• August Wilhelm von Schlegel to Johann Diederich Gries

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Göttingen · Date: 12.01.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Diederich Gries
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Göttingen
  • Date: 12.01.1800
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 102‒104.
  • Incipit: „[1] Jena d. 12 Jan 1800
    Mein werthester heiliger Dreykönig!
    Wir haben sowohl Ihr solides und geräuchertes Gedicht als die scherzhaften und muthwilligen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg
  • Classification Number: SUB Hamburg : CS 4 : Schlegel AW : 5‒8
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
[1] Jena d. 12 Jan 1800
Mein werthester heiliger Dreykönig!
Wir haben sowohl Ihr solides und geräuchertes Gedicht als die scherzhaften und muthwilligen Produkte der Göttingischen Metzger richtig empfangen, und beyde mit dem besten Wohlgeschmack respective gelesen und aufgezehrt. Carolinen würde bey Ihrer Sendung das Gewissen doppelt beunruhigt haben, wenn sie nicht eben vorher die Schuld durch einen langen Brief an Sie wenigstens einigermaßen abgetragen hätte.
Ich habe, was mich betrifft, die Sache mit meinem Gewissen ein für allemal abgethan, und rechne darauf, daß meine abwesenden Freunde es mir verzeihen, wenn ich nur an sie denke und nicht an sie schreibe, da ich doch wenigstens für sie schreibe. Jetzt da mein Bruder mit mir an demselben Orte lebt, führe ich eigentlich gar keine Correspondenz außer mit Buchhändlern; und es ist in das unter dem Namen epistolophobia nur zu bekannte Übel übergegangen. – Was werden Sie aber [2] sagen, wenn ich statt Sie zu unterhalten, Sie sogleich wieder mit neuen Aufträgen belästige? Das beyfolgende Packet wird Ihnen schon eine finstre Ahndung davon gegeben haben. Es enthält Bücher aus der Göttingischen Bibliothek, die Tieck, mein Bruder und ich zurückschicken, wogegen wir die auf den eingelegten Zetteln angemerkten zu haben wünschen. Bedenken Sie, daß wir sie bey unsern poetischen Studien brauchen, daß Sie sich um uns, um die Poesie, um das Vaterland verdient machen, wenn Sie uns behüflich seyn wollen sie bald zu erhalten. Alles was hierüber zu bemerken ist, will ich auf einem besondern Blatt aufzeichnen, so können Sie es gleich mit einem male übersehen. Ich habe in das Packet noch einen 5ten Band von Sh[akespeare] eingelegt, den ich Sie bitte meinem Bruder, dem Superintendenten zu überschicken. Heyneʼs Bedienter Lorenz wird das Einpacken der uns zu übersendenden Bücher gern besorgen, er hat es bey der ersten Sendung an [3] Tieck und meinen Bruder in Berlin gethan. Haben Sie die Güte ihm für Auslagen dabey die in dem Packet befindlichen 2 rth. sächs., die ich zwischen zwey kleinere Quartbände hineingesteckt, einzuhändigen. Die Auslagen können sich längst nicht so hoch belaufen, das übrige ist dann ein kleines Douceur für ihn.
Was ich treibe und thue, hat Ihnen C[aroline] letzthin ziemlich ausführlich geschrieben. Zu meinen Gedichten kommt noch immer mehr hinzu so daß Ihnen manches neu seyn wird. Ich schicke sie Ihnen sobald sie heraus sind – der Druck ist noch nicht angefangen, wird aber auch in ein 4 Wochen beendigt werden können. – Dann ist das neue vom Jahre eine Parodie, die ich auf Voß, Matthisson und Schmidt gemeinschaftlich, gemacht habe. Man behauptet sie wäre sehr gelungen, wenigstens ist viel gelacht worden. Doch davon müssen Sie ja nichts laut werden lassen, sie soll ins nächste Stück des Athenäums kommen. Wenn Sie begierig sind sie noch vorher [4] zu sehen, so schreiben Sie uns recht bald wieder, und ich will Ihnen unfehlbar eine Abschrift davon schicken. Heute ist keine Zeit mehr sie zu machen. Sie müssen auch deswegen die Eil entschuldigen womit dieser Brief geschrieben ist.
Ich bin äußerst beschäftigt, theils mit gegenwärtigen Arbeiten, theils mit Planen für die Zukunft, die zu ihrer Zeit reifen werden. So hat sich auch sonst in unserm Zirkel allerley aufgethan, zum Theil durch das beysammen seyn ausgebrütet, wovon ich aber nichts im voraus sagen darf noch mag, bis es an das Licht der Welt treten wird.
Leben Sie recht wohl, behalten Sie uns in gutem Andenken, und folgen Sie dem Beyspiel ihres Freundes Steffens indem Sie uns bald besuchen.
