• Charlotte Ernst , Ludwig Emanuel Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Pillnitz · Place of Destination: Unknown · Date: 20.08.1822
Edition Status: Newly transcribed and labelled; single collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Charlotte Ernst, Ludwig Emanuel Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Pillnitz
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 20.08.1822
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.24
  • Number of Pages: 2S., hs. m. U.
  • Format: 18,9 x 12,9 cm
  • Incipit: „[1] Pillnitz den 20. Aug. 1822.
    Mein geliebtester Bruder
    Wie unendlich freue ich mich, daß Gustchen nun endlich das Ziel Ihrer Wünsche [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia
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[1] Pillnitz den 20. Aug. 1822.
Mein geliebtester Bruder
Wie unendlich freue ich mich, daß Gustchen nun endlich das Ziel Ihrer Wünsche erreicht hat, und in deiner Nähe ist, darnach hat sie schon lange lange gestrebt, und es ist ein kleiner Kopf sie sucht doch endlich durch zu setzen was sie wünscht ich hoffe daß Du sie lieb gewinnen wirst, es ist doch ein gar gutes Kind, und in ihren Verhältnißen hat sie schon viel Lebensklugheit gezeigt sie ist freylich etwas zu geneigt ihrem Manne zu viel zu glauben, daß kann man nur schwerlich hindern, denn mit diesem Glauben nimt man ihr Lebensglück, und es ist nicht Schwäche des Charakters bey ihr. Ich fürchte nur daß es dir lästig ist beide im Hause zu haben, ich hoffe sie haben die gehörige Behutsamkeit, dich in deinen Geschäften nicht zu stören ich habe wenigstens sie sehr aufmerksam darauf gemacht. Lästig wird es dir seyn daß du meine Tochter wenig allein sehen kannst, uns kannst du glauben ist es oft recht peinlich daß wir immer einen dritten, in den Umgang mit unsrer Tochter haben. Beruhige mich nur darüber liebster Bruder, mir in einigen Worten zu sagen, wie ihr mit einander steht, und ob mein Schwiegersohn dir die gehörige Zurückhaltung und Defferenz für [dei]nen Verstand bezeugt. Sein Hauptfehler ist [Mange]l an Ueberlegung, was an der Zeit ist zu[...]en oder nicht, besonders im politischen, da b[...] ihn gehen lieber Bruder, und entrire nicht, daß ist das beste. Uebrigens wenn du [2] kannst, so gieb ihm manchmal Zeichen deiner Achtung, es ist hauptsächlich gekränkter Stolz was ihn [...]uzlich macht. Nun Gott gebe daß alles zu dein[er] Zufriedenheit abgeht, es würde mein gutes Kin[d] unglücklich machen, wenn das nicht so seyn sollte. Nur einen Tag ganz vertraulich mit dir zu leben darum gebe ich vil, wenn wir nicht alles aufopfern müßten, um das Kinder wohl zu fördern so sollte uns nichts abhalten, noch einmal in unsern alten Tagen eine Rheinreise nach dir zu machen, wir würden beide von neuen wieder aufleben. – Die Kinder werden dir gesagt haben, wie der Minister Einsiedel der alles geltende für Gustchen gut gestimt ist, das Spruchwerk, es gilt kein Prophet in seinem Vaterland paßt auch für die Künstler, das Reisen gibt ihnen den Stempel und erregt die Aufmerksamkeit von denen Macht habenden Behörden, und der Wunsch ihr einmal eine Pension zu verschaffen, wird gewiß auf diesem Wege am ersten erreicht, und sie hat sich dadurch völlig als Künstlerinn kund gethan, da man sie sonst nur für Dilettantinn gehalten h[ätte] Gustchen wünscht sehr dich zu malen, möchte gerne daß Hände mit drauf [...] wenn sich Gustchen so vil wagt. Leb wohl geliebter Bruder, und [glau]be daß wir alle mit fühlen, was du m[einem] Kinde liebes [er]weist, Schreibe ja ein [...] Zeilen an [...] mit, aber laß dir dann [...]r den Brief von den Kindern geben, und siegle ihn selbst
Seit den flüchtigen, ominösen, Augenblicken unsres Zusammentreffens in iener Periode der Leipziger Schlacht, habe ich Sie, verehrtester Herr Bruder, nicht wiedergesehen. Rauche Auftritte folgten drauf auch für mich.
