• Elisabeth Wilhelmine van Nuys to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hamburg · Place of Destination: Unknown · Date: 05.09.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Elisabeth Wilhelmine van Nuys
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hamburg
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 05.09.1811
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 228‒229.
  • Incipit: „[1] [Hamburg] September 5 – [18]11
    Dieser herrliche Tag – wie könntʼ ich inʼs Meer der Ewigkeit Ihn sinken sehn – ohne [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-7
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,22,21
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. Paraphe
  • Format: 20,3 x 12,7 cm
[1] [Hamburg] September 5 – [18]11
Dieser herrliche Tag – wie könntʼ ich inʼs Meer der Ewigkeit Ihn sinken sehn – ohne dem Edelsten Freunde die Ueberzeugung gebracht zu haben daß ich seiner mit tausend frohen, lebhaften, innigen Wünsche[n] gedenke! Die Sonne schien den ganzen Sommer nicht wohlthätiger wie heute – Die Blumen blühen in tausendfachem Glanze, reizend wie der Frühling sie nur bringen kann; ach und ich kann den frischen lebendigen heiter schimmernden Strauß meinem herrlichsten Dichter nicht in der Wirklichkeit bringen – [2] gepflückt habʼ ich indessen das herrlichste mit dem Gedanken an ihn und von einem hundertjährigen Wein werden auf sein Wohl heute die Gläser gefüllt – in ihrer reizendsten Pracht stehen die Blumen neben mir – und so feiern wir das Andenken an den abwesenden Freund.
Die Sehnsucht wächst mit jedem Tage nach jenem reichumkränzten See in dessen Nähe ich mir alles glücklicher denke als es – in den alten Handelsstädten nicht sein kann – wird Friede und Ruhe dort dauernd seyn? wird Milch [3] und Früchte beitragen zu einem patriarchalischen Leben? Fichtes geschlossener Handelsstaat den man in dieser Gegend so vielfach verlangte, konnte jetzt recht nüzlich werden – ich hätte wohl Lust ihn ins französische zu übersezen ach – und was würde es wirken?
Um zufriedene, so glückliche Menschen zu sehen als man in dieser Zeit finden kann, bin ich nach Hollstein geeilt – sehr glückliche Wochen habʼ ich dort bey meiner treflichen Elise verlebt. Ascheberg liegt unmittelbar am Ploener See in einem der fruchtbarsten Thäler von reich bebauten, sanften Hügeln umgeben. Diese reizende Besitzung [4] hat mehrere Stunden im Umfange, verschiedene Dörfer sehr bedeutende Fischerei Jagd, sehr angenehm belegene Güter und freundliche Gutsbesitzer in der Nachbarschaft, so daß unendlich vieles dort zu dem glücklichsten Leben sich vereint. Eine Hauptallee führt nach dem See und obgleich dieser 4 Meilen im Umfange hat ist er grade dort schmal genug daß man eine herrliche alte Eiche welche ein Kreuz bildet so klar wie möglich unterscheidet. Dieses † hat eine so heilige Form, daß der jedesmalige Anblick mit den heiligsten Empfindungen erfüllt. Himlische Sehnsucht nach dem edelsten Freunde hat oft dort mein ganzes Gemüth ergriffen. [5] Wer weiß so, die höhern Empfindungen zu theilen, und zu beleben? Daß mir die Wonne von ihm zu hören nur nicht zu lange mehr vorenthalten bleibe! Wird immer kein Plan gemacht, die heimathlichen Fluren wenigstens im Durchfluge zu besuchen? Zum Weilen – taugt jetzt vorzüglich das reizende Ascheb[erg] – in den alten Hanse-städten sind nur trübe Gesichter. Doch stehʼ ich auf den Punkt abermals nach der alten Vaterstadt zu eilen, meine Harriott blieb dort – jetzt hohle ich sie, um so wenig als möglich von ihr ferner getrennt zu seyn.
Kein Bild [6] von der Freundinn Minna kann ich – wie ichʼs gehoft diesem beyfügen, gar zu erbärmlich ist die Ähnlichkeit!
Sagt ich m[einem] Fr[eunde] schon daß Schröder sich das Verdienst macht die große Oper auf die hiesige Bühne zu bringen? Iphigenie wurde erträglich gegeben. – Aus dem Englischen ist etwas angekündet was mir in London der höchste Unsinn schien. Der Schneider und sein Sohn oder – das Mittel – gegen – HerzwehSch[röder] kömt von der pretention seine Sachen geltend zu machen zurück und so wirds besser werden.
In Eutin verlebt ich einen schönen Tag mit Tischbein Peale und Zehender T[ischbein] mahlt P[eale] als Christus es wird eins seiner gelungensten Bilder. Zu den Allegorien hat er nicht Zeit es würde ein Jahr und mehr erfordern.
