• Henriette Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Amsterdam · Date: 11.09.1792
Edition Status: Newly transcribed and labelled; single collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Henriette Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 11.09.1792
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.63
  • Number of Pages: 8S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 17,9 x 12,5 cm
  • Incipit: „[1] 1792 den 11ten Sept:
    Liebster Wilhelm,
    Recht lange ist es daß ich dir nicht geschrieben, aber nun soll unsere Correspondenz auch [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia
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[1] 1792 den 11ten Sept:
Liebster Wilhelm,
Recht lange ist es daß ich dir nicht geschrieben, aber nun soll unsere Correspondenz auch wieder ordentlicher geführt werden! nun ziehn wir bald wieder nach der Stadt und da hofte ich wieder mehr Zeit zu gewinnen. Dieser Sommer ist mir recht schnell vergangen, ich kann nicht sagen daß ich mich auf den Winter freue. Itzt haben wir aber recht unangenehmes Herbstwetter, wo ich gerne ans hereinziehn denke. Fritz wird diese Michael nicht kommen. die Reise von dorther ist gar zu kostbar, und Eberts Besuch hat meinen Eltern mehr gekostet als diese Reise betragen hätte, da müßen wir und Fritz uns das Vergnügen [2] bis auf Ostern versagen! Aber recht sonderbar kömmt es mir vor, itzt gar keine solche Besuche in dem Ferien zu erwarten, zu haben. Es war doch recht hübsch, erinnerst du es dir noch, ich weis nicht, war es vor 3 Jahren? wie du mal zu Fuß von Göttingen kammst, um des Vaters Geburtstag, mit uns zu feyern! Von Eberts Besuch weißt du noch gar nichts also muß ich es dir wohl ausführlich erzählen. E. kündigten sich bey Rehbergs an bey Ihnen zu logiren, aber auf allenfall wenn daß nicht angieng, glaubten sie von Fritz gehört zu haben, daß sie recht gut bey uns logiren könnten. Dieß setzte Rehbergs sehr in Chock, die nicht nur, daß logiren sondern auch ihren ganzen Besuch hierher abzu[3]lehnen wünschten, wir konnten uns da wir auf dem Garten wohnten auch sehr gut entschuldigen; aber R. Brief half nichts, und sie kamen demohngeachtet und wohnten auf der Schenke. Nun nahmen wir uns gleich vor, doch alles mögliche zu thun um ihnen den Aufenthalt hier angenehm zu machen, wir ließen sie also gleich im Thore durch unsern Bedienten erwarten, auf Blauels Schenke bringen, und sie auf den folgenden Mittag invitiren, wen wir mehr Gesellschaft hatten, Falkens Lehzens Brands Rehberg, Scharf etc. nachher hatten wir sie noch ein paar mahl zum eßen. mein Bruder fuhr sie nach Herrenhausen, wo sie an der Fontaine sehr viel Vergnügen fanden, und gab auf seinem [4] Garten, einen kleinen Grand tée wo etwa ein 40 Personen waren; die Erfrischungen so Brillant als möglich Eiß Bischof etc. Rehbergs konnten und wollten die Zeit über sehr wenig für sie thun, da gerade die Mutter etwas unpäßlich, Caroline noch immer kränklich, so, wie auch Rehberg der erschrecklich elend aussieht, vielleicht auch aus Vorsicht, da gerade der College von R. auf dem Tode krank lag, er deswegen alle seine Geschäfte verrichtete, daß die Medisançe nicht etwa sagen sollte, er rechnete schon auf die höhere Einnahme, die ihm doch noch nicht gewiß ist. Andere thaten gar nichts für sie, Zimmermanns nachdem sie lange genug hier gewesen, hatten sie, und Rehbergs mahl zum the gebeten [5] mit uns und das was wir für sie gethan scheinen sie sehr zufrieden und dankbar, aber übrigens haben sie wohl in Hannover nicht gefunden was sie erwartet. Den letzten Mittag waren wir denn noch mit sie bey Rehbergs, aber sonst niemand Ich habe ihn sehr elend aussehend gefunden, aber er ist doch immernoch sehr munter, zuweilen mag es wohl erzwungen seyn, ich finde ihn aber doch einen sehr angenehmen Gesellschafter. Nun sind sie nach Zelle gereißt, wo sie bey P am Hofe der Frau von Pleß sind und sehr vergnügt, also wird der gute Eindruck den sie etwa noch von H. ha[6]ben, völlig ausgellöscht werden.
