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Ganz Hoffnungs los reiste er hier ab, mich hat der Abschied <hi rend="underline:1">tief</hi> erschüttert, und doch war es gut daß er weg kam er hatte hier keine rechte Heymath. <anchor type="b" n="179" ana="11" xml:id="NidB77096"/>Sein Bruder<anchor type="e" n="179" ana="11" xml:id="NidE77096"/> zeigt sich als ein vortreflicher Mensch, ich habe noch nicht das Bild der brüderlichen Liebe so schön aufgestellt gesehn. <anchor type="b" n="3106" ana="11" xml:id="NidB31481"/>Seine Julie<anchor type="e" n="3106" ana="11" xml:id="NidE31481"/> die ihn gar nicht verläßt schwindet in stillem Kummer dahin, die Thränen die beständig in ihren Augen stehn drängt sie zurück um ihm ein freundliches Lächeln zu zeigen, der gleich gültigste Zuschauer, konnte nicht ohne Rührung bleiben. <anchor type="b" n="5301" ana="11" xml:id="NidB77094"/>Der armen Julie ihre Mutter<anchor type="e" n="5301" ana="11" xml:id="NidE77094"/> ist melancholisch geworden, und sie hat nun gar keine Ruhestädte für ihre Gedanken. Sie reiste ungern mit, sie fürchtete sich für <anchor type="b" n="5300" ana="11" xml:id="NidB31484"/><anchor type="b" n="5301" ana="11" xml:id="NidB31483"/>die Eltern<anchor type="e" n="5301" ana="11" xml:id="NidE31483"/><anchor type="e" n="5300" ana="11" xml:id="NidE31484"/>, doch war es unmöglich ihn zu verlassen. <anchor type="b" n="5299" ana="11" xml:id="NidB31485"/>Hardenberg <milestone unit="start" n="3553"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="3553"/> seine Mutter<anchor type="e" n="5299" ana="11" xml:id="NidE31485"/> soll auch melancholisch geworden seyn, es hat sich diesen Herbst ein Sohn von 12 Jahren ertrunken, es ist ihr Liebling gewesen, sie ist immer schon zum Trübsinn geneigt gewesen, und dieser Vorfall hat es vollendet. <anchor type="b" n="8211" ana="11" xml:id="NidB77095"/>Petzhold<anchor type="e" n="8211" ana="11" xml:id="NidE77095"/> hat ihn ganz aufgegeben, indeßen hege ich doch noch immer eine kleine Hoffnung, er hat viel Hypochondrie und sieht alles von der schlimmern Seite an. Er sagt daß sein Eingeweide ganz ruinirt und ordentlich angegangen wäre.<lb/>Wegen meiner hast du unrecht so auf den Artzt zu schimpfen, ich habe diesen Winter wieder respect für die Aerzte bekommen, bedenke daß ich nahe daran war den Starr zu bekommen, die Feuchtigkeit in der Pupille fieng an sich zu verdicken. Ich sah die Menschen, 6 Schritt weit schon als Schattengestalten jetzt ist das Auge völlig rein, nur von Zeit zu Zeit, drückt es die Schnupfenmaterie wieder, doch komt dieses auch jetzt nicht so oft, sonst ruhte beständig ein drückender Kopfschmerz über das eine Au<milestone unit="start" n="3554"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="3554"/>ge welches das schlimste war, und machte mir den Kopf ganz eingenommen, jetzt ist er im ganzen heiter und frey.<lb/>Die für das Auge zerstörenden <hi rend="overstrike:1">Kräfte</hi> Krämpfe im Augen<hi rend="offset:4">liedern</hi>, die sonst keine Nacht ausblieben und mir den Schlaf geraubt, haben jetzt aufgehört, nur mannig mal überfällt es mich noch wie ein Dieb in der Nacht. Meine Kräfte sind durch die Kurren gar nicht angegriffen sie hatten im Gegentheil vorher durch das Augen übel gelitten. Ich bin mit einem Worte ein andrer Mensch geworden, wäre ich nicht undankbar mich über meine Aertzte zu beklagen.