• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Mailand · Place of Destination: Unknown · Date: 13.06.1805
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Mailand
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 13.06.1805
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 200‒201.
  • Incipit: „Mailand d. 13 Jun 1805
    Geliebteste Freundin
    Seit acht bis neun Tagen sind wir hier, ich habe bis jetzt immer aufgeschoben zu schreiben [...]“
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Mailand d. 13 Jun 1805
Geliebteste Freundin
Seit acht bis neun Tagen sind wir hier, ich habe bis jetzt immer aufgeschoben zu schreiben in der Hoffnung einen Brief von Ihnen zu erhalten, was ich nun fast aufgeben muß, da wir übermorgen abreisen. Meinen Brief aus Bologna werden Sie erhalten haben; ich habe seit der Abreise aus Rom kein Zeichen des Lebens von Ihnen, bloß mittelbar durch das Geschäft mit Humboldt. Aus seinen späteren Briefen an Fr.[au] v. St.[aël] schließe ich, daß Tieck noch nicht angekommen ist, weil er es sonst gewiß erwähnt haben würde.
Mich verlangt unaussprechlich nach Nachrichten von Ihnen und den Ihrigen, es wäre nicht freundlich wenn Sie mir sie vorenthielten. Die heiße Jahrszeit ist nun hier in vollem Maß eingetreten, und wir leiden unterwegs, und auch in den Wirthshäusern weil man sich nicht gehörig einrichten kann, ziemlich davon. – Vermuthlich ist es in Rom noch heißer aber die Luft auch leichter, und ich hoffe daß Sie sich in Ihrer Wohnung und durch die Tagesordnung gegen das Ungemach werden schützen können. Die Wirkung des Klimas auf Ihre Gesundheit muß sich nun schon spüren lassen, der Himmel gebe daß sie günstig sey! Haben Sie sich eine Badeanstalt im Hause eingerichtet?
Das Tieck weder kommt, noch von sich hören läßt, betrübt und ängstigt mich sehr. Wenn er nicht bald erscheint, so muß man ihn wohl für den Sommer aufgeben, denn er wird die Reise doch nicht unter dem Hundsstern vornehmen wollen. Es ist so übel als möglich ausgesonnen, in einem ungewohnten Clima gerade in die nachtheilige Jahrszeit zu fallen. Wie sehr es mir am Herzen liegen muß, daß das Basrelief zur Aufstellung für den Herbst gefertigt werde, können Sie sich leicht denken, und dazu schwindet ja fast alle Aussicht. Kurz es ist auf alle Weise trostlos.
Das Manuscript von Egidio und Isabella wird mir nun über die Alpen nachfolgen müssen; ich werde sogleich, wie ich in Coppet ankomme, an Cotta schreiben, und auch die Abschrift baldmöglichst besorgen. Lassen Sie mich nur [nicht] vergeblich warten.
Ich hoffe noch vor Ende Juni zurück und in Ruhe zu seyn. Leider müssen wir den Mont Cenis noch einmal besteigen, da der Plan mit dem Simplon, gerade in dieser Jahrszeit wegen der Lawinen, und weil die neue Straße noch nicht weit genug vorgerückt ist, nicht ausführbar.
Wir sind hier, wie die Absicht war, nach Beendigung der Krönungsfeste eingetroffen doch habe ich Gelegenheit gehabt bey der Einsetzung des Vicekönigs in einem feyerlichen Zuge die Pracht des neuen Hofes, die Person des mächtigsten Mannes in der Welt und seine Mameluken ganz von nahe bey zu sehn.
Meine Freundin hat wie leider zu befürchten stand, weder für ihre Rückkehr nach Paris, noch für die Geldangelegenheit etwas entscheidendes ausgewirkt. Doch ist ihre persönliche Erscheinung gewiß sehr vortheilhaft gewesen, sie hat ihre Sache vortrefflich geführt, und viele Beweise abgenöthigter Achtung von solchen erhalten die Einfluß haben. Es scheint nunmehr ausgemacht, daß wir den Winter auf einem Landgute, etwa 10 Meilen weit von Paris zubringen werden. Dieß giebt mir Gelegenheit einen Ausflug dahin zu machen, und es für meine Zwecke hinreichend kennen zu lernen. Vielleicht sehe ich dann auch meinen Bruder wieder. Nach den Äußerungen des Ministers Champagny und seines Secretärs Gerando dürften für seine Anstellung in Cöln, die er fast schon aufgegeben, doch noch Aussichten da seyn.
Schillers Tod werden Sie längst wissen, wir erfuhren ihn in Venedig. – In Petersburg ist ein Mann gestorben, den ich genau kannte, und der auf mein Leben nicht unbedeutende Einflüsse gehabt hat; er hieß Tatter, und war dort Hannöverischer Geschäftsträger. Er besaß eine seltene Liebenswürdigkeit und viele vortreffliche Eigenschaften, ich wäre gern einmal irgend wo wieder mit ihm zusammengetroffen.
Denken Sie sich, man schreibt mir aus Berlin daß Mad. Unzelmann sich von ihrem Manne scheiden lassen, und Bethmann heirathet.
Ich schließe, um noch einige Zeilen an Ihren Bruder zu schreiben. Wenn er nach Ihren nächsten Nachrichten noch nicht angekommen ist werde ich ihm unverzüglich wieder einen Brief nach Deutschland richten.
Die lieben Engelskinder herze ich tausendmal. Melden Sie mir doch wie sie sich in Rom gefallen, und ob sie lesen und Italiänisch lernen. Viele freundschaftliche Grüße an Knorring. Seyn Sie gewiß theuerste Freundin, daß ich in jeder Lage und Entfernung mit gleich treuer Sorge und Liebe an Sie denke. Leben Sie wohl.
