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">Hamburg</span><br>den 26<span class="offset-4 prsdoppeltunterstrichen ">sten</span> Aug. 1844.<br>Geliebtester Oheim!<br><span class="doc-4034 ">Als ich Ihnen das letzte Mal schrieb</span>, glaubte ich nicht, daß die Krankheit, von der ich grade befallen war, so bedeutend und in ihren Folgen so langwierig werden würde. Erst jetzt habe ich mich so weit erholt, um ohne Anstrengung schreiben und wie gewöhnlich leben und mich beschäftigen zu können, sonst würde ich schon früher mein Versprechen erfüllt und Ihnen Nachricht gegeben haben. Das Übel war hauptsächlich nervös, doch gesellten sich auch Brustleiden hinzu und die Schwäche so groß und anhaltend, daß der Arzt oft ganz bedenklich dabei ward. Nach sieben langen, traurigen Wochen war ich endlich so weit hergestellt, um ohne Nachtheil die kleine Reise hierher unternehmen zu können. Der Arzt war nämlich der Meinung, daß meine Gesundheit lediglich durch die vielen Gemüthsbewegungen und die stets traurigen <span class="notice-25717 ">[2]</span> Umgebungen der letzten Jahre so sehr gelitten habe und hielt es zu meiner völligen Wiedergenesung für unumgänglich nothwendig, daß ich für eine Zeit lang <span class="index-2755 tp-68834 ">Harburg</span> verlasse und mich aller Sorgen entschlage. Ich nahm daher die freundliche Einladung meiner Verwandten an, die in <span class="index-10156 tp-68828 family-courier ">St. Georg</span>, einer Vorstadt <span class="index-98 tp-68827 ">Hamburg</span>’s ländlich wohnen, seit dem unglücklichen Brande, lebe fast schon drei Wochen hier ruhig und zufrieden, bin, so viel es das wankelmüthige Wetter gestattet, im Freien und erhole und erheitere mich sichtlich dadurch. Mitte September denke ich nach Harburg zürück zu kehren und dann wieder Muth und Kräfte genug zu haben, um ohne wesentlichen Nachtheil für Körper und Geist das Unvermeidliche, was Gott uns auferlegt hat, tragen zu können.<br>Der Zustand <span class="index-3671 tp-68830 ">meiner armen Schwester</span> ist noch ungefähr derselbe, nur leidet sie jetzt mehr Schmerzen, als das bisher der Fall war. <span class="index-5132 tp-68831 ">Ihre Tochter Pauline</span> ist ihre stete und treue Pflegerinn und wir müssen nur immer sorgen, daß auch deren Gesundheit durch die übele Krankenluft, in der sie Tag und Nacht leben muß, nicht leidet. Es ist hart für das junge Mädchen, daß ihre schönen Jugendjahre so traurig dahin gehen, doch muß sie in dem Bewußtsein treu erfüllter Pflicht Ersatz finden.<br>Ich hatte während meiner Krankheit die Freude, daß <span class="index-5130 tp-68832 ">Hermann</span> mich auf 8 Tage besuchte. Sein Prinzipal, <span class="index-10557 tp-68833 ">Herr Wahlstab</span> hatte <span class="notice-25718 ">[3]</span> ihm nämlich diese Erlaubniß ertheilt, als Belohnung für seinen Fleiß und seine Brauchbarkeit, was natürlich für mich ein recht beglückendes Gefühl ist. Hermann selbst fand ich Gottlob! recht wohl und heiter; er läßt sich Ihnen bestens empfehlen.<br>Möchte Ihre Gesundheit, mein theurer Oheim, doch so gut und Ihre Lebenstage so heiter sein, wie ich das stets wünsche und vom Himmel erflehe!<br>Ihre<br>Sie aufrichtig liebende und hochschätzende<br>Nichte Amalie Wolper.<br><span class="notice-25719 ">[4]</span> Sr. Hochwohlgeboren<br>dem Herrn Professor <span class="family-courier ">A. 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[1] St. Georg bei Hamburg
den 26sten Aug. 1844.
Geliebtester Oheim!
Als ich Ihnen das letzte Mal schrieb, glaubte ich nicht, daß die Krankheit, von der ich grade befallen war, so bedeutend und in ihren Folgen so langwierig werden würde. Erst jetzt habe ich mich so weit erholt, um ohne Anstrengung schreiben und wie gewöhnlich leben und mich beschäftigen zu können, sonst würde ich schon früher mein Versprechen erfüllt und Ihnen Nachricht gegeben haben. Das Übel war hauptsächlich nervös, doch gesellten sich auch Brustleiden hinzu und die Schwäche so groß und anhaltend, daß der Arzt oft ganz bedenklich dabei ward. Nach sieben langen, traurigen Wochen war ich endlich so weit hergestellt, um ohne Nachtheil die kleine Reise hierher unternehmen zu können. Der Arzt war nämlich der Meinung, daß meine Gesundheit lediglich durch die vielen Gemüthsbewegungen und die stets traurigen [2] Umgebungen der letzten Jahre so sehr gelitten habe und hielt es zu meiner völligen Wiedergenesung für unumgänglich nothwendig, daß ich für eine Zeit lang Harburg verlasse und mich aller Sorgen entschlage. Ich nahm daher die freundliche Einladung meiner Verwandten an, die in St. Georg, einer Vorstadt Hamburg’s ländlich wohnen, seit dem unglücklichen Brande, lebe fast schon drei Wochen hier ruhig und zufrieden, bin, so viel es das wankelmüthige Wetter gestattet, im Freien und erhole und erheitere mich sichtlich dadurch. Mitte September denke ich nach Harburg zürück zu kehren und dann wieder Muth und Kräfte genug zu haben, um ohne wesentlichen Nachtheil für Körper und Geist das Unvermeidliche, was Gott uns auferlegt hat, tragen zu können.
