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$viewFile = '/var/www/awschlegel/version-07-19/app/View/Letters/view.ctp' $dataForView = array( 'html' => '[<span class="index-60 tp-22234 ">Braunschweig</span>] 16 März Montag früh [1801].<br>Mein lieber Wilhelm, ich habe wieder einen heftigen Stoß erlitten, das kannst Du Dir denken. Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich <span class="index-4226 tp-22258 ">das schöne liebe Kind</span> <span class="index-1929 tp-22259 ">der Mutter</span>, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn <span class="index-2762 tp-22758 ">Wiedemann</span> wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <span class="index-1929 tp-22235 ">Luise</span> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <span class="index-4225 tp-22257 ">Himly</span> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <span class="index-2762 tp-22275 ">Der Vater</span> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <span class="index-30 tp-22263 ">Auguste</span> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <span class="index-7013 tp-47020 ">Dortchen</span>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist <span class="index-2762 tp-22265 index-1929 tp-22264 ">den Eltern</span>, <span class="index-2762 tp-22266 ">dem Vater</span> vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<br>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <span class="index-4217 tp-22236 ">Roose</span> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <span class="index-4233 tp-22276 ">Meiner Mutter</span> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<br>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<br><span class="index-1928 tp-22272 ">Philipp</span> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <span class="index-4250 tp-47021 ">Zelle</span> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <span class="index-4233 tp-22277 ">die Mutter</span> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <span class="index-12 tp-22273 ">Jena</span> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <span class="weight-bold ">Dir</span> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<br><span class="index-2762 tp-22278 ">Wiedemann</span> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <span class="index-4231 tp-22271 ">Professor Hellwig</span> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<br>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <span class="index-4234 tp-22279 ">Mlle Faber</span> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <span class="index-4449 tp-47022 weight-bold ">Philippe et Georgette</span> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <span class="index-25 tp-22255 ">Iffland</span> noch nach <span class="index-58 tp-22267 ">Weimar</span>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <span class="index-13 tp-22280 ">Dresden</span> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <span class="index-56 tp-22282 index-48 tp-22283 ">Tieks</span> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <span class="index-6043 tp-40004 ">der Messe</span> länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der <span class="index-4 tp-22237 index-344 tp-47023 weight-bold ">Shakespear</span> fertig werden? ‒ Wenn Du <span class="index-425 tp-22262 ">Fiorillon</span> nur <span class="index-3089 tp-68793 ">die Lombardische Schule</span> schaffst und nur etwas <span class="weight-bold ">jetzt</span> geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem <span class="index-56 tp-22247 ">Fr. Tiek</span>, wenn er <span class="index-918 tp-47029 ">das Monument</span> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<br>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <span class="weight-bold ">ich</span> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <span class="index-74 tp-22238 ">Unzelinette</span>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <span class="weight-bold ">großen</span> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <span class="index-1929 tp-22239 ">Luise</span> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <span class="index-15 tp-22240 ">Berlin</span>, der mehr Geschmack hätte.<br><span class="index-88 tp-22241 ">Schiller</span> ist in <span class="index-12 tp-22242 ">Jena</span>, um das <span class="index-1415 tp-22243 ">Wallensteinische</span> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <span class="index-42 tp-22244 ">den Bernhardi</span>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <span class="index-62 tp-22245 ">Schelling</span>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <span class="index-137 tp-22246 ">Goethe</span> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <span class="index-101 tp-47271 ">Taschenbuchs</span>.<br>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <span class="index-4229 tp-22269 ">den jüngern Stark</span> zum Ordinarius und <span class="index-4230 tp-22270 ">Succow</span> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<br>Wenn doch <span class="index-48 tp-22268 ">Tiek</span> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <span class="index-4288 tp-47025 ">Cecilen</span> in <span class="index-13 tp-22248 ">Dresden</span> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <span class="index-1958 tp-22288 ">Tischbein</span> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <span class="index-4232 tp-47026 ">Krause</span> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <span class="index-2065 tp-22284 ">Caroline</span> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <span class="index-1958 tp-22286 ">T.</span> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<br>An <span class="index-264 tp-22249 ">Deine Mutter</span> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<br>Ich habe <span class="index-4236 tp-22285 ">den Aristipp</span> angesehn. <span class="index-4228 tp-22261 weight-bold ">Madame de Genlis</span> könnte ihn geschrieben haben.<br>Lebe wohl indessen. <span class="index-3118 tp-77148 ">Emma</span> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <span class="index-4261 tp-47027 ">Rose</span> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<br><br>[Auf der Rückseite:]<br><span class="index-2879 tp-22250 ">Gotters</span> nachgelaßne Schauspiele. <span class="index-2932 tp-22251 weight-bold ">Die Geisterinsel</span><span class="weight-bold ">.</span> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <span class="index-4164 tp-22253 weight-bold ">Marianne</span><span class="weight-bold ">. </span><span class="weight-bold index-4163 tp-22254 ">Der schöne Geist</span> frey nach den <span class="weight-bold ">poete campagnard</span>.<br>Für den Band von <span class="index-4237 tp-22287 ">Esther</span> gab <span class="index-2812 tp-22252 ">Göschen</span> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. 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Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich <span class="index-4226 tp-22258 ">das schöne liebe Kind</span> <span class="index-1929 tp-22259 ">der Mutter</span>, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn <span class="index-2762 tp-22758 ">Wiedemann</span> wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <span class="index-1929 tp-22235 ">Luise</span> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <span class="index-4225 tp-22257 ">Himly</span> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <span class="index-2762 tp-22275 ">Der Vater</span> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <span class="index-30 tp-22263 ">Auguste</span> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <span class="index-7013 tp-47020 ">Dortchen</span>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist <span class="index-2762 tp-22265 index-1929 tp-22264 ">den Eltern</span>, <span class="index-2762 tp-22266 ">dem Vater</span> vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<br>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <span class="index-4217 tp-22236 ">Roose</span> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <span class="index-4233 tp-22276 ">Meiner Mutter</span> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<br>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<br><span class="index-1928 tp-22272 ">Philipp</span> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <span class="index-4250 tp-47021 ">Zelle</span> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <span class="index-4233 tp-22277 ">die Mutter</span> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <span class="index-12 tp-22273 ">Jena</span> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <span class="weight-bold ">Dir</span> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<br><span class="index-2762 tp-22278 ">Wiedemann</span> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <span class="index-4231 tp-22271 ">Professor Hellwig</span> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<br>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <span class="index-4234 tp-22279 ">Mlle Faber</span> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <span class="index-4449 tp-47022 weight-bold ">Philippe et Georgette</span> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <span class="index-25 tp-22255 ">Iffland</span> noch nach <span class="index-58 tp-22267 ">Weimar</span>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <span class="index-13 tp-22280 ">Dresden</span> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <span class="index-56 tp-22282 index-48 tp-22283 ">Tieks</span> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <span class="index-6043 tp-40004 ">der Messe</span> länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der <span class="index-4 tp-22237 index-344 tp-47023 weight-bold ">Shakespear</span> fertig werden? ‒ Wenn Du <span class="index-425 tp-22262 ">Fiorillon</span> nur <span class="index-3089 tp-68793 ">die Lombardische Schule</span> schaffst und nur etwas <span class="weight-bold ">jetzt</span> geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem <span class="index-56 tp-22247 ">Fr. Tiek</span>, wenn er <span class="index-918 tp-47029 ">das Monument</span> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<br>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <span class="weight-bold ">ich</span> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <span class="index-74 tp-22238 ">Unzelinette</span>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <span class="weight-bold ">großen</span> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <span class="index-1929 tp-22239 ">Luise</span> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <span class="index-15 tp-22240 ">Berlin</span>, der mehr Geschmack hätte.