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Kärglich ward mir je und je des Lebens Freude zugetheilt; und nun – ist sie mir ganz entschwunden Verschränkt in ein sorgenvolles klösterliches Wittwenleben: lebe ich einzig in Erinnerungen: aus solchen Träumen mich oft die schmerzvolle Gegenwart zerreißend aufschreckt.<lb/>Sehr lange hatte ich keine Zeile von <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB38746"/>Ihren Bruder<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE38746"/> gesehen: schon stiegen meine Bekümm<milestone unit="start" n="22732"/>erni<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="22732"/>sse um ihn von Woche zu Woche; den in unserm armen zerrißenen Deutschlande, sind wir stets auf Verlust und Einbuße gefaßt, als ich in diesen Tagen Nachricht von ihm erhielt, die wo nicht erfreulich doch beruhigend in so fern sind, daß ihm nichts Unangenehmeres als der Lauf der Zeit mit sich führt, begegnet ist. Als eine seltsame Zufälligkeit muß ich anführen, daß es nun zum dritten Male ist, daß ich von Sie beide, interressantes Brüderpaar die Briefe beinahe zugleich erhalte. Wobei mir eine eigne Simpathie der Seelenstimmung über die ich einst etwas in einen alten Schmöcher laß, einfiel.<lb/>Noch habe ich <anchor type="b" n="963" ana="12" xml:id="NidB47611"/>das Bild <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB38747"/>Ihrer Freundin<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE38747"/><anchor type="e" n="963" ana="12" xml:id="NidE47611"/> nicht erhalten, und sehe ihn noch sehnsuchtsvoll entgegen. Mein ganzes Gemüth regt sich ihm mit Liebe entgegen. – Sie will mich lesen? <milestone unit="start" n="16186"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="16186"/> was wird sie von mich lesen? ich schrieb viel und manches. Doch wünschte ich, daß sie mit <anchor type="b" n="1491" ana="12" xml:id="NidB38748"/>Gräfin Pauline<anchor type="e" n="1491" ana="12" xml:id="NidE38748"/> meine Bekandschaft machte. <anchor type="b" n="1734" ana="12" xml:id="NidB38749"/>Melanie<anchor type="e" n="1734" ana="12" xml:id="NidE38749"/> ist mein Leztes: und ist ein närrisches verhätscheltes Ding.<lb/>In diesen Tagen laße ich Ihre Bibliothek einpacken, mein lieber Freund. Der Katalog ist stärker geworden, als Sie es vieleicht glauben: und viel zu stark, um Ihnen nach Frankreich zu folgen. Den Katalog der Bibl. <anchor type="b" n="67" ana="11" xml:id="NidB47612"/>meines geliebten Ungers<anchor type="e" n="67" ana="11" xml:id="NidE47612"/> erhalten Sie dann auch; ich eile nicht mit der Versteigrung, und laße sie auch aussetzen, weil ich noch immer hoffe, sie im Ganzen anzubringen. 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Julius 1806.<br>Jeder Ihrer Briefe mein sehr werther Freund, ist mir ein freundlicher Stern, der aus der düstern Wolke die mein Leben umtobt hervortritt, mir eine schöne Vergangenheit, und eine kraftvolle Zukunft zu vergegenwärtigen. Kärglich ward mir je und je des Lebens Freude zugetheilt; und nun – ist sie mir ganz entschwunden Verschränkt in ein sorgenvolles klösterliches Wittwenleben: lebe ich einzig in Erinnerungen: aus solchen Träumen mich oft die schmerzvolle Gegenwart zerreißend aufschreckt.