• Johann Adolf Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Unknown · Date: April 1793
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Johann Adolf Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: April 1793
    Printed Text
  • Bibliography: Walzel, Oskar: Neue Quellen zur Geschichte der älteren romantischen Schule. In: Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien 42 (1891), S. 489‒490.
  • Incipit: „Hannover Am April 1793.
    Mein liebster Sohn,
    Es thut mir in der That in der Seele weh, dass ich in der langen Zeit, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36881
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.21,Nr.3
  • Number of Pages: 2 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 11,3 cm
Hannover Am April 1793.
Mein liebster Sohn,
Es thut mir in der That in der Seele weh, dass ich in der langen Zeit, seit Du in Amsterdam bist, noch nicht an Dich geschrieben habe. Nicht an Dich habe schreiben können. Das ist nun einmal mein Loos, dass ich, der ich in meinen jüngern Jahren im freundschaftlichen Briefwechsel so ganz lebte und webte, nun besonders in meinem Alter dessen so ganz entbehren muss. Man pflegt im Alter auf Erleichterung zu hoffen, und hat auch in der That gültige Ansprüche darauf. Bey mir hingegen haben sich die Geschäfte verdoppelt. Du weißst, wie ich schon vor Deiner Abreise damit tüchtig belastet war. Aber seitdem haben sie sich mit der Einrückung in die Stellung eines ersten geistlichen Rathes noch gar um ein guthes Theil vermehret, zumal da nun statt der vormaligen fünf geistlichen Räthe deren nur vier sind, der zellische wenig oder keine Consistorialarbeit thut, und die beiden Mitarbeiter im Grunde für nichts zu rechnen sind.
Ich bin daher auch überzeugt, dass Du mein so gänzliches Stillschweigen, dass ich Dich gar keinen Laut von mir habe hören lassen, entschuldiget und keinem Mangel an Liebe beygemessen haben wirst. Ich habe darum nicht weniger, als irgend jemand im Hause an Allem, was Dich anbetroffen den wärmsten Antheil genommen. Die eine Rechtfertigung, dass ich, der ich mit meiner Zeit so haushälterisch seyn muss, mir noch keine Stunde zu einem Briefe an Dich habe abmüßigen können, wirst Du in Deinem erhaItenen Bücherkasten gefunden haben, da ich demselben ein Exemplar von dem Anhange zum hannöverschen Gesangbuche habe beypacken lassen. Er hat mir, so wenig man es ihm ansehen wird, unsägliche Mühe gekostet. Alle Gesänge sind von mir durchcorrigirt. No. 1033, 1034, 1055 und 1081 sind von mir, so wie 1032 neu verfertigt. – Poeten sind doch eitle Geschöpfe. Was meynt der Herr Sohn?
Meine zweite Rechtfertigung hast Du in den itzigen Kriegsläuften, und in der außerordentlichen Arbeit, welche mir neben der gewöhnlichen die Bestellung, Examinirung usw. eines Feldinspectors, eines Hospitalpredigers und acht Feldprediger verursachet.
Unsere Truppen werden nun bald anlangen, euer Land aber von Feinden meist geräumet finden. Ich freue mich nicht wenig darüber, dass euch so trefflich wieder Luft gemacht ist, wiewohl ich für Amsterdam nie besorgt gewesen bin, so sehr sich Deine Mutter darüber geängstet, und deswegen noch in ihren alten Tagen nicht nur auf die Zeitungen hören, sondern auch mit Begierde sie lesen gelernet hat.
Deine uns davon mitgetheilten Nachrichten haben mich, so wie alle in unserm Hause sehr interessirt, und Du wirst wohl thun, wenn Du damit so lange fortfährst, bis euer Land ganz von der französischen Brut gereinigt seyn wird, welches wohl nicht lange mehr säumen dürfte. Deine Nachrichten sind auch von unsren politischen Zeitungen gemeiniglich benutzet worden.
Lebe wohl und behalte lieb
Deinen
Dich aufrichtig liebenden Vater
D. Joh. Adolf Schlegel.

Bald nach Uebergabe von Gertreujdenberg wurde hier von einem Kaufmanne gesagt, dass es in Amsterdam eine sehr unruhige Nacht gegeben, und daß ein Auflauf gewesen, dessenthalben die Kanonen aufgeführt worden, und Patrouillen stets durch die Straßen gehen müssen. Du hast wohl gethan, daß Du nichts davon geschrieben. Die Mutter würde sich nur geängstet haben. So gar arg muß es doch auch nicht gewesen seyn, da nachher in den Zeitungen nichts davon vorgekommen ist. Vielleicht hat die ganze Sache keinen Grund.