<br><span class="index-88 tp-22241 ">Schiller</span> ist in <span class="index-12 tp-22242 ">Jena</span>, um das <span class="index-1415 tp-22243 ">Wallensteinische</span> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <span class="index-42 tp-22244 ">den Bernhardi</span>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <span class="index-62 tp-22245 ">Schelling</span>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <span class="index-137 tp-22246 ">Goethe</span> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <span class="index-101 tp-47271 ">Taschenbuchs</span>.<br>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <span class="index-4229 tp-22269 ">den jüngern Stark</span> zum Ordinarius und <span class="index-4230 tp-22270 ">Succow</span> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<br>Wenn doch <span class="index-48 tp-22268 ">Tiek</span> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <span class="index-4288 tp-47025 ">Cecilen</span> in <span class="index-13 tp-22248 ">Dresden</span> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <span class="index-1958 tp-22288 ">Tischbein</span> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <span class="index-4232 tp-47026 ">Krause</span> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <span class="index-2065 tp-22284 ">Caroline</span> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <span class="index-1958 tp-22286 ">T.</span> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<br>An <span class="index-264 tp-22249 ">Deine Mutter</span> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<br>Ich habe <span class="index-4236 tp-22285 ">den Aristipp</span> angesehn. <span class="index-4228 tp-22261 weight-bold ">Madame de Genlis</span> könnte ihn geschrieben haben.<br>Lebe wohl indessen. <span class="index-3118 tp-77148 ">Emma</span> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <span class="index-4261 tp-47027 ">Rose</span> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<br><br>[Auf der Rückseite:]<br><span class="index-2879 tp-22250 ">Gotters</span> nachgelaßne Schauspiele. <span class="index-2932 tp-22251 weight-bold ">Die Geisterinsel</span><span class="weight-bold ">.</span> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <span class="index-4164 tp-22253 weight-bold ">Marianne</span><span class="weight-bold ">. </span><span class="weight-bold index-4163 tp-22254 ">Der schöne Geist</span> frey nach den <span class="weight-bold ">poete campagnard</span>.<br>Für den Band von <span class="index-4237 tp-22287 ">Esther</span> gab <span class="index-2812 tp-22252 ">Göschen</span> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. 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Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <persName key="4233">Meiner Mutter</persName> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<lb/>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<lb/><persName key="1928">Philipp</persName> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <placeName key="4250">Zelle</placeName> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <persName key="4233">die Mutter</persName> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <placeName key="12">Jena</placeName> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <hi rend="weight:bold">Dir</hi> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<lb/><persName key="2762">Wiedemann</persName> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <persName key="4231">Professor Hellwig</persName> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<lb/>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <persName key="4234">Mlle Faber</persName> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <name key="4449" type="work"><hi rend="weight:bold">Philippe et Georgette</hi></name> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <persName key="25">Iffland</persName> noch nach <placeName key="58">Weimar</placeName>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <placeName key="13">Dresden</placeName> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <persName key="56"><persName key="48">Tieks</persName></persName> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <orgName key="6043">der Messe</orgName> länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der <persName key="4"><name key="344" type="work"><hi rend="weight:bold">Shakespear</hi></name></persName> fertig werden? ‒ Wenn Du <persName key="425">Fiorillon</persName> nur <name key="3089" type="work">die Lombardische Schule</name> schaffst und nur etwas <hi rend="weight:bold">jetzt</hi> geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem <persName key="56">Fr. Tiek</persName>, wenn er <name key="918" type="work">das Monument</name> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<lb/>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <hi rend="weight:bold">ich</hi> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <persName key="74">Unzelinette</persName>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <hi rend="weight:bold">großen</hi> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <persName key="1929">Luise</persName> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <placeName key="15">Berlin</placeName>, der mehr Geschmack hätte.<lb/><persName key="88">Schiller</persName> ist in <placeName key="12">Jena</placeName>, um das <name key="1415" type="work">Wallensteinische</name> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <persName key="42">den Bernhardi</persName>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <persName key="62">Schelling</persName>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <persName key="137">Goethe</persName> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <name key="101" type="periodical">Taschenbuchs</name>.<lb/>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <persName key="4229">den jüngern Stark</persName> zum Ordinarius und <persName key="4230">Succow</persName> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<lb/>Wenn doch <persName key="48">Tiek</persName> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <persName key="4288">Cecilen</persName> in <placeName key="13">Dresden</placeName> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <persName key="1958">Tischbein</persName> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <persName key="4232">Krause</persName> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <persName key="2065">Caroline</persName> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <persName key="1958">T.</persName> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<lb/>An <persName key="264">Deine Mutter</persName> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<lb/>Ich habe <name key="4236" type="work">den Aristipp</name> angesehn. <persName key="4228"><hi rend="weight:bold">Madame de Genlis</hi></persName> könnte ihn geschrieben haben.<lb/>Lebe wohl indessen. <persName key="3118">Emma</persName> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <persName key="4261">Rose</persName> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<lb/><lb/>[Auf der Rückseite:]<lb/><persName key="2879">Gotters</persName> nachgelaßne Schauspiele. <hi rend="weight:bold"><name key="2932" type="work">Die Geisterinsel</name>.</hi> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <hi rend="weight:bold"><name key="4164" type="work">Marianne</name>. <name key="4163" type="work">Der schöne Geist</name></hi> frey nach den <hi rend="weight:bold">poete campagnard</hi>.<lb/>Für den Band von <name key="4237" type="work">Esther</name> gab <persName key="2812">Göschen</persName> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann <persName key="2880">die Gotter</persName> wohl nicht erwarten.</p>', '36_xml_standoff' => '[<anchor type="b" n="60" ana="10" xml:id="NidB22234"/>Braunschweig<anchor type="e" n="60" ana="10" xml:id="NidE22234"/>] 16 März Montag früh [1801].<lb/>Mein lieber Wilhelm, ich habe wieder einen heftigen Stoß erlitten, das kannst Du Dir denken. Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich <anchor type="b" n="4226" ana="11" xml:id="NidB22258"/>das schöne liebe Kind<anchor type="e" n="4226" ana="11" xml:id="NidE22258"/> <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22259"/>der Mutter<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22259"/>, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn <anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22758"/>Wiedemann<anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22758"/> wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22235"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22235"/> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <anchor type="b" n="4225" ana="11" xml:id="NidB22257"/>Himly<anchor type="e" n="4225" ana="11" xml:id="NidE22257"/> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22275"/>Der Vater<anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22275"/> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB22263"/>Auguste<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE22263"/> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <anchor type="b" n="7013" ana="11" xml:id="NidB47020"/>Dortchen<anchor type="e" n="7013" ana="11" xml:id="NidE47020"/>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist <anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22265"/><anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22264"/>den Eltern<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22264"/><anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22265"/>, <anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22266"/>dem Vater<anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22266"/> vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<lb/>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <anchor type="b" n="4217" ana="11" xml:id="NidB22236"/>Roose<anchor type="e" n="4217" ana="11" xml:id="NidE22236"/> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <anchor type="b" n="4233" ana="11" xml:id="NidB22276"/>Meiner Mutter<anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22276"/> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<lb/>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<lb/><anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB22272"/>Philipp<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE22272"/> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <anchor type="b" n="4250" ana="10" xml:id="NidB47021"/>Zelle<anchor type="e" n="4250" ana="10" xml:id="NidE47021"/> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <anchor type="b" n="4233" ana="11" xml:id="NidB22277"/>die Mutter<anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22277"/> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22273"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22273"/> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <hi rend="weight:bold">Dir</hi> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<lb/><anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22278"/>Wiedemann<anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22278"/> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <anchor type="b" n="4231" ana="11" xml:id="NidB22271"/>Professor Hellwig<anchor type="e" n="4231" ana="11" xml:id="NidE22271"/> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<lb/>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <anchor type="b" n="4234" ana="11" xml:id="NidB22279"/>Mlle Faber<anchor type="e" n="4234" ana="11" xml:id="NidE22279"/> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <anchor type="b" n="4449" ana="12" xml:id="NidB47022"/><hi rend="weight:bold">Philippe et Georgette</hi><anchor type="e" n="4449" ana="12" xml:id="NidE47022"/> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <anchor type="b" n="25" ana="11" xml:id="NidB22255"/>Iffland<anchor type="e" n="25" ana="11" xml:id="NidE22255"/> noch nach <anchor type="b" n="58" ana="10" xml:id="NidB22267"/>Weimar<anchor type="e" n="58" ana="10" xml:id="NidE22267"/>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB22280"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE22280"/> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB22282"/><anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22283"/>Tieks<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22283"/><anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE22282"/> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <anchor type="b" n="6043" ana="15" xml:id="NidB40004"/>der Messe<anchor type="e" n="6043" ana="15" xml:id="NidE40004"/> länger wie sie in Berlin halten? 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Tiek<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE22247"/>, wenn er <anchor type="b" n="918" ana="12" xml:id="NidB47029"/>das Monument<anchor type="e" n="918" ana="12" xml:id="NidE47029"/> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<lb/>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <hi rend="weight:bold">ich</hi> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22238"/>Unzelinette<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22238"/>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <hi rend="weight:bold">großen</hi> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22239"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22239"/> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. 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Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <anchor type="b" n="42" ana="11" xml:id="NidB22244"/>den Bernhardi<anchor type="e" n="42" ana="11" xml:id="NidE22244"/>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22245"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22245"/>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB22246"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE22246"/> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <anchor type="b" n="101" ana="13" xml:id="NidB47271"/>Taschenbuchs<anchor type="e" n="101" ana="13" xml:id="NidE47271"/>.<lb/>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <anchor type="b" n="4229" ana="11" xml:id="NidB22269"/>den jüngern Stark<anchor type="e" n="4229" ana="11" xml:id="NidE22269"/> zum Ordinarius und <anchor type="b" n="4230" ana="11" xml:id="NidB22270"/>Succow<anchor type="e" n="4230" ana="11" xml:id="NidE22270"/> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<lb/>Wenn doch <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22268"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22268"/> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <anchor type="b" n="4288" ana="11" xml:id="NidB47025"/>Cecilen<anchor type="e" n="4288" ana="11" xml:id="NidE47025"/> in <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB22248"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE22248"/> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB22288"/>Tischbein<anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE22288"/> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <anchor type="b" n="4232" ana="11" xml:id="NidB47026"/>Krause<anchor type="e" n="4232" ana="11" xml:id="NidE47026"/> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <anchor type="b" n="2065" ana="11" xml:id="NidB22284"/>Caroline<anchor type="e" n="2065" ana="11" xml:id="NidE22284"/> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB22286"/>T.<anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE22286"/> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<lb/>An <anchor type="b" n="264" ana="11" xml:id="NidB22249"/>Deine Mutter<anchor type="e" n="264" ana="11" xml:id="NidE22249"/> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<lb/>Ich habe <anchor type="b" n="4236" ana="12" xml:id="NidB22285"/>den Aristipp<anchor type="e" n="4236" ana="12" xml:id="NidE22285"/> angesehn. <anchor type="b" n="4228" ana="11" xml:id="NidB22261"/><hi rend="weight:bold">Madame de Genlis</hi><anchor type="e" n="4228" ana="11" xml:id="NidE22261"/> könnte ihn geschrieben haben.<lb/>Lebe wohl indessen. <anchor type="b" n="3118" ana="11" xml:id="NidB77148"/>Emma<anchor type="e" n="3118" ana="11" xml:id="NidE77148"/> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <anchor type="b" n="4261" ana="11" xml:id="NidB47027"/>Rose<anchor type="e" n="4261" ana="11" xml:id="NidE47027"/> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<lb/><lb/>[Auf der Rückseite:]<lb/><anchor type="b" n="2879" ana="11" xml:id="NidB22250"/>Gotters<anchor type="e" n="2879" ana="11" xml:id="NidE22250"/> nachgelaßne Schauspiele. <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="2932" ana="12" xml:id="NidB22251"/>Die Geisterinsel<anchor type="e" n="2932" ana="12" xml:id="NidE22251"/>.</hi> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="4164" ana="12" xml:id="NidB22253"/>Marianne<anchor type="e" n="4164" ana="12" xml:id="NidE22253"/>. <anchor type="b" n="4163" ana="12" xml:id="NidB22254"/>Der schöne Geist<anchor type="e" n="4163" ana="12" xml:id="NidE22254"/></hi> frey nach den <hi rend="weight:bold">poete campagnard</hi>.<lb/>Für den Band von <anchor type="b" n="4237" ana="12" xml:id="NidB22287"/>Esther<anchor type="e" n="4237" ana="12" xml:id="NidE22287"/> gab <anchor type="b" n="2812" ana="11" xml:id="NidB22252"/>Göschen<anchor type="e" n="2812" ana="11" xml:id="NidE22252"/> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann <anchor type="b" n="2880" ana="11" xml:id="NidB22256"/>die Gotter<anchor type="e" n="2880" ana="11" xml:id="NidE22256"/> wohl nicht erwarten.', '36_datengeber' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purl' => '370516575', '36_briefid' => '370516575_CSchellinganAWS_16031801', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_leitd' => 'Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 75‒81 u. 