<lb/>Ich hätte eine Bitte an dich, ich weiß ein paar Verse werden dir leicht. Du weißt daß in <anchor type="b" n="9165" ana="11" xml:id="NidB77102"/>dem Weisischen Hause<anchor type="e" n="9165" ana="11" xml:id="NidE77102"/> eine doppelte Heyrath vor sich geht, <anchor type="b" n="12648" ana="11" xml:id="NidB77103"/>der Sohn<anchor type="e" n="12648" ana="11" xml:id="NidE77103"/> in <anchor type="b" n="3141" ana="10" xml:id="NidB31487"/>Magdeburg<anchor type="e" n="3141" ana="10" xml:id="NidE31487"/>, und die älteste Tochter beide hübsche Menschen, <anchor type="b" n="3107" ana="11" xml:id="NidB77097"/>die Tochter<anchor type="e" n="3107" ana="11" xml:id="NidE77097"/> Heyrathet <anchor type="b" n="11701" ana="11" xml:id="NidB77098"/>den jungen Schindler<anchor type="e" n="11701" ana="11" xml:id="NidE77098"/> ein angenehmer und <hi rend="overstrike:1">gebildeter</hi> <hi rend="offset:4">wohlhabender</hi> Mann die Freude <anchor type="b" n="9172" ana="11" xml:id="NidB77113"/><anchor type="b" n="3108" ana="11" xml:id="NidB77112"/>der Eltern<anchor type="e" n="3108" ana="11" xml:id="NidE77112"/><anchor type="e" n="9172" ana="11" xml:id="NidE77113"/> ist groß, es wird <anchor type="b" n="5259" ana="11" xml:id="NidB77105"/><anchor type="b" n="11701" ana="11" xml:id="NidB77111"/><anchor type="b" n="9172" ana="11" xml:id="NidB77108"/><anchor type="b" n="9170" ana="11" xml:id="NidB77107"/><anchor type="b" n="3108" ana="11" xml:id="NidB77106"/><anchor type="b" n="9171" ana="11" xml:id="NidB77109"/><anchor type="b" n="11641" ana="11" xml:id="NidB77110"/>die ganze Schindlersche Familie<anchor type="e" n="11641" ana="11" xml:id="NidE77110"/><anchor type="e" n="9171" ana="11" xml:id="NidE77109"/><anchor type="e" n="3108" ana="11" xml:id="NidE77106"/><anchor type="e" n="9170" ana="11" xml:id="NidE77107"/><anchor type="e" n="9172" ana="11" xml:id="NidE77108"/><anchor type="e" n="11701" ana="11" xml:id="NidE77111"/><anchor type="e" n="5259" ana="11" xml:id="NidE77105"/> herauf kommen.<lb/><milestone unit="start" n="3555"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="3555"/> ich muß auch daran eine <hi rend="family:Courier">fete</hi> zu geben da werden recht ein 30 p<milestone unit="start" n="43059"/>s<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="43059"/> springen müssen, in jetzigen Zeiten wird einem das sauer es werden so viel Menschen zusammen seyn, daß ich kalt serviren muß, um es ein bischen <hi rend="family:Courier">animirter</hi> zu machen, dachte ich beym Essen etwas Musik zu haben, und da wünschte ich daß du mir einige Verse auf diese Gelegenheit auf eine bekannte Melodie machtest um diesen Tag zu ehren, kannst du es so müßtest du sie mir bald schicken, denn in 14 Tagen würden die Bräutigams schon kommen, und höchstens in 3 Wochen zur Hochzeit seyn, willst du es nicht so schreib mir nur eine Zeile Antwort.<lb/><anchor type="b" n="3105" ana="12" xml:id="NidB77101"/>Das Gemälde von <anchor type="b" n="122" ana="11" xml:id="NidB77099"/>der Alberti<anchor type="e" n="122" ana="11" xml:id="NidE77099"/><anchor type="e" n="3105" ana="12" xml:id="NidE77101"/> habe ich gesehn ich finde vil Aehnlichkeit darinn, nur nicht gut gezeichnet, sie will eine Miniatur machen, die sie recht hübsch macht, wo sie die Fehler verbeßert.<lb/>Daß <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB31486"/>Carolinens<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE31486"/> Gesundheit sich verbessert freuet mich, ich hoffe die <hi rend="family:Courier">China</hi> wird sie vollends stärken. <hi rendition="#PRSPreset1">leb</hi> wohl<lb/>liebster Wilhelm,<lb/>Charlotte Ernst<lb/><milestone unit="start" n="3556"/>Der Schneider hat mir eine kleine Post für ein Nachtkamisol erinnert von 23 <milestone unit="start" n="42777"/>g.<note type="Sachkommentar"><title>Groschen</title></note><milestone unit="end" n="42777"/> von dir.