• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 04.09.1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 04.09.1801
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 128‒131.
  • Incipit: „Jena d. 4 September1) 1801
    Zwey Briefchen von Ihnen habe ich erhalten, theuerste Freundin, den einen mit der Einlage an mich, den [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37100
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.1,Nr.7b
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,5 cm
Jena d. 4 September1) 1801
Zwey Briefchen von Ihnen habe ich erhalten, theuerste Freundin, den einen mit der Einlage an mich, den andern mit der an Ihren Bruder, die diesem sogleich bey seiner Ankunft bestellt werden soll. Den Montag und Dienstag habe ich in Weimar zugebracht, um den eben wieder angekommnen alten Meister zu begrüßen, und da war er noch nicht da. Seitdem habe ich nichts aus Weimar vernommen, wo ich Auftrag gab, mir seine Ankunft baldigst zu melden. Er hat Goethe Zeichnungen für die Preisaufgaben versprechen lassen, die er selbst mitbringen wollte; das sonderbare dabey ist, daß, während ich in Weimar war, eine Preiszeichnung einlief, von einem andern in Paris studirenden Künstler, welche Tieck hatte mitbringen sollen, und nun kam sie mit der Post.
Mit den Bestellungen im Schloß, was ich letzthin auf Humbolds Aussage schrieb, das ist dahin zu berichtigen, daß Goethe sagte, allerdings gebe es mancherley Arbeiten im Schloß, und man habe Fr.[iedrich] T.[ieck] erwartet, doch da er nicht da gewesen, müsse sich dieß nun erst noch näher bestimmen.
Die Zeichnung vom Raub des Hylas habe ich nun auch bey G.[oethe] gesehn. Sie ist meisterlich, und er ist hier wohl noch mehr in seinem Fache als bey den Zeichnungen, die Schadow von ihm hat. Eigen ist es, daß die Brüder in ihrem künstlerischen Charakter so gar keine Ähnlichkeit [haben].
So viel von diesem Bruder. Der andre läßt immer noch nichts von sich hören. Ich habe ihm die ersten Aushängebogen geschickt und einige Zeilen dazu geschrieben. Daß er Bernhardiʼs Gedicht nicht zurückschickt, und auch seine Meynung darüber nicht vermeldet, ist recht unartig.
Von den Zeichen im Walde ist Goethe, dem ich sie vorlas, und mein Bruder außerordentlich erbaut.
Daß die Nachrichten von Ihrer Gesundheit nicht besser lauten, meine theure Freundin, thut mir von ganzem Herzen leid. Ich wollte, ich wüßte Ihnen ein unfehlbares Mittel anzurathen. Wenn Sie nur nicht die Sorgfalt in der Diät und dem Mediciniren überdrüßig werden, weil nicht so schnell eine Wirkung davon sichtbar ist; anhaltend fortgesetzt können sie diese doch nicht verfehlen.
Leider geht es hier auch nicht besser. Caroline ist wieder seit acht Tagen halb bettlägrig gewesen, und hat sehr üble krampfhafte Zufälle gehabt. Jetzt erhohlt sie sich.
Das beste Mittel, was in der eignen Gewalt steht, ist gewiß Aufheiterung und Zerstreuung, und ich wünschte nur, daß Sie sich dieß für jetzt durch unterhaltende Beschäftigung verschaffen könnten: Sie machen mir ja auch dazu nicht viel Hoffnung. Ich habe bey Goethen wegen der Intriguenkomödie angefragt. Es kommt allerdings auf ein 14 Tage später nicht an, vielmehr sagte er, er würde mir sehr verbunden seyn, wenn ich ihm noch etwas ins Netz jagen könnte. Bis jetzt sind erst 5 Stücke eingelaufen; die V[er]f.[asser] von ein paaren haben erklärt, daß sie nicht concurriren wollten, und eins, worin er hineingesehen, hat ihm nicht zu gefallen geschienen. Freylich ist der Termin noch nicht ganz verlaufen. – Wenn ich nur erst Goethen mit Gewißheit melden kann, daß er etwas durch meine Hände zu erwarten hat, so könnte die Frist wohl immer noch bis in den Anfang Octobers verlängert werden. Erwägen Sie dieß bestens, – freylich dürfen Sie sich durchaus nicht mit Schreiben angreifen, wenn Sie Brustschmerzen haben, allein ich will hoffen, daß dieß nicht mehr der Fall ist. Legen Sie dieß auch Bernhardi zur Beherzigung vor.