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Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich <span class="index-4226 tp-22258 ">das schöne liebe Kind</span> <span class="index-1929 tp-22259 ">der Mutter</span>, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn <span class="index-2762 tp-22758 ">Wiedemann</span> wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <span class="index-1929 tp-22235 ">Luise</span> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <span class="index-4225 tp-22257 ">Himly</span> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <span class="index-2762 tp-22275 ">Der Vater</span> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <span class="index-30 tp-22263 ">Auguste</span> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <span class="index-7013 tp-47020 ">Dortchen</span>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist <span class="index-2762 tp-22265 index-1929 tp-22264 ">den Eltern</span>, <span class="index-2762 tp-22266 ">dem Vater</span> vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<br>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <span class="index-4217 tp-22236 ">Roose</span> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <span class="index-4233 tp-22276 ">Meiner Mutter</span> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<br>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<br><span class="index-1928 tp-22272 ">Philipp</span> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <span class="index-4250 tp-47021 ">Zelle</span> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <span class="index-4233 tp-22277 ">die Mutter</span> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <span class="index-12 tp-22273 ">Jena</span> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <span class="weight-bold ">Dir</span> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<br><span class="index-2762 tp-22278 ">Wiedemann</span> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <span class="index-4231 tp-22271 ">Professor Hellwig</span> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<br>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <span class="index-4234 tp-22279 ">Mlle Faber</span> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <span class="index-4449 tp-47022 weight-bold ">Philippe et Georgette</span> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <span class="index-25 tp-22255 ">Iffland</span> noch nach <span class="index-58 tp-22267 ">Weimar</span>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <span class="index-13 tp-22280 ">Dresden</span> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <span class="index-56 tp-22282 index-48 tp-22283 ">Tieks</span> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <span class="index-6043 tp-40004 ">der Messe</span> länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der <span class="index-4 tp-22237 index-344 tp-47023 weight-bold ">Shakespear</span> fertig werden? ‒ Wenn Du <span class="index-425 tp-22262 ">Fiorillon</span> nur <span class="index-3089 tp-68793 ">die Lombardische Schule</span> schaffst und nur etwas <span class="weight-bold ">jetzt</span> geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem <span class="index-56 tp-22247 ">Fr. Tiek</span>, wenn er <span class="index-918 tp-47029 ">das Monument</span> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<br>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <span class="weight-bold ">ich</span> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <span class="index-74 tp-22238 ">Unzelinette</span>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <span class="weight-bold ">großen</span> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <span class="index-1929 tp-22239 ">Luise</span> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <span class="index-15 tp-22240 ">Berlin</span>, der mehr Geschmack hätte.<br><span class="index-88 tp-22241 ">Schiller</span> ist in <span class="index-12 tp-22242 ">Jena</span>, um das <span class="index-1415 tp-22243 ">Wallensteinische</span> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <span class="index-42 tp-22244 ">den Bernhardi</span>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <span class="index-62 tp-22245 ">Schelling</span>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <span class="index-137 tp-22246 ">Goethe</span> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <span class="index-101 tp-47271 ">Taschenbuchs</span>.<br>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <span class="index-4229 tp-22269 ">den jüngern Stark</span> zum Ordinarius und <span class="index-4230 tp-22270 ">Succow</span> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<br>Wenn doch <span class="index-48 tp-22268 ">Tiek</span> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <span class="index-4288 tp-47025 ">Cecilen</span> in <span class="index-13 tp-22248 ">Dresden</span> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <span class="index-1958 tp-22288 ">Tischbein</span> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <span class="index-4232 tp-47026 ">Krause</span> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <span class="index-2065 tp-22284 ">Caroline</span> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <span class="index-1958 tp-22286 ">T.</span> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<br>An <span class="index-264 tp-22249 ">Deine Mutter</span> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<br>Ich habe <span class="index-4236 tp-22285 ">den Aristipp</span> angesehn. <span class="index-4228 tp-22261 weight-bold ">Madame de Genlis</span> könnte ihn geschrieben haben.<br>Lebe wohl indessen. <span class="index-3118 tp-77148 ">Emma</span> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <span class="index-4261 tp-47027 ">Rose</span> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<br><br>[Auf der Rückseite:]<br><span class="index-2879 tp-22250 ">Gotters</span> nachgelaßne Schauspiele. <span class="index-2932 tp-22251 weight-bold ">Die Geisterinsel</span><span class="weight-bold ">.</span> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <span class="index-4164 tp-22253 weight-bold ">Marianne</span><span class="weight-bold ">. </span><span class="weight-bold index-4163 tp-22254 ">Der schöne Geist</span> frey nach den <span class="weight-bold ">poete campagnard</span>.<br>Für den Band von <span class="index-4237 tp-22287 ">Esther</span> gab <span class="index-2812 tp-22252 ">Göschen</span> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. 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Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn <span class="index-2762 tp-22758 ">Wiedemann</span> wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <span class="index-1929 tp-22235 ">Luise</span> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <span class="index-4225 tp-22257 ">Himly</span> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <span class="index-2762 tp-22275 ">Der Vater</span> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <span class="index-30 tp-22263 ">Auguste</span> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <span class="index-7013 tp-47020 ">Dortchen</span>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist <span class="index-2762 tp-22265 index-1929 tp-22264 ">den Eltern</span>, <span class="index-2762 tp-22266 ">dem Vater</span> vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<br>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <span class="index-4217 tp-22236 ">Roose</span> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <span class="index-4233 tp-22276 ">Meiner Mutter</span> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<br>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<br><span class="index-1928 tp-22272 ">Philipp</span> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <span class="index-4250 tp-47021 ">Zelle</span> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <span class="index-4233 tp-22277 ">die Mutter</span> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <span class="index-12 tp-22273 ">Jena</span> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <span class="weight-bold ">Dir</span> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<br><span class="index-2762 tp-22278 ">Wiedemann</span> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <span class="index-4231 tp-22271 ">Professor Hellwig</span> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<br>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <span class="index-4234 tp-22279 ">Mlle Faber</span> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <span class="index-4449 tp-47022 weight-bold ">Philippe et Georgette</span> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <span class="index-25 tp-22255 ">Iffland</span> noch nach <span class="index-58 tp-22267 ">Weimar</span>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <span class="index-13 tp-22280 ">Dresden</span> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <span class="index-56 tp-22282 index-48 tp-22283 ">Tieks</span> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <span class="index-6043 tp-40004 ">der Messe</span> länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der <span class="index-4 tp-22237 index-344 tp-47023 weight-bold ">Shakespear</span> fertig werden? ‒ Wenn Du <span class="index-425 tp-22262 ">Fiorillon</span> nur <span class="index-3089 tp-68793 ">die Lombardische Schule</span> schaffst und nur etwas <span class="weight-bold ">jetzt</span> geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem <span class="index-56 tp-22247 ">Fr. Tiek</span>, wenn er <span class="index-918 tp-47029 ">das Monument</span> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<br>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <span class="weight-bold ">ich</span> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <span class="index-74 tp-22238 ">Unzelinette</span>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <span class="weight-bold ">großen</span> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <span class="index-1929 tp-22239 ">Luise</span> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <span class="index-15 tp-22240 ">Berlin</span>, der mehr Geschmack hätte.