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Mai 1810.<br><span class="notice-22984 ">E</span>in Gerüchte hier, und in öffentlichen Blättern, gaben Ihnen verehrter Freund einen Ruf nach <span class="index-15 tp-48092 ">Berlin</span>, welchen Sie anzunehmen eine Bedenkzeit von 3. Wochen sich erbeten haben sollten. Ich behielt also meine Sendung von Scribturen an Sie zurük: wiewohl ich nachher erfuhr, daß kein Fuhrmann etwas zur Fracht, daß kaum 12 – 20. <span class="notice-22907 ">℔</span> haben mag, übernimmt. Jezt lassen die Zeitungen Sie wieder nach Amerika reisen: was mache ich nun mit den Papieren? sie auf die Post zu geben, würde Ihnen ein ungeheures Porto machen: daß Ihnen, da doch die Briefe auf welche Sie den am meisten Werth zu legen scheinen, nicht mehr dabei sind? was thut man nun d<span class="notice-22985 ">armi</span>t? Ich bitte mir recht bald Ihre Willens meinung darüber aus: wie auch darüber, daß hier zu Lande, <span class="index-867 tp-40531 ">H. Hitzig</span> frisch weg, <span class="index-1989 tp-40538 ">einen </span><span class="index-1989 tp-40538 index-4 tp-40532 ">Shakespear</span> von <span class="index-1295 tp-40534 ">Keßler</span> & <span class="index-1987 tp-40539 ">andre</span> drukt – sollte man nicht wenigstens unter Ihrer Firma, etwas dem Publikum darüber sagen, und ihn bedeuten, daß wenn noch ein Paar hundert Jahr ins Land liefen, und Gott Leben und Gesundheit gibt, <span class="index-3548 tp-48093 ">der Schakespear von </span><span class="index-3548 tp-48093 index-766 tp-40533 ">A W-Schlegel</span><span class="index-3548 tp-48093 "> und </span><span class="index-3548 tp-48093 index-48 tp-48094 ">seiner Gesellen</span>, erscheinen werde? Ich kann es allerdings Hitzig nicht verargen, und untersagen, keinen Schakespear zu haben; ich habe nicht gleich das Verzeichniß <span class="index-6101 tp-40550 index-1993 tp-40540 index-1990 tp-40541 index-1992 tp-40543 ">derer Stüke, die jene liefern</span>, <span class="notice-19589 ">[2]</span> zur Hand: so viel erinnre ich nur, daß <span class="index-1992 tp-40535 ">Viel Lermen um Nichts</span> dabei ist: wie bis jezt überhaupt nur noch die Lustspiele an der Reihe sind. Aber – wenn den doch die Schakespeare Liebhaber von <span class="index-6043 tp-48095 ">Messe</span> zu Messe in ihrer Erwartung getäuscht werden; was wirds endlich? Hätten Sie nun für jezt nur die Gewogenheit, mir noch das was <span class="index-1400 tp-48097 ">einen Band</span> zu machen, erfordert wird, so wäre doch was geschehen, was <span class="index-344 tp-48096 ">meine Ausgabe</span> in Erinnrung brächte. Sie werden das alles sehr langweilig und verdrüßlich finden, was ich Ihnen schreibe; ich finde es auch so, und es gehört nicht zu den angenehmsten Seiten meines Berufes, dergleichen schreiben zu müssen. Denn: mein werther Freund, Sie sind ja nicht der Einzige, der mir Anlaß dazu gibt. Da ist Z.B. <span class="index-8 tp-40551 ">Fridrich Schlegel</span> – <span class="index-48 tp-40552 ">Ludwig Tiek</span>. Indeß andre wieder gar zu vorlaut sind, und immer abweisende Briefe zu erhalten haben. <br>Aber – mein Theurer Freund, ists den wahr, daß Sie sich <span class="family-courier ">expatriiren</span> wollen? ist Ihnen Ihr Deutsches Vaterland so unwerth geworden? jezt kann und wird meiner Ansicht nach, erst was rechts aus Deutschland werden, da es aus selbstständige