• Caroline von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 15.02.1802
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Caroline von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 15.02.1802
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370516575
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 295‒302 u. 635‒636 (Kommentar).
  • Incipit: „[1] [Jena] Montag d. 15 Febr. [18]02.
    So ist mir diesesmal die kleine Fee mit den Ionischen Nachrichten zuvorgekommen, das vorigemal war [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36905
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.22,Nr.25
  • Number of Pages: 16 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,9 x 11,5 cm
[1] [Jena] Montag d. 15 Febr. [18]02.
So ist mir diesesmal die kleine Fee mit den Ionischen Nachrichten zuvorgekommen, das vorigemal war es eine Hexe. Ob es mich nun nicht Wunder nimmt, daß die kleine Fee alles weiß, so ist mir doch verwunderlich, wie sie dieses so geschwind erfahren. Goethe sagt, er habe gegen keinen Menschen den Mund darüber aufgethan, aber freylich, da zwey bereits gesezte Bogen entsetzt werden mußten, ist es gleich unter die Setzer, Drucker und das Fußvolk gekommen. Die Sache verhält sich denn völlig so, und wird Dir wahrscheinlich nicht weniger inniglichen Spaß machen wie uns. Sie hätten den Böttiger jetzt so daran gehabt, daß er sich sobald nicht vernehmen lassen würde. Es scheint, als habe er vom Geh. Voigt eine förmliche Weisung bekommen. Mit der allgemeinen Censur, die sich Goethe vorbehalten, das glaub ich noch nicht, aber in das Modejournal kommen künftighin nur offizielle Artikel, und G. verfaßt den [2] über Ion. ‒ Zur Antwort auf Deine Fragen folgendes: Der König und die Königin erschienen zuerst jeder mit zwey Begleitern, welche blieben, bis jene gingen. Auch Phorbas mit zwey Schätzetragenden ‒ wo ich Dir schon bemerkte, daß ein Zug von mehrern, die einzeln getragen hätten, besser gewesen seyn würde. Bey jedem nachherigen Auftreten blieben die Begleiter zurück, außer wo Phorbas gefangen herbeygeführt wird von Vieren.
Ein artiger Zug schien es mir, daß Ion zuerst die Geschenke mit jugendlicher Neugierde mustert, ehe er Aufmerksamkeit auf die Reden des Phorbas gewinnt und sich zu diesem und der Pythia hinstellt.
Apollo hatte keine Leyer, nur den Bogen. Goethe hatte die Stellung des Apollo von Belvedere in Augen als die bekannteste, und hat sich alle Mühe [3] gegeben den Hayde auf diese Art zu recht zu rücken, was ihm aber mit dem Ion besser gelang, der vollkommen in dieser Stellung und Wendung des Kopfes in der Pforte des Tempels stand.
Ion ist nicht wieder gegeben seit dem, wird auch nicht vor Ostern. Du weißt, daß Goethe Stücke von dieser Gattung nie oft wiederholen läßt und sie nur als seltne Schaustücke ausgiebt. Es würde ihm auch keine Rast verstatten und den Schauspielern allzu herben Zwang auflegen, denn wenn sie sich nur ein bischen selbst überlassen sind, so spielen sie comme des cochons. Ostern würde das Stück wahrscheinlich gefordert werden, dann will er auch wieder von neuen alles dafür thun.
Nun hab ich Dir noch etwas darüber zu sagen, worin mir gewiß niemand zuvorkam. Das Frankfurter Theater hat gestern angefragt bey Goethe, ob es eine [4] Abschrift des Ion erhalten könne und zu welchem Preis. G. wollte nun wissen, ob man Dir erst schreiben solle und Dich den Preis bestimmen lassen ‒ da ich aber glaubte, Du würdest eben auch mit G. darüber berathschlagt haben, so konnten wir dieses ohne Zeitverlust in Deiner Seele. Er ist der Meynung es der Direktion zu überlassen, dann bekomme man am meisten, und da sie vollends mit G. zu unterhandeln hat, mag es wohl seyn, und er wird dem gemäß verfahren, aber zugleich gehörig Sorge tragen, daß Du genug bekommst.