Ganz Ihr
A. W. Schlegel
[5]
[Beilage]
Das Packet enthält:
Don Quixote I–IV. 4° London
Obras Sueltas de Lope de Vega VI. VII. XIII. für Tieck und Friedrich
Rime di Guarini. [für Tieck und Friedrich]
Von dem letzten habe ich einen besondern Zettel hingeschickt, den ich Sie zurückzufodern und cassiren bitte. – Die andern Bücher welche Friedrich Schlegel und Tieck geliehen gehabt, werden auf einer gemeinschaftlichen Liste stehen wo sie aber doch ausgestrichen werden müssen, damit keine Irrung entsteht.
Wir haben nun noch:
Friedrich Schlegel und Tieck:
Lazarillo de Tomes
Galatea por Cervantes
Ich:
Viage del Parnaso por Cervantes
Müller Sammlung deutscher Gedichte 4°1.2.
Die neuen Bücher, die wir uns erbitten, habe ich alle auf meinen Namen geschrieben; [6] wenn man es zuviel auf einmal finden sollte, so sagen Sie nur daß sie für uns alle gemeinschaftlich sind. Für die zurückbehaltnen Bücher erbitten Sie uns noch eine kurze Frist. Sie sind gut aufgehoben und sollen mit nächstem zurück erfolgen.
Wegen der neuen Bücher die wir zu haben wünschen, sehen Sie doch darauf, daß wir die neuesten und korrektesten Editionen bekommen. – Es versteht sich von selbst, daß wir von den Comödien des Lope und Calderon nur échantillons auf einmal bekommen können. Vom Lope wünschten wir etwa 2 Bände und vom Calderon auch 1. oder 2. Vom Lope besitzen wir einen Band Comödien der folgende enthält: Los donayres de Matico, Carlos el Perseguido, el cerco de Santa Fé, Vida e muerte de Bamba, la traycion bien acertada, el hijo de Reduan, Nacimiento de Urson y Valentin, el casamiento en la muerte y hechos de Bernardo del Carpio, la Escolastica zelosa, la amistad pagada, la Comedia del molino, el testimonio vengado. lch zeichne dieß deswegen auf, damit [7] wir nicht ein paar Bände erhalten, worin diese grade enthalten wären.
Haben Sie doch auch die Güte nachzusehen was von ältern Spanischen Romanen, besonders solchen Abentheurer- und Spitzbuben Romanen wie der Lazarillo de Tormes ist, außer diesem noch in Göttingen vorhanden. – Ferner haben die Spanier eine Art von dramatisirten Romanen gehabt, wie die hiebey zurückerfolgende Dorotea des Lope ist. Ein sehr berühmtes Buch in dieser Gattung, die Celestina, haben wir von einem andern Freunde. Es giebt aber noch eins die Eufrosyna. Mein Bruder macht mich zwar zweifelhaft darüber und behauptet, es sey Portugiesisch. Doch das werden Sie auch sehen.
[1] Jena d. 12 Jan 1800
Mein werthester heiliger Dreykönig!
Wir haben sowohl Ihr solides und geräuchertes Gedicht als die scherzhaften und muthwilligen Produkte der Göttingischen Metzger richtig empfangen, und beyde mit dem besten Wohlgeschmack respective gelesen und aufgezehrt. Carolinen würde bey Ihrer Sendung das Gewissen doppelt beunruhigt haben, wenn sie nicht eben vorher die Schuld durch einen langen Brief an Sie wenigstens einigermaßen abgetragen hätte.
Ich habe, was mich betrifft, die Sache mit meinem Gewissen ein für allemal abgethan, und rechne darauf, daß meine abwesenden Freunde es mir verzeihen, wenn ich nur an sie denke und nicht an sie schreibe, da ich doch wenigstens für sie schreibe. Jetzt da mein Bruder mit mir an demselben Orte lebt, führe ich eigentlich gar keine Correspondenz außer mit Buchhändlern; und es ist in das unter dem Namen epistolophobia nur zu bekannte Übel übergegangen. – Was werden Sie aber [2] sagen, wenn ich statt Sie zu unterhalten, Sie sogleich wieder mit neuen Aufträgen belästige? Das beyfolgende Packet wird Ihnen schon eine finstre Ahndung davon gegeben haben. Es enthält Bücher aus der Göttingischen Bibliothek, die Tieck, mein Bruder und ich zurückschicken, wogegen wir die auf den eingelegten Zetteln angemerkten zu haben wünschen. Bedenken Sie, daß wir sie bey unsern poetischen Studien brauchen, daß Sie sich um uns, um die Poesie, um das Vaterland verdient machen, wenn Sie uns behüflich seyn wollen sie bald zu erhalten. Alles was hierüber zu bemerken ist, will ich auf einem besondern Blatt aufzeichnen, so können Sie es gleich mit einem male übersehen. Ich habe in das Packet noch einen 5ten Band von Sh[akespeare] eingelegt, den ich Sie bitte meinem Bruder, dem Superintendenten zu überschicken. Heyneʼs Bedienter Lorenz wird das Einpacken der uns zu übersendenden Bücher gern besorgen, er hat es bey der ersten Sendung an [3] Tieck und meinen Bruder in Berlin gethan. Haben Sie die Güte ihm für Auslagen dabey die in dem Packet befindlichen 2 rth. sächs., die ich zwischen zwey kleinere Quartbände hineingesteckt, einzuhändigen. Die Auslagen können sich längst nicht so hoch belaufen, das übrige ist dann ein kleines Douceur für ihn.
