp-720 ">Tieck</span>. Von <span class="index-228 tp-686 ">Coppet</span> aus versäume ich keinen Posttag. 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An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, <span class="index-268 tp-1913 index-267 tp-759 ">meine jungen Herren</span> (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von <span class="index-226 tp-666 ">Bern</span>, wo wir morgen <span class="index-222 tp-643 ">Fr.[au] von Staël</span> wieder einhohlen, die von <span class="index-227 tp-669 ">Zürich</span> gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis <span class="index-228 tp-670 ">Coppet</span>, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in <span class="index-226 tp-667 ">Bern</span> auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.<br>Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. <span class="index-234 tp-694 ">Constant</span> hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um <span class="index-222 tp-641 ">Frau von Staël</span> aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen <span class="index-137 tp-695 ">Goethe</span> und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. <span class="index-237 tp-705 ">Die Tochter</span> habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, <span class="index-234 tp-696 ">Constant</span> hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.<br>Wir reisten erst gegen Mittag von <span class="index-58 tp-668 ">Weimar</span> ab, kamen Nachmittags in <span class="index-14 tp-665 ">Gotha</span> an, und gleich nach Tisch ließ sich <span class="index-238 tp-706 ">der junge Herzog</span> bey <span class="index-222 tp-642 ">Frau von St.[aël]</span> melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <span class="index-266 tp-758 ">2. B.[and] </span><span class="index-266 tp-758 index-261 tp-752 ">Spanisches Theater</span> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <span class="index-235 tp-697 ">Schmalkalden</span>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tag bis <span class="index-252 tp-730 ">Meinungen</span>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <span class="index-235 tp-698 ">Schmalkalden</span> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <span class="index-252 tp-731 ">Meinungen</span> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <span class="index-252 tp-765 ">Der Ort</span> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <span class="index-239 tp-707 ">Der Engländer Mellish</span>, den ich ehedem in <span class="index-58 tp-699 ">Weimar</span> und <span class="index-8343 tp-67040 ">Dornburg</span> gekannt, war dort und besuchte uns. <span class="index-179 tp-709 ">Hardenberg</span> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <span class="index-241 tp-710 ">Weißenfels</span> auf, wie ich in <span class="index-252 tp-732 ">Meinungen</span> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <span class="index-222 tp-644 ">Frau von St.[aël]</span> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <span class="index-262 tp-753 ">Naumburg</span> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<br>Von <span class="index-252 tp-733 ">Meinungen</span> bis <span class="index-230 tp-700 ">Würzburg</span> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <span class="doc-12010 ">ein Billet an </span><span class="doc-12010 index-62 tp-701 ">Schelling</span>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <span class="index-242 tp-711 ">Hufeland</span>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <span class="index-230 tp-702 ">Würzburg</span> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <span class="index-236 tp-703 ">Bamberg</span>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <span class="index-186 tp-714 ">Paulus</span>, und fand zuerst nur <span class="index-243 tp-712 ">die Frau</span> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <span class="index-23 tp-658 ">Carolinen</span> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <span class="index-186 tp-38031 index-62 tp-734 ">die Männer</span> sich nur in Geschäften und <span class="index-243 tp-736 index-23 tp-38032 ">die Frauen</span> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <span class="index-186 tp-713 ">Paulus</span> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <span class="index-244 tp-715 ">Schütz</span> aus <span class="index-12 tp-671 ">Jena</span> mit der <span class="index-1192 tp-73965 ">Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung</span> hinzubringen, ehe er nach <span class="index-229 tp-673 ">Halle</span> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <span class="index-62 tp-657 ">Schelling</span> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <span class="index-242 tp-716 ">Hufeland</span>, ich machte sie mit <span class="index-234 tp-704 ">Constant</span> bekannt, da <span class="index-222 tp-645 ">Frau von St.[aël]</span> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <span class="index-230 tp-674 ">Würzburg</span> zu bleiben, weil ich <span class="index-62 tp-646 ">Schelling</span> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <span class="index-245 tp-717 ">Marcus</span>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <span class="index-252 tp-754 ">Meinungen</span> gerufen war, in <span class="index-231 tp-675 ">Schweinfurt</span> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <span class="index-62 tp-649 ">Schelling</span> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <span class="index-23 tp-647 ">Caroline</span> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <span class="index-62 tp-648 ">Schelling</span> überlegte noch seinen Brief von <span class="index-245 tp-718 ">Marcus</span>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <span class="index-23 tp-650 ">Carolinen</span> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <span class="index-15 tp-676 ">Berlin</span>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <span class="index-137 tp-651 ">Goethe</span> und <span class="index-30 tp-652 ">Augusten</span> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <span class="index-30 tp-653 ">Augustens</span> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <span class="index-56 tp-738 ">Tieck</span> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <span class="index-56 tp-719 ">unsern künstlerischen Freund Tieck</span> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <span class="index-62 tp-655 ">Schelling</span> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <span class="index-23 tp-654 ">Caroline</span> sprach natürlich eben so schlimm von der <span class="index-243 tp-724 ">Paulus</span> als diese von ihr. Auch über <span class="index-249 tp-725 ">die Huber</span> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <span class="index-230 tp-677 ">Würzburg</span> durch <span class="index-246 tp-726 ">Münnerstadt</span> kam, welches nur ein paar Stunden von <span class="index-259 tp-750 ">Boklet</span> und <span class="index-30 tp-678 ">Augustens</span> Grabe liegt.