Staaten, besteth, die denoch durch einen Willen gelenkt werden. Nun das alte morsche unbewohnbare Gebäude Reich genannt, zertrümmert ist? und <span class="index-515 tp-48098 ">das Reichen Haupt</span> daß nur alles für sich nahm, abgeschieden ist? <span class="notice-19590 ">[3]</span> Der Deutsche Geist, wird immer noch, wenn gleich nicht in roher Kraft Äußrung, sehr ehrwürdig bleiben; den wo waltet sonst noch ein Geist, wie in Deutschland! Warum soll das große Weltmeer Sie von diesem lieben Lande trennen! Was hat Europa <span class="index-222 tp-40553 ">ihrer Geistvollen Freundin</span> gethan, daß Sies nicht mehr betreten mag? wo wird ihr Geist, ihr hohes Talent <span class="underline-1 ">so</span> anerkand werden? Es ist nicht recht was sie, und was Sie mein Freund vorhaben, wenn die Väter aller Lügen, die Zeitungschreiber, uns nicht wieder <span class="family-courier ">un plat de leu</span><span class="family-courier notice-22847 ">rs</span><span class="family-courier "> métier</span> aufgetischt haben. <br>Ich lebe fortwährend ein schwaches kränkendes Leben. Indeß – in oder außer dem Bette, muß ich arbeiten, so will es mein harter Beruf: dem ich nicht ausweichen kann. Ueberdem <span class="family-courier ">il faut travailler pour oublier la vie</span>, das jezt nicht das lieblichste ist. Aber – sollt ich im Herbst noch Rosen brechen wollen? Die Rosen, die der Herbst entblättert hat, müßen meine zur Darstellung gebrachten Ideen mir ersetzen; ich habe wieder bei <span class="index-6103 tp-40559 ">Hofmann</span> in <span class="index-98 tp-40557 ">Hamburg</span> <span class="index-6102 tp-40558 ">ein Büchlein</span> edirt, worin viel raisonnirt und deraisonnirt vieleicht – wird: viel, zart und treu geliebt wird: ein edler junger Franzose, ein noch edleres Deutsches Mädchen sind die Handelnden: wobei es mir frei stand, meine Landsmäninen mit allem was schön weiblich ist, auszustatten. Was ich den auch nicht gescheut habe. Aber bald bald werde ich aufhören müssen; obschon keine meiner Schöpfungen an <span class="index-1735 tp-48099 index-7980 tp-48100 index-1736 tp-48101 index-1491 tp-48102 index-8009 tp-48103 index-1734 tp-48104 index-5959 tp-48105 ">die vorhergehenden</span> <span class="notice-19591 ">[4]</span> erinnert: so kenne ich nichts trauriges; als – einen alten Tänzer, und – eine veralternde Romandichterin. <span class="cite tp-44854 ">Wenn man nicht den Geist </span><span class="cite tp-44854 index-222 tp-40554 ">einer </span><span class="cite tp-44854 index-222 tp-40554 family-courier ">Stael</span><span class="cite tp-44854 "> hat, muß man nicht zu lange schreiben und dem Publikum, nicht auch seinen </span><span class="cite tp-44854 family-courier ">Salva venia</span><span class="cite tp-44854 "> lezten Stuhlgang aufdringen, wie uns – </span><span class="cite tp-44854 underline-1 ">wie ich es sehe</span><span class="cite tp-44854 ">, </span><span class="cite tp-44854 index-137 tp-40555 ">Göthe</span><span class="cite tp-44854 "> mit </span><span class="cite tp-44854 index-1877 tp-40556 ">seinen Wahlverwandschaften</span><span class="cite tp-44854 "> gethan hat.</span> So ein Kind im Alter erzeugt, trägt zu sehr die Spuhr an sich, daß die frische Blüthe abgestreift ist.