Ich bin fleißig, der 3te Akt von J.[on] ist bis auf wenige Zeilen fertig, und ich hoffe es soll mit den übrigen auch recht rasch gehn. Ich sehe jetzt alles Arbeiten als ein Wegräumen an, um meine Rückkehr nach Berlin zu beschleunigen. Daß ich zu meinen Vorlesungen das gehörige Publicum finde, glaube ich zwar nicht recht, allein sie hängt ja auch nicht ganz davon ab. Mit der Beweisführung gegen Carolinen würden Sie immer zu kurz kommen, meine Liebe, denn die Thatsachen sind auf ihrer Seite; und wenn ich Ihnen allerley aufzähle, das ich hier habe und dort entbehren müßte, so ist es ja ein Beweis mehr, wie lebhaft ich nach Berlin, das heißt nach dem Zirkel meiner dortigen Freunde zurückverlange, da mir dieß so wenig in Anschlag kommt.
Jetzt noch einige Bitten und kleine Aufträge. Haben Sie doch die Güte von U.[nger] die Aushängebogen von Sh.[akespeare], VIII Band, von Bogen x an, in meinem Namen fodern zu lassen. Es werden nur noch zwey oder drey seyn. Ferner: wollte mir Bernhardi nicht eine Abschrift von seiner vortrefflichen Burleske auf Iffland, so weit sie gediehen ist, anvertrauen? Ich verspreche, auf das discreteste damit umzugehn, es soll sie niemand sehen, außer einige Kenner und Freunde, namentlich mein Bruder, Schelling und Goethe.
Goethe hat den Aufsatz von Schadow immer noch nicht gesehen, und kann ihn hier nicht bekommen. Wenn Bernhardi beym Verleger anfragen wollte, ob das Stück einzeln zu haben ist. Wo nicht, so ist geradezu ein Compliment von Goethe an Schadow zu bestellen, und er ließe sich die Bogen von ihm ausbitten, weil hier niemand das Journal halte. Dieß könnte ja Buri am besten bestellen.
Alles obige schicken Sie mir dann wohl zusammen, und schreiben darauf: gedruckte Sachen.
Buri grüße ich vielmals, und werde mit nächstem Posttage schreiben. Ich würde es schon heute gethan haben, wenn mein Brief nicht eine umständliche Erzählung enthalten sollte, wozu mir die Zeit über dem Arbeiten entgangen.
Schützen fragen Sie doch, ob er so gut gewesen meinen Auftrag wegen Bezahlung der Prozeßkosten auszurichten. Von dem Beyfall, den seine Gedichte bey den hiesigen Freunden finden, schreibe ich ihm nächstens.
Thee ist jetzt für Sie verschrieben. Sollte es möglich seyn 2 Flaschen Maraschino, 2 Breslauer und 2 Danziger von Berlin so gut eingepackt hieher zu schicken, daß sie sicher unterwegs nicht entzweygehen, so geschähe uns ein großer Gefallen damit. Mein mitgebrachtes ist zu Ende, und hier erhält man dergleichen nicht gut. Es ist nicht für mich, sondern der Maraschino für C.[aroline], und das andre für Schelling mit.
Das sind eine Menge Geschäfte, die Sie aber nur gelegentlich ohne Ihre Beschwerde besorgen müssen.
Ihre Nachricht von dem Nicolaischen Werk hat mich sehr ergötzt, so wie die Schilderung von Lünpling. – Wer hat Ihnen denn das von Mad. Meyer wieder gesagt? Ich kann es mir recht gern gefallen lassen, daß ich ihr Talent besser verstehe, als sie meinen Witz. Auf mein Urtheil kann das keinen Einfluß haben.
Sie haben mich doch gar zu arg zum besten, wenn Sie mich Schodelis wegen wieder nach Berlin citiren. Geht sie denn nun gar nicht nach Pohlen? Grüßen Sie sie von mir bestens, wenn sie dazu Anstalt macht, aber nicht eher. Noch eins. Da Schodeli bey Ihnen war, als Sie den Brief schrieben, wird sie vermuthlich noch eben so oft kommen, und die Beschuldigung, daß sie mir zu Ehren käme, wird nicht Stich halten. Dieses muß nach der Post, ich kann es nicht einmal wieder durchsehen. Die freundschaftlichsten Grüße an Bernhardi. Leben Sie recht wohl, und geben Sie bald bessere Nachricht von Ihrem Befinden.