In Dresden und Harburg, sind alle wohl, Lottchen hat diesen Sommer, durch den Aufenthalt der Frau von Fitt, in Pillnitz, an Gesellschaftlichen Vergnügen viel gewonnen, indeßen ziehn sie doch immer sehr gerne wieder zur Stadt. Daß Wolthagens in D. gewesen habe ich dir ja wohl schon geschrieben; sie sind ganz entzückt von ihrer Reise zurückgekommen, wozu bey ihr, der junge schöne Ompteda, der doch itzt Gesandschaftssekretair dort ist, nicht wenig dazu beygetragen. Der älteste Herr von Brunner der bisher Kriegsrath gewesen, wird nach D. als Gesandter gehn [7] und Hardenberg seinen Wünschen gemäß nach Wien.
Ein paar Heyrathsneuigkeiten sind hier itzt la Nouvelle du jour die dich aber wohl wenig intereßiren können. Mlle Patjen heyrathet Hauptmann Herrn von der Wense; eben keine sehr sonderliche Partie, wie man sagt, wahrscheinlich nur deswegen annehmlich weil er von alten Adel; sie bekömmt gleich 30,000 Rht mit. Eine andere ist zurückgegangen, weil der Bräutigam mit der Coqueterie seiner Frau sehr Ursache hatte unzufrieden zu seyn, das ist die Mlle. Bragemann, und Barnig. Die Frau von Voigt ist wunderlich wieder beßer worüber Caroline sehr froh ist. Die Kummer [8] hat ein drittes kleines Mädchen bekommen. –
Mein Vater ist itzt, und diesen ganzen Sommer vorzüglich wohl gewesen. Der Lieder Anfang ist fertig und wird zu Michael hier wohl eingeführt werden, auf dem Lande aber später. Ich bitte dich lieber W. erkalte doch nicht gar zu sehr in deinem löblichen Eifer mit dem du uns sonst im Anfange deines Aufenthalts in H. mit Briefen unterhieltest. Ich habe es dir schon oft gesagt, und es bedarf ja wohl gar keiner Versicherung, wie sehr uns allemahle ein Brief von dich erfreut. Lebe recht wohl, und erhalte mich deiner brüderlichen Liebe
Henriette Schlegel
[1] Das Werk von Rehberg wird mein Vater dir mitschicken
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[1] 1792 den 11ten Sept:
Liebster Wilhelm,
Recht lange ist es daß ich dir nicht geschrieben, aber nun soll unsere Correspondenz auch wieder ordentlicher geführt werden! nun ziehn wir bald wieder nach der Stadt und da hofte ich wieder mehr Zeit zu gewinnen. Dieser Sommer ist mir recht schnell vergangen, ich kann nicht sagen daß ich mich auf den Winter freue. Itzt haben wir aber recht unangenehmes Herbstwetter, wo ich gerne ans hereinziehn denke. Fritz wird diese Michael nicht kommen. die Reise von dorther ist gar zu kostbar, und Eberts Besuch hat meinen Eltern mehr gekostet als diese Reise betragen hätte, da müßen wir und Fritz uns das Vergnügen [2] bis auf Ostern versagen! Aber recht sonderbar kömmt es mir vor, itzt gar keine solche Besuche in dem Ferien zu erwarten, zu haben. Es war doch recht hübsch, erinnerst du es dir noch, ich weis nicht, war es vor 3 Jahren? wie du mal zu Fuß von Göttingen kammst, um des Vaters Geburtstag, mit uns zu feyern! Von Eberts Besuch weißt du noch gar nichts also muß ich es dir wohl ausführlich erzählen. E. kündigten sich bey Rehbergs an bey Ihnen zu logiren, aber auf allenfall wenn daß nicht angieng, glaubten sie von Fritz gehört zu haben, daß sie recht gut bey uns logiren könnten. Dieß setzte Rehbergs sehr in Chock, die nicht nur, daß logiren sondern auch ihren ganzen Besuch hierher abzu[3]lehnen wünschten, wir konnten uns da wir auf dem Garten wohnten auch sehr gut entschuldigen; aber R. Brief half nichts, und sie kamen demohngeachtet und wohnten auf der Schenke. Nun nahmen wir uns gleich vor, doch alles mögliche zu thun um ihnen den Aufenthalt hier angenehm zu machen, wir ließen sie also gleich