<br>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <span class="index-250 tp-727 ">Ellwangen</span> langten wir am 3<span class="offset-4 ">ten</span> Tage Nachmittags in <span class="index-232 tp-679 ">Ulm</span> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <span class="index-234 tp-728 ">Constant</span> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <span class="index-253 tp-740 index-249 tp-739 ">Hubers</span> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <span class="index-253 tp-741 ">Huber</span>, den ich bey der Zurückkunft bey <span class="index-222 tp-659 ">Frau von St.[aël]</span> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <span class="index-222 tp-656 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <span class="index-249 tp-742 ">seiner Frau</span>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <span class="index-263 tp-755 ">10</span><span class="index-263 tp-755 offset-4 ">ten</span><span class="index-263 tp-755 "> Kinde</span>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <span class="index-173 tp-660 ">Hanover</span> in <span class="index-255 tp-744 index-264 tp-2811 ">meiner Eltern</span> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <span class="index-2 tp-680 ">Göttingen</span>, wie sie mit <span class="index-254 tp-743 ">Forster</span> aus <span class="index-256 tp-745 ">Wilna</span> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <span class="index-257 tp-746 ">ihrem häßlichen schielenden Vater</span> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <span class="index-253 tp-747 index-249 tp-38033 ">diese Leute</span> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<br>Von <span class="index-232 tp-681 ">Ulm</span> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <span class="index-251 tp-729 ">Schaffhausen</span>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <span class="index-222 tp-682 ">Frau von Staël</span> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <span class="index-5889 tp-38034 ">Schloß Laufen</span>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <span class="index-222 tp-661 ">Fr.[au] von St.[aël]</span> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <span class="index-227 tp-683 ">Zürich</span> an. <span class="index-258 tp-749 ">Mad. Necker geb. Saussure</span>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <span class="index-222 tp-662 ">Frau von St.[aël]</span> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <span class="index-268 tp-761 index-267 tp-1907 ">die beyden Söhne</span>. <span class="index-267 tp-763 ">Der jüngste</span> war ihr nämlich mit <span class="index-258 tp-764 ">ihrer Cousine</span> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <span class="index-227 tp-691 ">Zürich</span> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <span class="index-233 tp-690 ">Lucern</span> gereist, in <span class="index-234 tp-722 ">Constants</span> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <span class="index-227 tp-684 ">Züricher</span> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <span class="index-233 tp-689 ">Lucerner</span> See, landeten bey <span class="index-260 tp-751 ">Küßnacht</span> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <span class="index-248 tp-723 ">Tells</span>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <span class="index-233 tp-692 ">Lucern</span>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <span class="index-233 tp-693 ">Diese Stadt</span> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <span class="index-228 tp-685 ">Coppet</span> aus.<br>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <span class="index-96 tp-1534 index-44 tp-663 ">Ihre kleinen Engel</span> denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze <span class="index-44 tp-687 ">Wilhelm</span> und <span class="index-96 tp-688 ">Felix</span> tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an <span class="index-56 tp-720 ">Tieck</span>. Von <span class="index-228 tp-686 ">Coppet</span> aus versäume ich keinen Posttag. Nochmals Adieu.', '36_xml' => '<p><placeName key="265">Morgenthal</placeName> d. 15 Mai 1804<lb/>Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, <persName key="268"><persName key="267">meine jungen Herren</persName></persName> (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von <placeName key="226">Bern</placeName>, wo wir morgen <persName key="222">Fr.[au] von Staël</persName> wieder einhohlen, die von <placeName key="227">Zürich</placeName> gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis <placeName key="228">Coppet</placeName>, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in <placeName key="226">Bern</placeName> auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.<lb/>Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. <persName key="234">Constant</persName> hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um <persName key="222">Frau von Staël</persName> aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen <persName key="137">Goethe</persName> und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. <persName key="237">Die Tochter</persName> habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, <persName key="234">Constant</persName> hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.<lb/>Wir reisten erst gegen Mittag von <placeName key="58">Weimar</placeName> ab, kamen Nachmittags in <placeName key="14">Gotha</placeName> an, und gleich nach Tisch ließ sich <persName key="238">der junge Herzog</persName> bey <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <name key="266" type="work">2. B.[and] <name key="261" type="work">Spanisches Theater</name></name> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <placeName key="235">Schmalkalden</placeName>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tag bis <placeName key="252">Meinungen</placeName>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <placeName key="235">Schmalkalden</placeName> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <placeName key="252">Meinungen</placeName> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <placeName key="252">Der Ort</placeName> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <persName key="239">Der Engländer Mellish</persName>, den ich ehedem in <placeName key="58">Weimar</placeName> und <placeName key="8343">Dornburg</placeName> gekannt, war dort und besuchte uns. <persName key="179">Hardenberg</persName> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <placeName key="241">Weißenfels</placeName> auf, wie ich in <placeName key="252">Meinungen</placeName> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <placeName key="262">Naumburg</placeName> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<lb/>Von <placeName key="252">Meinungen</placeName> bis <placeName key="230">Würzburg</placeName> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <ref target="fud://12010">ein Billet an <persName key="62">Schelling</persName></ref>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <persName key="242">Hufeland</persName>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <placeName key="230">Würzburg</placeName> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <placeName key="236">Bamberg</placeName>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <persName key="186">Paulus</persName>, und fand zuerst nur <persName key="243">die Frau</persName> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <persName