Ist das nicht hübsch, mein Freund? Und was soll ich haben, wenn diese Anfrage auf den bescheidnen Aufsaz in der Eleganten Zeitung geschieht? ‒
Mit dem hab ich aber noch eine andre kleine Freude gehabt. Goethe fragt Schelling, [5] ob er ihn gelesen, der habe ihm sehr wohl gefallen, er habe ihn recht mit Vergnügen durchgesehn ‒ und dieses so ohne alle Ahndung, er könne von bekannter Hand herrühren, daß er noch hinzusetzt, man sehe, es habe ihn jemand ganz de son propre Chef gemacht, es wäre auch manches noch unbestimmt gelassen, herrsche aber eine reine und schöne Ansicht darin. Schelling hat ihn dabey gelassen, und er soll auch dabey bleiben.
Aber wie artig das ist, daß ich immer hinter Deine Geheimnisse komme! Wie, mein Herr, Sie haben ein Intriguenstück gemacht, und ich weiß nichts davon? Goethe dachte sich gar nicht anders, als daß ich es wissen müsse, und der Oheim selber verräth mir die Sache, der noch nie ausgeplaudert. Ich nahm mich gleich zusammen, und redte so zierlich unbestimmt, [6] daß er es gar nicht gewahr wurde, und ich alles erfahren, was man mir nicht hat anvertrauen wollen, die ich doch so verschwiegen bin wie der alte Herr kaum. Was Du nun aber zur Strafe nicht erfahren sollst, ist seine Meynung davon, die er doch von sich gegeben hat, so viel wie möglich war, indem ich mich auf kein Detail einlassen konnte. Und zum Wahrzeichen sag ich Dir dieses, obgleich Du gegen ihn es unentschieden gelassen, daß Du dies Stück wirklich gemacht hast, so schließe ich doch aus dem, was er darüber sagte, daß es nicht von Dir ist. Eh bien, mon ami?
Die Wahrheit zu sagen, es liegt mir nun wieder dunkel im Sinn, daß Du von einem Stück gesprochen, welches [7] Du ihm vielleicht noch schicken würdest, aber wie er davon anfing, dachte ich nicht daran. Es ist nun schon gut, Du kanst mirs mündlich erzählen.
Nur das Wetter kann mich länger aufhalten, als ich Dir im lezten Blatt bestimmte. Dieser neue Schnee hat die Wege bodenlos verdorben. Allein ich bitte Dich doch alles so einzurichten, daß ich, wo nicht in künftiger Woche, doch mit Anfang des März kommen kann. Es wäre nun schlimm, wenn Grattenauers auch durchaus nicht an meine Reise geglaubt und Dir nur darauf hin die Zimmer angeboten hätten ‒ indessen wirds ja so schlimm nicht seyn. Wenn Ion noch am 10ten März gegeben wird, so muß ich den durchaus sehn. Fällt ein Frost ein, so nutze ich ihn, denn übrigens ist schon alles in Ordnung.
[8] Ich werde zu rechter Zeit es melden, wenn ich Dein Erbieten mich von Potsdam abzuholen in Anspruch nehme, auch den Vorlesungstag vermeiden. Auf jeden Fall schreibe mir gleich den Nahmen des Gasthofes, in welchen ich Dich in Potsdam zu suchen habe. Ja, wenn es etwa der Fuhr wegen convenabler wäre, daß ich sie ganz nach Berlin hin nähme, so ist es doch unmöglich, daß ich allein in die Stadt fahre, ich würde mich erschrecklich fürchten, und so muß ich Dich bitten, mir auch den Nahmen eines nahe bey Berlin gelegenen Ortes oder Gasthofes zu nennen, wohin Du mir etwa mit der Bernhardi entgegen führest. Lies dieß ordentlich, damit Du mir nicht zerstreut antwortest, und ich in Noth gerathe.