<br>Sehr lange hatte ich keine Zeile von <span class="index-8 tp-38746 ">Ihren Bruder</span> gesehen: schon stiegen meine Bekümm<span class="notice-22732 ">erni</span>sse um ihn von Woche zu Woche; den in unserm armen zerrißenen Deutschlande, sind wir stets auf Verlust und Einbuße gefaßt, als ich in diesen Tagen Nachricht von ihm erhielt, die wo nicht erfreulich doch beruhigend in so fern sind, daß ihm nichts Unangenehmeres als der Lauf der Zeit mit sich führt, begegnet ist. Als eine seltsame Zufälligkeit muß ich anführen, daß es nun zum dritten Male ist, daß ich von Sie beide, interressantes Brüderpaar die Briefe beinahe zugleich erhalte. Wobei mir eine eigne Simpathie der Seelenstimmung über die ich einst etwas in einen alten Schmöcher laß, einfiel.<br>Noch habe ich <span class="index-963 tp-47611 ">das Bild </span><span class="index-963 tp-47611 index-222 tp-38747 ">Ihrer Freundin</span> nicht erhalten, und sehe ihn noch sehnsuchtsvoll entgegen. Mein ganzes Gemüth regt sich ihm mit Liebe entgegen. – Sie will mich lesen? <span class="notice-16186 ">[2]</span> was wird sie von mich lesen? ich schrieb viel und manches. Doch wünschte ich, daß sie mit <span class="index-1491 tp-38748 ">Gräfin Pauline</span> meine Bekandschaft machte. <span class="index-1734 tp-38749 ">Melanie</span> ist mein Leztes: und ist ein närrisches verhätscheltes Ding.<br>In diesen Tagen laße ich Ihre Bibliothek einpacken, mein lieber Freund. Der Katalog ist stärker geworden, als Sie es vieleicht glauben: und viel zu stark, um Ihnen nach Frankreich zu folgen. Den Katalog der Bibl. <span class="index-67 tp-47612 ">meines geliebten Ungers</span> erhalten Sie dann auch; ich eile nicht mit der Versteigrung, und laße sie auch aussetzen, weil ich noch immer hoffe, sie im Ganzen anzubringen. In <span class="index-540 tp-47613 ">Petersburg</span> ist mir von Neuem eine Aussicht aufgegangen. Auch nach <span class="index-354 tp-38758 ">München</span> an <span class="index-544 tp-47614 ">Hhr: </span><span class="index-544 tp-47614 family-courier ">Aretin</span> habe ich geschrieben. Aber die armen Deutschen wo Geld hernehmen? die große Nation hat viel gebraucht: und die deutsche Treuherzigkeit. – o daß sie nicht für Dummheit gälte!<br>Lebte unter uns ein <span class="index-1094 tp-38760 ">Friedrich II.</span> & <span class="index-7102 tp-47615 ">sein Herzberg</span>, es wäre anders. Kein Fürstenbund soll entstehen, zu gunsten Frankreichs! o Deutschland, Deutschland! Und – wehe über England, daß den Saamen alles dieses Elendes ausstreute! Unter diesem giftigem Geniste schoß die Zwietracht, und die elende Länder zerstöhrende Politik auf! <span class="notice-16187 ">[3]</span> Und der preußische Staat! – doch nichts mehr: der Ausländer soll die bittre Zähre nicht ahnen die uns hier entfließt.<br>Ja es ist wahr, in der Deutschen Litteratur ist wie überall sonst eine zerstöhrende Anarchie die mit den Buchhandel Hand in Hand dahin wirken, erstere zu Grabe zu leiten. <span class="index-6043 tp-47616 ">Die lezte über alle Vorstellung schlechte Messe in </span><span class="index-6043 tp-47616 index-22 tp-38761 ">Leipzig</span>. hat uns so zu sagen, ihre lezten Seufzer zugeweht. Viel ist verlohren. Was ist uns geblieben? die <span class="family-courier ">Veteranen</span>, deren Producktion Vermögen dahin ist. <span class="index-766 tp-47617 ">Die beßren Köpfe</span> <span class="family-courier ">expatriiren</span> sich. Werden verstoßen, abgeschrekt. Und wieder wenn man einen Rückblick thut ists immer zum bestaunen, daß Deutschland bei so langen u heftigen <span class="notice-22733 ">po</span>litischen Erschüttrungen so weit gedieh! Wollte dies Volk das so viel vermochte seine Riesenkraft anwenden, wäre ein künftiger der sie lenkte. o Gott was könnten wir sein, und was würden unsre Nachbarn werden!