Wie glücklich bin ich, mir Sie jetzt in Ihrem Musäo zu denken, und als wohlthätigen Genius für unser Gustchen.
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[1] Pillnitz den 20. Aug. 1822.
Mein geliebtester Bruder
Wie unendlich freue ich mich, daß Gustchen nun endlich das Ziel Ihrer Wünsche erreicht hat, und in deiner Nähe ist, darnach hat sie schon lange lange gestrebt, und es ist ein kleiner Kopf sie sucht doch endlich durch zu setzen was sie wünscht ich hoffe daß Du sie lieb gewinnen wirst, es ist doch ein gar gutes Kind, und in ihren Verhältnißen hat sie schon viel Lebensklugheit gezeigt sie ist freylich etwas zu geneigt ihrem Manne zu viel zu glauben, daß kann man nur schwerlich hindern, denn mit diesem Glauben nimt man ihr Lebensglück, und es ist nicht Schwäche des Charakters bey ihr. Ich fürchte nur daß es dir lästig ist beide im Hause zu haben, ich hoffe sie haben die gehörige Behutsamkeit, dich in deinen Geschäften nicht zu stören ich habe wenigstens sie sehr aufmerksam darauf gemacht. Lästig wird es dir seyn daß du meine Tochter wenig allein sehen kannst, uns kannst du glauben ist es oft recht peinlich daß wir immer einen dritten, in den Umgang mit unsrer Tochter haben. Beruhige mich nur darüber liebster Bruder, mir in einigen Worten zu sagen, wie ihr mit einander steht, und ob mein Schwiegersohn dir die gehörige Zurückhaltung und Defferenz für [dei]nen Verstand bezeugt. Sein Hauptfehler ist [Mange]l an Ueberlegung, was an der Zeit ist zu[...]en oder nicht, besonders im politischen, da b[...] ihn gehen lieber Bruder, und entrire nicht, daß ist das beste. Uebrigens wenn du [2] kannst, so gieb ihm manchmal Zeichen deiner Achtung, es ist hauptsächlich gekränkter Stolz was ihn [...]uzlich macht. Nun Gott gebe daß alles zu dein[er] Zufriedenheit abgeht, es würde mein gutes Kin[d] unglücklich machen, wenn das nicht so seyn sollte. Nur einen Tag ganz vertraulich mit dir zu leben darum gebe ich vil, wenn wir nicht alles aufopfern müßten, um das Kinder wohl zu fördern so sollte uns nichts abhalten, noch einmal in unsern alten Tagen eine Rheinreise nach dir zu machen, wir würden beide von neuen wieder aufleben. – Die Kinder werden dir gesagt haben, wie der Minister Einsiedel der alles geltende für Gustchen gut gestimt ist, das Spruchwerk, es gilt kein Prophet in seinem Vaterland paßt auch für die Künstler, das Reisen gibt ihnen den Stempel und erregt die Aufmerksamkeit von denen Macht habenden Behörden, und der Wunsch ihr einmal eine Pension zu verschaffen, wird gewiß auf diesem Wege am ersten erreicht, und sie hat sich dadurch völlig als Künstlerinn kund gethan, da man sie sonst nur für Dilettantinn gehalten h[ätte] Gustchen wünscht sehr dich zu malen, möchte gerne daß Hände mit drauf [...] wenn sich Gustchen so vil wagt. Leb wohl geliebter Bruder, und [glau]be daß wir alle mit fühlen, was du m[einem] Kinde liebes [er]weist, Schreibe ja ein [...] Zeilen an [...] mit, aber laß dir dann [...]r den Brief von den Kindern geben, und siegle ihn selbst
Seit den flüchtigen, ominösen, Augenblicken unsres Zusammentreffens in iener Periode der Leipziger Schlacht, habe ich Sie, verehrtester Herr Bruder, nicht wiedergesehen. Rauche Auftritte folgten drauf auch für mich.
Wie glücklich bin ich, mir Sie jetzt in Ihrem Musäo zu denken, und als wohlthätigen Genius für unser Gustchen.
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