<br><span class="index-88 tp-22241 ">Schiller</span> ist in <span class="index-12 tp-22242 ">Jena</span>, um das <span class="index-1415 tp-22243 ">Wallensteinische</span> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <span class="index-42 tp-22244 ">den Bernhardi</span>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <span class="index-62 tp-22245 ">Schelling</span>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <span class="index-137 tp-22246 ">Goethe</span> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <span class="index-101 tp-47271 ">Taschenbuchs</span>.<br>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <span class="index-4229 tp-22269 ">den jüngern Stark</span> zum Ordinarius und <span class="index-4230 tp-22270 ">Succow</span> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<br>Wenn doch <span class="index-48 tp-22268 ">Tiek</span> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <span class="index-4288 tp-47025 ">Cecilen</span> in <span class="index-13 tp-22248 ">Dresden</span> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <span class="index-1958 tp-22288 ">Tischbein</span> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <span class="index-4232 tp-47026 ">Krause</span> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <span class="index-2065 tp-22284 ">Caroline</span> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <span class="index-1958 tp-22286 ">T.</span> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<br>An <span class="index-264 tp-22249 ">Deine Mutter</span> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<br>Ich habe <span class="index-4236 tp-22285 ">den Aristipp</span> angesehn. <span class="index-4228 tp-22261 weight-bold ">Madame de Genlis</span> könnte ihn geschrieben haben.<br>Lebe wohl indessen. <span class="index-3118 tp-77148 ">Emma</span> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <span class="index-4261 tp-47027 ">Rose</span> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<br><br>[Auf der Rückseite:]<br><span class="index-2879 tp-22250 ">Gotters</span> nachgelaßne Schauspiele. <span class="index-2932 tp-22251 weight-bold ">Die Geisterinsel</span><span class="weight-bold ">.</span> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <span class="index-4164 tp-22253 weight-bold ">Marianne</span><span class="weight-bold ">. </span><span class="weight-bold index-4163 tp-22254 ">Der schöne Geist</span> frey nach den <span class="weight-bold ">poete campagnard</span>.<br>Für den Band von <span class="index-4237 tp-22287 ">Esther</span> gab <span class="index-2812 tp-22252 ">Göschen</span> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann <span class="index-2880 tp-22256 ">die Gotter</span> wohl nicht erwarten.', '36_xml' => '<p>[<placeName key="60">Braunschweig</placeName>] 16 März Montag früh [1801].<lb/>Mein lieber Wilhelm, ich habe wieder einen heftigen Stoß erlitten, das kannst Du Dir denken. Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich <persName key="4226">das schöne liebe Kind</persName> <persName key="1929">der Mutter</persName>, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn <persName key="2762">Wiedemann</persName> wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <persName key="1929">Luise</persName> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <persName key="4225">Himly</persName> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <persName key="2762">Der Vater</persName> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <persName key="30">Auguste</persName> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <persName key="7013">Dortchen</persName>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist <persName key="2762"><persName key="1929">den Eltern</persName></persName>, <persName key="2762">dem Vater</persName> vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<lb/>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <persName key="4217">Roose</persName> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <persName key="4233">Meiner Mutter</persName> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<lb/>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<lb/><persName key="1928">Philipp</persName> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <placeName key="4250">Zelle</placeName> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <persName key="4233">die Mutter</persName> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <placeName key="12">Jena</placeName> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <hi rend="weight:bold">Dir</hi> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<lb/><persName key="2762">Wiedemann</persName> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <persName key="4231">Professor Hellwig</persName> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<lb/>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <persName key="4234">Mlle Faber</persName> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <name key="4449" type="work"><hi rend="weight:bold">Philippe et Georgette</hi></name> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <persName key="25">Iffland</persName> noch nach <placeName key="58">Weimar</placeName>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <placeName key="13">Dresden</placeName> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <persName key="56"><persName key="48">Tieks</persName></persName> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <orgName key="6043">der Messe</orgName> länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der <persName key="4"><name key="344" type="work"><hi rend="weight:bold">Shakespear</hi></name></persName> fertig werden? ‒ Wenn Du <persName key="425">Fiorillon</persName> nur <name key="3089" type="work">die Lombardische Schule</name> schaffst und nur etwas <hi rend="weight:bold">jetzt</hi> geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem <persName key="56">Fr. Tiek</persName>, wenn er <name key="918" type="work">das Monument</name> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<lb/>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <hi rend="weight:bold">ich</hi> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <persName key="74">Unzelinette</persName>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <hi rend="weight:bold">großen</hi> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <persName key="1929">Luise</persName> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <placeName key="15">Berlin</placeName>, der mehr Geschmack hätte.<lb/><persName key="88">Schiller</persName> ist in <placeName key="12">Jena</placeName>, um das <name key="1415" type="work">Wallensteinische</name> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <persName key="42">den Bernhardi</persName>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <persName key="62">Schelling</persName>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <persName key="137">Goethe</persName> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <name key="101" type="periodical">Taschenbuchs</name>.<lb/>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <persName key="4229">den jüngern Stark</persName> zum Ordinarius und <persName key="4230">Succow</persName> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<lb/>Wenn doch <persName key="48">Tiek</persName> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <persName key="4288">Cecilen</persName> in <placeName key="13">Dresden</placeName> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <persName key="1958">Tischbein</persName> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <persName key="4232">Krause</persName> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <persName key="2065">Caroline</persName> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <persName key="1958">T.</persName> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<lb/>An <persName key="264">Deine Mutter</persName> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<lb/>Ich habe <name key="4236" type="work">den Aristipp</name> angesehn. <persName key="4228"><hi rend="weight:bold">Madame de Genlis</hi></persName> könnte ihn geschrieben haben.<lb/>Lebe wohl indessen. <persName key="3118">Emma</persName> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <persName key="4261">Rose</persName> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<lb/><lb/>[Auf der Rückseite:]<lb/><persName key="2879">Gotters</persName> nachgelaßne Schauspiele. <hi rend="weight:bold"><name key="2932" type="work">Die Geisterinsel</name>.</hi> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <hi rend="weight:bold"><name key="4164" type="work">Marianne</name>. <name key="4163" type="work">Der schöne Geist</name></hi> frey nach den <hi rend="weight:bold">poete campagnard</hi>.<lb/>Für den Band von <name key="4237" type="work">Esther</name> gab <persName key="2812">Göschen</persName> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann <persName key="2880">die Gotter</persName> wohl nicht erwarten.</p>', '36_xml_standoff' => '[<anchor type="b" n="60" ana="10" xml:id="NidB22234"/>Braunschweig<anchor type="e" n="60" ana="10" xml:id="NidE22234"/>] 16 März Montag früh [1801].<lb/>Mein lieber Wilhelm, ich habe wieder einen heftigen Stoß erlitten, das kannst Du Dir denken. 