• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: 25.08.1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 25.08.1801
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 12‒13.
  • Incipit: „[1] Berlin den 25ten August 1801
    Ich will Ihnen lieber Freund indem ich Ihnen diesen angekommenen Brief sende zugleich melden daß Nicolai [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,7
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. Paraphe
  • Format: 18,9 x 11,9 cm
[1] Berlin den 25ten August 1801
Ich will Ihnen lieber Freund indem ich Ihnen diesen angekommenen Brief sende zugleich melden daß Nicolai seine Wuht nicht hat beherschen können sondern schon einige Bogen geschrieben hat welche ungemein eng gedrukt sind damit er doch ein weitläuftiges Geschwätz führen kan ohne daß es gleich so auffallend wäre. Er bittet überhaupt immer seiner Weitläuftigkeit wegen um Verzeihung die nur der Deutlichkeit wegen ganz nothwendig sei. Es wird dies kostbahre Werk noch nicht ausgegeben wir hatten es nur von der Sander auf einen Tag geliehen und haben es mit grosser Freude und Gelächter gelesen, auch Ihrer wird darin nicht geschont sondern die unbegreifliche Unverschämtheit bewundert mit der ein Mensch nicht nur die Stirn hat sich zu der Ehrenpforte zu nennen sondern es sogar für ein Kunstproduckt auszugeben. Nicolai spricht von Schlangen und Müken und nent dan Sie und Tieck so daß Sie als eine Schlange anzusehen sind. Wen[n] Sie sich nun über [2] diesen Verfolger grämen so muß ich Ihnen gleich zum Troste melden daß sich ein Bewunderer vorgefunden hat wie ich noch niemals einen kennen gelernt habe. Er nent sich Tümpeling Sie werden gewiß schon von ihm gehört haben er spricht gar nicht anders als von dem grossen Tieck und Schlegel, ist gegen mich weil ich Tiecks Schwester und auch sonst eine interressante Frau, ein Stern seltener Grösse bin so unterthänig daß er mit dem Kopfe fast immer unter den Tisch war, dabei hatte er ein grosses Manuscript in der Tasche und laß uns ohne Umstände recht wie einen Bewunderer geziehmt ein Gedicht vor welches er in Müchlers Almanach abdruken läßt wovon wir aber weil er bei seinem Lesen so sehr in Eifer gerieht daß er mit einer grossen Wuht und Geschwindigkeit alles aussprach sehr wenig verstanden haben. Was es übrigens für ein Gedicht kennen Sie darauß sehen daß er glaubt der polnische Jude vertraue nur seiner Kraft und [3] seinen Talenten nicht genug und sei viel zu bescheiden. Wie ich ganz bescheiden äusserte der Jude könne wohl zu unwissend sein und dieß erscheine mir als sein gröster Fehler wurde er ganz bestürzt und zweifelte fast an meiner Grösse. Dieser demühtige Bewunderer war übrigens von so schlechten Sitten daß er mit einer solchen unbescheidenen Dreistigkeit meine Hände immerfort küste als ob er mein erklärter Günstling wäre daß es mir so gar wenig half wie ich in der Angst um der Ungezogenheit zu entgehen mein Strickzeug ergrif, ich war daher recht froh wie er an zu lesen fieng und doch seinen Mund anders brauchen muste, aber kaum hatte er daß lezte Wort ausgesprochen so fieng er es da wieder an wo er es ausgelassen hatte.
Madam Meier ist Ihnen auch ungetreu geworden. (Sie sehen ich wechsele ab mit guten und schlechten Nachrichten.) Sie findet daß Sie dem Kotzebue doch Unrecht gethan haben daß die Ehrenpforte nicht witzig sondern eine platte Verfolgung [4] sei wobei Sie die Bosheit gegen den Presidenten nicht verläugnen könten, es sei eine schwerfällige Sache die er mit Leichtigkeit und ohne sich zu erzürnen aufgenommen habe. Der Esel des Presidenten sei viel witziger leichter und besser und Sie haben doch auf die Satire darin gegen Sie nichts zu erwiedern gewust. Sehen Sie mein Freund daß ist der Ruhm, habe ich nun nicht recht wen[n] ich behaupte daß es nicht der Mühe wehrt ist ihn zu erwerben? Wen[n] Sie wieder nach Berlin kommen werden Sie ohne Zweifel wieder verehrt werden. Nach Berlin müssen Sie aber in der That bald wieder kommen, die Schede sehnt sich ganz unbeschreiblich darnach sie ist bei mir und hat mir viele Grüße an Sie aufgetragen sie kan ihre Zärtlichkeit nicht verbergen und giebt sich auch keine Mühe es zu thun. Bernhardi grüßt Sie herzlich, auch er sehnt sich Sie wieder zu sehen und wünscht daß die Frauenzimmer weniger liebenswürdig sein möchten damit Sie sich desto eher von Jena trennen könten. Wenigstens der einen bitte ich mich sehr zu empfehlen.