Unveränderlich Ihr
A. W. Schlegel

1) Im Original: Aug.[ust].
Jena d. 4 September1) 1801
Zwey Briefchen von Ihnen habe ich erhalten, theuerste Freundin, den einen mit der Einlage an mich, den andern mit der an Ihren Bruder, die diesem sogleich bey seiner Ankunft bestellt werden soll. Den Montag und Dienstag habe ich in Weimar zugebracht, um den eben wieder angekommnen alten Meister zu begrüßen, und da war er noch nicht da. Seitdem habe ich nichts aus Weimar vernommen, wo ich Auftrag gab, mir seine Ankunft baldigst zu melden. Er hat Goethe Zeichnungen für die Preisaufgaben versprechen lassen, die er selbst mitbringen wollte; das sonderbare dabey ist, daß, während ich in Weimar war, eine Preiszeichnung einlief, von einem andern in Paris studirenden Künstler, welche Tieck hatte mitbringen sollen, und nun kam sie mit der Post.
Mit den Bestellungen im Schloß, was ich letzthin auf Humbolds Aussage schrieb, das ist dahin zu berichtigen, daß Goethe sagte, allerdings gebe es mancherley Arbeiten im Schloß, und man habe Fr.[iedrich] T.[ieck] erwartet, doch da er nicht da gewesen, müsse sich dieß nun erst noch näher bestimmen.
Die Zeichnung vom Raub des Hylas habe ich nun auch bey G.[oethe] gesehn. Sie ist meisterlich, und er ist hier wohl noch mehr in seinem Fache als bey den Zeichnungen, die Schadow von ihm hat. Eigen ist es, daß die Brüder in ihrem künstlerischen Charakter so gar keine Ähnlichkeit [haben].
So viel von diesem Bruder. Der andre läßt immer noch nichts von sich hören. Ich habe ihm die ersten Aushängebogen geschickt und einige Zeilen dazu geschrieben. Daß er Bernhardiʼs Gedicht nicht zurückschickt, und auch seine Meynung darüber nicht vermeldet, ist recht unartig.
Von den Zeichen im Walde ist Goethe, dem ich sie vorlas, und mein Bruder außerordentlich erbaut.
Daß die Nachrichten von Ihrer Gesundheit nicht besser lauten, meine theure Freundin, thut mir von ganzem Herzen leid. Ich wollte, ich wüßte Ihnen ein unfehlbares Mittel anzurathen. Wenn Sie nur nicht die Sorgfalt in der Diät und dem Mediciniren überdrüßig werden, weil nicht so schnell eine Wirkung davon sichtbar ist; anhaltend fortgesetzt können sie diese doch nicht verfehlen.
Leider geht es hier auch nicht besser. Caroline ist wieder seit acht Tagen halb bettlägrig gewesen, und hat sehr üble krampfhafte Zufälle gehabt. Jetzt erhohlt sie sich.
Das beste Mittel, was in der eignen Gewalt steht, ist gewiß Aufheiterung und Zerstreuung, und ich wünschte nur, daß Sie sich dieß für jetzt durch unterhaltende Beschäftigung verschaffen könnten: Sie machen mir ja auch dazu nicht viel Hoffnung. Ich habe bey Goethen wegen der Intriguenkomödie angefragt. Es kommt allerdings auf ein 14 Tage später nicht an, vielmehr sagte er, er würde mir sehr verbunden seyn, wenn ich ihm noch etwas ins Netz jagen könnte. Bis jetzt sind erst 5 Stücke eingelaufen; die V[er]f.[asser] von ein paaren haben erklärt, daß sie nicht concurriren wollten, und eins, worin er hineingesehen, hat ihm nicht zu gefallen geschienen. Freylich ist der Termin noch nicht ganz verlaufen. – Wenn ich nur erst Goethen mit Gewißheit melden kann, daß er etwas durch meine Hände zu erwarten hat, so könnte die Frist wohl immer noch bis in den Anfang Octobers verlängert werden. Erwägen Sie dieß bestens, – freylich dürfen Sie sich durchaus nicht mit Schreiben angreifen, wenn Sie Brustschmerzen haben, allein ich will hoffen, daß dieß nicht mehr der Fall ist. Legen Sie dieß auch Bernhardi zur Beherzigung vor.