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Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22235"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22235"/> mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam <anchor type="b" n="4225" ana="11" xml:id="NidB22257"/>Himly<anchor type="e" n="4225" ana="11" xml:id="NidE22257"/> und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. <anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22275"/>Der Vater<anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22275"/> sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB22263"/>Auguste<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE22263"/> hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. <anchor type="b" n="7013" ana="11" xml:id="NidB47020"/>Dortchen<anchor type="e" n="7013" ana="11" xml:id="NidE47020"/>, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. 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Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.<lb/>Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und <anchor type="b" n="4217" ana="11" xml:id="NidB22236"/>Roose<anchor type="e" n="4217" ana="11" xml:id="NidE22236"/> sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ <anchor type="b" n="4233" ana="11" xml:id="NidB22276"/>Meiner Mutter<anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22276"/> Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.<lb/>Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.<lb/><anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB22272"/>Philipp<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE22272"/> hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von <anchor type="b" n="4250" ana="10" xml:id="NidB47021"/>Zelle<anchor type="e" n="4250" ana="10" xml:id="NidE47021"/> aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann <anchor type="b" n="4233" ana="11" xml:id="NidB22277"/>die Mutter<anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22277"/> mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22273"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22273"/> entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. <hi rend="weight:bold">Dir</hi> ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.<lb/><anchor type="b" n="2762" ana="11" xml:id="NidB22278"/>Wiedemann<anchor type="e" n="2762" ana="11" xml:id="NidE22278"/> reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit <anchor type="b" n="4231" ana="11" xml:id="NidB22271"/>Professor Hellwig<anchor type="e" n="4231" ana="11" xml:id="NidE22271"/> mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.<lb/>Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch <anchor type="b" n="4234" ana="11" xml:id="NidB22279"/>Mlle Faber<anchor type="e" n="4234" ana="11" xml:id="NidE22279"/> besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du <anchor type="b" n="4449" ana="12" xml:id="NidB47022"/><hi rend="weight:bold">Philippe et Georgette</hi><anchor type="e" n="4449" ana="12" xml:id="NidE47022"/> brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn <anchor type="b" n="25" ana="11" xml:id="NidB22255"/>Iffland<anchor type="e" n="25" ana="11" xml:id="NidE22255"/> noch nach <anchor type="b" n="58" ana="10" xml:id="NidB22267"/>Weimar<anchor type="e" n="58" ana="10" xml:id="NidE22267"/>? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB22280"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE22280"/> hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB22282"/><anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22283"/>Tieks<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22283"/><anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE22282"/> machen, oder werden Dich die Geschäfte vor <anchor type="b" n="6043" ana="15" xml:id="NidB40004"/>der Messe<anchor type="e" n="6043" ana="15" xml:id="NidE40004"/> länger wie sie in Berlin halten? 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Tiek<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE22247"/>, wenn er <anchor type="b" n="918" ana="12" xml:id="NidB47029"/>das Monument<anchor type="e" n="918" ana="12" xml:id="NidE47029"/> unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.<lb/>Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, <hi rend="weight:bold">ich</hi> will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22238"/>Unzelinette<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22238"/>, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine <hi rend="weight:bold">großen</hi> Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22239"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22239"/> gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB22240"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE22240"/>, der mehr Geschmack hätte.<lb/><anchor type="b" n="88" ana="11" xml:id="NidB22241"/>Schiller<anchor type="e" n="88" ana="11" xml:id="NidE22241"/> ist in <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22242"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22242"/>, um das <anchor type="b" n="1415" ana="12" xml:id="NidB22243"/>Wallensteinische<anchor type="e" n="1415" ana="12" xml:id="NidE22243"/> Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und <anchor type="b" n="42" ana="11" xml:id="NidB22244"/>den Bernhardi<anchor type="e" n="42" ana="11" xml:id="NidE22244"/>, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22245"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22245"/>, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB22246"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE22246"/> zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des <anchor type="b" n="101" ana="13" xml:id="NidB47271"/>Taschenbuchs<anchor type="e" n="101" ana="13" xml:id="NidE47271"/>.<lb/>Goethes Krankheit ist benuzt worden um <anchor type="b" n="4229" ana="11" xml:id="NidB22269"/>den jüngern Stark<anchor type="e" n="4229" ana="11" xml:id="NidE22269"/> zum Ordinarius und <anchor type="b" n="4230" ana="11" xml:id="NidB22270"/>Succow<anchor type="e" n="4230" ana="11" xml:id="NidE22270"/> zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒<lb/>Wenn doch <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22268"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22268"/> einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht <anchor type="b" n="4288" ana="11" xml:id="NidB47025"/>Cecilen<anchor type="e" n="4288" ana="11" xml:id="NidE47025"/> in <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB22248"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE22248"/> zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB22288"/>Tischbein<anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE22288"/> Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr <anchor type="b" n="4232" ana="11" xml:id="NidB47026"/>Krause<anchor type="e" n="4232" ana="11" xml:id="NidE47026"/> genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. <anchor type="b" n="2065" ana="11" xml:id="NidB22284"/>Caroline<anchor type="e" n="2065" ana="11" xml:id="NidE22284"/> macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB22286"/>T.<anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE22286"/> noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.<lb/>An <anchor type="b" n="264" ana="11" xml:id="NidB22249"/>Deine Mutter<anchor type="e" n="264" ana="11" xml:id="NidE22249"/> hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.<lb/>Ich habe <anchor type="b" n="4236" ana="12" xml:id="NidB22285"/>den Aristipp<anchor type="e" n="4236" ana="12" xml:id="NidE22285"/> angesehn. <anchor type="b" n="4228" ana="11" xml:id="NidB22261"/><hi rend="weight:bold">Madame de Genlis</hi><anchor type="e" n="4228" ana="11" xml:id="NidE22261"/> könnte ihn geschrieben haben.<lb/>Lebe wohl indessen. <anchor type="b" n="3118" ana="11" xml:id="NidB77148"/>Emma<anchor type="e" n="3118" ana="11" xml:id="NidE77148"/> sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, <anchor type="b" n="4261" ana="11" xml:id="NidB47027"/>Rose<anchor type="e" n="4261" ana="11" xml:id="NidE47027"/> schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.<lb/><lb/>[Auf der Rückseite:]<lb/><anchor type="b" n="2879" ana="11" xml:id="NidB22250"/>Gotters<anchor type="e" n="2879" ana="11" xml:id="NidE22250"/> nachgelaßne Schauspiele. <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="2932" ana="12" xml:id="NidB22251"/>Die Geisterinsel<anchor type="e" n="2932" ana="12" xml:id="NidE22251"/>.</hi> Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="4164" ana="12" xml:id="NidB22253"/>Marianne<anchor type="e" n="4164" ana="12" xml:id="NidE22253"/>. <anchor type="b" n="4163" ana="12" xml:id="NidB22254"/>Der schöne Geist<anchor type="e" n="4163" ana="12" xml:id="NidE22254"/></hi> frey nach den <hi rend="weight:bold">poete campagnard</hi>.<lb/>Für den Band von <anchor type="b" n="4237" ana="12" xml:id="NidB22287"/>Esther<anchor type="e" n="4237" ana="12" xml:id="NidE22287"/> gab <anchor type="b" n="2812" ana="11" xml:id="NidB22252"/>Göschen<anchor type="e" n="2812" ana="11" xml:id="NidE22252"/> 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann <anchor type="b" n="2880" ana="11" xml:id="NidB22256"/>die Gotter<anchor type="e" n="2880" ana="11" xml:id="NidE22256"/> wohl nicht erwarten.', '36_datengeber' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purl' => '370516575', '36_briefid' => '370516575_CSchellinganAWS_16031801', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '60', 'content' => 'Braunschweig', 'bemerkung' => 'GND:42808-5', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7212', 'content' => 'Caroline von Schelling', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schelling, Caroline von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_leitd' => 'Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. 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[Braunschweig] 16 März Montag früh [1801].