Hannover Am April 1793.
Mein liebster Sohn,
Es thut mir in der That in der Seele weh, dass ich in der langen Zeit, seit Du in Amsterdam bist, noch nicht an Dich geschrieben habe. Nicht an Dich habe schreiben können. Das ist nun einmal mein Loos, dass ich, der ich in meinen jüngern Jahren im freundschaftlichen Briefwechsel so ganz lebte und webte, nun besonders in meinem Alter dessen so ganz entbehren muss. Man pflegt im Alter auf Erleichterung zu hoffen, und hat auch in der That gültige Ansprüche darauf. Bey mir hingegen haben sich die Geschäfte verdoppelt. Du weißst, wie ich schon vor Deiner Abreise damit tüchtig belastet war. Aber seitdem haben sie sich mit der Einrückung in die Stellung eines ersten geistlichen Rathes noch gar um ein guthes Theil vermehret, zumal da nun statt der vormaligen fünf geistlichen Räthe deren nur vier sind, der zellische wenig oder keine Consistorialarbeit thut, und die beiden Mitarbeiter im Grunde für nichts zu rechnen sind.
Ich bin daher auch überzeugt, dass Du mein so gänzliches Stillschweigen, dass ich Dich gar keinen Laut von mir habe hören lassen, entschuldiget und keinem Mangel an Liebe beygemessen haben wirst. Ich habe darum nicht weniger, als irgend jemand im Hause an Allem, was Dich anbetroffen den wärmsten Antheil genommen. Die eine Rechtfertigung, dass ich, der ich mit meiner Zeit so haushälterisch seyn muss, mir noch keine Stunde zu einem Briefe an Dich habe abmüßigen können, wirst Du in Deinem erhaItenen Bücherkasten gefunden haben, da ich demselben ein Exemplar von dem Anhange zum hannöverschen Gesangbuche habe beypacken lassen. Er hat mir, so wenig man es ihm ansehen wird, unsägliche Mühe gekostet. Alle Gesänge sind von mir durchcorrigirt. No. 1033, 1034, 1055 und 1081 sind von mir, so wie 1032 neu verfertigt. – Poeten sind doch eitle Geschöpfe. Was meynt der Herr Sohn?
Meine zweite Rechtfertigung hast Du in den itzigen Kriegsläuften, und in der außerordentlichen Arbeit, welche mir neben der gewöhnlichen die Bestellung, Examinirung usw. eines Feldinspectors, eines Hospitalpredigers und acht Feldprediger verursachet.
Unsere Truppen werden nun bald anlangen, euer Land aber von Feinden meist geräumet finden. Ich freue mich nicht wenig darüber, dass euch so trefflich wieder Luft gemacht ist, wiewohl ich für Amsterdam nie besorgt gewesen bin, so sehr sich Deine Mutter darüber geängstet, und deswegen noch in ihren alten Tagen nicht nur auf die Zeitungen hören, sondern auch mit Begierde sie lesen gelernet hat.
Deine uns davon mitgetheilten Nachrichten haben mich, so wie alle in unserm Hause sehr interessirt, und Du wirst wohl thun, wenn Du damit so lange fortfährst, bis euer Land ganz von der französischen Brut gereinigt seyn wird, welches wohl nicht lange mehr säumen dürfte. Deine Nachrichten sind auch von unsren politischen Zeitungen gemeiniglich benutzet worden.
Lebe wohl und behalte lieb
Deinen
Dich aufrichtig liebenden Vater
D. Joh. Adolf Schlegel.

Bald nach Uebergabe von Gertreujdenberg wurde hier von einem Kaufmanne gesagt, dass es in Amsterdam eine sehr unruhige Nacht gegeben, und daß ein Auflauf gewesen, dessenthalben die Kanonen aufgeführt worden, und Patrouillen stets durch die Straßen gehen müssen. Du hast wohl gethan, daß Du nichts davon geschrieben. Die Mutter würde sich nur geängstet haben. So gar arg muß es doch auch nicht gewesen seyn, da nachher in den Zeitungen nichts davon vorgekommen ist. Vielleicht hat die ganze Sache keinen Grund.
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