<br>Ich lege Ihnen den Brief <span class="index-74 tp-38762 ">der Mad: </span><span class="index-74 tp-38762 family-courier ">Bethmann</span> bei: er ist corpulenter als er zu der weiten Reise sein sollte. Sie selbst ist in <span class="index-633 tp-38763 ">Carlsbad</span>; und wird <span class="index-137 tp-38764 ">Göthe</span> dort treffen. Wir haben hier einen neuen Theater Dichter, der viel Aufsehen macht. <span class="index-1414 tp-38772 ">ein gewißer </span><span class="index-1414 tp-38772 family-courier ">Werner</span> mein Verwanter. <span class="index-740 tp-38774 ">Die Söhne des Thales</span> sind von ihm. Ich <span class="notice-16188 ">[4]</span> weiß nicht, ob dies schon als Sie noch hier waren erschien. Jezt wird in stets sich folgenden Vorstellungen <span class="index-937 tp-38771 underline-1 ">die Weyhe der Kraft</span> gegeben dessen Innhalt die Reformation durch <span class="index-927 tp-38768 ">Luther</span> ist. <span class="index-25 tp-47618 ">Iffland</span> gibt den Luther, in der That bewundernswerth, und die <span class="family-courier ">Bethmann</span> <span class="index-7103 tp-47619 ">Katharina Bora</span>. Nie machte hier ein Stück durch alle Klassen der Zuschauer ein so vollständiges Glück. Wenig Bühnen werden es aufnehmen dürfen. – Ist <span class="index-1037 tp-38781 ">die </span><span class="index-1037 tp-38781 family-courier ">Hagar</span><span class="index-1037 tp-38781 "> </span><span class="index-1037 tp-38781 index-222 tp-47620 ">Ihrer Freundin</span> gedrukt? sie regt mein ganzes Interresse auf. Was muß dieser Stoff dieser Feder geliehen haben!<br><span class="index-4 tp-38765 index-344 tp-38767 ">Shakespear</span> – ach mein Freund sein edler Geist klagt Sie an, daß <span class="underline-1 ">Sie</span> ihn versäumen. gewiß wir erlebens noch, daß sich dieser und jener drüber macht: der nicht werth ist ihm die Schuhriemen <span class="notice-22734 ">aufzuleben</span>. Aber wie können Sie, den der schöne Genius der Lebens Freude an seinen Herzen trägt! ich bin ungeduldig, aber ich kann Ihnen verzeihen: der Krieg ist zu mächtig, die wonnigliche Einladung zum Gastmal des Lebens zu schön, um sie abzuweisen. <br>Was mögen Sie sich, der so nett schreibt mit meiner elenden Handschrift plagen der sich nun noch, ein durch <span class="notice-22735 ">w</span>einen geschwächtes Gesicht zugesellt! Verzeihen Sie der Ungeschiklichkeit<br>Leben Sie wohl, mein Theurer mein immer werther & verehrter Freund. 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Den ersten Roman Ungers, „Julchen Grünthal“ (1797), besprach er in einer Rezension für die Jenaer Allgemeine Literaturzeitung wohlwollend. Zur Entzweiung mit Unger kam es 1800/1801, als August Wilhelm Schlegel feststellte, dass Unger einen Nachdruck des ersten Bandes der Shakespeare-Übersetzungen angefertigt hatte, ohne den Autor in Kenntnis darüber zu setzen. Über seinen Anwalt Grattenauer prozessierte August Wilhelm Schlegel, doch seiner Forderung nach Entschädigung entsprach das Gerichtsurteil nicht. Das Verhältnis blieb infolge dessen angespannt. 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Julius 1806.<br>Jeder Ihrer Briefe mein sehr werther Freund, ist mir ein freundlicher Stern, der aus der düstern Wolke die mein Leben umtobt hervortritt, mir eine schöne Vergangenheit, und eine kraftvolle Zukunft zu vergegenwärtigen. Kärglich ward mir je und je des Lebens Freude zugetheilt; und nun – ist sie mir ganz entschwunden Verschränkt in ein sorgenvolles klösterliches Wittwenleben: lebe ich einzig in Erinnerungen: aus solchen Träumen mich oft die schmerzvolle Gegenwart zerreißend aufschreckt.