[9] Apropos: zerstreutes Antworten! Du rühmst Dich sonst ungemein verständig zu seyn, und ich bin diejenige, welche Du unverständig schiltst. Mich will aber bedünken, Du seyst der Unverständige nun geworden. O dummer Freund, ist denn die Rede davon, ob die Köchin hübsch oder eine Äthioperin ist, oder davon, daß Dir ein Gefallen geschehn soll? Keineswegs. Ich muß nur wissen, ob ich überhaupt eine zu behalten habe. Für mich nicht; ich brauche sie blos, wenn Du den ganzen Sommer hier bist, wie bis zu Deinem lezten Brief nicht zweifelhaft war, und wenn Bernhardis kommen, was Du ebenfals bis jetzt fast für eine ausgemachte Gewißheit gegeben. Also sage mir nur so viel, ob es ganz ausgemacht ist, daß diese nicht kommen, denn ich habe mich auf alle Weise danach einzurichten. Wenn Du nur auf [10] unbestimmte Zeit hier bist, so nimst Du wohl mit mir und Rose vorlieb, und ich sage der Köchin auch in dem Fall auf, denn Du wirst Dich vielleicht erinnern, daß ich sie nicht etwa für beständig in Rücksicht Schellings brauche und mit dem ein arrangement über sie machen könnte, weil er den grösten Theil des Sommers nicht hier seyn wird.
Mit den Kollegien, das hast Du doch unrecht genommen. Im Gegentheil, Schelling zweifelt gar nicht an einen sehr entschiednen Erfolg. Es sind welche zu ihm gekommen, die davon gehört hatten, daß Du lesen wolltest, und mit dem einen Schlosser hat er sich schon verabredet, daß sie ganz für sich eine Unterschrift veranstalten wollen, die Dich nicht einmal zu etwas verbinden sollte. Das muß ich Dir wenigstens [11] zur Steuer der Wahrheit melden, ohne Dich zu irgend etwas bereden zu wollen. Recht erfreulich wäre mir es, wenn es bey dem ersten Plan bliebe ‒ wir sprechen ja bald darüber. Grüße die Bernhardi, es ist, als treten mir alle die unbekanten Gestalten nun schon recht nahe.
Ich wünschte, Du hättest in Deinen gestrigen Brief an Schelling ein Wort von der Wirkung Deines Billets an Iffland erwähnt. ‒ Wenn es sich mit Unger und dem Shakesp. wieder macht, das soll mich auch vergnügen; dann kann ich die Ungeheure besuchen.
Höre, Goethe weiß das vom Alarcos und Friedrich so gut wie die Unzeline das vom Ion und Böttiger. Er hat mancherley über ihn gesagt, er [12] sey der immer Hetzende und immer Gehezte und eine rechte Brennessel, samt einer Reihe von Einfällen über ihn, die Friedrichs Epigramme auf ihn allenfals aufwiegen.
Was Du von der Eifersucht sagst, die ihn getrieben, so ist das nicht mehr, als wir uns hier gleich ganz bestimmt ausdrückten ‒ ja, die Furie treibt ihn. Und ich bitte Dich, sieh zurück, wie unrein sein Betragen schon lange gewesen seyn kann. Bleibe er nur künftig fern von Dir, damit er statt der dummen Dir nicht auch schlechte Streiche spiele. Ich halte es nicht für unmöglich, daß er Tiek zu Vermehrens Allmanach hinüber zieht, besonders wenn Cotta nicht sehr willig ist. Friedrich ist käuflich ‒ Tiek vielleicht auch. Daß dieser sich mit Fromman überworfen, davon weiß [13] ich nichts; sie war bey mir und erwähnte nur, daß T. noch nichts weiter vom Octavian geschickt. Was macht er denn wohl? Und was mögen die Menschen zusammen beginnen? Sie sollten sich so lange zusammen thun und nichts wie schwarze Suppe essen, bis sie ehrlich und fleißig worden wären.
Dabey fällt mir ein vermaledeyter Brief ein, der für Dich eingelaufen ist, wo Dir ein leiblicher Bruder Deiner Mutter, wie er schreibt, wohnhaft 5 Stunden von hier, den Degen unverschämt auf die Brust setzt. Du und Friedrich, ihr solltet ihm vierteljährig etwas geben, und wenn er keine Antwort erhalte, so will er selbst kommen, und euch schon dazu nöthigen, denn seine Frau habe hier unter den Bürgern Verwandte. Ich brach den Brief auf, weil ich auf dergleichen nach der Außenseite fiel, nun [14] lasse ich durch Julchen anonym schreiben, ihr seyet beyde abwesend, welches ihm derjenige melde, der Auftrag habe die einlaufenden Briefe zu besorgen. Ich entsinne mich, daß es dergleichen Taugenichts giebt, er klagt auch, daß sie von Hannover nicht antworten.