<br>Was werden Sie nun, zu alle dem Gewäsch sagen mein Theurer Freund? das alte Frauen, Schwätzerinnen sind: nicht wahr. Nun den: ich mache schon mein Knikschen und empfehle mich Ihnen zu fortdauernder Freundschaft; wie ich stets mit hoher Achtung & Freundschaft sein werde<br>Ihre <br>sehr aufrichtig ergebne<br>verw. <span class="family-courier ">Unger</span>.' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/1684' $description = 'Friederike Helene Unger an August Wilhelm von Schlegel am 02.05.1810, Berlin, Chaumont-sur-Loire' $adressatort = 'Chaumont-sur-Loire <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/4229716-3">GND</a>' $absendeort = 'Berlin <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/2004272-3">GND</a>' $date = '02.05.1810' $adressat = array() $adrCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $absender = array( (int) 4709 => array( 'ID' => '4709', 'project' => '1', 'timecreate' => '2014-03-21 13:33:27', 'timelastchg' => '2017-08-15 16:26:52', 'key' => 'AWS-ap-00ij', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_name' => 'Unger, Friederike Helene', '39_namevar' => 'Rothenburg, Friederike H. von Unger, Friederike Helene Rothenburg, Friederike Helene von', '39_geschlecht' => 'w', '39_toddatum' => '1813-09-29', '39_pdb' => 'GND', '39_lebenwirken' => 'Schriftstellerin, Buchdruckerin, Verlegerin, Übersetzerin Friederike Helene Unger war die Tochter des preußischen Generals Rudolf Graf von Rothenburg und der Marquise de Vieuville. Sie wuchs in Potsdam auf und erhielt eine für Frauen ungewöhnlich gute Erziehung. Später begann sie als Erzieherin im Hause des Buchdruckers Johann Georg Unger zu arbeiten. Mit Johann Friedrich Unger, dem Sohn des Buchdruckers, ging sie eine Ehe ein. Die Beziehung zum aufstrebenden Verleger war durch eine enge berufliche Zusammenarbeit gekennzeichnet. Sie unterstützte ihren Ehemann durch ihre Beziehungen zum preußischen Hof und veröffentlichte ihre Werke in seinem Verlag. Nach dem Tod Ungers 1804 übernahm sie die Leitung des Verlags, bis er 1809 in Konkurs ging. Friederike Helene Unger war in vielfältiger Weise literarisch tätig; sie verfasste Unterhaltungsromane, Erzählungen und Übersetzungsarbeiten. 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Es ist nicht recht was sie, und was Sie mein Freund vorhaben, wenn die Väter aller Lügen, die Zeitungschreiber, uns nicht wieder <hi rend="family:Courier">un plat de leu<milestone unit="start" n="22847"/>rs<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="22847"/> métier</hi> aufgetischt haben. <lb/>Ich lebe fortwährend ein schwaches kränkendes Leben. Indeß – in oder außer dem Bette, muß ich arbeiten, so will es mein harter Beruf: dem ich nicht ausweichen kann. Ueberdem <hi rend="family:Courier">il faut travailler pour oublier la vie</hi>, das jezt nicht das lieblichste ist. Aber – sollt ich im Herbst noch Rosen brechen wollen? Die Rosen, die der Herbst entblättert hat, müßen meine zur Darstellung gebrachten Ideen mir ersetzen; ich habe wieder bei <anchor type="b" n="6103" ana="15" xml:id="NidB40559"/>Hofmann<anchor type="e" n="6103" ana="15" xml:id="NidE40559"/> in <anchor type="b" n="98" ana="10" xml:id="NidB40557"/>Hamburg<anchor type="e" n="98" ana="10" xml:id="NidE40557"/> <anchor type="b" n="6102" ana="12" xml:id="NidB40558"/>ein Büchlein<anchor type="e" n="6102" ana="12" xml:id="NidE40558"/> edirt, worin viel raisonnirt und deraisonnirt vieleicht – wird: viel, zart und treu geliebt wird: ein edler junger Franzose, ein noch edleres Deutsches