• Augusta von Buttlar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Bonn · Date: 18.11.1844
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Augusta von Buttlar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 18.11.1844
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.155
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,1 x 13,9 cm
  • Incipit: „[1] Dresden den 18– November 1844
    Mein theurster Oheim!
    Du wirst mir verzeihen daß ich Dich wieder einmal mit einem langweiligen Schreiben [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
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[1] Dresden den 18 November 1844
Mein theurster Oheim!
Du wirst mir verzeihen daß ich Dich wieder einmal mit einem langweiligen Schreiben belästige, aber es ist nun schon wieder eine geraume Zeit verfloßen seit ich Dir zuletzt schrieb, daß es mich ordentlich drängt mich wieder in Dein Gedächtniß zu rufen. Wenn Du mir nur durch irgend Jemand manchmal Nachricht über Dein Wohlergehen könntest zu kommen laßen so würdest Du mich sehr glücklich machen, denn daß Du Dich selber mit vielem Briefschreiben solltest abgeben, dies bin ich nicht zu unbescheiden zu verlangen, da Du Deine Zeit u Kräfte zu wichtigern Geschäften brauchst, aber daß ich sehnlich wünsche etwas über Dein Wohlergehen zu erfahren, wirst Du mir gewiß nicht verdenken, da ich an Allem was Dich betrifft so innigen und warmen Antheil nehme! – Ich hoffe daß den vergangenen Sommer Deine Gesundheit durch die schlechte feuchte Witterung nicht gelitten haben wird, denn sie war für manche schwächliche Natur sehr nachtheilig. Ich bin Gott sei Dank diesen Sommer etwas gesünder gewesen, und eine schöne Reise die ich mit meiner Tochter gemacht habe, ist uns recht gut bekommen. In meinem letzten Brief schrieb ich Dir daß ich nach München [2] zu reisen beabsichtigte, was wir denn auch gethan, und wo ich einen hohen Genuß an den herrlichen Kunstschätzen gehabt habe, denn das Schönste was unsere neure Zeit in Hinsicht der Kunst hervor gebracht, ist gewiß in München zu finden, wenigstens das Großartigste, es sei in Bauwerken sowohl als in frescos. – da ich voriges Frühjahr noch einen unerwartet guten Verdienst hatte so vermehrten sich meine Reise Sparpfennige, wonach sich denn auch der Reiseplan erweiterte, und wir sind von München über den Bodensee und einem Theil der Schweitz, über Basel zurück geeist. Der sehnlichste Wunsch von Mariannen dies schöne Land zu sehen war mir ein Beweggrund dazu, und dann traf es sich auch daß grade gute Freunde von uns aus Dresden, die Gräfin Dohna mit ihren Töchtern dieselbe Reise machten, welche uns eine höchst angenehme Gesellschaft waren. Als ich auf der Rückreise den lieben Rhein berührte, so regte sich freilich der sehnlichste Wunsch Dich wieder zu sehen in mir auf, und gern hätte ich den Umweg gemacht um Dich zu besuchen, aber dich wie eine Bombe zu überfallen und in Deiner Ruhe zu stöhren, daraus machte ich mir warlich ein Gewißen, was kann man sich auch bei einem so flüchtigen Beisammensein mittheilen! Dem Wiedersehen folgt sogleich der Abschied, der einem das Herz immer schwer macht. – Die Reise ist uns außerordentlich billig gekommen, so daß wir noch etwas zurück gebracht haben, und das ganze Geld war reines Verdienst und Ersparniß [3] von vorigen Winter wo ich mehr als gewöhnlich zu thun hatte.
Die Königin von Preußen hatte unter andern auch einige Arbeiten von mir erhalten. Dennoch that es mir sehr leid daß ich nicht soviel Geld hatte die französische Schweitz zu besuchen um eine Pilgerfahrt nach Coppet zu unternehmen, und den Ort zu begrüßen, wo Deine unvergeßliche geistreiche Freundinn gelebt, und die intereßantesten Menschen um sich vereinigt hatte, welche nun schon längst mit den Ihrigen dort ruht; es ist für mich eine schmerzliche aber schöne Erinnerung aus der Jugendzeit damit verknüpft! – Vielleicht macht es sich daß wir einmal unter annehmlichen Verhältnißen auch in Hinsicht meiner Kunst und Verdienstes, einen Winter in Frankfurt zu bringen, wo ich denn in Deiner Nähe Dich leicht besuchen kann zu einer Dir gelegnenen Zeit ohne Dir lästig zu fallen. – Diesen Winter bleiben wir wieder in Dresden, wo ich mich freilich oft über manches ärgere, indeß die Angewöhnung macht daß man doch immer wieder in dem alten Neste bleibt. Seit meinen letzten Reisen (Wien mit gerechnet) bin ich hier wieder in die Mode gekommen, und habe somit auch mehr Verdienst, denn hier muß man aus der Fremde kommen um admirirt zu werden. – Nächstens werde ich ein Portrait von Dir zu sehen bekommen, welches für das hiesige Kupferstich Cabinet bestimmt ist, und wo ein so schönes Motto von Dir darunter stehen soll; ich bin sehr begierig es zu sehen!
Nun mein theurster Oheim gehab Dich wohl und vergiß [4] uns nicht ganz! wir sind und bleiben Dir wie immer mit der innigsten Liebe zugethan, und bitten nur den lieben Gott daß er Dich immer gesund erhalte. – Sind Marianne und Heinrich noch bei Dir, so grüße sie recht herzlich von uns. Nun noch einmal Adieu, meine Tochter küßt Dir ehrerbiethig die Hand, und ich verbleibe mit der innigsten Verehrung
Deine
treue u Dankbar Nic[hte]
Auguste Buttla[r]
Meine Adreße ist wie früher: im Calberlaschen Hause an der Elbe No 1 im 2ten Stock
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[1] Dresden den 18 November 1844
Mein theurster Oheim!