Ihre Freundin
Sophie B[ern]h[ardi]
[1] Berlin den 25ten August 1801
Ich will Ihnen lieber Freund indem ich Ihnen diesen angekommenen Brief sende zugleich melden daß Nicolai seine Wuht nicht hat beherschen können sondern schon einige Bogen geschrieben hat welche ungemein eng gedrukt sind damit er doch ein weitläuftiges Geschwätz führen kan ohne daß es gleich so auffallend wäre. Er bittet überhaupt immer seiner Weitläuftigkeit wegen um Verzeihung die nur der Deutlichkeit wegen ganz nothwendig sei. Es wird dies kostbahre Werk noch nicht ausgegeben wir hatten es nur von der Sander auf einen Tag geliehen und haben es mit grosser Freude und Gelächter gelesen, auch Ihrer wird darin nicht geschont sondern die unbegreifliche Unverschämtheit bewundert mit der ein Mensch nicht nur die Stirn hat sich zu der Ehrenpforte zu nennen sondern es sogar für ein Kunstproduckt auszugeben. Nicolai spricht von Schlangen und Müken und nent dan Sie und Tieck so daß Sie als eine Schlange anzusehen sind. Wen[n] Sie sich nun über [2] diesen Verfolger grämen so muß ich Ihnen gleich zum Troste melden daß sich ein Bewunderer vorgefunden hat wie ich noch niemals einen kennen gelernt habe. Er nent sich Tümpeling Sie werden gewiß schon von ihm gehört haben er spricht gar nicht anders als von dem grossen Tieck und Schlegel, ist gegen mich weil ich Tiecks Schwester und auch sonst eine interressante Frau, ein Stern seltener Grösse bin so unterthänig daß er mit dem Kopfe fast immer unter den Tisch war, dabei hatte er ein grosses Manuscript in der Tasche und laß uns ohne Umstände recht wie einen Bewunderer geziehmt ein Gedicht vor welches er in Müchlers Almanach abdruken läßt wovon wir aber weil er bei seinem Lesen so sehr in Eifer gerieht daß er mit einer grossen Wuht und Geschwindigkeit alles aussprach sehr wenig verstanden haben. Was es übrigens für ein Gedicht kennen Sie darauß sehen daß er glaubt der polnische Jude vertraue nur seiner Kraft und [3] seinen Talenten nicht genug und sei viel zu bescheiden. Wie ich ganz bescheiden äusserte der Jude könne wohl zu unwissend sein und dieß erscheine mir als sein gröster Fehler wurde er ganz bestürzt und zweifelte fast an meiner Grösse. Dieser demühtige Bewunderer war übrigens von so schlechten Sitten daß er mit einer solchen unbescheidenen Dreistigkeit meine Hände immerfort küste als ob er mein erklärter Günstling wäre daß es mir so gar wenig half wie ich in der Angst um der Ungezogenheit zu entgehen mein Strickzeug ergrif, ich war daher recht froh wie er an zu lesen fieng und doch seinen Mund anders brauchen muste, aber kaum hatte er daß lezte Wort ausgesprochen so fieng er es da wieder an wo er es ausgelassen hatte.
Madam Meier ist Ihnen auch ungetreu geworden. (Sie sehen ich wechsele ab mit guten und schlechten Nachrichten.) Sie findet daß Sie dem Kotzebue doch Unrecht gethan haben daß die Ehrenpforte nicht witzig sondern eine platte Verfolgung [4] sei wobei Sie die Bosheit gegen den Presidenten nicht verläugnen könten, es sei eine schwerfällige Sache die er mit Leichtigkeit und ohne sich zu erzürnen aufgenommen habe. Der Esel des Presidenten sei viel witziger leichter und besser und Sie haben doch auf die Satire darin gegen Sie nichts zu erwiedern gewust. Sehen Sie mein Freund daß ist der Ruhm, habe ich nun nicht recht wen[n] ich behaupte daß es nicht der Mühe wehrt ist ihn zu erwerben? Wen[n] Sie wieder nach Berlin kommen werden Sie ohne Zweifel wieder verehrt werden. Nach Berlin müssen Sie aber in der That bald wieder kommen, die Schede sehnt sich ganz unbeschreiblich darnach sie ist bei mir und hat mir viele Grüße an Sie aufgetragen sie kan ihre Zärtlichkeit nicht verbergen und giebt sich auch keine Mühe es zu thun. Bernhardi grüßt Sie herzlich, auch er sehnt sich Sie wieder zu sehen und wünscht daß die Frauenzimmer weniger liebenswürdig sein möchten damit Sie sich desto eher von Jena trennen könten. Wenigstens der einen bitte ich mich sehr zu empfehlen.
Ihre Freundin
Sophie B[ern]h[ardi]
×
×