<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Randbeschriftung</title></note><milestone unit="end" n="3556"/>', '36_status' => 'Neu transkribiert und ausgezeichnet; zweimal kollationiert', '36_briefid' => 'Novalis1998_CErnstanAWS_EndeJanuar1801', '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_sprache' => array( (int) 0 => 'Deutsch' ), '36_sortdatum' => '1801-01-15', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressatort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_leitd' => 'Novalis: Schriften. 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Ganz Hoffnungs los reiste er hier ab, mich hat der Abschied <span class="underline-1 ">tief</span> erschüttert, und doch war es gut daß er weg kam er hatte hier keine rechte Heymath. <span class="index-179 tp-77096 ">Sein Bruder</span> zeigt sich als ein vortreflicher Mensch, ich habe noch nicht das Bild der brüderlichen Liebe so schön aufgestellt gesehn. <span class="index-3106 tp-31481 ">Seine Julie</span> die ihn gar nicht verläßt schwindet in stillem Kummer dahin, die Thränen die beständig in ihren Augen stehn drängt sie zurück um ihm ein freundliches Lächeln zu zeigen, der gleich gültigste Zuschauer, konnte nicht ohne Rührung bleiben. <span class="index-5301 tp-77094 ">Der armen Julie ihre Mutter</span> ist melancholisch geworden, und sie hat nun gar keine Ruhestädte für ihre Gedanken. Sie reiste ungern mit, sie fürchtete sich für <span class="index-5300 tp-31484 index-5301 tp-31483 ">die Eltern</span>, doch war es unmöglich ihn zu verlassen. <span class="index-5299 tp-31485 ">Hardenberg </span><span class="index-5299 tp-31485 notice-3553 ">[2]</span><span class="index-5299 tp-31485 "> seine Mutter</span> soll auch melancholisch geworden seyn, es hat sich diesen Herbst ein Sohn von 12 Jahren ertrunken, es ist ihr Liebling gewesen, sie ist immer schon zum Trübsinn geneigt gewesen, und dieser Vorfall hat es vollendet. <span class="index-8211 tp-77095 ">Petzhold</span> hat ihn ganz aufgegeben, indeßen hege ich doch noch immer eine kleine Hoffnung, er hat viel Hypochondrie und sieht alles von der schlimmern Seite an. Er sagt daß sein Eingeweide ganz ruinirt und ordentlich angegangen wäre.<br>Wegen meiner hast du unrecht so auf den Artzt zu schimpfen, ich habe diesen Winter wieder respect für die Aerzte bekommen, bedenke daß ich nahe daran war den Starr zu bekommen, die Feuchtigkeit in der Pupille fieng an sich zu verdicken. Ich sah die Menschen, 6 Schritt weit schon als Schattengestalten jetzt ist das Auge völlig rein, nur von Zeit zu Zeit, drückt es die Schnupfenmaterie wieder, doch komt dieses auch jetzt nicht so oft, sonst ruhte beständig ein drückender Kopfschmerz über das eine Au<span class="notice-3554 ">[3]</span>ge welches das schlimste war, und machte mir den Kopf ganz eingenommen, jetzt ist er im ganzen heiter und frey.<br>Die für das Auge zerstörenden <span class="overstrike-1 ">Kräfte</span> Krämpfe im Augen<span class="offset-4 ">liedern</span>, die sonst keine Nacht ausblieben und mir den Schlaf geraubt, haben jetzt aufgehört, nur mannig mal überfällt es mich noch wie ein Dieb in der Nacht. Meine Kräfte sind durch die Kurren gar nicht angegriffen sie hatten im Gegentheil vorher durch das Augen übel gelitten. Ich bin mit einem Worte ein andrer Mensch geworden, wäre ich nicht undankbar mich über meine Aertzte zu beklagen.