im Thore durch unsern Bedienten erwarten, auf Blauels Schenke bringen, und sie auf den folgenden Mittag invitiren, wen wir mehr Gesellschaft hatten, Falkens Lehzens Brands Rehberg, Scharf etc. nachher hatten wir sie noch ein paar mahl zum eßen. mein Bruder fuhr sie nach Herrenhausen, wo sie an der Fontaine sehr viel Vergnügen fanden, und gab auf seinem [4] Garten, einen kleinen Grand tée wo etwa ein 40 Personen waren; die Erfrischungen so Brillant als möglich Eiß Bischof etc. Rehbergs konnten und wollten die Zeit über sehr wenig für sie thun, da gerade die Mutter etwas unpäßlich, Caroline noch immer kränklich, so, wie auch Rehberg der erschrecklich elend aussieht, vielleicht auch aus Vorsicht, da gerade der College von R. auf dem Tode krank lag, er deswegen alle seine Geschäfte verrichtete, daß die Medisançe nicht etwa sagen sollte, er rechnete schon auf die höhere Einnahme, die ihm doch noch nicht gewiß ist. Andere thaten gar nichts für sie, Zimmermanns nachdem sie lange genug hier gewesen, hatten sie, und Rehbergs mahl zum the gebeten [5] mit uns und das was wir für sie gethan scheinen sie sehr zufrieden und dankbar, aber übrigens haben sie wohl in Hannover nicht gefunden was sie erwartet. Den letzten Mittag waren wir denn noch mit sie bey Rehbergs, aber sonst niemand Ich habe ihn sehr elend aussehend gefunden, aber er ist doch immernoch sehr munter, zuweilen mag es wohl erzwungen seyn, ich finde ihn aber doch einen sehr angenehmen Gesellschafter. Nun sind sie nach Zelle gereißt, wo sie bey P am Hofe der Frau von Pleß sind und sehr vergnügt, also wird der gute Eindruck den sie etwa noch von H. ha[6]ben, völlig ausgellöscht werden.
In Dresden und Harburg, sind alle wohl, Lottchen hat diesen Sommer, durch den Aufenthalt der Frau von Fitt, in Pillnitz, an Gesellschaftlichen Vergnügen viel gewonnen, indeßen ziehn sie doch immer sehr gerne wieder zur Stadt. Daß Wolthagens in D. gewesen habe ich dir ja wohl schon geschrieben; sie sind ganz entzückt von ihrer Reise zurückgekommen, wozu bey ihr, der junge schöne Ompteda, der doch itzt Gesandschaftssekretair dort ist, nicht wenig dazu beygetragen. Der älteste Herr von Brunner der bisher Kriegsrath gewesen, wird nach D. als Gesandter gehn [7] und Hardenberg seinen Wünschen gemäß nach Wien.
Ein paar Heyrathsneuigkeiten sind hier itzt la Nouvelle du jour die dich aber wohl wenig intereßiren können. Mlle Patjen heyrathet Hauptmann Herrn von der Wense; eben keine sehr sonderliche Partie, wie man sagt, wahrscheinlich nur deswegen annehmlich weil er von alten Adel; sie bekömmt gleich 30,000 Rht mit. Eine andere ist zurückgegangen, weil der Bräutigam mit der Coqueterie seiner Frau sehr Ursache hatte unzufrieden zu seyn, das ist die Mlle. Bragemann, und Barnig. Die Frau von Voigt ist wunderlich wieder beßer worüber Caroline sehr froh ist. Die Kummer [8] hat ein drittes kleines Mädchen bekommen. –
Mein Vater ist itzt, und diesen ganzen Sommer vorzüglich wohl gewesen. Der Lieder Anfang ist fertig und wird zu Michael hier wohl eingeführt werden, auf dem Lande aber später. Ich bitte dich lieber W. erkalte doch nicht gar zu sehr in deinem löblichen Eifer mit dem du uns sonst im Anfange deines Aufenthalts in H. mit Briefen unterhieltest. Ich habe es dir schon oft gesagt, und es bedarf ja wohl gar keiner Versicherung, wie sehr uns allemahle ein Brief von dich erfreut. Lebe recht wohl, und erhalte mich deiner brüderlichen Liebe
Henriette Schlegel
[1] Das Werk von Rehberg wird mein Vater dir mitschicken
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