• August Wilhelm von Schlegel to Johann Joachim Eschenburg

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Unknown · Date: 28.07.1797
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Joachim Eschenburg
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 28.07.1797
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 362653771
  • Bibliography: Bernays, Michael: Zur Entstehungsgeschichte des Schlegelschen Shakespeare. Leipzig 1872, S. 257‒258.
  • Incipit: „Jena, d. 28. Jul. 97.
    Mein werthester Herr Hofrath!
    Ihr gütiger, freundschaftlicher Brief veranlaßt mich zu einer kleinen Erläuterung, die ich Ihnen schuldig [...]“
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Jena, d. 28. Jul. 97.
Mein werthester Herr Hofrath!
Ihr gütiger, freundschaftlicher Brief veranlaßt mich zu einer kleinen Erläuterung, die ich Ihnen schuldig war, und die ich in meinem vorigen Briefe nur durch Vergessenheit übergehen konnte. Es mußte Sie befremden, von meinen Verhandlungen mit den Zürcherischen Buchhändlern zu hören, da Sie nicht wußten, wie ich dazu veranlaßt worden, und wie passiv ich mich eigentlich bey der ganzen Sache verhielt. Ein Buchhändler, mit dem ich schon ganz einig geworden war, war nachher nicht im Stande seine Bedingungen zu halten, und ich war genöthigt, mich nach einem anderen Verleger umzusehen. Als ich aber schon die wahrscheinliche Aussicht hatte, daß Unger sich auf die Unternehmung einlassen würde, erwähnte ein Freund von mir, der in Weimar mit Wieland Geschäfte hatte, der Buchhändler Göschen, gegen jenen meine Uebersetzung Shakspeareʼs. Wieland wurde aufmerksam und äußerte, dieß würde wohl ein Verlagsartikel für die Orellsche Handlung seyn, bey der sein Schwiegervater damals noch interessirt war. Ich hatte Gründe zu wünschen, daß meine Uebersetzung im nördlichen Deutschlande, und nicht in einer so weiten Entfernung von mir erscheinen möchte, indessen drang Göschen so lebhaft in mich, den ertheilten Wink nicht unbeachtet zu lassen, daß ich bewogen ward, meine Bedingungen aufzusetzen. Doch machte ich etwas höhere Forderungen, als auf die ich mich mit Ungern einzulassen willens war, und erklärte zugleich, daß ich keine Noten zu der Uebersetzung hinzufügen könne, ob man mir gleich gesagt hatte, daß die Handlung dergleichen wünschen würde. Hr. Ober-Consistorialrath Böttiger hatte als Freund Wielands und des jungen Geßners die Güte, meinen Zettel mit der Bedingung nach Zürich zu besorgen. Es erfolgte bald darauf die Antwort, die ich mit Zuverläßigkeit erwartet hatte, und ich machte nun die Sache mit Unger vollends richtig. Es freut mich daß dieser von mir gethane Vorschlag wenigstens kein Hinderniß für die Wiedererscheinung Ihrer Uebersetzung geworden ist; doch wäre dieß auch geschehen, so wäre ich immer in so fern unschuldiger Weise dazu gekommen, daß ich nach Ihren Erklärungen glauben mußte, Sie hätten für die Zukunft diesem Werke Ihre Pflege ganz entzogen.
Ich danke Ihnen für die Nachricht von dem Fortgange Ihrer neuen Ausgabe. Ich hoffe noch auf manche Belehrung aus derselben, denn auf alles was nur durch ansgebreitete Gelehrsamkeit und literarische Hülfsmittel für Kritik des Textes und Auslegung geleistet werden kann, muß ich im Voraus bey meiner Uebersetzung Verzicht thun. Ob der zweyte Theil noch auf die Michaelismesse erscheinen wird, weiß ich nicht gewiß. Er wird Julius Cäsar und Was ihr wollt enthalten. Da die Anordnung der Stücke doch zum Theil willkührlich bleiben muß, und ich überhaupt noch nicht weiß, wie weit mein Shakspeare gedeihen wird, so mag ich meinen Lesern und mir für jetzt das Vergnügen der größten Mannigfaltigkeit nicht versagen. – Ein ästhetischer Aufsatz von mir über die Charakter und die ganze Zusammensetzung von Romeo und Julia wird im sechsten Stücke der Horen erscheinen.