key="23">Carolinen</persName> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <persName key="186"><persName key="62">die Männer</persName></persName> sich nur in Geschäften und <persName key="243"><persName key="23">die Frauen</persName></persName> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <persName key="186">Paulus</persName> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <persName key="244">Schütz</persName> aus <placeName key="12">Jena</placeName> mit der <name key="1192" type="periodical">Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung</name> hinzubringen, ehe er nach <placeName key="229">Halle</placeName> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <persName key="62">Schelling</persName> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <persName key="242">Hufeland</persName>, ich machte sie mit <persName key="234">Constant</persName> bekannt, da <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <placeName key="230">Würzburg</placeName> zu bleiben, weil ich <persName key="62">Schelling</persName> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <persName key="245">Marcus</persName>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <placeName key="252">Meinungen</placeName> gerufen war, in <placeName key="231">Schweinfurt</placeName> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <persName key="62">Schelling</persName> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <persName key="23">Caroline</persName> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <persName key="62">Schelling</persName> überlegte noch seinen Brief von <persName key="245">Marcus</persName>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <persName key="23">Carolinen</persName> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <placeName key="15">Berlin</placeName>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <persName key="137">Goethe</persName> und <persName key="30">Augusten</persName> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <persName key="30">Augustens</persName> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <persName key="56">Tieck</persName> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <persName key="56">unsern künstlerischen Freund Tieck</persName> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <persName key="62">Schelling</persName> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <persName key="23">Caroline</persName> sprach natürlich eben so schlimm von der <persName key="243">Paulus</persName> als diese von ihr. Auch über <persName key="249">die Huber</persName> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <placeName key="230">Würzburg</placeName> durch <placeName key="246">Münnerstadt</placeName> kam, welches nur ein paar Stunden von <placeName key="259">Boklet</placeName> und <persName key="30">Augustens</persName> Grabe liegt.<lb/>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <placeName key="250">Ellwangen</placeName> langten wir am 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tage Nachmittags in <placeName key="232">Ulm</placeName> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <persName key="234">Constant</persName> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <persName key="253"><persName key="249">Hubers</persName></persName> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <persName key="253">Huber</persName>, den ich bey der Zurückkunft bey <persName key="222">Frau von St.[aël]</persName> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <persName key="222">Fr.[au] von St.[aël]</persName> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <persName key="249">seiner Frau</persName>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <persName key="263">10<hi rend="offset:4">ten</hi> Kinde</persName>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <placeName key="173">Hanover</placeName> in <persName key="255"><persName key="264">meiner Eltern</persName></persName> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <placeName key="2">Göttingen</placeName>, wie sie mit <persName key="254">Forster</persName> aus <placeName key="256">Wilna</placeName> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <persName key="257">ihrem häßlichen schielenden Vater</persName> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <persName key="253"><persName key="249">diese Leute</persName></persName> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<lb/>Von <placeName key="232">Ulm</placeName> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <placeName key="251">Schaffhausen</placeName>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <persName key="222">Frau von Staël</persName> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <placeName key="5889">Schloß Laufen</placeName>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <persName key="222">Fr.[au] von St.[aël]</persName> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. 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Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den <anchor type="b" n="266" ana="12" xml:id="NidB758"/>2. B.[and] <anchor type="b" n="261" ana="12" xml:id="NidB752"/>Spanisches Theater<anchor type="e" n="261" ana="12" xml:id="NidE752"/><anchor type="e" n="266" ana="12" xml:id="NidE758"/> zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis <anchor type="b" n="235" ana="10" xml:id="NidB697"/>Schmalkalden<anchor type="e" n="235" ana="10" xml:id="NidE697"/>, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tag bis <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB730"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE730"/>, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in <anchor type="b" n="235" ana="10" xml:id="NidB698"/>Schmalkalden<anchor type="e" n="235" ana="10" xml:id="NidE698"/> wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB731"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE731"/> erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB765"/>Der Ort<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE765"/> mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. <anchor type="b" n="239" ana="11" xml:id="NidB707"/>Der Engländer Mellish<anchor type="e" n="239" ana="11" xml:id="NidE707"/>, den ich ehedem in <anchor type="b" n="58" ana="10" xml:id="NidB699"/>Weimar<anchor type="e" n="58" ana="10" xml:id="NidE699"/> und <anchor type="b" n="8343" ana="10" xml:id="NidB67040"/>Dornburg<anchor type="e" n="8343" ana="10" xml:id="NidE67040"/> gekannt, war dort und besuchte uns. <anchor type="b" n="179" ana="11" xml:id="NidB709"/>Hardenberg<anchor type="e" n="179" ana="11" xml:id="NidE709"/> hält sich jetzt nicht dort, sondern in <anchor type="b" n="241" ana="10" xml:id="NidB710"/>Weißenfels<anchor type="e" n="241" ana="10" xml:id="NidE710"/> auf, wie ich in <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB732"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE732"/> für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB644"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE644"/> mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey <anchor type="b" n="262" ana="10" xml:id="NidB753"/>Naumburg<anchor type="e" n="262" ana="10" xml:id="NidE753"/> waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.