• Augusta von Buttlar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Bonn · Date: 02.10.1826
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Augusta von Buttlar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 02.10.1826
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.137
  • Number of Pages: 2 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,4 x 13 cm
  • Incipit: „[1] Mein theurer geliebter Oheim!
    Vor einigen Tagen hier angekommen, reise ich in 2 Tagen nach Florenz ab. Ich weiß Du [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
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[1] Mein theurer geliebter Oheim!
Vor einigen Tagen hier angekommen, reise ich in 2 Tagen nach Florenz ab. Ich weiß Du wirst dich darüber wundern, und vielleicht sogar unzufrieden damit sein, aber nach langer Überlegegung, und reiflichem Erwägen der Umstände, habe ich mich dazu entschloßen. Einige der Hauptgründe die mich dazu bestimmen sind folgende: erstens war es der sehnlichste Wunsch meiner seligen Eltern, sogar noch auf ihrem Todtbette, denn als meine Mutter gestorben war, wünschte der Vater, man sollte mir ihren Todt geheim halten, um mich nicht von meiner Reise abzuhalten. –
Zweitens hat man in jene Künstler die nicht in Italien gewesen sind, kein sonderliches Vertrauen, sey es Vorurtheil, es ist nun aber einmal so. –
Drittens habe ich schon Bestellung auf einige Portraits in Florenz, ich soll nämlich den Rußischen Gesandten in Florenz. Graf Swertkow nebst seiner Frau und 2 Kinder malen, was für den Anfang sehr gut ist, dieser hat mir auch versprochen sich für mich zu verwenden, daß ich Arbeit bekomme. Das Uebrige überlaße ich dem lieben Gott. je mehr Widerwartigkeiten ich in Dresden erfahre, desto fester lebt mein Glaube, daß Gott mein Schicksal so lenken werde, daß ich nicht umkomme. Ich kann dir unser Logis in Florenz freilich nicht sagen allein wenn du mir schreiben willst, so adreßire den Brief nur an den rußischen Gesandten Grafen Swertkow zu Florenz; der mir solchen zustellen wird. Vor zwey Monathen habe ich eine Bittschrift um eine Unterstützung unmittelbar dem Könige eingereicht, habe aber bis jetzt noch keine [2] Resolution erhalten, ich war auch deshalb bey dem Minister Einsiedel durch den alles geht; um mir auch seine Protection zu gewinnen; ob ich aber durchdringen werde weiß ich nicht, nach dem was ich bis jetzt erfahren habe, erwarte ich gar nichts. –
Dir noch von Dresden aus zu schreiben war mir ganz unmöglich, denn ich war so von Geschäften überhäuft, daß ich nicht wußte wo mir der Kopf stand; auch jetzt bin ich hier mitten in der größten Unordnung des Packens, und deshalb wirst du mir verzeihen wenn mein heutiger Brief so kurtz ist. Meine Kinderchen küßen unbekannter Weise ihren lieben Oheim, auch mein Mann läßt sich dir herzlich empfelen.
Minna habe ich hier eben so thöricht wieder gefunden wie sie war, alle Vermahnungen verschmähend, nur ihrem verrükten Kopfe folgend; das Schlimmste ist: daß sie alle Menschen mit ihren Reden bethört, und eigentlich alle bey der Nase herum führt. Ich fliehe ihre Nähe wo ich kann, um nicht auch in ihre verwirrten Geschichten verwickelt zu werden, und ich gestehe aufrichtig daß dieß auch einer der Gründe ist warum ich jetzt nicht in Wien bleibe. Der arme Friedrich hat sich mit ihr eine Ruthe auf den Hals gebunden. Doch lieber Oheim was ich dir hier schreibe bleibt ganz unter uns. Nun lebe wohl, ich muß schließen. Gott sey mit dir, er möge Dich von allen Übel gnädig bewahren, und dir Gedeihen zu Deinen schönen Arbeiten geben.
Deine dich innig liebende
Augusta von Buttlar
Wien den 2ten Oktober 1826.
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[1] Mein theurer geliebter Oheim!
Vor einigen Tagen hier angekommen, reise ich in 2 Tagen nach Florenz ab. Ich weiß Du wirst dich darüber wundern, und vielleicht sogar unzufrieden damit sein, aber nach langer Überlegegung, und reiflichem Erwägen der Umstände, habe ich mich dazu entschloßen. Einige der Hauptgründe die mich dazu bestimmen sind folgende: erstens war es der sehnlichste Wunsch meiner seligen Eltern, sogar noch auf ihrem Todtbette, denn als meine Mutter gestorben war, wünschte der Vater, man sollte mir ihren Todt geheim halten, um mich nicht von meiner Reise abzuhalten. –
Zweitens hat man in jene Künstler die nicht in Italien gewesen sind, kein sonderliches Vertrauen, sey es Vorurtheil, es ist nun aber einmal so. –
Drittens habe ich schon Bestellung auf einige Portraits in Florenz, ich soll nämlich den Rußischen Gesandten in Florenz. Graf Swertkow nebst seiner Frau und 2 Kinder malen, was für den Anfang sehr gut ist, dieser hat mir auch versprochen sich für mich zu verwenden, daß ich Arbeit bekomme. Das Uebrige überlaße ich dem lieben Gott. je mehr Widerwartigkeiten ich in Dresden erfahre, desto fester lebt mein Glaube, daß Gott mein Schicksal so lenken werde, daß ich nicht umkomme. Ich kann dir unser Logis in Florenz freilich nicht sagen allein wenn du mir schreiben willst, so adreßire den Brief nur an den rußischen Gesandten Grafen Swertkow zu Florenz; der mir solchen zustellen wird. Vor zwey Monathen habe ich eine Bittschrift um eine Unterstützung unmittelbar dem Könige eingereicht, habe aber bis jetzt noch keine [2] Resolution erhalten, ich war auch deshalb bey dem Minister Einsiedel durch den alles geht; um mir auch seine Protection zu gewinnen; ob ich aber durchdringen werde weiß ich nicht, nach dem was ich bis jetzt erfahren habe, erwarte ich gar nichts. –
Dir noch von Dresden aus zu schreiben war mir ganz unmöglich, denn ich war so von Geschäften überhäuft, daß ich nicht wußte wo mir der Kopf stand; auch jetzt bin ich hier mitten in der größten Unordnung des Packens, und deshalb wirst du mir verzeihen wenn mein heutiger Brief so kurtz ist. Meine Kinderchen küßen unbekannter Weise ihren lieben Oheim, auch mein Mann läßt sich dir herzlich empfelen.
Minna habe ich hier eben so thöricht wieder gefunden wie sie war, alle Vermahnungen verschmähend, nur ihrem verrükten Kopfe folgend; das Schlimmste ist: daß sie alle Menschen mit ihren Reden bethört, und eigentlich alle bey der Nase herum führt. Ich fliehe ihre Nähe wo ich kann, um nicht auch in ihre verwirrten Geschichten verwickelt zu werden, und ich gestehe aufrichtig daß dieß auch einer der Gründe ist warum ich jetzt nicht in Wien bleibe. Der arme Friedrich hat sich mit ihr eine Ruthe auf den Hals gebunden. Doch lieber Oheim was ich dir hier schreibe bleibt ganz unter uns. Nun lebe wohl, ich muß schließen. Gott sey mit dir, er möge Dich von allen Übel gnädig bewahren, und dir Gedeihen zu Deinen schönen Arbeiten geben.
Deine dich innig liebende
Augusta von Buttlar
Wien den 2ten Oktober 1826.
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