Diese lassen Dich grüßen und sind sehr erfreut, Dein Bruder hat mir geschrieben.
Von Röschlaub ist nach halbjährigem Schweigen ein langer merkwürdiger Brief eingelaufen, von welchem mündlich ein mehreres. Von Martinengo keine Antwort. Ich nehme das Öhlbild von Auguste mit mir, vielleicht findet Tiek Zeit das Basrelief danach zu unternehmen. Grüße auch diesen. Wir wollen sehn, ob wir ihm [15] Fichtianer anwerben können. ‒ Der geringe Succeß von Fichte hat uns doch befremdet. Die Fichtin ist stets die nehmliche. Muß sich die alberne Gans ins Fenster stellen um solche Urtheile aufzufangen, die durchaus nichts sagen wollen und doch irr machen!
Schelling dankt Dir herzlich für die übersetzten Zeilen, sie kamen eben zu rechter Zeit; der Druck fängt heut an von dem, in das sie zu stehn kommen, und was, wenn ich nicht sehr irre, eine ausgezeichnete Herrlichkeit an sich hat. Mitbringen werde ich es schwerlich schon, aber es folgt mir bald nach.
Wie sich Goethe über Vermehrens Allmanach lustig macht, ist nicht zu sagen, über den Beywagen und nicht einmal [16] Beywagen, über den Covent von eurem Bier etc. G. ist hier, um die Büttnersche Bibliothek säubern und ordnen zu lassen.
Daß er einen Roman schreibt, hab ich Dir wohl nicht einmal gesagt. Er heißt Cäcilia.
Die Anekdote von Kotzebue hat ihn gehörig ergötzt, und uns nicht minder.
Wenn die Posten nicht von neuem toll geworden, so erhältst Du dieß früh genug vor Abgang der dortigen Post, um mir gleich noch zu antworten, so daß ich es mit der Mittwochspost der nächsten Woche erhalte, worum ich denn auch sehr bitte.
Soll ich noch Bücher mitbringen außer denen, die ich schon weiß? Lebe wohl, mein guter lieber Schlegel.
[1] [Jena] Montag d. 15 Febr. [18]02.
So ist mir diesesmal die kleine Fee mit den Ionischen Nachrichten zuvorgekommen, das vorigemal war es eine Hexe. Ob es mich nun nicht Wunder nimmt, daß die kleine Fee alles weiß, so ist mir doch verwunderlich, wie sie dieses so geschwind erfahren. Goethe sagt, er habe gegen keinen Menschen den Mund darüber aufgethan, aber freylich, da zwey bereits gesezte Bogen entsetzt werden mußten, ist es gleich unter die Setzer, Drucker und das Fußvolk gekommen. Die Sache verhält sich denn völlig so, und wird Dir wahrscheinlich nicht weniger inniglichen Spaß machen wie uns. Sie hätten den Böttiger jetzt so daran gehabt, daß er sich sobald nicht vernehmen lassen würde. Es scheint, als habe er vom Geh. Voigt eine förmliche Weisung bekommen. Mit der allgemeinen Censur, die sich Goethe vorbehalten, das glaub ich noch nicht, aber in das Modejournal kommen künftighin nur offizielle Artikel, und G. verfaßt den [2] über Ion. ‒ Zur Antwort auf Deine Fragen folgendes: Der König und die Königin erschienen zuerst jeder mit zwey Begleitern, welche blieben, bis jene gingen. Auch Phorbas mit zwey Schätzetragenden ‒ wo ich Dir schon bemerkte, daß ein Zug von mehrern, die einzeln getragen hätten, besser gewesen seyn würde. Bey jedem nachherigen Auftreten blieben die Begleiter zurück, außer wo Phorbas gefangen herbeygeführt wird von Vieren.
Ein artiger Zug schien es mir, daß Ion zuerst die Geschenke mit jugendlicher Neugierde mustert, ehe er Aufmerksamkeit auf die Reden des Phorbas gewinnt und sich zu diesem und der Pythia hinstellt.