Mädchen sind die Handelnden: wobei es mir frei stand, meine Landsmäninen mit allem was schön weiblich ist, auszustatten. Was ich den auch nicht gescheut habe. Aber bald bald werde ich aufhören müssen; obschon keine meiner Schöpfungen an <anchor type="b" n="1735" ana="12" xml:id="NidB48099"/><anchor type="b" n="7980" ana="12" xml:id="NidB48100"/><anchor type="b" n="1736" ana="12" xml:id="NidB48101"/><anchor type="b" n="1491" ana="12" xml:id="NidB48102"/><anchor type="b" n="8009" ana="12" xml:id="NidB48103"/><anchor type="b" n="1734" ana="12" xml:id="NidB48104"/><anchor type="b" n="5959" ana="12" xml:id="NidB48105"/>die vorhergehenden<anchor type="e" n="5959" ana="12" xml:id="NidE48105"/><anchor type="e" n="1734" ana="12" xml:id="NidE48104"/><anchor type="e" n="8009" ana="12" xml:id="NidE48103"/><anchor type="e" n="1491" ana="12" xml:id="NidE48102"/><anchor type="e" n="1736" ana="12" xml:id="NidE48101"/><anchor type="e" n="7980" ana="12" xml:id="NidE48100"/><anchor type="e" n="1735" ana="12" xml:id="NidE48099"/> <milestone unit="start" n="19591"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="19591"/> erinnert: so kenne ich nichts trauriges; als – einen alten Tänzer, und – eine veralternde Romandichterin. <anchor type="b" n="6716" ana="16" xml:id="NidB44854"/>Wenn man nicht den Geist <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB40554"/>einer <hi rend="family:Courier">Stael</hi><anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE40554"/> hat, muß man nicht zu lange schreiben und dem Publikum, nicht auch seinen <hi rend="family:Courier">Salva venia</hi> lezten Stuhlgang aufdringen, wie uns – <hi rend="underline:1">wie ich es sehe</hi>, <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB40555"/>Göthe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE40555"/> mit <anchor type="b" n="1877" ana="12" xml:id="NidB40556"/>seinen Wahlverwandschaften<anchor type="e" n="1877" ana="12" xml:id="NidE40556"/> gethan hat.<anchor type="e" n="6716" ana="16" xml:id="NidE44854"/> So ein Kind im Alter erzeugt, trägt zu sehr die Spuhr an sich, daß die frische Blüthe abgestreift ist.<lb/>Was werden Sie nun, zu alle dem Gewäsch sagen mein Theurer Freund? das alte Frauen, Schwätzerinnen sind: nicht wahr. Nun den: ich mache schon mein Knikschen und empfehle mich Ihnen zu fortdauernder Freundschaft; wie ich stets mit hoher Achtung & Freundschaft sein werde<lb/>Ihre <lb/>sehr aufrichtig ergebne<lb/>verw. <hi rend="family:Courier">Unger</hi>.', '36_anmerkungextern' => 'Empfangsort erschlossen.', '36_adressatort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '1953', 'content' => 'Chaumont-sur-Loire', 'bemerkung' => 'GND:4229716-3', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7141', 'content' => 'Friederike Helene Unger', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Unger, Friederike Helene', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_datumvon' => '1810-05-02', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '15', 'content' => 'Berlin', 'bemerkung' => 'GND:2004272-3', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_datengeberhand' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purlhand' => 'APP2712-Bd-9', '36_signaturhand' => 'Mscr.Dresd.App.2712,B,IV,e,23', '36_h1zahl' => '4 S. auf Doppelbl., hs. m. 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[1] Berlin d. 2. Mai 1810.