<br>Ich hätte eine Bitte an dich, ich weiß ein paar Verse werden dir leicht. Du weißt daß in <span class="index-9165 tp-77102 ">dem Weisischen Hause</span> eine doppelte Heyrath vor sich geht, <span class="index-12648 tp-77103 ">der Sohn</span> in <span class="index-3141 tp-31487 ">Magdeburg</span>, und die älteste Tochter beide hübsche Menschen, <span class="index-3107 tp-77097 ">die Tochter</span> Heyrathet <span class="index-11701 tp-77098 ">den jungen Schindler</span> ein angenehmer und <span class="overstrike-1 ">gebildeter</span> <span class="offset-4 ">wohlhabender</span> Mann die Freude <span class="index-9172 tp-77113 index-3108 tp-77112 ">der Eltern</span> ist groß, es wird <span class="index-5259 tp-77105 index-11701 tp-77111 index-9172 tp-77108 index-9170 tp-77107 index-3108 tp-77106 index-9171 tp-77109 index-11641 tp-77110 ">die ganze Schindlersche Familie</span> herauf kommen.<br><span class="notice-3555 ">[4]</span> ich muß auch daran eine <span class="family-courier ">fete</span> zu geben da werden recht ein 30 p<span class="notice-43059 ">s</span> springen müssen, in jetzigen Zeiten wird einem das sauer es werden so viel Menschen zusammen seyn, daß ich kalt serviren muß, um es ein bischen <span class="family-courier ">animirter</span> zu machen, dachte ich beym Essen etwas Musik zu haben, und da wünschte ich daß du mir einige Verse auf diese Gelegenheit auf eine bekannte Melodie machtest um diesen Tag zu ehren, kannst du es so müßtest du sie mir bald schicken, denn in 14 Tagen würden die Bräutigams schon kommen, und höchstens in 3 Wochen zur Hochzeit seyn, willst du es nicht so schreib mir nur eine Zeile Antwort.<br><span class="index-3105 tp-77101 ">Das Gemälde von </span><span class="index-3105 tp-77101 index-122 tp-77099 ">der Alberti</span> habe ich gesehn ich finde vil Aehnlichkeit darinn, nur nicht gut gezeichnet, sie will eine Miniatur machen, die sie recht hübsch macht, wo sie die Fehler verbeßert.<br>Daß <span class="index-23 tp-31486 ">Carolinens</span> Gesundheit sich verbessert freuet mich, ich hoffe die <span class="family-courier ">China</span> wird sie vollends stärken. <span class="prspreset1 ">leb</span> wohl<br>liebster Wilhelm,<br>Charlotte Ernst<br><span class="notice-3556 ">Der Schneider hat mir eine kleine Post für ein Nachtkamisol erinnert von 23 </span><span class="notice-3556 notice-42777 ">g.</span><span class="notice-3556 "> von dir.</span>' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/2321' $description = 'Charlotte Ernst an August Wilhelm von Schlegel am [Mitte Januar 1801], Dresden, Braunschweig' $adressatort = 'Braunschweig <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/42808-5">GND</a>' $absendeort = 'Dresden <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/37172-5">GND</a>' $date = '[Mitte Januar 1801]' $adressat = array() $adrCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $absender = array( (int) 1939 => array( 'ID' => '1939', 'project' => '1', 'timecreate' => '2013-04-30 13:19:40', 'timelastchg' => '2017-12-20 11:20:44', 'key' => 'AWS-ap-007g', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_name' => 'Ernst, Charlotte', '39_namevar' => 'Schlegel, Erdmuthe Charlotte Friedrike (Geburtsname)', '39_lebenwirken' => 'Charlotte („Lottchen“) war die Schwester von August Wilhelm Schlegel und verheiratet mit dem Dresdner Hofbeamten Ludwig Emanuel Ernst. 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Ganz Hoffnungs los reiste er hier ab, mich hat der Abschied <span class="underline-1 ">tief</span> erschüttert, und doch war es gut daß er weg kam er hatte hier keine rechte Heymath. <span class="index-179 tp-77096 ">Sein Bruder</span> zeigt sich als ein vortreflicher Mensch, ich habe noch nicht das Bild der brüderlichen Liebe so schön aufgestellt gesehn. <span class="index-3106 tp-31481 ">Seine Julie</span> die ihn gar nicht verläßt schwindet in stillem Kummer dahin, die Thränen die beständig in ihren Augen stehn drängt sie zurück um ihm ein freundliches Lächeln zu zeigen, der gleich gültigste Zuschauer, konnte nicht ohne Rührung bleiben. <span class="index-5301 tp-77094 ">Der armen Julie ihre Mutter</span> ist melancholisch geworden, und sie hat nun gar keine Ruhestädte für ihre Gedanken. Sie reiste ungern mit, sie fürchtete sich für <span class="index-5300 tp-31484 index-5301 tp-31483 ">die Eltern</span>, doch war es unmöglich ihn zu verlassen. <span class="index-5299 tp-31485 ">Hardenberg </span><span class="index-5299 tp-31485 notice-3553 ">[2]</span><span class="index-5299 tp-31485 "> seine Mutter</span> soll auch melancholisch geworden seyn, es hat sich diesen Herbst ein Sohn von 12 Jahren ertrunken, es ist ihr Liebling gewesen, sie ist immer schon zum Trübsinn geneigt gewesen, und dieser Vorfall hat es vollendet. <span class="index-8211 tp-77095 ">Petzhold</span> hat ihn ganz aufgegeben, indeßen hege ich doch noch immer eine kleine Hoffnung, er hat viel Hypochondrie und sieht alles von der schlimmern Seite an. Er sagt daß sein Eingeweide ganz ruinirt und ordentlich angegangen wäre.<br>Wegen meiner hast du unrecht so auf den Artzt zu schimpfen, ich habe diesen Winter wieder respect für die Aerzte bekommen, bedenke daß ich nahe daran war den Starr zu bekommen, die Feuchtigkeit in der Pupille fieng an sich zu verdicken. Ich sah die Menschen, 6 Schritt weit schon als Schattengestalten jetzt ist das Auge völlig rein, nur von Zeit zu Zeit, drückt es die Schnupfenmaterie wieder, doch komt dieses auch jetzt nicht so oft, sonst ruhte beständig ein drückender Kopfschmerz über das eine Au<span class="notice-3554 ">[3]</span>ge welches das schlimste war, und machte mir den Kopf ganz eingenommen, jetzt ist er im ganzen heiter und frey.<br>Die für das Auge zerstörenden <span class="overstrike-1 ">Kräfte</span> Krämpfe im Augen<span class="offset-4 ">liedern</span>, die sonst keine Nacht ausblieben und mir den Schlaf geraubt, haben jetzt aufgehört, nur mannig mal überfällt es mich noch wie ein Dieb in der Nacht. Meine Kräfte sind durch die Kurren gar nicht angegriffen sie hatten im Gegentheil vorher durch das Augen übel gelitten. Ich bin mit einem Worte ein andrer Mensch geworden, wäre ich nicht undankbar mich über meine Aertzte zu beklagen.<br>Ich hätte eine Bitte an dich, ich weiß ein paar Verse werden dir leicht. 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[1] Liebster Wilhelm
ich will es wenigstens noch probiren ob dich mein Brief in Braunschweig antrift
Unser guter Hardenberg ist von dem Vater zurückgeholt, er hat die Reise glücklich überstanden, fünf Tage brachte er unterwegens zu. Ganz Hoffnungs los reiste er hier ab, mich hat der Abschied tief erschüttert, und doch war es gut daß er weg kam er hatte hier keine rechte Heymath. Sein Bruder zeigt sich als ein vortreflicher Mensch, ich habe noch nicht das Bild der brüderlichen Liebe so schön aufgestellt gesehn. Seine Julie die ihn gar nicht verläßt schwindet in stillem Kummer dahin, die Thränen die beständig in ihren Augen stehn drängt sie zurück um ihm ein freundliches Lächeln zu zeigen, der gleich gültigste Zuschauer, konnte nicht ohne Rührung bleiben. Der armen Julie ihre Mutter ist melancholisch geworden, und sie hat nun gar keine Ruhestädte für ihre Gedanken. Sie reiste ungern mit, sie fürchtete sich für die Eltern, doch war es unmöglich ihn zu verlassen. Hardenberg [2] seine Mutter soll auch melancholisch geworden seyn, es hat sich diesen Herbst ein Sohn von 12 Jahren ertrunken, es ist ihr Liebling gewesen, sie ist immer schon zum Trübsinn geneigt gewesen, und dieser Vorfall hat es vollendet. Petzhold hat ihn ganz aufgegeben, indeßen hege ich doch noch immer eine kleine Hoffnung, er hat viel Hypochondrie und sieht alles von der schlimmern Seite an. Er sagt daß sein Eingeweide ganz ruinirt und ordentlich angegangen wäre.