Zu dem Anacreon macht T[ischbein] liebliche Bilder. Was macht die Büste und das Lied an die kl[eine] Harfnerin?
Glück Glück Glück
D[ir] von D[einer]
M[inna]
[1] [Hamburg] September 5 – [18]11
Dieser herrliche Tag – wie könntʼ ich inʼs Meer der Ewigkeit Ihn sinken sehn – ohne dem Edelsten Freunde die Ueberzeugung gebracht zu haben daß ich seiner mit tausend frohen, lebhaften, innigen Wünsche[n] gedenke! Die Sonne schien den ganzen Sommer nicht wohlthätiger wie heute – Die Blumen blühen in tausendfachem Glanze, reizend wie der Frühling sie nur bringen kann; ach und ich kann den frischen lebendigen heiter schimmernden Strauß meinem herrlichsten Dichter nicht in der Wirklichkeit bringen – [2] gepflückt habʼ ich indessen das herrlichste mit dem Gedanken an ihn und von einem hundertjährigen Wein werden auf sein Wohl heute die Gläser gefüllt – in ihrer reizendsten Pracht stehen die Blumen neben mir – und so feiern wir das Andenken an den abwesenden Freund.
Die Sehnsucht wächst mit jedem Tage nach jenem reichumkränzten See in dessen Nähe ich mir alles glücklicher denke als es – in den alten Handelsstädten nicht sein kann – wird Friede und Ruhe dort dauernd seyn? wird Milch [3] und Früchte beitragen zu einem patriarchalischen Leben? Fichtes geschlossener Handelsstaat den man in dieser Gegend so vielfach verlangte, konnte jetzt recht nüzlich werden – ich hätte wohl Lust ihn ins französische zu übersezen ach – und was würde es wirken?
Um zufriedene, so glückliche Menschen zu sehen als man in dieser Zeit finden kann, bin ich nach Hollstein geeilt – sehr glückliche Wochen habʼ ich dort bey meiner treflichen Elise verlebt. Ascheberg liegt unmittelbar am Ploener See in einem der fruchtbarsten Thäler von reich bebauten, sanften Hügeln umgeben. Diese reizende Besitzung [4] hat mehrere Stunden im Umfange, verschiedene Dörfer sehr bedeutende Fischerei Jagd, sehr angenehm belegene Güter und freundliche Gutsbesitzer in der Nachbarschaft, so daß unendlich vieles dort zu dem glücklichsten Leben sich vereint. Eine Hauptallee führt nach dem See und obgleich dieser 4 Meilen im Umfange hat ist er grade dort schmal genug daß man eine herrliche alte Eiche welche ein Kreuz bildet so klar wie möglich unterscheidet. Dieses † hat eine so heilige Form, daß der jedesmalige Anblick mit den heiligsten Empfindungen erfüllt. Himlische Sehnsucht nach dem edelsten Freunde hat oft dort mein ganzes Gemüth ergriffen. [5] Wer weiß so, die höhern Empfindungen zu theilen, und zu beleben? Daß mir die Wonne von ihm zu hören nur nicht zu lange mehr vorenthalten bleibe! Wird immer kein Plan gemacht, die heimathlichen Fluren wenigstens im Durchfluge zu besuchen? Zum Weilen – taugt jetzt vorzüglich das reizende Ascheb[erg] – in den alten Hanse-städten sind nur trübe Gesichter. Doch stehʼ ich auf den Punkt abermals nach der alten Vaterstadt zu eilen, meine Harriott blieb dort – jetzt hohle ich sie, um so wenig als möglich von ihr ferner getrennt zu seyn.
Kein Bild [6] von der Freundinn Minna kann ich – wie ichʼs gehoft diesem beyfügen, gar zu erbärmlich ist die Ähnlichkeit!
Sagt ich m[einem] Fr[eunde] schon daß Schröder sich das Verdienst macht die große Oper auf die hiesige Bühne zu bringen? Iphigenie wurde erträglich gegeben. – Aus dem Englischen ist etwas angekündet was mir in London der höchste Unsinn schien. Der Schneider und sein Sohn oder – das Mittel – gegen – HerzwehSch[röder] kömt von der pretention seine Sachen geltend zu machen zurück und so wirds besser werden.
In Eutin verlebt ich einen schönen Tag mit Tischbein Peale und Zehender T[ischbein] mahlt P[eale] als Christus es wird eins seiner gelungensten Bilder. Zu den Allegorien hat er nicht Zeit es würde ein Jahr und mehr erfordern.
Zu dem Anacreon macht T[ischbein] liebliche Bilder. Was macht die Büste und das Lied an die kl[eine] Harfnerin?
Glück Glück Glück
D[ir] von D[einer]
M[inna]
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