<lb/>Von <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB733"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE733"/> bis <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB700"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE700"/> anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte <ref target="fud://12010">ein Billet an <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB701"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE701"/></ref>, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch <anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB711"/>Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE711"/>. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB702"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE702"/> wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als <anchor type="b" n="236" ana="10" xml:id="NidB703"/>Bamberg<anchor type="e" n="236" ana="10" xml:id="NidE703"/>, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB714"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE714"/>, und fand zuerst nur <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB712"/>die Frau<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE712"/> zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB658"/>Carolinen<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE658"/> sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB38031"/><anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB734"/>die Männer<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE734"/><anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE38031"/> sich nur in Geschäften und <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB736"/><anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB38032"/>die Frauen<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE38032"/><anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE736"/> gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB713"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE713"/> ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, <anchor type="b" n="244" ana="11" xml:id="NidB715"/>Schütz<anchor type="e" n="244" ana="11" xml:id="NidE715"/> aus <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB671"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE671"/> mit der <anchor type="b" n="1192" ana="13" xml:id="NidB73965"/>Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung<anchor type="e" n="1192" ana="13" xml:id="NidE73965"/> hinzubringen, ehe er nach <anchor type="b" n="229" ana="10" xml:id="NidB673"/>Halle<anchor type="e" n="229" ana="10" xml:id="NidE673"/> kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB657"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE657"/> kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch <anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB716"/>Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE716"/>, ich machte sie mit <anchor type="b" n="234" ana="11" xml:id="NidB704"/>Constant<anchor type="e" n="234" ana="11" xml:id="NidE704"/> bekannt, da <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB645"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE645"/> niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB674"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE674"/> zu bleiben, weil ich <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB646"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE646"/> so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um <anchor type="b" n="245" ana="11" xml:id="NidB717"/>Marcus<anchor type="e" n="245" ana="11" xml:id="NidE717"/>, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach <anchor type="b" n="252" ana="10" xml:id="NidB754"/>Meinungen<anchor type="e" n="252" ana="10" xml:id="NidE754"/> gerufen war, in <anchor type="b" n="231" ana="10" xml:id="NidB675"/>Schweinfurt<anchor type="e" n="231" ana="10" xml:id="NidE675"/> zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB649"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE649"/> war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB647"/>Caroline<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE647"/> noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB648"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE648"/> überlegte noch seinen Brief von <anchor type="b" n="245" ana="11" xml:id="NidB718"/>Marcus<anchor type="e" n="245" ana="11" xml:id="NidE718"/>, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB650"/>Carolinen<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE650"/> gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB676"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE676"/>, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB651"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE651"/> und <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB652"/>Augusten<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE652"/> aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB653"/>Augustens<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE653"/> wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB738"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE738"/> geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB719"/>unsern künstlerischen Freund Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE719"/> selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB655"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE655"/> und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB654"/>Caroline<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE654"/> sprach natürlich eben so schlimm von der <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB724"/>Paulus<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE724"/> als diese von ihr. Auch über <anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB725"/>die Huber<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE725"/> und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach <anchor type="b" n="230" ana="10" xml:id="NidB677"/>Würzburg<anchor type="e" n="230" ana="10" xml:id="NidE677"/> durch <anchor type="b" n="246" ana="10" xml:id="NidB726"/>Münnerstadt<anchor type="e" n="246" ana="10" xml:id="NidE726"/> kam, welches nur ein paar Stunden von <anchor type="b" n="259" ana="10" xml:id="NidB750"/>Boklet<anchor type="e" n="259" ana="10" xml:id="NidE750"/> und <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB678"/>Augustens<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE678"/> Grabe liegt.<lb/>Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey <anchor type="b" n="250" ana="10" xml:id="NidB727"/>Ellwangen<anchor type="e" n="250" ana="10" xml:id="NidE727"/> langten wir am 3<hi rend="offset:4">ten</hi> Tage Nachmittags in <anchor type="b" n="232" ana="10" xml:id="NidB679"/>Ulm<anchor type="e" n="232" ana="10" xml:id="NidE679"/> an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da <anchor type="b" n="234" ana="11" xml:id="NidB728"/>Constant<anchor type="e" n="234" ana="11" xml:id="NidE728"/> den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, <anchor type="b" n="253" ana="11" xml:id="NidB740"/><anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB739"/>Hubers<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE739"/><anchor type="e" n="253" ana="11" xml:id="NidE740"/> zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als <anchor type="b" n="253" ana="11" xml:id="NidB741"/>Huber<anchor type="e" n="253" ana="11" xml:id="NidE741"/>, den ich bey der Zurückkunft bey <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB659"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE659"/> antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB656"/>Fr.