Ich bitte um die Adresse der HE. Aretin und Dozen in München.
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Mailand d. 13 Jun 1805
Geliebteste Freundin
Seit acht bis neun Tagen sind wir hier, ich habe bis jetzt immer aufgeschoben zu schreiben in der Hoffnung einen Brief von Ihnen zu erhalten, was ich nun fast aufgeben muß, da wir übermorgen abreisen. Meinen Brief aus Bologna werden Sie erhalten haben; ich habe seit der Abreise aus Rom kein Zeichen des Lebens von Ihnen, bloß mittelbar durch das Geschäft mit Humboldt. Aus seinen späteren Briefen an Fr.[au] v. St.[aël] schließe ich, daß Tieck noch nicht angekommen ist, weil er es sonst gewiß erwähnt haben würde.
Mich verlangt unaussprechlich nach Nachrichten von Ihnen und den Ihrigen, es wäre nicht freundlich wenn Sie mir sie vorenthielten. Die heiße Jahrszeit ist nun hier in vollem Maß eingetreten, und wir leiden unterwegs, und auch in den Wirthshäusern weil man sich nicht gehörig einrichten kann, ziemlich davon. – Vermuthlich ist es in Rom noch heißer aber die Luft auch leichter, und ich hoffe daß Sie sich in Ihrer Wohnung und durch die Tagesordnung gegen das Ungemach werden schützen können. Die Wirkung des Klimas auf Ihre Gesundheit muß sich nun schon spüren lassen, der Himmel gebe daß sie günstig sey! Haben Sie sich eine Badeanstalt im Hause eingerichtet?
Das Tieck weder kommt, noch von sich hören läßt, betrübt und ängstigt mich sehr. Wenn er nicht bald erscheint, so muß man ihn wohl für den Sommer aufgeben, denn er wird die Reise doch nicht unter dem Hundsstern vornehmen wollen. Es ist so übel als möglich ausgesonnen, in einem ungewohnten Clima gerade in die nachtheilige Jahrszeit zu fallen. Wie sehr es mir am Herzen liegen muß, daß das Basrelief zur Aufstellung für den Herbst gefertigt werde, können Sie sich leicht denken, und dazu schwindet ja fast alle Aussicht. Kurz es ist auf alle Weise trostlos.
Das Manuscript von Egidio und Isabella wird mir nun über die Alpen nachfolgen müssen; ich werde sogleich, wie ich in Coppet ankomme, an Cotta schreiben, und auch die Abschrift baldmöglichst besorgen. Lassen Sie mich nur [nicht] vergeblich warten.
Ich hoffe noch vor Ende Juni zurück und in Ruhe zu seyn. Leider müssen wir den Mont Cenis noch einmal besteigen, da der Plan mit dem Simplon, gerade in dieser Jahrszeit wegen der Lawinen, und weil die neue Straße noch nicht weit genug vorgerückt ist, nicht ausführbar.
Wir sind hier, wie die Absicht war, nach Beendigung der Krönungsfeste eingetroffen doch habe ich Gelegenheit gehabt bey der Einsetzung des Vicekönigs in einem feyerlichen Zuge die Pracht des neuen Hofes, die Person des mächtigsten Mannes in der Welt und seine Mameluken ganz von nahe bey zu sehn.
Meine Freundin hat wie leider zu befürchten stand, weder für ihre Rückkehr nach Paris, noch für die Geldangelegenheit etwas entscheidendes ausgewirkt. Doch ist ihre persönliche Erscheinung gewiß sehr vortheilhaft gewesen, sie hat ihre Sache vortrefflich geführt, und viele Beweise abgenöthigter Achtung von solchen erhalten die Einfluß haben. Es scheint nunmehr ausgemacht, daß wir den Winter auf einem Landgute, etwa 10 Meilen weit von Paris zubringen werden. Dieß giebt mir Gelegenheit einen Ausflug dahin zu machen, und es für meine Zwecke hinreichend kennen zu lernen. Vielleicht sehe ich dann auch meinen Bruder wieder. Nach den Äußerungen des Ministers Champagny und seines Secretärs Gerando dürften für seine Anstellung in Cöln, die er fast schon aufgegeben, doch noch Aussichten da seyn.
Schillers Tod werden Sie längst wissen, wir erfuhren ihn in Venedig. – In Petersburg ist ein Mann gestorben, den ich genau kannte, und der auf mein Leben nicht unbedeutende Einflüsse gehabt hat; er hieß Tatter, und war dort Hannöverischer Geschäftsträger. Er besaß eine seltene Liebenswürdigkeit und viele vortreffliche Eigenschaften, ich wäre gern einmal irgend wo wieder mit ihm zusammengetroffen.
Denken Sie sich, man schreibt mir aus Berlin daß Mad. Unzelmann sich von ihrem Manne scheiden lassen, und Bethmann heirathet.
Ich schließe, um noch einige Zeilen an Ihren Bruder zu schreiben. Wenn er nach Ihren nächsten Nachrichten noch nicht angekommen ist werde ich ihm unverzüglich wieder einen Brief nach Deutschland richten.
Die lieben Engelskinder herze ich tausendmal. Melden Sie mir doch wie sie sich in Rom gefallen, und ob sie lesen und Italiänisch lernen. Viele freundschaftliche Grüße an Knorring. Seyn Sie gewiß theuerste Freundin, daß ich in jeder Lage und Entfernung mit gleich treuer Sorge und Liebe an Sie denke. Leben Sie wohl.
Ich bitte um die Adresse der HE. Aretin und Dozen in München.
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