Wegen meiner hast du unrecht so auf den Artzt zu schimpfen, ich habe diesen Winter wieder respect für die Aerzte bekommen, bedenke daß ich nahe daran war den Starr zu bekommen, die Feuchtigkeit in der Pupille fieng an sich zu verdicken. Ich sah die Menschen, 6 Schritt weit schon als Schattengestalten jetzt ist das Auge völlig rein, nur von Zeit zu Zeit, drückt es die Schnupfenmaterie wieder, doch komt dieses auch jetzt nicht so oft, sonst ruhte beständig ein drückender Kopfschmerz über das eine Au[3]ge welches das schlimste war, und machte mir den Kopf ganz eingenommen, jetzt ist er im ganzen heiter und frey.
Die für das Auge zerstörenden Kräfte Krämpfe im Augenliedern, die sonst keine Nacht ausblieben und mir den Schlaf geraubt, haben jetzt aufgehört, nur mannig mal überfällt es mich noch wie ein Dieb in der Nacht. Meine Kräfte sind durch die Kurren gar nicht angegriffen sie hatten im Gegentheil vorher durch das Augen übel gelitten. Ich bin mit einem Worte ein andrer Mensch geworden, wäre ich nicht undankbar mich über meine Aertzte zu beklagen.
Ich hätte eine Bitte an dich, ich weiß ein paar Verse werden dir leicht. Du weißt daß in dem Weisischen Hause eine doppelte Heyrath vor sich geht, der Sohn in Magdeburg, und die älteste Tochter beide hübsche Menschen, die Tochter Heyrathet den jungen Schindler ein angenehmer und gebildeter wohlhabender Mann die Freude der Eltern ist groß, es wird die ganze Schindlersche Familie herauf kommen.
[4] ich muß auch daran eine fete zu geben da werden recht ein 30 ps springen müssen, in jetzigen Zeiten wird einem das sauer es werden so viel Menschen zusammen seyn, daß ich kalt serviren muß, um es ein bischen animirter zu machen, dachte ich beym Essen etwas Musik zu haben, und da wünschte ich daß du mir einige Verse auf diese Gelegenheit auf eine bekannte Melodie machtest um diesen Tag zu ehren, kannst du es so müßtest du sie mir bald schicken, denn in 14 Tagen würden die Bräutigams schon kommen, und höchstens in 3 Wochen zur Hochzeit seyn, willst du es nicht so schreib mir nur eine Zeile Antwort.
Das Gemälde von der Alberti habe ich gesehn ich finde vil Aehnlichkeit darinn, nur nicht gut gezeichnet, sie will eine Miniatur machen, die sie recht hübsch macht, wo sie die Fehler verbeßert.
Daß Carolinens Gesundheit sich verbessert freuet mich, ich hoffe die China wird sie vollends stärken. leb wohl
liebster Wilhelm,
Charlotte Ernst
Der Schneider hat mir eine kleine Post für ein Nachtkamisol erinnert von 23 g. von dir.
