• August Wilhelm von Schlegel to Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Poppelsdorf · Date: 22.05.1824
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Poppelsdorf
  • Date: 22.05.1824
  • Notations: Empfänger sowie Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Bayerische Staatsbibliothek München
  • Classification Number: Clm 27378, Nr. 31
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 22sten Mai. 24.
    Ich habe Sie tausendmal um Verzeihung zu bitten, verehrster Freund und College; daß ich Ihren [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
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[1] Bonn d. 22sten Mai. 24.
Ich habe Sie tausendmal um Verzeihung zu bitten, verehrster Freund und College; daß ich Ihren Brief so lange unbeantwortet gelassen. Ich nahm mir gleich bei dessen Empfange vor, Ihnen selbst in Poppelsdorf aufzuwarten: die anhaltende schlimme Witterung hat mich daran gehindert, u nachher ist mir unter mancherlei Geschäften die Sache aus dem Sinne gekommen. Ich fürchte überdieß die Fragen des Hrn. von Martius, dem ich gern gefällig seyn möchte, nur sehr unvollkommen beantworten zu können.
Die Sanskrit-Sprache besitzt einen großen Reichthum von Pflanzennamen; u scheint die Gattungen sehr genau zu unterscheiden, so daß die Engländer meistens die technischen Benennungen mit Sicherheit haben angeben können.
In dem Real-Wörterbuch Amara-Kosha stehen die Pflanzennamen in einigen Abschnitten beisammen. Weit vollständiger ist jedoch das Lexicon von Wilson, aber hier stehen sie nach dem Alphabet, u also durch das Ganze zerstreut, u wenn man sie nicht schon im voraus kennt, kann man sie hier nicht aufsuchen. Indessen würde es gewiß der Mühe lohnen, aus diesem Lexicon die sämtlichen Botanischen Benennungen auszu[2]heben und zusammenzustellen, um den ganzen vegetabilischen Reichthum Indiens auf einmal zu überschauen. Wenn Sie irgend einmal zu dieser Arbeit Lust haben, so biete ich Ihnen meine Dienste dabei bereitwillgst an.
Der Artikel von den Palmen im Amara-Kosha ist sehr kurz: aber, wie gesagt, dieses Wörterbuch ist bei weitem nicht vollständig.
Der allgemeine Gattungsname ist trinadruma, Grasbäume. Der Borassus flabelliformis kommt allerdings vor. Sein gewöhnlicher Name ist tāla oder tăla, ein einfaches Wort von ungewisser Ableitung. Eine andre dichterische Benennung, nach Art eines schmückenden Beiwortes, ist tṛiṇa-rāja, d. ist: der König unter den Gräsern. Corypha Talliera heißt tāl̄i; welches die Form eines Femininums von tāla ist. Arenga saccharifera kann ich in Colebrookeʼs Anmerkungen nicht finden. – Der Borassus flabelliformis muß wohl ein sehr hartes Holz haben: es wird im Râmâyaṇa als ein Zeichen der Wunderstärke des Râmas gepriesen, daß er einen Pfeil durch sieben Stämme dieser Art hindurchgeschossen.
Die Einbildungskraft der Indischen Dichter scheint sich nicht so vorzugsweise auf den Palmbaum [3] gelenkt zu haben, wie auf den Lotus; ich kann mich nicht einmal erinnern, ihn als eine besondre Zierde der Lustgärten und Lustwälder erwähnt gefunden zu haben, wo meistens der Mango, Michelia champaka, u Jonesia asoka hervortreten. Mythologische Beziehungen, deren der Lotus so viele hat, weiß ich vollends keine, wenn es nicht etwa dafür gelten mag, daß Bâlarâmas, der Halbbruder des Krishnas, den Palmyra-Baum oder Borass. flab. in seiner Fahne geführt. Aber die Helden führten allerlei Bilder in ihren Fahnen, Arjunas sogar einen Affen.
Wenn Sie mir die Werke des Rheede u Rumphius mit Anzeichnung der auf die Familie der Palmen bezüglichen Stellen senden wollen, so will ich sehen, was ich weiter ausmitteln kann. Aber ich fürchte, die Sanskrit-Namen sind sehr entstellt, u nicht aus ächten Quellen geschöpft. Vom Hortus Malabar. weiß ich dieß schon.
Nun habe ich auch eine Gegenbitte an Hrn. von Martius. Othmar Frank rühmt sich in der Vorrede zu seiner Chrestomathie, die seltensten Sanskrit-Bücher auf Befehl der K. Baier. Regierung in London angekauft, u. in die Königl. Bibliothek geschafft zu haben, dergleichen in keiner andern Bibliothek Deutschlands beisammen zu finden [4] seyen. Er drückt sich aber so wunderlich aus, daß man nicht sieht, ob er gedruckte Bücher oder Handschriften meynt. Im ersten Falle rühmt er sich mit Unrecht, denn die gedruckten Ausgaben von Sanskrit-Büchern finden sich so ziemlich alle in meiner Büchersammlung welche doch hoffentlich in Deutschland ist. Sind es aber wirklich Sanskrit-Manuscripte, so würde mich Hr. von Martius ungemein verpflichten, wenn er mir ein Verzeichniß davon verschaffen wollte.