[au] von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE656"/> hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu <anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB742"/>seiner Frau<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE742"/>, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem <anchor type="b" n="263" ana="11" xml:id="NidB755"/>10<hi rend="offset:4">ten</hi> Kinde<anchor type="e" n="263" ana="11" xml:id="NidE755"/>, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in <anchor type="b" n="173" ana="10" xml:id="NidB660"/>Hanover<anchor type="e" n="173" ana="10" xml:id="NidE660"/> in <anchor type="b" n="255" ana="11" xml:id="NidB744"/><anchor type="b" n="264" ana="11" xml:id="NidB2811"/>meiner Eltern<anchor type="e" n="264" ana="11" xml:id="NidE2811"/><anchor type="e" n="255" ana="11" xml:id="NidE744"/> Hause mich als Knaben gekannt, nachher in <anchor type="b" n="2" ana="10" xml:id="NidB680"/>Göttingen<anchor type="e" n="2" ana="10" xml:id="NidE680"/>, wie sie mit <anchor type="b" n="254" ana="11" xml:id="NidB743"/>Forster<anchor type="e" n="254" ana="11" xml:id="NidE743"/> aus <anchor type="b" n="256" ana="10" xml:id="NidB745"/>Wilna<anchor type="e" n="256" ana="10" xml:id="NidE745"/> wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken <anchor type="b" n="257" ana="11" xml:id="NidB746"/>ihrem häßlichen schielenden Vater<anchor type="e" n="257" ana="11" xml:id="NidE746"/> ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht <anchor type="b" n="253" ana="11" xml:id="NidB747"/><anchor type="b" n="249" ana="11" xml:id="NidB38033"/>diese Leute<anchor type="e" n="249" ana="11" xml:id="NidE38033"/><anchor type="e" n="253" ana="11" xml:id="NidE747"/> sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.<lb/>Von <anchor type="b" n="232" ana="10" xml:id="NidB681"/>Ulm<anchor type="e" n="232" ana="10" xml:id="NidE681"/> kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach <anchor type="b" n="251" ana="10" xml:id="NidB729"/>Schaffhausen<anchor type="e" n="251" ana="10" xml:id="NidE729"/>, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB682"/>Frau von Staël<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE682"/> aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum <anchor type="b" n="5889" ana="10" xml:id="NidB38034"/>Schloß Laufen<anchor type="e" n="5889" ana="10" xml:id="NidE38034"/>, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB661"/>Fr.[au] von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE661"/> blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB683"/>Zürich<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE683"/> an. <anchor type="b" n="258" ana="11" xml:id="NidB749"/>Mad. Necker geb. Saussure<anchor type="e" n="258" ana="11" xml:id="NidE749"/>, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB662"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE662"/> sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und <anchor type="b" n="268" ana="11" xml:id="NidB761"/><anchor type="b" n="267" ana="11" xml:id="NidB1907"/>die beyden Söhne<anchor type="e" n="267" ana="11" xml:id="NidE1907"/><anchor type="e" n="268" ana="11" xml:id="NidE761"/>. <anchor type="b" n="267" ana="11" xml:id="NidB763"/>Der jüngste<anchor type="e" n="267" ana="11" xml:id="NidE763"/> war ihr nämlich mit <anchor type="b" n="258" ana="11" xml:id="NidB764"/>ihrer Cousine<anchor type="e" n="258" ana="11" xml:id="NidE764"/> entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB691"/>Zürich<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE691"/> am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB690"/>Lucern<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE690"/> gereist, in <anchor type="b" n="234" ana="11" xml:id="NidB722"/>Constants<anchor type="e" n="234" ana="11" xml:id="NidE722"/> leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen <anchor type="b" n="227" ana="10" xml:id="NidB684"/>Züricher<anchor type="e" n="227" ana="10" xml:id="NidE684"/> See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB689"/>Lucerner<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE689"/> See, landeten bey <anchor type="b" n="260" ana="10" xml:id="NidB751"/>Küßnacht<anchor type="e" n="260" ana="10" xml:id="NidE751"/> (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle <anchor type="b" n="248" ana="12" xml:id="NidB723"/>Tells<anchor type="e" n="248" ana="12" xml:id="NidE723"/>, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB692"/>Lucern<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE692"/>, von wo aus wir den See herrlich übersahen. <anchor type="b" n="233" ana="10" xml:id="NidB693"/>Diese Stadt<anchor type="e" n="233" ana="10" xml:id="NidE693"/> hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von <anchor type="b" n="228" ana="10" xml:id="NidB685"/>Coppet<anchor type="e" n="228" ana="10" xml:id="NidE685"/> aus.<lb/>Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und <anchor type="b" n="96" ana="11" xml:id="NidB1534"/><anchor type="b" n="44" ana="11" xml:id="NidB663"/>Ihre kleinen Engel<anchor type="e" n="44" ana="11" xml:id="NidE663"/><anchor type="e" n="96" ana="11" xml:id="NidE1534"/> denke. 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Morgenthal d. 15 Mai 1804
Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, meine jungen Herren (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von Bern, wo wir morgen Fr.[au] von Staël wieder einhohlen, die von Zürich gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis Coppet, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in Bern auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.
Sie werden keine förmliche Reisebeschreibung von mir erwarten, sondern nur das wissen wollen, was mich persönlich betrifft. Im Ganzen genommen war die Reise sehr bequem und angenehm. Constant hat in der That einen sehr geistreichen und eigenthümlichen Witz, so daß es oft, besonders bey der großen Verschiedenheit in den Meynungen, einen Wettstreit zwischen uns gegeben hat. Wir konnten uns oft gegenseitig unterstützen, um Frau von Staël aufzuheitern und zu unterhalten, meistens ist sie zwar sehr still gewesen, doch kehrte zuweilen die vorige Lebhaftigkeit der Theilnahme wieder. Wir hatten einen Goethe und andre Bücher im Wagen, es wurde viel vorgelesen, zuweilen auch gleich ins Französische übersetzt. Die Tochter habe ich jetzt erst recht kennen gelernt, Constant hat eine große Zärtlichkeit für sie, so daß er den halben Tag mit ihr spielt, und sie erwiedert es ihm mit Leidenschaft. Ich habe nicht leicht ein empfänglicheres Kind gesehen, sie hört Geschichten und Mährchen auf eine Weise an, daß man sich todt erzählen möchte. Dabey hat sie wunderbar viel Ausdruck in ihrer kleinen Physiognomie, rechte Magdalenen-Augen, braun und mit langen dunkeln Wimpern neben ihrem goldnen Haar.