<br>Sehr lange hatte ich keine Zeile von <span class="index-8 tp-38746 ">Ihren Bruder</span> gesehen: schon stiegen meine Bekümm<span class="notice-22732 ">erni</span>sse um ihn von Woche zu Woche; den in unserm armen zerrißenen Deutschlande, sind wir stets auf Verlust und Einbuße gefaßt, als ich in diesen Tagen Nachricht von ihm erhielt, die wo nicht erfreulich doch beruhigend in so fern sind, daß ihm nichts Unangenehmeres als der Lauf der Zeit mit sich führt, begegnet ist. Als eine seltsame Zufälligkeit muß ich anführen, daß es nun zum dritten Male ist, daß ich von Sie beide, interressantes Brüderpaar die Briefe beinahe zugleich erhalte. Wobei mir eine eigne Simpathie der Seelenstimmung über die ich einst etwas in einen alten Schmöcher laß, einfiel.<br>Noch habe ich <span class="index-963 tp-47611 ">das Bild </span><span class="index-963 tp-47611 index-222 tp-38747 ">Ihrer Freundin</span> nicht erhalten, und sehe ihn noch sehnsuchtsvoll entgegen. Mein ganzes Gemüth regt sich ihm mit Liebe entgegen. – Sie will mich lesen? <span class="notice-16186 ">[2]</span> was wird sie von mich lesen? ich schrieb viel und manches. Doch wünschte ich, daß sie mit <span class="index-1491 tp-38748 ">Gräfin Pauline</span> meine Bekandschaft machte. <span class="index-1734 tp-38749 ">Melanie</span> ist mein Leztes: und ist ein närrisches verhätscheltes Ding.<br>In diesen Tagen laße ich Ihre Bibliothek einpacken, mein lieber Freund. Der Katalog ist stärker geworden, als Sie es vieleicht glauben: und viel zu stark, um Ihnen nach Frankreich zu folgen. Den Katalog der Bibl. <span class="index-67 tp-47612 ">meines geliebten Ungers</span> erhalten Sie dann auch; ich eile nicht mit der Versteigrung, und laße sie auch aussetzen, weil ich noch immer hoffe, sie im Ganzen anzubringen. In <span class="index-540 tp-47613 ">Petersburg</span> ist mir von Neuem eine Aussicht aufgegangen. Auch nach <span class="index-354 tp-38758 ">München</span> an <span class="index-544 tp-47614 ">Hhr: </span><span class="index-544 tp-47614 family-courier ">Aretin</span> habe ich geschrieben. Aber die armen Deutschen wo Geld hernehmen? die große Nation hat viel gebraucht: und die deutsche Treuherzigkeit. – o daß sie nicht für Dummheit gälte!<br>Lebte unter uns ein <span class="index-1094 tp-38760 ">Friedrich II.</span> & <span class="index-7102 tp-47615 ">sein Herzberg</span>, es wäre anders. Kein Fürstenbund soll entstehen, zu gunsten Frankreichs! o Deutschland, Deutschland! Und – wehe über England, daß den Saamen alles dieses Elendes ausstreute! Unter diesem giftigem Geniste schoß die Zwietracht, und die elende Länder zerstöhrende Politik auf! <span class="notice-16187 ">[3]</span> Und der preußische Staat! – doch nichts mehr: der Ausländer soll die bittre Zähre nicht ahnen die uns hier entfließt.<br>Ja es ist wahr, in der Deutschen Litteratur ist wie überall sonst eine zerstöhrende Anarchie die mit den Buchhandel Hand in Hand dahin wirken, erstere zu Grabe zu leiten. <span class="index-6043 tp-47616 ">Die lezte über alle Vorstellung schlechte Messe in </span><span class="index-6043 tp-47616 index-22 tp-38761 ">Leipzig</span>. hat uns so zu sagen, ihre lezten Seufzer zugeweht. Viel ist verlohren. 