Ich darf wohl für meinen Rámâyana auf die Subscription der Königl. Bibliothek in München hoffen. Wenn Sie zu diesem Behufe Ankündigungen hinsenden wollen, so stehen Ihnen gern Exemplare zu Dienste.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ganz der Ihrige
AWvSchlegel
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[1] Bonn d. 22sten Mai. 24.
Ich habe Sie tausendmal um Verzeihung zu bitten, verehrster Freund und College; daß ich Ihren Brief so lange unbeantwortet gelassen. Ich nahm mir gleich bei dessen Empfange vor, Ihnen selbst in Poppelsdorf aufzuwarten: die anhaltende schlimme Witterung hat mich daran gehindert, u nachher ist mir unter mancherlei Geschäften die Sache aus dem Sinne gekommen. Ich fürchte überdieß die Fragen des Hrn. von Martius, dem ich gern gefällig seyn möchte, nur sehr unvollkommen beantworten zu können.
Die Sanskrit-Sprache besitzt einen großen Reichthum von Pflanzennamen; u scheint die Gattungen sehr genau zu unterscheiden, so daß die Engländer meistens die technischen Benennungen mit Sicherheit haben angeben können.
In dem Real-Wörterbuch Amara-Kosha stehen die Pflanzennamen in einigen Abschnitten beisammen. Weit vollständiger ist jedoch das Lexicon von Wilson, aber hier stehen sie nach dem Alphabet, u also durch das Ganze zerstreut, u wenn man sie nicht schon im voraus kennt, kann man sie hier nicht aufsuchen. Indessen würde es gewiß der Mühe lohnen, aus diesem Lexicon die sämtlichen Botanischen Benennungen auszu[2]heben und zusammenzustellen, um den ganzen vegetabilischen Reichthum Indiens auf einmal zu überschauen. Wenn Sie irgend einmal zu dieser Arbeit Lust haben, so biete ich Ihnen meine Dienste dabei bereitwillgst an.
Der Artikel von den Palmen im Amara-Kosha ist sehr kurz: aber, wie gesagt, dieses Wörterbuch ist bei weitem nicht vollständig.
Der allgemeine Gattungsname ist trinadruma, Grasbäume. Der Borassus flabelliformis kommt allerdings vor. Sein gewöhnlicher Name ist tāla oder tăla, ein einfaches Wort von ungewisser Ableitung. Eine andre dichterische Benennung, nach Art eines schmückenden Beiwortes, ist tṛiṇa-rāja, d. ist: der König unter den Gräsern. Corypha Talliera heißt tāl̄i; welches die Form eines Femininums von tāla ist. Arenga saccharifera kann ich in Colebrookeʼs Anmerkungen nicht finden. – Der Borassus flabelliformis muß wohl ein sehr hartes Holz haben: es wird im Râmâyaṇa als ein Zeichen der Wunderstärke des Râmas gepriesen, daß er einen Pfeil durch sieben Stämme dieser Art hindurchgeschossen.
Die Einbildungskraft der Indischen Dichter scheint sich nicht so vorzugsweise auf den Palmbaum [3] gelenkt zu haben, wie auf den Lotus; ich kann mich nicht einmal erinnern, ihn als eine besondre Zierde der Lustgärten und Lustwälder erwähnt gefunden zu haben, wo meistens der Mango, Michelia champaka, u Jonesia asoka hervortreten. Mythologische Beziehungen, deren der Lotus so viele hat, weiß ich vollends keine, wenn es nicht etwa dafür gelten mag, daß Bâlarâmas, der Halbbruder des Krishnas, den Palmyra-Baum oder Borass. flab. in seiner Fahne geführt. Aber die Helden führten allerlei Bilder in ihren Fahnen, Arjunas sogar einen Affen.
Wenn Sie mir die Werke des Rheede u Rumphius mit Anzeichnung der auf die Familie der Palmen bezüglichen Stellen senden wollen, so will ich sehen, was ich weiter ausmitteln kann. Aber ich fürchte, die Sanskrit-Namen sind sehr entstellt, u nicht aus ächten Quellen geschöpft. Vom Hortus Malabar. weiß ich dieß schon.
Nun habe ich auch eine Gegenbitte an Hrn. von Martius. Othmar Frank rühmt sich in der Vorrede zu seiner Chrestomathie, die seltensten Sanskrit-Bücher auf Befehl der K. Baier. Regierung in London angekauft, u. in die Königl. Bibliothek geschafft zu haben, dergleichen in keiner andern Bibliothek Deutschlands beisammen zu finden [4] seyen. Er drückt sich aber so wunderlich aus, daß man nicht sieht, ob er gedruckte Bücher oder Handschriften meynt. Im ersten Falle rühmt er sich mit Unrecht, denn die gedruckten Ausgaben von Sanskrit-Büchern finden sich so ziemlich alle in meiner Büchersammlung welche doch hoffentlich in Deutschland ist. Sind es aber wirklich Sanskrit-Manuscripte, so würde mich Hr. von Martius ungemein verpflichten, wenn er mir ein Verzeichniß davon verschaffen wollte.
Ich darf wohl für meinen Rámâyana auf die Subscription der Königl. Bibliothek in München hoffen. Wenn Sie zu diesem Behufe Ankündigungen hinsenden wollen, so stehen Ihnen gern Exemplare zu Dienste.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ganz der Ihrige
AWvSchlegel
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