• August Wilhelm von Schlegel to Carl Christian Matthaei

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Verden (Aller) · Date: 11.12.1839
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Carl Christian Matthaei
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Verden (Aller)
  • Date: 11.12.1839
  • Notations: Konzept. Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34292
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.15,Nr.32
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. u. U.
  • Format: 21 x 13 cm; 7,2 x 16,5 cm
  • Incipit: „[1] Bonn d. 11ten Dec
    1839
    Hochgeehrtester Herr Doctor!
    Ew. Wohlgeb. sehr geschätztes Schreiben vom 5ten oder wie ich aus der Nachschrift schließe [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
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[1] Bonn d. 11ten Dec
1839
Hochgeehrtester Herr Doctor!
Ew. Wohlgeb. sehr geschätztes Schreiben vom 5ten oder wie ich aus der Nachschrift schließe vermuthe, vom 7ten December habe empfing ich gestern empfangen, und sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für die mir mitgetheilten Nachrichten, und für Ihre Bemühungen zum Besten des Dr. Schlegel, meines Neffen.
Da der unglückliche Mann heftigen Paroxysmus in seiner Gemüthskrankheit heftigen Paroxysmen ausgesetzt ist, so ist das dringendste, was ich Ihnen angelegentlich empfehle, daß man ihn in die Ummöglichkeit setze, ferner Unheil anzurichten. Er muß daher sicher eingeschlossen werden, mit wohlverfwahrten Fenstern; alle schneidenden oder stechenden Instrumente, selbst Tischmesser und Gabel sind zu entfernen; [2] und das Zwangscarmisol muß bereit liegen um es ihm bei den ersten Symptomen eines neuen Anfalles anzulegen.
Ohne Zweifel ist in Verden ein Stadt-, oder Kreis-Physicus, der von Amts wegen seinen ärztlichen Rath ertheilt haben wird; und Ew. Wohlgeboren haben gewiß alles aufs zweckmäßigste eingerichtet.
Ferner muß der Kranke in ein Irrenhaus gebracht werden, und zwar so bald schleunig als möglich. Da seine Geisteszerrüttung, wie es scheint, von einer körperlichen Ursache herrührt, xxx xxxxxxxxx nämlich von der unvorsichtigen Heilung eines offnen Schadens am Beine, wo sich dann die bösen Säfte auf das Gehirn geworfen haben, so ist Hoffnung zur Herstellung vorhanden. Diese Meynung äußerte wenigstens ein berühmter hiesiger Arzt, dem ich den Falle, so genau als ich selbst davon in Kenntniß gesetzt bin, vor gelegt habe. Folglich muß eine Irrenanstalt gewählt werden, die nicht bloß sichre Ver[3]wahrung und anständige angemessene Verpflegung, sondern auch auf Heilung der K Gemüthskranken eingerichtet ist. Ob es eine solche im Königreich Hannover giebt, weiß ich nicht. In den westlichen Provinzen des Preußischen Staates sind daran zwei: eine in Westphalen in der Nachbarschaft hiesiger Stadt am rechten Rheinufer, die andre in Westphalen, dem Wohnorte der Mutter und der einer Schwester des Kranken näher.
Sogleich nach dem Empfange der Nachricht habe ich an meine Schwägerin in Harburg, die Witwe des weiland General-Superintendenten Schlegel, geschrieben, und erwarte täglich ihre Antwort. Leider muß ich befürchten, daß diese würdige hochbejahrte Frau, heftig erschüttert durch die unerwartete Erscheinung ihres einzigen Sohnes in einem so zerrütteten Zustande, auf ein Krankenlager danieder geworfen ist. Sobald ich ihre Entschließung weiß, werde ich mich nach besten Kräften bemühen, dieselbe zur [4] Ausführung zu bringen, und an meinem Neffen Vaters Stelle zu vertreten.
Bei einer beständig schwankenden Gesundheit darf ich in dieser Jahrszeit keine weite Reise unternehmen; überdieß werde ich durch meine Amtsgeschäfte festgehalten. Ich hoffe aber einen zuverläßigen Mann nach Verden senden zu können, mit dem Auftrage meinen Neffen zu der gewählten Irrenanstalt zu begleiten; und hoffentlich wird das Nöthige schon vor Ablauf des Jahres dazu vorbereitet seyn.
Ew. Wohlegboren mögen demnach wegen der provisorischen Verpflegungskosten für die kurze Zeitdauer ganz ruhig seyn. Wiewohl ich noch keine directe Nachricht aus Harburg habe, so weiß ich doch, daß die Kosten des Aufenthaltes in Hamburg und des Transportes nach Verden bereits berichtigt sind.
Allerdings habe ich vor einigen Wochen einen Brief des Dr. Schlegel ohne Datum mit dem Poststempel Verden 9 Nov. empfangen. Ich bemerkte daran eine seltsame Zerstreuung, jedoch ohne Spuren [5] eigentlichen Wahnsinnes. Die Erledigung Apertur des Lehens, worauf König Georg III meinem Neffen Vater und seinen männlichen Descendenten ersten Grades eine Anwartschaft verliehen, hat freilich nicht Statt gefunden, sonst würde ich mir schon eine Eröffnung deßfalls aus Hannover zugegangen seyn. Indessen muß der Dr. Schlegel doch die Verleihungs-Urkunde in Händen gehabt haben, denn er hat eine Abschrift davon beigelegt. Das Original wird sich wohl unter seinen Papieren finden, die ohne Zweifel Ew. Wohlgeb. übergeben worden sind.