Ein Gerüchte hier, und in öffentlichen Blättern, gaben Ihnen verehrter Freund einen Ruf nach Berlin, welchen Sie anzunehmen eine Bedenkzeit von 3. Wochen sich erbeten haben sollten. Ich behielt also meine Sendung von Scribturen an Sie zurük: wiewohl ich nachher erfuhr, daß kein Fuhrmann etwas zur Fracht, daß kaum 12 – 20. ℔ haben mag, übernimmt. Jezt lassen die Zeitungen Sie wieder nach Amerika reisen: was mache ich nun mit den Papieren? sie auf die Post zu geben, würde Ihnen ein ungeheures Porto machen: daß Ihnen, da doch die Briefe auf welche Sie den am meisten Werth zu legen scheinen, nicht mehr dabei sind? was thut man nun darmit? Ich bitte mir recht bald Ihre Willens meinung darüber aus: wie auch darüber, daß hier zu Lande, H. Hitzig frisch weg, einen Shakespear von Keßler & andre drukt – sollte man nicht wenigstens unter Ihrer Firma, etwas dem Publikum darüber sagen, und ihn bedeuten, daß wenn noch ein Paar hundert Jahr ins Land liefen, und Gott Leben und Gesundheit gibt, der Schakespear von A W-Schlegel und seiner Gesellen, erscheinen werde? Ich kann es allerdings Hitzig nicht verargen, und untersagen, keinen Schakespear zu haben; ich habe nicht gleich das Verzeichniß derer Stüke, die jene liefern, [2] zur Hand: so viel erinnre ich nur, daß Viel Lermen um Nichts dabei ist: wie bis jezt überhaupt nur noch die Lustspiele an der Reihe sind. Aber – wenn den doch die Schakespeare Liebhaber von Messe zu Messe in ihrer Erwartung getäuscht werden; was wirds endlich? Hätten Sie nun für jezt nur die Gewogenheit, mir noch das was einen Band zu machen, erfordert wird, so wäre doch was geschehen, was meine Ausgabe in Erinnrung brächte. Sie werden das alles sehr langweilig und verdrüßlich finden, was ich Ihnen schreibe; ich finde es auch so, und es gehört nicht zu den angenehmsten Seiten meines Berufes, dergleichen schreiben zu müssen. Denn: mein werther Freund, Sie sind ja nicht der Einzige, der mir Anlaß dazu gibt. Da ist Z.B. Fridrich Schlegel – Ludwig Tiek. Indeß andre wieder gar zu vorlaut sind, und immer abweisende Briefe zu erhalten haben.
Aber – mein Theurer Freund, ists den wahr, daß Sie sich expatriiren wollen? ist Ihnen Ihr Deutsches Vaterland so unwerth geworden? jezt kann und wird meiner Ansicht nach, erst was rechts aus Deutschland werden, da es aus selbstständige Staaten, besteth, die denoch durch einen Willen gelenkt werden. Nun das alte morsche unbewohnbare Gebäude Reich genannt, zertrümmert ist? und das Reichen Haupt daß nur alles für sich nahm, abgeschieden ist? [3] Der Deutsche Geist, wird immer noch, wenn gleich nicht in roher Kraft Äußrung, sehr ehrwürdig bleiben; den wo waltet sonst noch ein Geist, wie in Deutschland! Warum soll das große Weltmeer Sie von diesem lieben Lande trennen! Was hat Europa ihrer Geistvollen Freundin gethan, daß Sies nicht mehr betreten mag? wo wird ihr Geist, ihr hohes Talent so anerkand werden? Es ist nicht recht was sie, und was Sie mein Freund vorhaben, wenn die Väter aller Lügen, die Zeitungschreiber, uns nicht wieder un plat de leurs métier aufgetischt haben.
Ich lebe fortwährend ein schwaches kränkendes Leben. Indeß – in oder außer dem Bette, muß ich arbeiten, so will es mein harter Beruf: dem ich nicht ausweichen kann. Ueberdem il faut travailler pour oublier la vie, das jezt nicht das lieblichste ist. Aber – sollt ich im Herbst noch Rosen brechen wollen? Die Rosen, die der Herbst entblättert hat, müßen meine zur Darstellung gebrachten Ideen mir ersetzen; ich habe wieder bei Hofmann in Hamburg ein Büchlein edirt, worin viel raisonnirt und deraisonnirt vieleicht – wird: viel, zart und treu geliebt wird: ein edler junger Franzose, ein noch edleres Deutsches Mädchen sind die Handelnden: wobei es mir frei stand, meine Landsmäninen mit allem was schön weiblich ist, auszustatten. Was ich den auch nicht gescheut habe. Aber bald bald werde ich aufhören müssen; obschon keine meiner Schöpfungen an die vorhergehenden [4] erinnert: so kenne ich nichts trauriges; als – einen alten Tänzer, und – eine veralternde Romandichterin. Wenn man nicht den Geist einer Stael hat, muß man nicht zu lange schreiben und dem Publikum, nicht auch seinen Salva venia lezten Stuhlgang aufdringen, wie uns – wie ich es sehe, Göthe mit seinen Wahlverwandschaften gethan hat. So ein Kind im Alter erzeugt, trägt zu sehr die Spuhr an sich, daß die frische Blüthe abgestreift ist.