Mein lieber Wilhelm, ich habe wieder einen heftigen Stoß erlitten, das kannst Du Dir denken. Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich das schöne liebe Kind der Mutter, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn Wiedemann wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als Luise mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam Himly und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. Der Vater sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von Auguste hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. Dortchen, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist den Eltern, dem Vater vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.
Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und Roose sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ Meiner Mutter Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.
Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.
Philipp hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von Zelle aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann die Mutter mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach Jena entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. Dir ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.
Wiedemann reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit Professor Hellwig mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.
Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch Mlle Faber besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du Philippe et Georgette brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn Iffland noch nach Weimar? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über Dresden hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit Tieks machen, oder werden Dich die Geschäfte vor der Messe länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der Shakespear fertig werden? ‒ Wenn Du Fiorillon nur die Lombardische Schule schaffst und nur etwas jetzt geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem Fr. Tiek, wenn er das Monument unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.
Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, ich will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für Unzelinette, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine großen Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für Luise gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in Berlin, der mehr Geschmack hätte.
Schiller ist in Jena, um das Wallensteinische Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und den Bernhardi, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ Schelling, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei Goethe zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des Taschenbuchs.
Goethes Krankheit ist benuzt worden um den jüngern Stark zum Ordinarius und Succow zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒
Wenn doch Tiek einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht Cecilen in Dresden zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob Tischbein Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr Krause genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. Caroline macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das T. noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.
An Deine Mutter hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.
Ich habe den Aristipp angesehn. Madame de Genlis könnte ihn geschrieben haben.
Lebe wohl indessen. Emma sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, Rose schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.
[Auf der Rückseite:]
Gotters nachgelaßne Schauspiele. Die Geisterinsel. Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels Marianne. Der schöne Geist frey nach den poete campagnard.
Für den Band von Esther gab Göschen 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann die Gotter wohl nicht erwarten.
Mein lieber Wilhelm, ich habe wieder einen heftigen Stoß erlitten, das kannst Du Dir denken. Es ging fast über meine Kräfte so erinnert zu werden und den Schmerz mit anzusehn. Gestern früh sind es 8 Tage, daß ich das schöne liebe Kind der Mutter, die es angekleidet hatte, abnahm und es nicht auf den Armen erhalten konnte, so munter war es. Eine halbe Stunde darauf wurde es schreyend in die Stube gebracht, und erst im Tode entschlummert wieder herausgetragen. Die Form der Krankheit schreckte mich so gewaltsam, daß ich es ruhiger habe sterben sehn, als ich das erste Blut erblickte, denn Wiedemann wird Dir wohl geschrieben haben, daß es sich wie eine Ruhr äußerte. Mir war, als ob die Gefäße des Blutes in meiner Brust alle reißen müsten, da dieses Todeszeichen vor meine Augen kam. Ich ging herauf und war untröstlich und lief wieder hinab um zu trösten. O wie sehr fehltest Du mir ‒ ich hätte mich doch etwas bey Dir beruhiget. Der Tag verging in Hülfleistungen, in der Nacht hörte ich das Schreyen des Kindes. Am Montag gegen Abend faßten wir alle Hoffnung, da der Blutverlust gänzlich nachgelassen hatte. Kaum war ich aber nach Mitternacht eingeschlafen, als Luise mich rufen ließ in ihrer höchsten Angst, damit ich ihr nur bestätigen oder widerlegen sollte, ob es sich so zum Schlimmen verändert habe, wie sie es sah, aber ehe ich nur heruntereilen konnte, zweifelte sie gar nicht mehr, und ich fand sie zum Erbarmen auf der Erde liegend und Gott und Menschen um Hülfe anflehend ‒ ach Wilhelm! Wir mußten sie nur gleich wegbringen ‒ darauf nahm ich das Kind, das mit seinen starren schönen Augen, die dann plötzlich hin und her funkelten, mich anblickte, in die Arme. Wiedemann kam noch mit der Hoffnung herbey, Luisens Ängstlichkeit hätte übertrieben, aber ich sagte ihm gleich: hier ist die äußerste Gefahr. Er war hin, und kaum fähig sich auf Mittel zu besinnen. Wir brachten das Kind in ein Bad mit Wein, dann Umschläge von Wein ‒ der Zustand veränderte sich nicht mehr, aber es war still, nur zuweilen kleine Anwandlungen von Angst, es schluckte alles hinunter, es bewegte den Kopf noch wie mit Bewustseyn. Hoffnung konnte mir nichts mehr geben, ich ließ es bis an den Morgen nicht von mir, denn theils war es nöthig, weil die andern nicht im Stande waren, die Mägde mit Anstalten beschäftigt, theils dacht ich mich durch diese Art von Thätigkeit und naher Gegenwart noch am ersten aufrecht zu erhalten. Um 7 Uhr kam Himly und mit dem hielt ich es noch eine Vierthelstunde lang in einem abermaligen Bade mit Wein, das aber den Puls nicht mehr heben wollte, und doch hielt Himly die Rettung wenigstens nicht für unmöglich. Es kamen viele Freunde und Bekannte, das hielt Luisen hin in einem andern Zimmer, denn seit 4 Uhr Morgens, wo das Kind doch noch an ihrer Brust trank, war sie nicht fähig den Anblick zu ertragen. Der Vater sah todter und bleicher aus wie sein Kind, es mußte dem Gleichgültigsten ins Herz schneiden. Zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags hörte es auf zu athmen, es erblich ohne Röcheln und ganz still. In dem Blicken der Augen schien noch bis kurz vorher eine Meinung zu seyn, besonders drehten sie sich überwärts nach der Wand über den Sopha, und das Mädchen sagte, es sieht nach dem Bilde; Du erinnerst Dich, daß dort ein kleines Bild von Auguste hängt, das einzige in einem goldnen Rahm, und ein Wiederschein der Sonne hatte die Stelle erleuchtet. Ja, er ist nun, wo sie ist, und in der Nacht drückte ich ihm auch einen Kuß auf die Lippen, daß er ihn ihr bringen sollte. Dortchen, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott, es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. Ja, eine Kleinigkeit, aber vom Anbeginn unmöglich. Ach wenn er sich erweichen lassen könnte! ‒ Eine Erleichterung ist den Eltern, dem Vater vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können. Ein schönes Trugbild ist uns der herrliche Knabe gewesen, und stumm wie ein Bild ist er mit seinen göttlich sprechenden Augen aus der Welt gegangen.
Ich war aufs äußerste gespannt auf die Wirkung aller Mittel, die keine andern waren, als welche Auguste bekommen hat, Opium war das erste. Dieses ist nun umsonst und Roose sagte auch, der Fall sey gar nicht einmal belehrend. Recht herzlich nahm dieser Theil, die Wangen waren ihm dunkelroth vor Angst angeflogen, daß er keine Hülfe zu ersinnen wüste. ‒ Meiner Mutter Gesundheit hat sich in der lezten Zeit sehr gebessert, was ihr nun zu Gut kommt; ich habe überhaupt gefunden, daß sie nur so weich bey der ersten Gefahr der Kinder ist, wie wir sie gesehn haben. Der Fall selbst ist schon für sie in die Reihe der geschehnen Dinge übergegangen.