Empfangen Sie, Herr Doctor, die Versicherung der vollkommensten Hochachtung, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. W.
[6] [leer]
[1] abg. d. 12ten Dec.
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[1] Bonn d. 11ten Dec
1839
Hochgeehrtester Herr Doctor!
Ew. Wohlgeb. sehr geschätztes Schreiben vom 5ten oder wie ich aus der Nachschrift schließe vermuthe, vom 7ten December habe empfing ich gestern empfangen, und sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für die mir mitgetheilten Nachrichten, und für Ihre Bemühungen zum Besten des Dr. Schlegel, meines Neffen.
Da der unglückliche Mann heftigen Paroxysmus in seiner Gemüthskrankheit heftigen Paroxysmen ausgesetzt ist, so ist das dringendste, was ich Ihnen angelegentlich empfehle, daß man ihn in die Ummöglichkeit setze, ferner Unheil anzurichten. Er muß daher sicher eingeschlossen werden, mit wohlverfwahrten Fenstern; alle schneidenden oder stechenden Instrumente, selbst Tischmesser und Gabel sind zu entfernen; [2] und das Zwangscarmisol muß bereit liegen um es ihm bei den ersten Symptomen eines neuen Anfalles anzulegen.
Ohne Zweifel ist in Verden ein Stadt-, oder Kreis-Physicus, der von Amts wegen seinen ärztlichen Rath ertheilt haben wird; und Ew. Wohlgeboren haben gewiß alles aufs zweckmäßigste eingerichtet.
Ferner muß der Kranke in ein Irrenhaus gebracht werden, und zwar so bald schleunig als möglich. Da seine Geisteszerrüttung, wie es scheint, von einer körperlichen Ursache herrührt, xxx xxxxxxxxx nämlich von der unvorsichtigen Heilung eines offnen Schadens am Beine, wo sich dann die bösen Säfte auf das Gehirn geworfen haben, so ist Hoffnung zur Herstellung vorhanden. Diese Meynung äußerte wenigstens ein berühmter hiesiger Arzt, dem ich den Falle, so genau als ich selbst davon in Kenntniß gesetzt bin, vor gelegt habe. Folglich muß eine Irrenanstalt gewählt werden, die nicht bloß sichre Ver[3]wahrung und anständige angemessene Verpflegung, sondern auch auf Heilung der K Gemüthskranken eingerichtet ist. Ob es eine solche im Königreich Hannover giebt, weiß ich nicht. In den westlichen Provinzen des Preußischen Staates sind daran zwei: eine in Westphalen in der Nachbarschaft hiesiger Stadt am rechten Rheinufer, die andre in Westphalen, dem Wohnorte der Mutter und der einer Schwester des Kranken näher.
Sogleich nach dem Empfange der Nachricht habe ich an meine Schwägerin in Harburg, die Witwe des weiland General-Superintendenten Schlegel, geschrieben, und erwarte täglich ihre Antwort. Leider muß ich befürchten, daß diese würdige hochbejahrte Frau, heftig erschüttert durch die unerwartete Erscheinung ihres einzigen Sohnes in einem so zerrütteten Zustande, auf ein Krankenlager danieder geworfen ist. Sobald ich ihre Entschließung weiß, werde ich mich nach besten Kräften bemühen, dieselbe zur [4] Ausführung zu bringen, und an meinem Neffen Vaters Stelle zu vertreten.
Bei einer beständig schwankenden Gesundheit darf ich in dieser Jahrszeit keine weite Reise unternehmen; überdieß werde ich durch meine Amtsgeschäfte festgehalten. Ich hoffe aber einen zuverläßigen Mann nach Verden senden zu können, mit dem Auftrage meinen Neffen zu der gewählten Irrenanstalt zu begleiten; und hoffentlich wird das Nöthige schon vor Ablauf des Jahres dazu vorbereitet seyn.
Ew. Wohlegboren mögen demnach wegen der provisorischen Verpflegungskosten für die kurze Zeitdauer ganz ruhig seyn. Wiewohl ich noch keine directe Nachricht aus Harburg habe, so weiß ich doch, daß die Kosten des Aufenthaltes in Hamburg und des Transportes nach Verden bereits berichtigt sind.
Allerdings habe ich vor einigen Wochen einen Brief des Dr. Schlegel ohne Datum mit dem Poststempel Verden 9 Nov. empfangen. Ich bemerkte daran eine seltsame Zerstreuung, jedoch ohne Spuren [5] eigentlichen Wahnsinnes. Die Erledigung Apertur des Lehens, worauf König Georg III meinem Neffen Vater und seinen männlichen Descendenten ersten Grades eine Anwartschaft verliehen, hat freilich nicht Statt gefunden, sonst würde ich mir schon eine Eröffnung deßfalls aus Hannover zugegangen seyn. Indessen muß der Dr. Schlegel doch die Verleihungs-Urkunde in Händen gehabt haben, denn er hat eine Abschrift davon beigelegt. Das Original wird sich wohl unter seinen Papieren finden, die ohne Zweifel Ew. Wohlgeb. übergeben worden sind.
Empfangen Sie, Herr Doctor, die Versicherung der vollkommensten Hochachtung, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. W.
[6] [leer]
[1] abg. d. 12ten Dec.
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