Was ich treibe und thue, hat Ihnen C[aroline] letzthin ziemlich ausführlich geschrieben. Zu meinen Gedichten kommt noch immer mehr hinzu so daß Ihnen manches neu seyn wird. Ich schicke sie Ihnen sobald sie heraus sind – der Druck ist noch nicht angefangen, wird aber auch in ein 4 Wochen beendigt werden können. – Dann ist das neue vom Jahre eine Parodie, die ich auf Voß, Matthisson und Schmidt gemeinschaftlich, gemacht habe. Man behauptet sie wäre sehr gelungen, wenigstens ist viel gelacht worden. Doch davon müssen Sie ja nichts laut werden lassen, sie soll ins nächste Stück des Athenäums kommen. Wenn Sie begierig sind sie noch vorher [4] zu sehen, so schreiben Sie uns recht bald wieder, und ich will Ihnen unfehlbar eine Abschrift davon schicken. Heute ist keine Zeit mehr sie zu machen. Sie müssen auch deswegen die Eil entschuldigen womit dieser Brief geschrieben ist.
Ich bin äußerst beschäftigt, theils mit gegenwärtigen Arbeiten, theils mit Planen für die Zukunft, die zu ihrer Zeit reifen werden. So hat sich auch sonst in unserm Zirkel allerley aufgethan, zum Theil durch das beysammen seyn ausgebrütet, wovon ich aber nichts im voraus sagen darf noch mag, bis es an das Licht der Welt treten wird.
Leben Sie recht wohl, behalten Sie uns in gutem Andenken, und folgen Sie dem Beyspiel ihres Freundes Steffens indem Sie uns bald besuchen.
Ganz Ihr
A. W. Schlegel
[5]
[Beilage]
Das Packet enthält:
Don Quixote I–IV. 4° London
Obras Sueltas de Lope de Vega VI. VII. XIII. für Tieck und Friedrich
Rime di Guarini. [für Tieck und Friedrich]
Von dem letzten habe ich einen besondern Zettel hingeschickt, den ich Sie zurückzufodern und cassiren bitte. – Die andern Bücher welche Friedrich Schlegel und Tieck geliehen gehabt, werden auf einer gemeinschaftlichen Liste stehen wo sie aber doch ausgestrichen werden müssen, damit keine Irrung entsteht.
Wir haben nun noch:
Friedrich Schlegel und Tieck:
Lazarillo de Tomes
Galatea por Cervantes
Ich:
Viage del Parnaso por Cervantes
Müller Sammlung deutscher Gedichte 4°1.2.
Die neuen Bücher, die wir uns erbitten, habe ich alle auf meinen Namen geschrieben; [6] wenn man es zuviel auf einmal finden sollte, so sagen Sie nur daß sie für uns alle gemeinschaftlich sind. Für die zurückbehaltnen Bücher erbitten Sie uns noch eine kurze Frist. Sie sind gut aufgehoben und sollen mit nächstem zurück erfolgen.
Wegen der neuen Bücher die wir zu haben wünschen, sehen Sie doch darauf, daß wir die neuesten und korrektesten Editionen bekommen. – Es versteht sich von selbst, daß wir von den Comödien des Lope und Calderon nur échantillons auf einmal bekommen können. Vom Lope wünschten wir etwa 2 Bände und vom Calderon auch 1. oder 2. Vom Lope besitzen wir einen Band Comödien der folgende enthält: Los donayres de Matico, Carlos el Perseguido, el cerco de Santa Fé, Vida e muerte de Bamba, la traycion bien acertada, el hijo de Reduan, Nacimiento de Urson y Valentin, el casamiento en la muerte y hechos de Bernardo del Carpio, la Escolastica zelosa, la amistad pagada, la Comedia del molino, el testimonio vengado. lch zeichne dieß deswegen auf, damit [7] wir nicht ein paar Bände erhalten, worin diese grade enthalten wären.
Haben Sie doch auch die Güte nachzusehen was von ältern Spanischen Romanen, besonders solchen Abentheurer- und Spitzbuben Romanen wie der Lazarillo de Tormes ist, außer diesem noch in Göttingen vorhanden. – Ferner haben die Spanier eine Art von dramatisirten Romanen gehabt, wie die hiebey zurückerfolgende Dorotea des Lope ist. Ein sehr berühmtes Buch in dieser Gattung, die Celestina, haben wir von einem andern Freunde. Es giebt aber noch eins die Eufrosyna. Mein Bruder macht mich zwar zweifelhaft darüber und behauptet, es sey Portugiesisch. Doch das werden Sie auch sehen.
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