Apollo hatte keine Leyer, nur den Bogen. Goethe hatte die Stellung des Apollo von Belvedere in Augen als die bekannteste, und hat sich alle Mühe [3] gegeben den Hayde auf diese Art zu recht zu rücken, was ihm aber mit dem Ion besser gelang, der vollkommen in dieser Stellung und Wendung des Kopfes in der Pforte des Tempels stand.
Ion ist nicht wieder gegeben seit dem, wird auch nicht vor Ostern. Du weißt, daß Goethe Stücke von dieser Gattung nie oft wiederholen läßt und sie nur als seltne Schaustücke ausgiebt. Es würde ihm auch keine Rast verstatten und den Schauspielern allzu herben Zwang auflegen, denn wenn sie sich nur ein bischen selbst überlassen sind, so spielen sie comme des cochons. Ostern würde das Stück wahrscheinlich gefordert werden, dann will er auch wieder von neuen alles dafür thun.
Nun hab ich Dir noch etwas darüber zu sagen, worin mir gewiß niemand zuvorkam. Das Frankfurter Theater hat gestern angefragt bey Goethe, ob es eine [4] Abschrift des Ion erhalten könne und zu welchem Preis. G. wollte nun wissen, ob man Dir erst schreiben solle und Dich den Preis bestimmen lassen ‒ da ich aber glaubte, Du würdest eben auch mit G. darüber berathschlagt haben, so konnten wir dieses ohne Zeitverlust in Deiner Seele. Er ist der Meynung es der Direktion zu überlassen, dann bekomme man am meisten, und da sie vollends mit G. zu unterhandeln hat, mag es wohl seyn, und er wird dem gemäß verfahren, aber zugleich gehörig Sorge tragen, daß Du genug bekommst.
Ist das nicht hübsch, mein Freund? Und was soll ich haben, wenn diese Anfrage auf den bescheidnen Aufsaz in der Eleganten Zeitung geschieht? ‒
Mit dem hab ich aber noch eine andre kleine Freude gehabt. Goethe fragt Schelling, [5] ob er ihn gelesen, der habe ihm sehr wohl gefallen, er habe ihn recht mit Vergnügen durchgesehn ‒ und dieses so ohne alle Ahndung, er könne von bekannter Hand herrühren, daß er noch hinzusetzt, man sehe, es habe ihn jemand ganz de son propre Chef gemacht, es wäre auch manches noch unbestimmt gelassen, herrsche aber eine reine und schöne Ansicht darin. Schelling hat ihn dabey gelassen, und er soll auch dabey bleiben.
Aber wie artig das ist, daß ich immer hinter Deine Geheimnisse komme! Wie, mein Herr, Sie haben ein Intriguenstück gemacht, und ich weiß nichts davon? Goethe dachte sich gar nicht anders, als daß ich es wissen müsse, und der Oheim selber verräth mir die Sache, der noch nie ausgeplaudert. Ich nahm mich gleich zusammen, und redte so zierlich unbestimmt, [6] daß er es gar nicht gewahr wurde, und ich alles erfahren, was man mir nicht hat anvertrauen wollen, die ich doch so verschwiegen bin wie der alte Herr kaum. Was Du nun aber zur Strafe nicht erfahren sollst, ist seine Meynung davon, die er doch von sich gegeben hat, so viel wie möglich war, indem ich mich auf kein Detail einlassen konnte. Und zum Wahrzeichen sag ich Dir dieses, obgleich Du gegen ihn es unentschieden gelassen, daß Du dies Stück wirklich gemacht hast, so schließe ich doch aus dem, was er darüber sagte, daß es nicht von Dir ist. Eh bien, mon ami?
Die Wahrheit zu sagen, es liegt mir nun wieder dunkel im Sinn, daß Du von einem Stück gesprochen, welches [7] Du ihm vielleicht noch schicken würdest, aber wie er davon anfing, dachte ich nicht daran. Es ist nun schon gut, Du kanst mirs mündlich erzählen.