Daß ich den Folgen nicht entgehn konnte, war nur zu begreiflich, ob ich mich schon an den Tagen selbst mit besondrer Stärke täuschte, aber am Mittwoch Morgen erwachte ich sehr krank, und um Mittag kam ein Anfall, so heftig wie ich ihn noch nicht gehabt hatte, die Zähne schnatterten mir fürchterlich und er endigte sich mit einer Blutergießung; zwey Tage blieb ich im Bett; im Hause ängstigte es sie schon, ich würde auch nicht wieder aufstehn. Ich lebe indessen noch, nur mit erneutem Gefühl, daß es in der That nicht der Müh werth wäre, mit mir um die Verwendung dieses armen Lebens noch zu handeln, und ich danke Dir, lieber Wilhelm, daß Du es auch nicht thust.
Philipp hatte mich von neuem sehr ermahnt noch zu kommen; von Zelle aus läßt er mich abholen und wollte mich nebst seiner Familie wieder herbringen, um dann die Mutter mitzunehmen, die sich nicht zu der Reise nach Jena entschließen kann und auch sehr gut bey ihm sich befinden wird, der ihr zugleich Arzt seyn kann. Sie hat mir frey gestanden, sie könnte doch den vielen Witz nicht vertragen (wie man Erbsen und Linsen nicht verträgt) und wir hätten lauter witzige Menschen um uns und sie würde sich in so fern in Jena deplacirt finden. Wir wollen ihr das nicht übel nehmen; wenn einer so alt geworden ist ohne Witz, so läßt ihm sich diese Kost nicht mehr zumuthen. Dir ist sie denn doch gewiß nicht abgeneigt, und Deiner Handthierung.
Wiedemann reißt in den Ostertagen ab. Wir innerhalb der folgenden 14 Tage. Vielleicht ist es möglich, daß ich grade um Ostern noch den Weg zu Philipp mit Professor Hellwig mache. Ich will es thun, wenn ich mich einigermaßen stark genug dazu fühle.
Einige Vorkehrungen in Jena denke ich durch Mlle Faber besorgen zu lassen. Wir nehmen nun von hier, da Luise kein besonderes Kindermädchen braucht, das Mädchen mit, welches sie als Köchin gemiethet. Dein Spott über meine arkadischen Projekte hat mich ergötzt, so krank ich war, so wie auch der Tugend Zwickmühle, und was ich mir für Mühe gegeben Dir in Deinen „gewissen Zwecken“, zu denen Du Philippe et Georgette brauchst, behülflich zu seyn, hast Du gesehn. Werden die Arien hinreichen? ‒ Du kannst ja den übrigen Text selbst dazwischen machen. Vor Ostern giebt es hier keine Komödie. Kommt denn Iffland noch nach Weimar? Um die Zeit, im May, bitte ich Dich inständig doch dort zu seyn. Deine Reise über Dresden hatte ich mir schon berechnet. Du kannst sie ja auch sehr leicht mit Tieks machen, oder werden Dich die Geschäfte vor der Messe länger wie sie in Berlin halten? Und ‒ daß ich nochmals ein Fragzeichen daran wende ‒ kann der Shakespear fertig werden? ‒ Wenn Du Fiorillon nur die Lombardische Schule schaffst und nur etwas jetzt geschickt hast, so ist es schon gut ‒ ich muß fast vermuthen, daß ihm vielleicht schon jemand auf das Honorar vorgeschossen hat. Und es ist doch sehr die Frage, ob Du dem Fr. Tiek, wenn er das Monument unternimmt, nicht etwas vorschießen mußt.
Ich seh es wohl, mein lieber Bösewicht, die gewissen Zwecke werden Dir Zeit kosten. Nun, ich will nicht darüber zürnen. Im Gegentheil, ich habe eine wahre Zärtlichkeit für Unzelinette, und vermuthlich hege ich nur gegen Deine großen Liebschaften eine Art von Widerwillen. Vergiß das Tuch nicht, um das ich Dich für Luise gebeten. Unzeline kann es ja aussuchen. Es giebt doch Niemand in Berlin, der mehr Geschmack hätte.
Schiller ist in Jena, um das Wallensteinische Schicksaal dichter zu knoten. Verlaß Dich darauf, daß durch mich nichts auskommt, und hoffe nicht, daß ich Dir für die Mittheilung besonders danken werde, denn Du hast mir das, und den Bernhardi, doch nur aus Bewustseyn geschickt, daß ich am Brief ein wenig verkürzt worden, aber es thut nichts; es machte mir alles zusammen eine freundliche Stunde. ‒ Schelling, der die Osterferien wahrscheinlich wieder bei Goethe zubringt, soll diesen erinnern, auch wegen des Taschenbuchs.
Goethes Krankheit ist benuzt worden um den jüngern Stark zum Ordinarius und Succow zum Professor zu machen, so daß kein Fremder gerufen wird. ‒
Wenn doch Tiek einen Verleger hätte, denn allzusehr darf sich die Schrift nicht verspäten. In Berlin ist das locale Interesse, dächt ich, doch stark genug, um ihn einen finden zu lassen. ‒ Mir ist eingefallen, ob Tieks nicht Cecilen in Dresden zu sich nehmen könnten, aber es würde ihr dort wohl an der ersten Anweisung fehlen? ‒ und ob Tischbein Geduld genug dazu hat? Sie muß mit der Öhlfarbe umgehn lernen; zu der Pinseley aus dem Groben könnte ihr Krause genug seyn bis auf weiteres. Du redest mit Tischbeins mündlich, die Dich sehr erwarten. Sie haben mir endlich geschrieben; das Bild für Dich ist fertig und wird Dir nach Berlin geschickt. Caroline macht noch eine Zeichnung nach dem großen Bild, an das T. noch nicht gerührt hat, und Du solst erst allerley über dieses in Person entscheiden.
An Deine Mutter hab ich gleich nach Deiner Abreise geschrieben und meynte es gegen Dich erwähnt zu haben.
Ich habe den Aristipp angesehn. Madame de Genlis könnte ihn geschrieben haben.
Lebe wohl indessen. Emma sitzt bei mir. Gottlob, daß wir diese noch mitbringen. Sie hat kein Gefühl von dem, was vorging, gehabt, Rose schien fast eben so kindisch unempfindlich, doch möchte ich ihr nicht deswegen unrecht thun, daß sie sich vielleicht nicht äußerte. Adieu, Lieber.
[Auf der Rückseite:]
Gotters nachgelaßne Schauspiele. Die Geisterinsel. Eine gänzliche Umarbeitung seines Trauerspiels Marianne. Der schöne Geist frey nach den poete campagnard.
Für den Band von Esther gab Göschen 300 rh. Die Bedingungen für diesen bleiben Dir gänzlich überlassen. Mehr wie 150‒200 kann die Gotter wohl nicht erwarten.