Was werden Sie nun, zu alle dem Gewäsch sagen mein Theurer Freund? das alte Frauen, Schwätzerinnen sind: nicht wahr. Nun den: ich mache schon mein Knikschen und empfehle mich Ihnen zu fortdauernder Freundschaft; wie ich stets mit hoher Achtung & Freundschaft sein werde
Ihre
sehr aufrichtig ergebne
verw. Unger.
Ein Gerüchte hier, und in öffentlichen Blättern, gaben Ihnen verehrter Freund einen Ruf nach Berlin, welchen Sie anzunehmen eine Bedenkzeit von 3. Wochen sich erbeten haben sollten. Ich behielt also meine Sendung von Scribturen an Sie zurük: wiewohl ich nachher erfuhr, daß kein Fuhrmann etwas zur Fracht, daß kaum 12 – 20. ℔ haben mag, übernimmt. Jezt lassen die Zeitungen Sie wieder nach Amerika reisen: was mache ich nun mit den Papieren? sie auf die Post zu geben, würde Ihnen ein ungeheures Porto machen: daß Ihnen, da doch die Briefe auf welche Sie den am meisten Werth zu legen scheinen, nicht mehr dabei sind? was thut man nun darmit? Ich bitte mir recht bald Ihre Willens meinung darüber aus: wie auch darüber, daß hier zu Lande, H. Hitzig frisch weg, einen Shakespear von Keßler & andre drukt – sollte man nicht wenigstens unter Ihrer Firma, etwas dem Publikum darüber sagen, und ihn bedeuten, daß wenn noch ein Paar hundert Jahr ins Land liefen, und Gott Leben und Gesundheit gibt, der Schakespear von A W-Schlegel und seiner Gesellen, erscheinen werde? Ich kann es allerdings Hitzig nicht verargen, und untersagen, keinen Schakespear zu haben; ich habe nicht gleich das Verzeichniß derer Stüke, die jene liefern, [2] zur Hand: so viel erinnre ich nur, daß Viel Lermen um Nichts dabei ist: wie bis jezt überhaupt nur noch die Lustspiele an der Reihe sind. Aber – wenn den doch die Schakespeare Liebhaber von Messe zu Messe in ihrer Erwartung getäuscht werden; was wirds endlich? Hätten Sie nun für jezt nur die Gewogenheit, mir noch das was einen Band zu machen, erfordert wird, so wäre doch was geschehen, was meine Ausgabe in Erinnrung brächte. Sie werden das alles sehr langweilig und verdrüßlich finden, was ich Ihnen schreibe; ich finde es auch so, und es gehört nicht zu den angenehmsten Seiten meines Berufes, dergleichen schreiben zu müssen. Denn: mein werther Freund, Sie sind ja nicht der Einzige, der mir Anlaß dazu gibt. Da ist Z.B. Fridrich Schlegel – Ludwig Tiek. Indeß andre wieder gar zu vorlaut sind, und immer abweisende Briefe zu erhalten haben.
Aber – mein Theurer Freund, ists den wahr, daß Sie sich expatriiren wollen? ist Ihnen Ihr Deutsches Vaterland so unwerth geworden? jezt kann und wird meiner Ansicht nach, erst was rechts aus Deutschland werden, da es aus selbstständige Staaten, besteth, die denoch durch einen Willen gelenkt werden. Nun das alte morsche unbewohnbare Gebäude Reich genannt, zertrümmert ist? und das Reichen Haupt daß nur alles für sich nahm, abgeschieden ist? [3] Der Deutsche Geist, wird immer noch, wenn gleich nicht in roher Kraft Äußrung, sehr ehrwürdig bleiben; den wo waltet sonst noch ein Geist, wie in Deutschland! Warum soll das große Weltmeer Sie von diesem lieben Lande trennen! Was hat Europa ihrer Geistvollen Freundin gethan, daß Sies nicht mehr betreten mag? wo wird ihr Geist, ihr hohes Talent so anerkand werden? Es ist nicht recht was sie, und was Sie mein Freund vorhaben, wenn die Väter aller Lügen, die Zeitungschreiber, uns nicht wieder un plat de leurs métier aufgetischt haben.
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