Nur das Wetter kann mich länger aufhalten, als ich Dir im lezten Blatt bestimmte. Dieser neue Schnee hat die Wege bodenlos verdorben. Allein ich bitte Dich doch alles so einzurichten, daß ich, wo nicht in künftiger Woche, doch mit Anfang des März kommen kann. Es wäre nun schlimm, wenn Grattenauers auch durchaus nicht an meine Reise geglaubt und Dir nur darauf hin die Zimmer angeboten hätten ‒ indessen wirds ja so schlimm nicht seyn. Wenn Ion noch am 10ten März gegeben wird, so muß ich den durchaus sehn. Fällt ein Frost ein, so nutze ich ihn, denn übrigens ist schon alles in Ordnung.
[8] Ich werde zu rechter Zeit es melden, wenn ich Dein Erbieten mich von Potsdam abzuholen in Anspruch nehme, auch den Vorlesungstag vermeiden. Auf jeden Fall schreibe mir gleich den Nahmen des Gasthofes, in welchen ich Dich in Potsdam zu suchen habe. Ja, wenn es etwa der Fuhr wegen convenabler wäre, daß ich sie ganz nach Berlin hin nähme, so ist es doch unmöglich, daß ich allein in die Stadt fahre, ich würde mich erschrecklich fürchten, und so muß ich Dich bitten, mir auch den Nahmen eines nahe bey Berlin gelegenen Ortes oder Gasthofes zu nennen, wohin Du mir etwa mit der Bernhardi entgegen führest. Lies dieß ordentlich, damit Du mir nicht zerstreut antwortest, und ich in Noth gerathe.
[9] Apropos: zerstreutes Antworten! Du rühmst Dich sonst ungemein verständig zu seyn, und ich bin diejenige, welche Du unverständig schiltst. Mich will aber bedünken, Du seyst der Unverständige nun geworden. O dummer Freund, ist denn die Rede davon, ob die Köchin hübsch oder eine Äthioperin ist, oder davon, daß Dir ein Gefallen geschehn soll? Keineswegs. Ich muß nur wissen, ob ich überhaupt eine zu behalten habe. Für mich nicht; ich brauche sie blos, wenn Du den ganzen Sommer hier bist, wie bis zu Deinem lezten Brief nicht zweifelhaft war, und wenn Bernhardis kommen, was Du ebenfals bis jetzt fast für eine ausgemachte Gewißheit gegeben. Also sage mir nur so viel, ob es ganz ausgemacht ist, daß diese nicht kommen, denn ich habe mich auf alle Weise danach einzurichten. Wenn Du nur auf [10] unbestimmte Zeit hier bist, so nimst Du wohl mit mir und Rose vorlieb, und ich sage der Köchin auch in dem Fall auf, denn Du wirst Dich vielleicht erinnern, daß ich sie nicht etwa für beständig in Rücksicht Schellings brauche und mit dem ein arrangement über sie machen könnte, weil er den grösten Theil des Sommers nicht hier seyn wird.
Mit den Kollegien, das hast Du doch unrecht genommen. Im Gegentheil, Schelling zweifelt gar nicht an einen sehr entschiednen Erfolg. Es sind welche zu ihm gekommen, die davon gehört hatten, daß Du lesen wolltest, und mit dem einen Schlosser hat er sich schon verabredet, daß sie ganz für sich eine Unterschrift veranstalten wollen, die Dich nicht einmal zu etwas verbinden sollte. Das muß ich Dir wenigstens [11] zur Steuer der Wahrheit melden, ohne Dich zu irgend etwas bereden zu wollen. Recht erfreulich wäre mir es, wenn es bey dem ersten Plan bliebe ‒ wir sprechen ja bald darüber. Grüße die Bernhardi, es ist, als treten mir alle die unbekanten Gestalten nun schon recht nahe.
Ich wünschte, Du hättest in Deinen gestrigen Brief an Schelling ein Wort von der Wirkung Deines Billets an Iffland erwähnt. ‒ Wenn es sich mit Unger und dem Shakesp. wieder macht, das soll mich auch vergnügen; dann kann ich die Ungeheure besuchen.
Höre, Goethe weiß das vom Alarcos und Friedrich so gut wie die Unzeline das vom Ion und Böttiger. Er hat mancherley über ihn gesagt, er [12] sey der immer Hetzende und immer Gehezte und eine rechte Brennessel, samt einer Reihe von Einfällen über ihn, die Friedrichs Epigramme auf ihn allenfals aufwiegen.