Du wirst mir verzeihen daß ich Dich wieder einmal mit einem langweiligen Schreiben belästige, aber es ist nun schon wieder eine geraume Zeit verfloßen seit ich Dir zuletzt schrieb, daß es mich ordentlich drängt mich wieder in Dein Gedächtniß zu rufen. Wenn Du mir nur durch irgend Jemand manchmal Nachricht über Dein Wohlergehen könntest zu kommen laßen so würdest Du mich sehr glücklich machen, denn daß Du Dich selber mit vielem Briefschreiben solltest abgeben, dies bin ich nicht zu unbescheiden zu verlangen, da Du Deine Zeit u Kräfte zu wichtigern Geschäften brauchst, aber daß ich sehnlich wünsche etwas über Dein Wohlergehen zu erfahren, wirst Du mir gewiß nicht verdenken, da ich an Allem was Dich betrifft so innigen und warmen Antheil nehme! – Ich hoffe daß den vergangenen Sommer Deine Gesundheit durch die schlechte feuchte Witterung nicht gelitten haben wird, denn sie war für manche schwächliche Natur sehr nachtheilig. Ich bin Gott sei Dank diesen Sommer etwas gesünder gewesen, und eine schöne Reise die ich mit meiner Tochter gemacht habe, ist uns recht gut bekommen. In meinem letzten Brief schrieb ich Dir daß ich nach München [2] zu reisen beabsichtigte, was wir denn auch gethan, und wo ich einen hohen Genuß an den herrlichen Kunstschätzen gehabt habe, denn das Schönste was unsere neure Zeit in Hinsicht der Kunst hervor gebracht, ist gewiß in München zu finden, wenigstens das Großartigste, es sei in Bauwerken sowohl als in frescos. – da ich voriges Frühjahr noch einen unerwartet guten Verdienst hatte so vermehrten sich meine Reise Sparpfennige, wonach sich denn auch der Reiseplan erweiterte, und wir sind von München über den Bodensee und einem Theil der Schweitz, über Basel zurück geeist. Der sehnlichste Wunsch von Mariannen dies schöne Land zu sehen war mir ein Beweggrund dazu, und dann traf es sich auch daß grade gute Freunde von uns aus Dresden, die Gräfin Dohna mit ihren Töchtern dieselbe Reise machten, welche uns eine höchst angenehme Gesellschaft waren. Als ich auf der Rückreise den lieben Rhein berührte, so regte sich freilich der sehnlichste Wunsch Dich wieder zu sehen in mir auf, und gern hätte ich den Umweg gemacht um Dich zu besuchen, aber dich wie eine Bombe zu überfallen und in Deiner Ruhe zu stöhren, daraus machte ich mir warlich ein Gewißen, was kann man sich auch bei einem so flüchtigen Beisammensein mittheilen! Dem Wiedersehen folgt sogleich der Abschied, der einem das Herz immer schwer macht. – Die Reise ist uns außerordentlich billig gekommen, so daß wir noch etwas zurück gebracht haben, und das ganze Geld war reines Verdienst und Ersparniß [3] von vorigen Winter wo ich mehr als gewöhnlich zu thun hatte.
Die Königin von Preußen hatte unter andern auch einige Arbeiten von mir erhalten. Dennoch that es mir sehr leid daß ich nicht soviel Geld hatte die französische Schweitz zu besuchen um eine Pilgerfahrt nach Coppet zu unternehmen, und den Ort zu begrüßen, wo Deine unvergeßliche geistreiche Freundinn gelebt, und die intereßantesten Menschen um sich vereinigt hatte, welche nun schon längst mit den Ihrigen dort ruht; es ist für mich eine schmerzliche aber schöne Erinnerung aus der Jugendzeit damit verknüpft! – Vielleicht macht es sich daß wir einmal unter annehmlichen Verhältnißen auch in Hinsicht meiner Kunst und Verdienstes, einen Winter in Frankfurt zu bringen, wo ich denn in Deiner Nähe Dich leicht besuchen kann zu einer Dir gelegnenen Zeit ohne Dir lästig zu fallen. – Diesen Winter bleiben wir wieder in Dresden, wo ich mich freilich oft über manches ärgere, indeß die Angewöhnung macht daß man doch immer wieder in dem alten Neste bleibt. Seit meinen letzten Reisen (Wien mit gerechnet) bin ich hier wieder in die Mode gekommen, und habe somit auch mehr Verdienst, denn hier muß man aus der Fremde kommen um admirirt zu werden. – Nächstens werde ich ein Portrait von Dir zu sehen bekommen, welches für das hiesige Kupferstich Cabinet bestimmt ist, und wo ein so schönes Motto von Dir darunter stehen soll; ich bin sehr begierig es zu sehen!
Nun mein theurster Oheim gehab Dich wohl und vergiß [4] uns nicht ganz! wir sind und bleiben Dir wie immer mit der innigsten Liebe zugethan, und bitten nur den lieben Gott daß er Dich immer gesund erhalte. – Sind Marianne und Heinrich noch bei Dir, so grüße sie recht herzlich von uns. Nun noch einmal Adieu, meine Tochter küßt Dir ehrerbiethig die Hand, und ich verbleibe mit der innigsten Verehrung
Deine
treue u Dankbar Nic[hte]
Auguste Buttla[r]
Meine Adreße ist wie früher: im Calberlaschen Hause an der Elbe No 1 im 2ten Stock
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