Der Zustand meiner armen Schwester ist noch ungefähr derselbe, nur leidet sie jetzt mehr Schmerzen, als das bisher der Fall war. Ihre Tochter Pauline ist ihre stete und treue Pflegerinn und wir müssen nur immer sorgen, daß auch deren Gesundheit durch die übele Krankenluft, in der sie Tag und Nacht leben muß, nicht leidet. Es ist hart für das junge Mädchen, daß ihre schönen Jugendjahre so traurig dahin gehen, doch muß sie in dem Bewußtsein treu erfüllter Pflicht Ersatz finden.
Ich hatte während meiner Krankheit die Freude, daß Hermann mich auf 8 Tage besuchte. Sein Prinzipal, Herr Wahlstab hatte [3] ihm nämlich diese Erlaubniß ertheilt, als Belohnung für seinen Fleiß und seine Brauchbarkeit, was natürlich für mich ein recht beglückendes Gefühl ist. Hermann selbst fand ich Gottlob! recht wohl und heiter; er läßt sich Ihnen bestens empfehlen.
Möchte Ihre Gesundheit, mein theurer Oheim, doch so gut und Ihre Lebenstage so heiter sein, wie ich das stets wünsche und vom Himmel erflehe!
Ihre
Sie aufrichtig liebende und hochschätzende
Nichte Amalie Wolper.
[4] Sr. Hochwohlgeboren
dem Herrn Professor A. W. von Schlegel.
zu
Bonn.
den 26sten Aug. 1844.
Geliebtester Oheim!
Als ich Ihnen das letzte Mal schrieb, glaubte ich nicht, daß die Krankheit, von der ich grade befallen war, so bedeutend und in ihren Folgen so langwierig werden würde. Erst jetzt habe ich mich so weit erholt, um ohne Anstrengung schreiben und wie gewöhnlich leben und mich beschäftigen zu können, sonst würde ich schon früher mein Versprechen erfüllt und Ihnen Nachricht gegeben haben. Das Übel war hauptsächlich nervös, doch gesellten sich auch Brustleiden hinzu und die Schwäche so groß und anhaltend, daß der Arzt oft ganz bedenklich dabei ward. Nach sieben langen, traurigen Wochen war ich endlich so weit hergestellt, um ohne Nachtheil die kleine Reise hierher unternehmen zu können. Der Arzt war nämlich der Meinung, daß meine Gesundheit lediglich durch die vielen Gemüthsbewegungen und die stets traurigen [2] Umgebungen der letzten Jahre so sehr gelitten habe und hielt es zu meiner völligen Wiedergenesung für unumgänglich nothwendig, daß ich für eine Zeit lang Harburg verlasse und mich aller Sorgen entschlage. Ich nahm daher die freundliche Einladung meiner Verwandten an, die in St. Georg, einer Vorstadt Hamburg’s ländlich wohnen, seit dem unglücklichen Brande, lebe fast schon drei Wochen hier ruhig und zufrieden, bin, so viel es das wankelmüthige Wetter gestattet, im Freien und erhole und erheitere mich sichtlich dadurch. Mitte September denke ich nach Harburg zürück zu kehren und dann wieder Muth und Kräfte genug zu haben, um ohne wesentlichen Nachtheil für Körper und Geist das Unvermeidliche, was Gott uns auferlegt hat, tragen zu können.
Der Zustand meiner armen Schwester ist noch ungefähr derselbe, nur leidet sie jetzt mehr Schmerzen, als das bisher der Fall war. Ihre Tochter Pauline ist ihre stete und treue Pflegerinn und wir müssen nur immer sorgen, daß auch deren Gesundheit durch die übele Krankenluft, in der sie Tag und Nacht leben muß, nicht leidet. Es ist hart für das junge Mädchen, daß ihre schönen Jugendjahre so traurig dahin gehen, doch muß sie in dem Bewußtsein treu erfüllter Pflicht Ersatz finden.
Ich hatte während meiner Krankheit die Freude, daß Hermann mich auf 8 Tage besuchte. Sein Prinzipal, Herr Wahlstab hatte [3] ihm nämlich diese Erlaubniß ertheilt, als Belohnung für seinen Fleiß und seine Brauchbarkeit, was natürlich für mich ein recht beglückendes Gefühl ist. Hermann selbst fand ich Gottlob! recht wohl und heiter; er läßt sich Ihnen bestens empfehlen.
Möchte Ihre Gesundheit, mein theurer Oheim, doch so gut und Ihre Lebenstage so heiter sein, wie ich das stets wünsche und vom Himmel erflehe!
Ihre
Sie aufrichtig liebende und hochschätzende
Nichte Amalie Wolper.
[4] Sr. Hochwohlgeboren
dem Herrn Professor A. W. von Schlegel.
zu
Bonn.