Wir reisten erst gegen Mittag von Weimar ab, kamen Nachmittags in Gotha an, und gleich nach Tisch ließ sich der junge Herzog bey Frau von St.[aël] melden, und brachte den Abend bis gegen zehn Uhr meistens allein, am andern Vormittage noch eine Stunde bey ihr zu. Ich bin ihm auf die vortheilhafteste Weise bekannt gemacht worden, er hat mit mir viel deutsch über Poesie gesprochen, und mich durch seine seltsame Fantasie und Reizbarkeit in Verwunderung gesetzt. Sie wissen vermuthlich, daß man ihn meistens sehr ungünstig beurtheilt, ich muß aber glauben, daß er, eben durch seine Auszeichnung, der steifen Gewöhnlichkeit misfällt. Es ist wahr, daß er bey seinem krankhaft blonden Ansehen etwas verstörtes und überspanntes hat, was die geistreichen Ausdrücke hervorzutreiben scheint. Wie dem auch sey, er hat auf eine solche Art gesprochen, daß es mir Lust gemacht, die Bekanntschaft zu benutzen und ihm den 2. B.[and] Spanisches Theater zu schicken. – Den zweyten Tag reisten wir nur bis Schmalkalden, es ist großentheils schlechter Weg, und die Berge des Thüringer Waldes hinüber. Den 3ten Tag bis Meinungen, ebenfalls kaum eine halbe Tagereise, durch den Mangel an Pferden in Schmalkalden wurde ein Aufenthalt verursacht, indem wir ohne die Bedienten abgereist waren und sie bis Abends in Meinungen erwarten mußten. Wenn die Unruhe des Wartens nicht den Tag verleidet hätte, so wäre es dort besser als anderswo gewesen. Der Ort mit seinen Anlagen und die Gegend umher ist klein aber lachend. Der Engländer Mellish, den ich ehedem in Weimar und Dornburg gekannt, war dort und besuchte uns. Hardenberg hält sich jetzt nicht dort, sondern in Weißenfels auf, wie ich in Meinungen für gewiß erfuhr. Schreiben Sie ihm doch, und auch viel Freundschaftliches von mir. Ich hätte ihn sehen können, wenn ich es nicht Frau von St.[aël] mit Fleiß verschwiegen hätte, bis wir bey Naumburg waren, weil ich sie nicht verhindern wollte diesen Ort noch am Abend zu erreichen.
Von Meinungen bis Würzburg anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte ein Billet an Schelling, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch Hufeland. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. Würzburg wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als Bamberg, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich Paulus, und fand zuerst nur die Frau zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen Carolinen sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß die Männer sich nur in Geschäften und die Frauen gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. Paulus ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, Schütz aus Jena mit der Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung hinzubringen, ehe er nach Halle kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – Schelling kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch Hufeland, ich machte sie mit Constant bekannt, da Frau von St.[aël] niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in Würzburg zu bleiben, weil ich Schelling so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um Marcus, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach Meinungen gerufen war, in Schweinfurt zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. Schelling war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir Caroline noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. Schelling überlegte noch seinen Brief von Marcus, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey Carolinen gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in Berlin, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von Goethe und Augusten aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild Augustens wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an Tieck geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß unsern künstlerischen Freund Tieck selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – Schelling und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. Caroline sprach natürlich eben so schlimm von der Paulus als diese von ihr. Auch über die Huber und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach Würzburg durch Münnerstadt kam, welches nur ein paar Stunden von Boklet und Augustens Grabe liegt.
Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey Ellwangen langten wir am 3ten Tage Nachmittags in Ulm an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da Constant den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, Hubers zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als Huber, den ich bey der Zurückkunft bey Frau von St.[aël] antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen Fr.[au] von St.[aël] hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu seiner Frau, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem 10ten Kinde, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in Hanover in meiner Eltern Hause mich als Knaben gekannt, nachher in Göttingen, wie sie mit Forster aus Wilna wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken ihrem häßlichen schielenden Vater ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht diese Leute sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.
Von Ulm kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach Schaffhausen, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als Frau von Staël aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum Schloß Laufen, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. Fr.[au] von St.[aël] blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in Zürich an. Mad. Necker geb. Saussure, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte Frau von St.[aël] sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und die beyden Söhne. Der jüngste war ihr nämlich mit ihrer Cousine entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also Zürich am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach Lucern gereist, in Constants leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen Züricher See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem Lucerner See, landeten bey Küßnacht (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle Tells, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey Lucern, von wo aus wir den See herrlich übersahen. Diese Stadt hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von Coppet aus.
Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und Ihre kleinen Engel denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze Wilhelm und Felix tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an Tieck. Von Coppet aus versäume ich keinen Posttag. Nochmals Adieu.
Verzeihen Sie, meine theuerste Freundin, daß ich Ihnen auf der ganzen Reise heute zum erstenmal schreibe. An gutem Willen hat es nicht gefehlt, auch sind wir nicht eben schnell gereist, aber die halben Tage, die wir in einigen Städten zugebracht, sind theils mit Besuchen, theils mit Besehen der Merkwürdigkeiten und Spaziergängen hingegangen, manchmal leistete ich auch Gesellschaft, wenn wir uns ausruhten, zuweilen war ich Abends ermüdet, oder wenn ich es auch nicht war, nahm mir die Umgebung in schlechten Wirthshäusern die Lust zum Schreiben. Heute finde ich mich zum erstenmal in völliger Ruhe, und benutze die günstige Stunde. Wir sind zeitig hier angekommen, meine jungen Herren (denn es sind jetzt ihrer zwey) habe ich mit dem Kammerdiener spazieren geschickt, ich bin allein in einem niedlichen Zimmer, vor mir eine kleine Ebene mit Hügeln und blauen Bergen, die Abendsonne scheint noch freundlich unter dem Vordach herein. Das Dörfchen, wo wir so schöne Bewirthung finden, liegt nur eine kleine Tagreise von Bern, wo wir morgen Fr.[au] von Staël wieder einhohlen, die von Zürich gerade dahin gereist ist. Dann sind es noch drey oder viertehalb Tage bis Coppet, so daß mein Brief, wenn ich ihn morgen in Bern auf die Post gebe, eine Woche früher zu Ihnen gelangen muß, als wenn ich ihn bis zum Ziel der Reise verschöbe.