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Vieuville. Sie wuchs in Potsdam auf und erhielt eine für Frauen ungewöhnlich gute Erziehung. Später begann sie als Erzieherin im Hause des Buchdruckers Johann Georg Unger zu arbeiten. Mit Johann Friedrich Unger, dem Sohn des Buchdruckers, ging sie eine Ehe ein. Die Beziehung zum aufstrebenden Verleger war durch eine enge berufliche Zusammenarbeit gekennzeichnet. Sie unterstützte ihren Ehemann durch ihre Beziehungen zum preußischen Hof und veröffentlichte ihre Werke in seinem Verlag. Nach dem Tod Ungers 1804 übernahm sie die Leitung des Verlags, bis er 1809 in Konkurs ging. Friederike Helene Unger war in vielfältiger Weise literarisch tätig; sie verfasste Unterhaltungsromane, Erzählungen und Übersetzungsarbeiten. Besondere Beachtung fanden ihr Roman „Julchen Grünthal“ (1784) und die Herausgabe ihrer Rousseau-Übersetzungen.', '39_geburtsort' => array( 'ID' => '15', 'content' => 'Berlin', 'bemerkung' => 'GND:2004272-3', 'LmAdd' => array() ), '39_quellen' => 'ADB@http://www.deutsche-biographie.de/pnd117293091.html?anchor=adb@ WBIS@http://db.saur.de/WBIS/basicSearch.jsf@D446-388-2@ extern@Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Ges. u. erl. d. Josef Körner. 2. Bd. Die Erläuterungen. Zürich u.a. 1930, S. 61.@ Wikipedia@https://de.wikipedia.org/wiki/Friederike_Helene_Unger@', '39_gebdatumfrei' => '1741', '39_sterbeort' => array( 'ID' => '15', 'content' => 'Berlin', 'bemerkung' => 'GND:2004272-3', 'LmAdd' => array() ), '39_beziehung' => 'August Wilhelm Schlegel war ein enger Freund des Ehepaares Unger und verbrachte 1798 mehrere Sommermonate bei ihnen in Berlin. Den ersten Roman Ungers, „Julchen Grünthal“ (1797), besprach er in einer Rezension für die Jenaer Allgemeine Literaturzeitung wohlwollend. Zur Entzweiung mit Unger kam es 1800/1801, als August Wilhelm Schlegel feststellte, dass Unger einen Nachdruck des ersten Bandes der Shakespeare-Übersetzungen angefertigt hatte, ohne den Autor in Kenntnis darüber zu setzen. Über seinen Anwalt Grattenauer prozessierte August Wilhelm Schlegel, doch seiner Forderung nach Entschädigung entsprach das Gerichtsurteil nicht. Das Verhältnis blieb infolge dessen angespannt. Späterhin forderte Friederike Helene Unger Schlegel immer wieder auf, seine Shakespeare-Übersetzung fortzusetzen.', '39_dbid' => '117293091 ', '39_status_person' => 'Vollständig', '39_sourcename0' => 'AWS-ap-00ij-0.jpg', 'folders' => array( (int) 0 => 'Personen', (int) 1 => 'Personen' ), '_label' => '', '_descr' => '', '_model' => 'Person', '_model_title' => 'Person', '_model_titles' => 'People', '_url' => '' ) $version = 'version-07-19' $domain = 'https://august-wilhelm-schlegel.de' $url = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-07-19' $purl_web = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-07-19/briefid/1694' $state = '01.07.2019' $citation = 'Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels [01.07.2019]; Friederike Helene Unger an August Wilhelm von Schlegel; 11.07.1806' $lettermsg1 = 'August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz [Version-07-19]' $lettermsg2 = ' <a href="https://august-wilhelm-schlegel.de/version-07-19/briefid/1694">https://august-wilhelm-schlegel.de/version-07-19/briefid/1694</a>.' $caption = array( 'exists' => '1', 'content' => 'Digitalisat Handschrift' ) $tab = 'manuscript' $n = (int) 1 $image = '/cake_fud/files/temp/images/dzi/a66e46965e81fd12aa87fac926beb054.jpg.xml'
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[1] Berlin d. 11. Julius 1806.