Was Du von der Eifersucht sagst, die ihn getrieben, so ist das nicht mehr, als wir uns hier gleich ganz bestimmt ausdrückten ‒ ja, die Furie treibt ihn. Und ich bitte Dich, sieh zurück, wie unrein sein Betragen schon lange gewesen seyn kann. Bleibe er nur künftig fern von Dir, damit er statt der dummen Dir nicht auch schlechte Streiche spiele. Ich halte es nicht für unmöglich, daß er Tiek zu Vermehrens Allmanach hinüber zieht, besonders wenn Cotta nicht sehr willig ist. Friedrich ist käuflich ‒ Tiek vielleicht auch. Daß dieser sich mit Fromman überworfen, davon weiß [13] ich nichts; sie war bey mir und erwähnte nur, daß T. noch nichts weiter vom Octavian geschickt. Was macht er denn wohl? Und was mögen die Menschen zusammen beginnen? Sie sollten sich so lange zusammen thun und nichts wie schwarze Suppe essen, bis sie ehrlich und fleißig worden wären.
Dabey fällt mir ein vermaledeyter Brief ein, der für Dich eingelaufen ist, wo Dir ein leiblicher Bruder Deiner Mutter, wie er schreibt, wohnhaft 5 Stunden von hier, den Degen unverschämt auf die Brust setzt. Du und Friedrich, ihr solltet ihm vierteljährig etwas geben, und wenn er keine Antwort erhalte, so will er selbst kommen, und euch schon dazu nöthigen, denn seine Frau habe hier unter den Bürgern Verwandte. Ich brach den Brief auf, weil ich auf dergleichen nach der Außenseite fiel, nun [14] lasse ich durch Julchen anonym schreiben, ihr seyet beyde abwesend, welches ihm derjenige melde, der Auftrag habe die einlaufenden Briefe zu besorgen. Ich entsinne mich, daß es dergleichen Taugenichts giebt, er klagt auch, daß sie von Hannover nicht antworten.
Diese lassen Dich grüßen und sind sehr erfreut, Dein Bruder hat mir geschrieben.
Von Röschlaub ist nach halbjährigem Schweigen ein langer merkwürdiger Brief eingelaufen, von welchem mündlich ein mehreres. Von Martinengo keine Antwort. Ich nehme das Öhlbild von Auguste mit mir, vielleicht findet Tiek Zeit das Basrelief danach zu unternehmen. Grüße auch diesen. Wir wollen sehn, ob wir ihm [15] Fichtianer anwerben können. ‒ Der geringe Succeß von Fichte hat uns doch befremdet. Die Fichtin ist stets die nehmliche. Muß sich die alberne Gans ins Fenster stellen um solche Urtheile aufzufangen, die durchaus nichts sagen wollen und doch irr machen!
Schelling dankt Dir herzlich für die übersetzten Zeilen, sie kamen eben zu rechter Zeit; der Druck fängt heut an von dem, in das sie zu stehn kommen, und was, wenn ich nicht sehr irre, eine ausgezeichnete Herrlichkeit an sich hat. Mitbringen werde ich es schwerlich schon, aber es folgt mir bald nach.
Wie sich Goethe über Vermehrens Allmanach lustig macht, ist nicht zu sagen, über den Beywagen und nicht einmal [16] Beywagen, über den Covent von eurem Bier etc. G. ist hier, um die Büttnersche Bibliothek säubern und ordnen zu lassen.
Daß er einen Roman schreibt, hab ich Dir wohl nicht einmal gesagt. Er heißt Cäcilia.
Die Anekdote von Kotzebue hat ihn gehörig ergötzt, und uns nicht minder.
Wenn die Posten nicht von neuem toll geworden, so erhältst Du dieß früh genug vor Abgang der dortigen Post, um mir gleich noch zu antworten, so daß ich es mit der Mittwochspost der nächsten Woche erhalte, worum ich denn auch sehr bitte.
Soll ich noch Bücher mitbringen außer denen, die ich schon weiß? Lebe wohl, mein guter lieber Schlegel.
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