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Von Meinungen bis Würzburg anderthalb Tage; wir kamen gegen Mittag an, ich schickte ein Billet an Schelling, es fand sich aber, daß er auf einer Landparthie aus war sowie auch Hufeland. Ich brachte daher den Nachmittag zum Theil damit zu, das Schloß und sonst allerley zu besehen. Würzburg wiewohl prächtiger, hat mir lange keinen so freundlichen Eindruck gemacht als Bamberg, die sehr angebauten fruchtbaren Hügel umher, bieten wenig Schatten und Gelegenheit zu Spaziergängen dar. Gegen Abend besuchte ich Paulus, und fand zuerst nur die Frau zu Hause, die mich freundschaftlich aufnahm, und gleich vieles von und gegen Carolinen sagte. Sie haben sich noch seit der Ankunft gesehen, sind aber jetzt so gespannt, daß die Männer sich nur in Geschäften und die Frauen gar nicht sehen. An wem die Schuld liegt, will ich nicht entscheiden. Paulus ist auf eine kleinliche Weise schlau, und seine Plane mögen nicht immer die besten seyn. So soll er sich viel Mühe gegeben haben, Schütz aus Jena mit der Allg.[emeinen] Lit.[eratur] Zeitung hinzubringen, ehe er nach Halle kam. Er ist übrigens mit seiner Lage zufrieden, und die auswärtigen Gerüchte darüber sind falsch. – Schelling kam, da er mein Billet gefunden hatte, noch Abends spät in den Gasthof, so wie auch Hufeland, ich machte sie mit Constant bekannt, da Frau von St.[aël] niemand sehen wollte. Sie war bereit, noch einen Theil des andern Vormittags in Würzburg zu bleiben, weil ich Schelling so wenig gesehen hatte. Er mußte aber selbst gleich am nächsten Morgen früh wieder verreisen, um Marcus, der am Tag nach unsrer Durchreise, zu einem gefährlichen Kranken nach Meinungen gerufen war, in Schweinfurt zu treffen und über Geschäfte zu sprechen. Schelling war äußerst verbindlich und freundschaftlich, bedauerte unendlich unser Verfehlen, und nöthigte mich noch um 11 Uhr Nachts mit ihm in seine Wohnung zu gehen, wo wir Caroline noch wach antrafen und ich bis nach ein Uhr blieb. Meine Reise hatten sie schon zuvor aus den Zeitungen erfahren. Schelling überlegte noch seinen Brief von Marcus, fand aber, daß sich die Reise nicht aufschieben ließ, und so reisten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr ab, nachdem ich zuvor noch einen kurzen Besuch bey Carolinen gemacht hatte. Sie schien geneigt, alle Bitterkeit der Erinnerung auslöschen zu wollen, und war bey meinem Abschiede gerührt. Ihr Aussehen schien mir besser und gesunder als in Berlin, und dann weiß sie sich immer noch vortheilhaft zu kleiden und ihre Umgebungen zierlich einzurichten. In einem großen Gesellschaftszimmer hatte sie die Büsten von Goethe und Augusten aufgestellt, und innen an den Fenstern zwey große Orangenbäume. In dem Wohnzimmer sah ich das geliebte Bild Augustens wieder. Über das Monument habe ich mit ihr verabredeter Maßen gesprochen, sie hat ihre Gedanken darüber verändert, und wird wohl selbst schon an Tieck geschrieben haben. Sie wünscht jetzt es lieber auf den Kirchhof selbst zu setzen, wo also eine christliche Idee besser passen würde. Ich sollte denken daß dieß unsern künstlerischen Freund Tieck selbst durch die Neuheit reizen könnte. Übrigens wollte sie ihn bitten die Skizzen zu den Basreliefs noch einmal zu senden, ob sie vielleicht ihre Einwendung gegen das dritte jetzt zurücknehmen möchte. – Schelling und sie vertrauten mir manches an über seine Lage und Plane, und die Cabalen gegen ihn. Caroline sprach natürlich eben so schlimm von der Paulus als diese von ihr. Auch über die Huber und deren scheinbare aber nicht haltbare Versöhnung mit ihr. Noch habe ich vergessen daß ich auf dem Wege nach Würzburg durch Münnerstadt kam, welches nur ein paar Stunden von Boklet und Augustens Grabe liegt.