Jeder Ihrer Briefe mein sehr werther Freund, ist mir ein freundlicher Stern, der aus der düstern Wolke die mein Leben umtobt hervortritt, mir eine schöne Vergangenheit, und eine kraftvolle Zukunft zu vergegenwärtigen. Kärglich ward mir je und je des Lebens Freude zugetheilt; und nun – ist sie mir ganz entschwunden Verschränkt in ein sorgenvolles klösterliches Wittwenleben: lebe ich einzig in Erinnerungen: aus solchen Träumen mich oft die schmerzvolle Gegenwart zerreißend aufschreckt.
Sehr lange hatte ich keine Zeile von Ihren Bruder gesehen: schon stiegen meine Bekümmernisse um ihn von Woche zu Woche; den in unserm armen zerrißenen Deutschlande, sind wir stets auf Verlust und Einbuße gefaßt, als ich in diesen Tagen Nachricht von ihm erhielt, die wo nicht erfreulich doch beruhigend in so fern sind, daß ihm nichts Unangenehmeres als der Lauf der Zeit mit sich führt, begegnet ist. Als eine seltsame Zufälligkeit muß ich anführen, daß es nun zum dritten Male ist, daß ich von Sie beide, interressantes Brüderpaar die Briefe beinahe zugleich erhalte. Wobei mir eine eigne Simpathie der Seelenstimmung über die ich einst etwas in einen alten Schmöcher laß, einfiel.
Noch habe ich das Bild Ihrer Freundin nicht erhalten, und sehe ihn noch sehnsuchtsvoll entgegen. Mein ganzes Gemüth regt sich ihm mit Liebe entgegen. – Sie will mich lesen? [2] was wird sie von mich lesen? ich schrieb viel und manches. Doch wünschte ich, daß sie mit Gräfin Pauline meine Bekandschaft machte. Melanie ist mein Leztes: und ist ein närrisches verhätscheltes Ding.
In diesen Tagen laße ich Ihre Bibliothek einpacken, mein lieber Freund. Der Katalog ist stärker geworden, als Sie es vieleicht glauben: und viel zu stark, um Ihnen nach Frankreich zu folgen. Den Katalog der Bibl. meines geliebten Ungers erhalten Sie dann auch; ich eile nicht mit der Versteigrung, und laße sie auch aussetzen, weil ich noch immer hoffe, sie im Ganzen anzubringen. In Petersburg ist mir von Neuem eine Aussicht aufgegangen. Auch nach München an Hhr: Aretin habe ich geschrieben. Aber die armen Deutschen wo Geld hernehmen? die große Nation hat viel gebraucht: und die deutsche Treuherzigkeit. – o daß sie nicht für Dummheit gälte!
Lebte unter uns ein Friedrich II. & sein Herzberg, es wäre anders. Kein Fürstenbund soll entstehen, zu gunsten Frankreichs! o Deutschland, Deutschland! Und – wehe über England, daß den Saamen alles dieses Elendes ausstreute! Unter diesem giftigem Geniste schoß die Zwietracht, und die elende Länder zerstöhrende Politik auf! [3] Und der preußische Staat! – doch nichts mehr: der Ausländer soll die bittre Zähre nicht ahnen die uns hier entfließt.
Ja es ist wahr, in der Deutschen Litteratur ist wie überall sonst eine zerstöhrende Anarchie die mit den Buchhandel Hand in Hand dahin wirken, erstere zu Grabe zu leiten. Die lezte über alle Vorstellung schlechte Messe in Leipzig. hat uns so zu sagen, ihre lezten Seufzer zugeweht. Viel ist verlohren. Was ist uns geblieben? die Veteranen, deren Producktion Vermögen dahin ist. Die beßren Köpfe expatriiren sich. Werden verstoßen, abgeschrekt. Und wieder wenn man einen Rückblick thut ists immer zum bestaunen, daß Deutschland bei so langen u heftigen politischen Erschüttrungen so weit gedieh! Wollte dies Volk das so viel vermochte seine Riesenkraft anwenden, wäre ein künftiger der sie lenkte. o Gott was könnten wir sein, und was würden unsre Nachbarn werden!