Ich bin fleißig, der 3te Akt von J.[on] ist bis auf wenige Zeilen fertig, und ich hoffe es soll mit den übrigen auch recht rasch gehn. Ich sehe jetzt alles Arbeiten als ein Wegräumen an, um meine Rückkehr nach Berlin zu beschleunigen. Daß ich zu meinen Vorlesungen das gehörige Publicum finde, glaube ich zwar nicht recht, allein sie hängt ja auch nicht ganz davon ab. Mit der Beweisführung gegen Carolinen würden Sie immer zu kurz kommen, meine Liebe, denn die Thatsachen sind auf ihrer Seite; und wenn ich Ihnen allerley aufzähle, das ich hier habe und dort entbehren müßte, so ist es ja ein Beweis mehr, wie lebhaft ich nach Berlin, das heißt nach dem Zirkel meiner dortigen Freunde zurückverlange, da mir dieß so wenig in Anschlag kommt.
Jetzt noch einige Bitten und kleine Aufträge. Haben Sie doch die Güte von U.[nger] die Aushängebogen von Sh.[akespeare], VIII Band, von Bogen x an, in meinem Namen fodern zu lassen. Es werden nur noch zwey oder drey seyn. Ferner: wollte mir Bernhardi nicht eine Abschrift von seiner vortrefflichen Burleske auf Iffland, so weit sie gediehen ist, anvertrauen? Ich verspreche, auf das discreteste damit umzugehn, es soll sie niemand sehen, außer einige Kenner und Freunde, namentlich mein Bruder, Schelling und Goethe.
Goethe hat den Aufsatz von Schadow immer noch nicht gesehen, und kann ihn hier nicht bekommen. Wenn Bernhardi beym Verleger anfragen wollte, ob das Stück einzeln zu haben ist. Wo nicht, so ist geradezu ein Compliment von Goethe an Schadow zu bestellen, und er ließe sich die Bogen von ihm ausbitten, weil hier niemand das Journal halte. Dieß könnte ja Buri am besten bestellen.
Alles obige schicken Sie mir dann wohl zusammen, und schreiben darauf: gedruckte Sachen.
Buri grüße ich vielmals, und werde mit nächstem Posttage schreiben. Ich würde es schon heute gethan haben, wenn mein Brief nicht eine umständliche Erzählung enthalten sollte, wozu mir die Zeit über dem Arbeiten entgangen.
Schützen fragen Sie doch, ob er so gut gewesen meinen Auftrag wegen Bezahlung der Prozeßkosten auszurichten. Von dem Beyfall, den seine Gedichte bey den hiesigen Freunden finden, schreibe ich ihm nächstens.
Thee ist jetzt für Sie verschrieben. Sollte es möglich seyn 2 Flaschen Maraschino, 2 Breslauer und 2 Danziger von Berlin so gut eingepackt hieher zu schicken, daß sie sicher unterwegs nicht entzweygehen, so geschähe uns ein großer Gefallen damit. Mein mitgebrachtes ist zu Ende, und hier erhält man dergleichen nicht gut. Es ist nicht für mich, sondern der Maraschino für C.[aroline], und das andre für Schelling mit.
Das sind eine Menge Geschäfte, die Sie aber nur gelegentlich ohne Ihre Beschwerde besorgen müssen.
Ihre Nachricht von dem Nicolaischen Werk hat mich sehr ergötzt, so wie die Schilderung von Lünpling. – Wer hat Ihnen denn das von Mad. Meyer wieder gesagt? Ich kann es mir recht gern gefallen lassen, daß ich ihr Talent besser verstehe, als sie meinen Witz. Auf mein Urtheil kann das keinen Einfluß haben.
Sie haben mich doch gar zu arg zum besten, wenn Sie mich Schodelis wegen wieder nach Berlin citiren. Geht sie denn nun gar nicht nach Pohlen? Grüßen Sie sie von mir bestens, wenn sie dazu Anstalt macht, aber nicht eher. Noch eins. Da Schodeli bey Ihnen war, als Sie den Brief schrieben, wird sie vermuthlich noch eben so oft kommen, und die Beschuldigung, daß sie mir zu Ehren käme, wird nicht Stich halten. Dieses muß nach der Post, ich kann es nicht einmal wieder durchsehen. Die freundschaftlichsten Grüße an Bernhardi. Leben Sie recht wohl, und geben Sie bald bessere Nachricht von Ihrem Befinden.
Unveränderlich Ihr
A. W. Schlegel

1) Im Original: Aug.[ust].
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