Nach ein paar ziemlich schlechten Nachtlagern aber hübschen Gegenden beym Eintritt in Schwaben, besonders bey Ellwangen langten wir am 3ten Tage Nachmittags in Ulm an, wo wir bis zum nächsten Nachmittag blieben. Das Wetter, das bis dahin außerordentlich schön und selbst heiß gewesen war, wurde regnicht, ich begnügte mich daher die Donau unter unsern Fenstern rauschen zu hören, und ging nicht aus, da Constant den größten Theil des Tages bey seinen alten Bekannten, Hubers zubrachte. Am andern Morgen besah ich den Dom und bestieg den Thurm desselben recht ordentlich, der freylich ein ganz andrer Mann ist, als Huber, den ich bey der Zurückkunft bey Frau von St.[aël] antraf. Er ist jetzt bayrischer Landesdirections-Rath für den neuerworbnen Theil in Schwaben geworden, und die Uniform giebt ihm nebst seinem runden Gesichte und kleiner dicker Statur ein völlig altfränkisches und pfahlbürgerisches Ansehen. Gegen Fr.[au] von St.[aël] hatte er mich sehr gelobt, ich sprach natürlich eben nichts mit ihm von Literarischen Dingen. Er brachte mich zu seiner Frau, die gar häuslich mit ihm lebt, vor 8 Tagen mit ihrem 10ten Kinde, wo ich nicht irre, niedergekommen war, und schon frisch wieder auf. Sie erinnerte sich der alten Zeiten, denn sie hat als Mädchen bey einem Besuche in Hanover in meiner Eltern Hause mich als Knaben gekannt, nachher in Göttingen, wie sie mit Forster aus Wilna wieder dort war, und seitdem nicht wieder, welches Andenken sie bey meinem Eintritte in eine augenblickliche Bewegung setzte. Freylich ist dieß schon lange, gewiß ein 16 Jahre her, ich hätte mich daher nicht wundern sollen sie gealtert zu finden, da ich sie zwar niemals hübsch, aber bey ihrer geistreichen Lebhaftigkeit durch frische Jugend blendend gekannt hatte. Aber ich fand sie zum Erschrecken ihrem häßlichen schielenden Vater ähnlich geworden. Die Zeit war zu kurz, um wahrzunehmen, wie schlecht diese Leute sich würden in mich und ich mich in sie haben finden können.
Von Ulm kamen wir durch ziemlich unbekannte Ortschaften, aber angenehme, bevölkerte und fruchtbare Gegenden, die man gern gesehen hätte, wenn es nur helleres Wetter gewesen wäre, nach Schaffhausen, noch in vollem Regen. Am andern Morgen fuhren wir früher als Frau von Staël aus, um den Rheinfall mit Muße und von allen Punkten aus zu betrachten. Wir fuhren über den Rhein zum Schloß Laufen, unter welchem eine hölzerne Gallerie dicht unter dem Wasserfall angelegt ist. Fr.[au] von St.[aël] blieb am jenseitigen Ufer, da sie dieß Schauspiel schon andremale gesehen und wir trafen sie auf einer Anhöhe am Rheine, da wir zurückkamen. Unvorsichtiger Weise schickten wir unsern Führer zu früh weg und verirrten uns noch auf ziemlich steilen Anhöhen, ehe wir unsre Wagen wiederfanden. Gegen Abend kamen wir in Zürich an. Mad. Necker geb. Saussure, war ihrer Cousine entgegengereist, und schon dort, aber in einem andern Gasthofe. Dieses Wiedersehen erschütterte Frau von St.[aël] sehr und machte einen traurigen Abend. Sie bestand indessen auf der beschlossenen Nebenreise für mich und die beyden Söhne. Der jüngste war ihr nämlich mit ihrer Cousine entgegen gekommen. Es ist ein hübscher blonder wilder Junge von 12 Jahren der an äußerlicher Beweglichkeit das zu viel hat was der älteste zu wenig. – Wir haben also Zürich am nächsten Morgen nur äußerlich ein wenig in Augenschein genommen, und sind darauf vorgestern nach Lucern gereist, in Constants leichtem Wagen. Wir haben den Kammerdiener und noch einen Bedienten mit. Das Wetter begünstigte uns einigermaßen, schon auf dem Albis, einem sehr hohen Berg, der die Aussicht auf den ganzen Züricher See öffnet, hatten wir einige Sonnenblicke wie am Tag zuvor beym Rheinfall. Gestern machten wir eine Fahrt auf dem Lucerner See, landeten bey Küßnacht (sehen Sie die Karte an) und gingen zur Kapelle Tells, das heißt zu der, welche dem Andenken der Ermordung Geßlers gewidmet ist, von da auf eine Höhe wo man den Zuger See überschauen kann. Hier pflückte ich die Vergißmeinnicht, und schicke sie Ihnen als ein Zeichen, daß diese Blume der Erinnerung auch im Schoße entfernter Einsamkeit blüht. Am Abend machten wir noch einen Spaziergang auf einen Berg bey Lucern, von wo aus wir den See herrlich übersahen. Diese Stadt hat mir sehr gefallen, sie ist so still und katholisch. Jetzt reisen wir dem Waadtland entgegen. – Ich muß schließen, meine Augen fallen mir vor Müdigkeit zu. Alles übrige von Angelegenheiten von Coppet aus.
Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher Zärtlichkeit ich an Sie und Ihre kleinen Engel denke. Mit dem äußersten Verlangen sehe ich Nachrichten von Ihrer Gesundheit entgegen. Doch über meine Plane für Sie im nächsten Briefe ausführlich. Ich herze Wilhelm und Felix tausendmal in Gedanken. Ihr Andenken ist mir überall hin gefolgt. Leben Sie recht wohl, die brüderlichsten Grüße an Tieck. Von Coppet aus versäume ich keinen Posttag. Nochmals Adieu.