Mein Bruder, dem Ihr gütiges Andenken sehr schmeichelhaft gewesen ist, hat uns jetzt auf einige Zeit verlassen und ist nach Berlin gegangen. Meine Frau läßt sich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, bey der ich ebenfalls mein Andenken zu erneuern bitte, auf das angelegentlichste empfehlen. Leben Sie recht wohl und glücklich, ich bin mit den hochachtungsvollsten Gesinnungen
Ihr
gehorsamster
AWSchlegel.
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Jena, d. 28. Jul. 97.
Mein werthester Herr Hofrath!
Ihr gütiger, freundschaftlicher Brief veranlaßt mich zu einer kleinen Erläuterung, die ich Ihnen schuldig war, und die ich in meinem vorigen Briefe nur durch Vergessenheit übergehen konnte. Es mußte Sie befremden, von meinen Verhandlungen mit den Zürcherischen Buchhändlern zu hören, da Sie nicht wußten, wie ich dazu veranlaßt worden, und wie passiv ich mich eigentlich bey der ganzen Sache verhielt. Ein Buchhändler, mit dem ich schon ganz einig geworden war, war nachher nicht im Stande seine Bedingungen zu halten, und ich war genöthigt, mich nach einem anderen Verleger umzusehen. Als ich aber schon die wahrscheinliche Aussicht hatte, daß Unger sich auf die Unternehmung einlassen würde, erwähnte ein Freund von mir, der in Weimar mit Wieland Geschäfte hatte, der Buchhändler Göschen, gegen jenen meine Uebersetzung Shakspeareʼs. Wieland wurde aufmerksam und äußerte, dieß würde wohl ein Verlagsartikel für die Orellsche Handlung seyn, bey der sein Schwiegervater damals noch interessirt war. Ich hatte Gründe zu wünschen, daß meine Uebersetzung im nördlichen Deutschlande, und nicht in einer so weiten Entfernung von mir erscheinen möchte, indessen drang Göschen so lebhaft in mich, den ertheilten Wink nicht unbeachtet zu lassen, daß ich bewogen ward, meine Bedingungen aufzusetzen. Doch machte ich etwas höhere Forderungen, als auf die ich mich mit Ungern einzulassen willens war, und erklärte zugleich, daß ich keine Noten zu der Uebersetzung hinzufügen könne, ob man mir gleich gesagt hatte, daß die Handlung dergleichen wünschen würde. Hr. Ober-Consistorialrath Böttiger hatte als Freund Wielands und des jungen Geßners die Güte, meinen Zettel mit der Bedingung nach Zürich zu besorgen. Es erfolgte bald darauf die Antwort, die ich mit Zuverläßigkeit erwartet hatte, und ich machte nun die Sache mit Unger vollends richtig. Es freut mich daß dieser von mir gethane Vorschlag wenigstens kein Hinderniß für die Wiedererscheinung Ihrer Uebersetzung geworden ist; doch wäre dieß auch geschehen, so wäre ich immer in so fern unschuldiger Weise dazu gekommen, daß ich nach Ihren Erklärungen glauben mußte, Sie hätten für die Zukunft diesem Werke Ihre Pflege ganz entzogen.
Ich danke Ihnen für die Nachricht von dem Fortgange Ihrer neuen Ausgabe. Ich hoffe noch auf manche Belehrung aus derselben, denn auf alles was nur durch ansgebreitete Gelehrsamkeit und literarische Hülfsmittel für Kritik des Textes und Auslegung geleistet werden kann, muß ich im Voraus bey meiner Uebersetzung Verzicht thun. Ob der zweyte Theil noch auf die Michaelismesse erscheinen wird, weiß ich nicht gewiß. Er wird Julius Cäsar und Was ihr wollt enthalten. Da die Anordnung der Stücke doch zum Theil willkührlich bleiben muß, und ich überhaupt noch nicht weiß, wie weit mein Shakspeare gedeihen wird, so mag ich meinen Lesern und mir für jetzt das Vergnügen der größten Mannigfaltigkeit nicht versagen. – Ein ästhetischer Aufsatz von mir über die Charakter und die ganze Zusammensetzung von Romeo und Julia wird im sechsten Stücke der Horen erscheinen.
Mein Bruder, dem Ihr gütiges Andenken sehr schmeichelhaft gewesen ist, hat uns jetzt auf einige Zeit verlassen und ist nach Berlin gegangen. Meine Frau läßt sich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, bey der ich ebenfalls mein Andenken zu erneuern bitte, auf das angelegentlichste empfehlen. Leben Sie recht wohl und glücklich, ich bin mit den hochachtungsvollsten Gesinnungen
Ihr
gehorsamster
AWSchlegel.
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