Ich lege Ihnen den Brief der Mad: Bethmann bei: er ist corpulenter als er zu der weiten Reise sein sollte. Sie selbst ist in Carlsbad; und wird Göthe dort treffen. Wir haben hier einen neuen Theater Dichter, der viel Aufsehen macht. ein gewißer Werner mein Verwanter. Die Söhne des Thales sind von ihm. Ich [4] weiß nicht, ob dies schon als Sie noch hier waren erschien. Jezt wird in stets sich folgenden Vorstellungen die Weyhe der Kraft gegeben dessen Innhalt die Reformation durch Luther ist. Iffland gibt den Luther, in der That bewundernswerth, und die Bethmann Katharina Bora. Nie machte hier ein Stück durch alle Klassen der Zuschauer ein so vollständiges Glück. Wenig Bühnen werden es aufnehmen dürfen. – Ist die Hagar Ihrer Freundin gedrukt? sie regt mein ganzes Interresse auf. Was muß dieser Stoff dieser Feder geliehen haben!
Shakespear – ach mein Freund sein edler Geist klagt Sie an, daß Sie ihn versäumen. gewiß wir erlebens noch, daß sich dieser und jener drüber macht: der nicht werth ist ihm die Schuhriemen aufzuleben. Aber wie können Sie, den der schöne Genius der Lebens Freude an seinen Herzen trägt! ich bin ungeduldig, aber ich kann Ihnen verzeihen: der Krieg ist zu mächtig, die wonnigliche Einladung zum Gastmal des Lebens zu schön, um sie abzuweisen.
Was mögen Sie sich, der so nett schreibt mit meiner elenden Handschrift plagen der sich nun noch, ein durch weinen geschwächtes Gesicht zugesellt! Verzeihen Sie der Ungeschiklichkeit
Leben Sie wohl, mein Theurer mein immer werther & verehrter Freund. Ich bin bis in den Todt, Ihre wahre Freundin
Unger.
Jeder Ihrer Briefe mein sehr werther Freund, ist mir ein freundlicher Stern, der aus der düstern Wolke die mein Leben umtobt hervortritt, mir eine schöne Vergangenheit, und eine kraftvolle Zukunft zu vergegenwärtigen. Kärglich ward mir je und je des Lebens Freude zugetheilt; und nun – ist sie mir ganz entschwunden Verschränkt in ein sorgenvolles klösterliches Wittwenleben: lebe ich einzig in Erinnerungen: aus solchen Träumen mich oft die schmerzvolle Gegenwart zerreißend aufschreckt.
Sehr lange hatte ich keine Zeile von Ihren Bruder gesehen: schon stiegen meine Bekümmernisse um ihn von Woche zu Woche; den in unserm armen zerrißenen Deutschlande, sind wir stets auf Verlust und Einbuße gefaßt, als ich in diesen Tagen Nachricht von ihm erhielt, die wo nicht erfreulich doch beruhigend in so fern sind, daß ihm nichts Unangenehmeres als der Lauf der Zeit mit sich führt, begegnet ist. Als eine seltsame Zufälligkeit muß ich anführen, daß es nun zum dritten Male ist, daß ich von Sie beide, interressantes Brüderpaar die Briefe beinahe zugleich erhalte. Wobei mir eine eigne Simpathie der Seelenstimmung über die ich einst etwas in einen alten Schmöcher laß, einfiel.
Noch habe ich das Bild Ihrer Freundin nicht erhalten, und sehe ihn noch sehnsuchtsvoll entgegen. Mein ganzes Gemüth regt sich ihm mit Liebe entgegen. – Sie will mich lesen? [2] was wird sie von mich lesen? ich schrieb viel und manches. Doch wünschte ich, daß sie mit Gräfin Pauline meine Bekandschaft machte. Melanie ist mein Leztes: und ist ein närrisches verhätscheltes Ding.