ich will es wenigstens noch probiren ob dich mein Brief in Braunschweig antrift
Unser guter Hardenberg ist von dem Vater zurückgeholt, er hat die Reise glücklich überstanden, fünf Tage brachte er unterwegens zu. Ganz Hoffnungs los reiste er hier ab, mich hat der Abschied tief erschüttert, und doch war es gut daß er weg kam er hatte hier keine rechte Heymath. Sein Bruder zeigt sich als ein vortreflicher Mensch, ich habe noch nicht das Bild der brüderlichen Liebe so schön aufgestellt gesehn. Seine Julie die ihn gar nicht verläßt schwindet in stillem Kummer dahin, die Thränen die beständig in ihren Augen stehn drängt sie zurück um ihm ein freundliches Lächeln zu zeigen, der gleich gültigste Zuschauer, konnte nicht ohne Rührung bleiben. Der armen Julie ihre Mutter ist melancholisch geworden, und sie hat nun gar keine Ruhestädte für ihre Gedanken. Sie reiste ungern mit, sie fürchtete sich für die Eltern, doch war es unmöglich ihn zu verlassen. Hardenberg [2] seine Mutter soll auch melancholisch geworden seyn, es hat sich diesen Herbst ein Sohn von 12 Jahren ertrunken, es ist ihr Liebling gewesen, sie ist immer schon zum Trübsinn geneigt gewesen, und dieser Vorfall hat es vollendet. Petzhold hat ihn ganz aufgegeben, indeßen hege ich doch noch immer eine kleine Hoffnung, er hat viel Hypochondrie und sieht alles von der schlimmern Seite an. Er sagt daß sein Eingeweide ganz ruinirt und ordentlich angegangen wäre.
Wegen meiner hast du unrecht so auf den Artzt zu schimpfen, ich habe diesen Winter wieder respect für die Aerzte bekommen, bedenke daß ich nahe daran war den Starr zu bekommen, die Feuchtigkeit in der Pupille fieng an sich zu verdicken. Ich sah die Menschen, 6 Schritt weit schon als Schattengestalten jetzt ist das Auge völlig rein, nur von Zeit zu Zeit, drückt es die Schnupfenmaterie wieder, doch komt dieses auch jetzt nicht so oft, sonst ruhte beständig ein drückender Kopfschmerz über das eine Au[3]ge welches das schlimste war, und machte mir den Kopf ganz eingenommen, jetzt ist er im ganzen heiter und frey.
Die für das Auge zerstörenden Kräfte Krämpfe im Augenliedern, die sonst keine Nacht ausblieben und mir den Schlaf geraubt, haben jetzt aufgehört, nur mannig mal überfällt es mich noch wie ein Dieb in der Nacht. Meine Kräfte sind durch die Kurren gar nicht angegriffen sie hatten im Gegentheil vorher durch das Augen übel gelitten. Ich bin mit einem Worte ein andrer Mensch geworden, wäre ich nicht undankbar mich über meine Aertzte zu beklagen.
Ich hätte eine Bitte an dich, ich weiß ein paar Verse werden dir leicht. Du weißt daß in dem Weisischen Hause eine doppelte Heyrath vor sich geht, der Sohn in Magdeburg, und die älteste Tochter beide hübsche Menschen, die Tochter Heyrathet den jungen Schindler ein angenehmer und gebildeter wohlhabender Mann die Freude der Eltern ist groß, es wird die ganze Schindlersche Familie herauf kommen.
[4] ich muß auch daran eine fete zu geben da werden recht ein 30 ps springen müssen, in jetzigen Zeiten wird einem das sauer es werden so viel Menschen zusammen seyn, daß ich kalt serviren muß, um es ein bischen animirter zu machen, dachte ich beym Essen etwas Musik zu haben, und da wünschte ich daß du mir einige Verse auf diese Gelegenheit auf eine bekannte Melodie machtest um diesen Tag zu ehren, kannst du es so müßtest du sie mir bald schicken, denn in 14 Tagen würden die Bräutigams schon kommen, und höchstens in 3 Wochen zur Hochzeit seyn, willst du es nicht so schreib mir nur eine Zeile Antwort.
Das Gemälde von der Alberti habe ich gesehn ich finde vil Aehnlichkeit darinn, nur nicht gut gezeichnet, sie will eine Miniatur machen, die sie recht hübsch macht, wo sie die Fehler verbeßert.
Daß Carolinens Gesundheit sich verbessert freuet mich, ich hoffe die China wird sie vollends stärken. leb wohl
liebster Wilhelm,
Charlotte Ernst
Der Schneider hat mir eine kleine Post für ein Nachtkamisol erinnert von 23 g. von dir.