In diesen Tagen laße ich Ihre Bibliothek einpacken, mein lieber Freund. Der Katalog ist stärker geworden, als Sie es vieleicht glauben: und viel zu stark, um Ihnen nach Frankreich zu folgen. Den Katalog der Bibl. meines geliebten Ungers erhalten Sie dann auch; ich eile nicht mit der Versteigrung, und laße sie auch aussetzen, weil ich noch immer hoffe, sie im Ganzen anzubringen. In Petersburg ist mir von Neuem eine Aussicht aufgegangen. Auch nach München an Hhr: Aretin habe ich geschrieben. Aber die armen Deutschen wo Geld hernehmen? die große Nation hat viel gebraucht: und die deutsche Treuherzigkeit. – o daß sie nicht für Dummheit gälte!
Lebte unter uns ein Friedrich II. & sein Herzberg, es wäre anders. Kein Fürstenbund soll entstehen, zu gunsten Frankreichs! o Deutschland, Deutschland! Und – wehe über England, daß den Saamen alles dieses Elendes ausstreute! Unter diesem giftigem Geniste schoß die Zwietracht, und die elende Länder zerstöhrende Politik auf! [3] Und der preußische Staat! – doch nichts mehr: der Ausländer soll die bittre Zähre nicht ahnen die uns hier entfließt.
Ja es ist wahr, in der Deutschen Litteratur ist wie überall sonst eine zerstöhrende Anarchie die mit den Buchhandel Hand in Hand dahin wirken, erstere zu Grabe zu leiten. Die lezte über alle Vorstellung schlechte Messe in Leipzig. hat uns so zu sagen, ihre lezten Seufzer zugeweht. Viel ist verlohren. Was ist uns geblieben? die Veteranen, deren Producktion Vermögen dahin ist. Die beßren Köpfe expatriiren sich. Werden verstoßen, abgeschrekt. Und wieder wenn man einen Rückblick thut ists immer zum bestaunen, daß Deutschland bei so langen u heftigen politischen Erschüttrungen so weit gedieh! Wollte dies Volk das so viel vermochte seine Riesenkraft anwenden, wäre ein künftiger der sie lenkte. o Gott was könnten wir sein, und was würden unsre Nachbarn werden!
Ich lege Ihnen den Brief der Mad: Bethmann bei: er ist corpulenter als er zu der weiten Reise sein sollte. Sie selbst ist in Carlsbad; und wird Göthe dort treffen. Wir haben hier einen neuen Theater Dichter, der viel Aufsehen macht. ein gewißer Werner mein Verwanter. Die Söhne des Thales sind von ihm. Ich [4] weiß nicht, ob dies schon als Sie noch hier waren erschien. Jezt wird in stets sich folgenden Vorstellungen die Weyhe der Kraft gegeben dessen Innhalt die Reformation durch Luther ist. Iffland gibt den Luther, in der That bewundernswerth, und die Bethmann Katharina Bora. Nie machte hier ein Stück durch alle Klassen der Zuschauer ein so vollständiges Glück. Wenig Bühnen werden es aufnehmen dürfen. – Ist die Hagar Ihrer Freundin gedrukt? sie regt mein ganzes Interresse auf. Was muß dieser Stoff dieser Feder geliehen haben!
Shakespear – ach mein Freund sein edler Geist klagt Sie an, daß Sie ihn versäumen. gewiß wir erlebens noch, daß sich dieser und jener drüber macht: der nicht werth ist ihm die Schuhriemen aufzuleben. Aber wie können Sie, den der schöne Genius der Lebens Freude an seinen Herzen trägt! ich bin ungeduldig, aber ich kann Ihnen verzeihen: der Krieg ist zu mächtig, die wonnigliche Einladung zum Gastmal des Lebens zu schön, um sie abzuweisen.
Was mögen Sie sich, der so nett schreibt mit meiner elenden Handschrift plagen der sich nun noch, ein durch weinen geschwächtes Gesicht zugesellt! Verzeihen Sie der Ungeschiklichkeit
Leben Sie wohl, mein Theurer mein immer werther & verehrter Freund. Ich bin bis in den Todt, Ihre wahre Freundin
Unger.